Der liebestolle Beagle und die 45 Nachthemden: und andere haarsträubende Fälle aus meiner Tierverhaltenspraxis
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Rezensionen für Der liebestolle Beagle und die 45 Nachthemden
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Buchvorschau
Der liebestolle Beagle und die 45 Nachthemden - Dr. med. vet. Ulrike Werner
Vorwort
Ein Vorwort? Lesen Sie gern Vorworte? Mich langweilen sie zumeist. Also fasse ich mich kurz, denn ich habe etwas mit Ihnen vor.
Hiermit, lieber Leser, liebe Leserin, lade ich Sie herzlich ein, mich in meinem Praxisauto zu 24 Hausbesuchen zu begleiten.
Sie wollen wissen, mit wem Sie auf die Reise gehen? Mein Name ist Ulrike Werner, geborene Gieser. Als Tierärztin führe ich mit großer Leidenschaft eine mobile Praxis für Verhaltensmedizin und Verhaltenstherapie in Berlin und Brandenburg. Ja, Sie haben richtig gelesen: Psychotherapie für Vierbeiner unter deutschen Dächern. Bisweilen werden Sie auch meinen drei Hunden Vitus, Jarda und Moses begegnen, meinen Helfern auf vier Pfoten.
Ich wäre irgendwann geplatzt, wenn ich dieses Buch nicht geschrieben hätte. Denn das, was ich tagtäglich erlebe, ist unterhaltsam, komisch, verrückt, tragisch, absonderlich, manchmal traurig oder skurril, oft kaum zu glauben – und nie langweilig!
Nein, dies ist keines der üblichen Hundeerziehungsbücher. Es richtet sich nicht ausschließlich an Hundehalter und Hundeliebhaber. Es ist auch geschrieben für Nicht-Hundehalter, Hundehasser und für Menschen, denen Hunde relativ egal sind, die aber erfahren möchten, was Menschen so alles mit ihren Haustieren anstellen.
Oft erlebe ich Hunde, die mehr für »ihren« Menschen sein sollen als nur ein fröhlicher, guter, vierbeiniger Freund und Begleiter; die als Projektionsfläche für ungestillte Sehnsüchte dienen und daher viel zu viel tragen und ertragen müssen.
Begleiten Sie mich also zu den Zweibeinern und ihren vierbeinigen Haltern – sorry, ich meinte natürlich, zu den Vierbeinern und ihren zweibeinigen Haltern.
Und nun bitte einsteigen! Vitus, Jarda und Moses sind schon an Bord.
Ulrike Werner,
im Winter 2014
Tatze.tifKarlchen, ein größenwahnsinniger Zwerg
Ein Kollege aus Berlin-Wilmersdorf rief mich eines Morgens an. Es ging um einen seiner Patienten, der dringend meine Hilfe brauchte. Die Behandlungsmöglichkeiten in seiner Praxis seien im Fall von Karlchen, dem Yorkshire-Terrier-Zwergdackel-Mix von Hans P., ausgeschöpft. Vielleicht käme ich da weiter, mit einem Hausbesuch und meinem verhaltenstherapeutischen Ansatz.
Er berichtete mir, dass Hans P., ein freundlicher, ziemlich übergewichtiger älterer Herr, bereits seit Jahren mit seinem Hund in die Praxis komme. Außer regelmäßigen Zahnsanierungen in Narkose habe es bislang keine nennenswerten Probleme gegeben. Karlchen stamme aus dem Tierheim, Hans P. habe ihn nach dem Tod seiner Frau zu sich geholt. Eigentlich habe der Hund ein freundliches Wesen, aber Hans P. beklage sich in letzter Zeit immer öfter darüber, dass Karlchen in der Wohnung randaliere, selbst wenn er ihn dort nur kurz alleine ließe.
Mit seinen zarten sechs Kilogramm Körpermasse habe es dieser Zwerg geschafft, zwei Sofas und eine Matratze auseinanderzunehmen, Vorhänge herunterzureißen, Teppiche anzuknabbern sowie eine alte Aktentasche und diverse Kabel zu zerbeißen. Ach ja, und er habe immer wieder schleimigen Dickdarmdurchfall, der einfach nicht in den Griff zu bekommen sei. Wohl ein Fall für den Seelenklempner, wie mich mein Kollege gern scherzhaft nennt. Hans P. würde sich bei mir melden.
Tags darauf rief dieser an. Ich sei seine letzte Rettung. Natürlich, das bin ich immer. Er schilderte mir die Zerstörungswut seines Hundes, und alles hörte sich noch deutlich schlimmer an als von meinem Kollegen beschrieben. Wir vereinbarten einen Termin für die darauffolgende Woche. Den verhaltenstherapeutischen Fragebogen konnte er nicht von meiner Homepage herunterladen, denn er hatte kein Internet – so etwas Neumodisches käme ihm nicht ins Haus!
Kein Problem. Für solche Fälle gab es immer noch die Post.
Ich bereitete mich gründlich vor. Die Verdachtsdiagnose lautete: »Separationsphobie; Typ: Zerstören«, also Trennungsangst. Mal sehen, was die Vor-Ort-Anamnese ans Licht bringen würde.
Hans P. brauchte viel Zeit, ehe er mir die Tür öffnete. Geschätzte 140 Kilogramm bewegen sich langsam. Karlchen hingegen war sehr schnell. Verdammt schnell: Er zwängte sich durch die Tür, stellte sich vor mich hin, grummelte einmal kurz, hob das Bein, pinkelte mich an, scharrte wild mit den Hinterbeinchen auf dem Teppich im Flur, wetzte zurück, holte einen großen Kunststoffknochen, der etwa dreimal so groß wie er selbst zu sein schien, und präsentierte seine Beute.
Was für ein Kerl, dachte ich! Wow! Ein größenwahnsinniger Zwerg! Hans P. hatte das Harnmarkieren seines schnellen Hündchens an meinem Hosenbein nicht bemerkt, lächelte mich an und sagte: »Er freut sich immer so über Besuch!« Wir setzten uns ins Wohnzimmer und begannen mit der Anamnese.
Seine Wohnung bot ein Bild der Zerstörung. Kaum ein Möbelstück, das nicht angeknabbert oder anderswie beschädigt war: die Sitzgelegenheiten, alle Stuhl- und Tischbeine, die Vorhänge, die Bettdecken bis hin zu den Tischdecken. Aber Hans P. war deshalb nicht böse auf Karlchen. Er war eher besorgt um seinen kleinen Prinzen. Was hatte er bloß, der Kleine?
Für die Anamnese hatte ich zweieinhalb Stunden eingeplant. Sie verliefen jedoch völlig anders als erwartet. Karlchen kratzte an der Terrassentür. Sofort bewegte sich Hans P. dorthin und ließ Karlchen hinaus in den Garten. Nur wenige Minuten später flitzte Karlchen zurück in die Küche und schnappte sich seinen Blechfutternapf. Hans P. marschierte hinterher und füllte den Napf mit Fleischwurst.
Kaum war das Fressen erledigt, begab sich Karlchen zum angeknabberten Sofa und bellte auffordernd. Worauf sich Hans P. aus dem Sessel erhob, zum Sofa hinüberging und dort den Kleinen aufs Sofakissen hob. Dort thronte Karlchen dann – für die nächsten 15 Minuten. Dann sprang er wieder herunter, holte seinen Stoffhasen und versuchte, ihn Hans P. auf den Schoß zu legen. Dieser machte bereitwillig mit.
Als Karlchen kurz darauf keine Lust mehr zum Spielen hatte, schnappte er mal kurz nach Hans P. – und trug dann seinen Stoffhasen zurück ins Körbchen. Was würde Karlchen wohl als Nächstes einfallen? Nun begann er wieder an der Terrassentür zu kratzen, und das Spiel ging von vorne los. Hans P. öffnete ihm die Tür, ging dann in Richtung Küche, um sich ein Glas Wasser zu holen. Doch Karlchen fand den Garten nun nicht mehr so interessant. Lieber lief er seinem Herrchen unentwegt vor den Füßen hin und her, sodass dieser dauernd ausweichen musste.
Inzwischen war etwa eine Stunde vergangen. Um Punkt 13 Uhr lief Karlchen zur Wohnungstür. Hans P. stand auf und zog seine Jacke an: »Entschuldigung, dass wir unterbrechen müssen, aber jetzt ist Karlchens Zeit. Genau um 13 Uhr muss er kurz raus. Wir sind aber in zehn Minuten wieder da.«
Da saß ich nun allein in dieser Wohnung und musste unwillkürlich schmunzeln. Karlchen, ein Bonsai-Terminator! Trennungsangst hatte dieses kleine Schätzchen nun wirklich nicht, aber dafür einen massiven Kontroll-Komplex-Zwang. Bei so etwas würde ich auch stressbedingten Dickdarmdurchfall bekommen!
Hans P. kam schwitzend zurück, entschuldigte sich nochmals für die Unterbrechung und setzte den Kleinen wieder aufs Sofakissen. »Was kann ich denn nur mit meinem Karlchen machen? Ich bin etwas ratlos, wie …« Er unterbrach sich, als das Telefon zu klingeln begann.
»Oh, jetzt wird es schwierig!«, meinte er und bewegte sich eher zögerlich auf das Telefon zu, das auf seinem Schreibtisch stand. Hastig zog er dort seine Pantoffeln aus und schlüpfte schnell in Holzpantinen, die dort schon bereit standen. Zeitgleich sprang Karlchen vom Sofakissen hinunter und versuchte wütend, von vorn in die Holzschuhe zu beißen. Er tobte regelrecht. Ich war beeindruckt.
Hans P. begrüßte seine Schwester am anderen Apparat. Als er nach einem kurzen Gespräch den Hörer wieder auflegte, war Karlchens Wutausbruch augenblicklich vorbei. Der Hund schüttelte sich und »begleitete« Hans P., der nun wieder seine Pantoffeln trug, zum Tisch zurück.
Dieser Hausbesuch hatte so viel Unterhaltungswert, dass ich richtig Spaß bekam, ihn voll auszukosten. Ich schickte Hans P. nach draußen, ohne Karlchen.
»Nun tun Sie mal kurz so, als ob Sie einkaufen gehen wollten. Bleiben Sie draußen in Sichtweite. Und ich sehe mir hier drinnen an, was der Hund in Ihrer Abwesenheit so alles anstellt.«
Hans P. war wenig begeistert von meinem Plan. Es fiel ihm schwer, Karlchen allein zu lassen.
Ich versuchte, die angespannte Situation ein wenig zu entschärfen: »Wenn Sie jetzt nicht gehen, habe ich ja gar keine Gelegenheit, Ihre Kreditkarten und Ähnliches zu klauen!«
Damit hatte ich ihn; er lachte und zog nun doch davon.
Mit einem lauten ›Klack‹ fiel die Wohnungstür ins Schloss. Hans P. befand sich nicht mehr in Karlchens Kontrollbereich und es trat ein, was ich geahnt hatte: Karlchen tobte. Er knurrte, sprang an die Wohnungstür, biss in die Fußleisten, rannte knurrend zum Fenster, sprang auf die Sofalehne, biss ins Kissen, sprang wieder hinunter. Er rannte in die Küche, schleppte den Futternapf durch den Flur, knurrte den Napf an, riss die Tagesdecke vom Bett, knurrte den Kleiderschrank an und biss zu guter Letzt in die holländischen Pantinen.
Ich ging zum Fenster und rief Hans P. zu, doch wieder in die Wohnung zu kommen. Ich suchte nach Worten und begann zu erklären, was mir aufgefallen war. Es würde schwierig werden für Hans P., das war mir klar. Ich begann damit, dass ich ihm genau beschrieb, wie ich seinen Hund erlebt hatte.
»Also, ganz eindeutig: Karlchen hatte keine Angst, alleine zu bleiben. Ein Hund, der große Angst hat, würde hecheln, hätte vergrößerte Pupillen, würde stark zittern und seine Rute einklemmen. Winseln oder Weinen wäre auch typisch für solch eine Angstsymptomatik. Aber ich habe nichts dergleichen bei Karlchen feststellen können. Was ich gesehen habe, war: Wut! Wut! Wut! »Wütend sein« ist auch ein Symptom, aber für ein ganz anderes Problem!«
Hans P. hörte erstaunt zu.
Ich versuchte ihm den Unterschied zwischen einer behandlungsbedürftigen Separationsphobie, also einer krankhaften Trennungsangst, und einem Kontroll-Komplex-Verhalten zu erklären.
Bei Trennungsangst gibt es unterschiedliche Typen. Es gibt Hunde, die bellen und heulen, andere zerstören; wieder andere setzen unkontrolliert Harn und Kot in der Wohnung ab. Und immer ist Angst bis hin zur Todesangst die Ursache für ein solches Verhalten. Die betroffenen Hunde wollen die Nähe zu ihren Bezugspersonen wieder herstellen, indem sie deren Schuhe annagen, ihre Brillenetuis zerstören, Fernbedienungen oder Handys anknabbern. Alles Dinge, die ihre Besitzer oft in die Hand nehmen.
Und wo liegen die Ursachen für diese Ängste? Der Hund als hochsoziales Rudeltier ist nicht dafür gemacht, alleine gelassen zu werden. So wie wir ihn halten, muss er das aber lernen. Das muss ihm vom Welpenalter an behutsam beigebracht werden.
Anders liegt der Fall bei einem Hund mit Kontroll-Komplex-Zwang. Er zerstört auch, aber einfach nur, weil er wütend darüber ist, dass sich sein Besitzer aus seinem Kontrollbereich entfernt. Solch ein Hund zeigt keinerlei Angstsymptomatik.
Er ist einfach bloß außer sich und tobt – so wie Karlchen. Und das sind nur die Symptome!
Die eigentliche Ursache ist, dass Karlchen den ganzen Tag ›agiert‹ und Hans P. auf sein Hündchen ›reagiert‹. Immer muss Karlchen sagen, was als Nächstes zu tun ist. Und dann gehorcht Hans P. Er orientiert sich an Karlchen, nicht umgekehrt. Durch dieses Verhalten werden dem kleinen Kerl eine ganze Menge Jobs aufgetragen. Er muss das Leben eines gestandenen Mannes organisieren – und ist damit natürlich völlig überfordert. Das führt dann auch zu dem chronischen stressbedingten Dickdarmdurchfall.
Und wie war das mit den Beißangriffen auf die Füße seines Besitzers? Beim Telefonieren war alles anders. Wenn Hans P. etwa mit seiner Schwester telefonierte, schenkte er Karlchen nicht mehr 100 Prozent seiner Aufmerksamkeit, und das, obwohl er sich noch in seinem Kontrollbereich befand! Das konnte Karlchen nun überhaupt nicht ertragen.
Hans P. wusste sich mit den Holzschuhen zu helfen. Wie er mir gestand, telefonierte er schon seit vier Jahren nur noch in Holzschuhen.
Ja, mein Wilmersdorfer Kollege hatte recht: Dies war ein Fall für den Veterinär-Seelenklempner. Hans P. und ich besprachen Maßnahmen, die das Weltbild von Bonsai-Terminator Karlchen natürlich gehörig verändern würden. Aber ich hatte leise Zweifel, ob Hans P. wirklich ernsthaft Veränderungen wollte.
Konnte er Regeln aufstellen, klare Grenzen setzen, künftig in jeder Lebenslage als Erster agieren? Damit Karlchen sich entspannen und auf ihn reagieren konnte? Meine Zweifel verstärkten sich noch, als er mir, schon beim Gehen, an der Tür eingestand: »Ach, Frau Doktor, wenn Sie wüssten, wie viele Jahre ich unter meiner verstorbenen Frau zu leiden hatte … Die war ja so dominant!«
Viel mehr konnte ich hier momentan nicht ausrichten. Aber wie so oft dachte ich an die Gründung einer Doppelpraxis: Gleich am Eingang sollten zwei Schilder stehen. Auf dem einen stünde gedruckt: »Die Zweibeiner bitte rechts den Gang hinunter, erste Tür links zum Kollegen auf die Couch«; auf dem anderen Schild: »Die Vierbeiner bitte links den Gang hinunter, dritte Tür rechts zum Ausgang und mit Frau Dr. Werner in den Wald.«
Tatze.tifDas gefährliche Wintervirus
Als mich der Vorsitzende eines lokalen Schäferhundvereins anrief, war ich wirklich überrascht. Traditionelle Hundesportler haben eigentlich nie Fragen, weder zur Haltung noch zum Verhalten der Tiere. Sie wissen immer alles besser, und es gilt der Satz: »Das haben wir schon immer so gemacht!« Aber in diesem Fall war der Leidensdruck wohl so groß, dass die Vereinsmitglieder über ihren Schatten gesprungen waren. Sie hatten sich an die Tierärztekammer des Landes Brandenburg gewandt, und diese hatte mich empfohlen. Das erfuhr ich, als mich der Vorsitzende des Vereins anrief.
»Guten Tag, Frau Dr. Werner. Wir sind eine kleine Ortsgruppe hier im Süden Brandenburgs, fast schon in Sachsen. Tja, wir haben ein Problem mit unseren Deutschen Schäferhunden. Die führen wir schon seit Jahren erfolgreich auf Ausstellungen und Prüfungen, und wir haben auch Erfolg versprechende Nachzuchten.«
Der Stolz in seiner Stimme war nicht zu überhören: »Na ja, wir sind zwar ein kleiner Verein, aber man kennt unsere Hunde! Elf Hundeführer und zwölf gemeldete Hunde sind bei uns im Verein. Wir sind eine kleine Truppe. Wir haben aber nun den Verdacht, dass unsere Hunde immer in den Wintermonaten ein gefährliches Virus bekommen, das die Tiere stark schwächt, sodass sie einen deutlichen Leistungsabfall zeigen. Nur zwei von ihnen lassen keinen Leistungsabfall erkennen. Die gehören unserem Kassenwart; er führt zwei Rüden. Wir wundern uns alle, dass seine Hunde bei Prüfungen weiter sehr gut abschneiden – aber der Rest schwächelt irgendwie …«
Und nun erklärte er mir, wie man auf mich gekommen war: »Unsere Tierärzte meinen, dass eigentlich alles in Ordnung wäre, und dass sich das mal ein Verhaltensmediziner anschauen müsste; am besten einer, der sich im Hundesport auskennt. Wir haben lange im Verein beraten, und wir sind der Meinung, dass wir eigentlich alles richtig machen. So, wie wir es eben seit 30 Jahren machen. Aber ausgerechnet unser Kassenwart hat darauf gedrängt, Sie anzurufen. Ein paar unserer Hunde jagen oft ihren Schwanz, und das wäre nicht normal, sagt er. Könnten Sie sich das mal ansehen? Die Vereinsmitglieder legen auch zusammen!«
Was sollte das denn sein? Ein angebliches Virus, das im Winter kleine Ortsgruppen überfällt? Ein gefährliches Wintervirus sozusagen? Was war denn da los? Ich hatte in den letzten Jahren schon deutschlandweit über 600 Hundezüchter geschult – in den Wochenendseminaren ging es um rasse- und artgerechte Hundehaltung sowie artgerechtes Hundeverhalten – aber eine kleine Ortsgruppe war in dieser ganzen Zeit noch nie an mich herangetreten. Wenn überhaupt, dann hatten das immer die großen Dachverbände übernommen. Dieses Problem im Süden Brandenburgs klang irgendwie spannend, andererseits war der kleine Ort aber auch verdammt weit weg … Ich zögerte.
Mein Anrufer betonte, er wisse ja, wie weit der Anfahrtsweg sei, aber sie hätten genügend Geld in der Vereinskasse, um meine Gebühren und das Kilometergeld zu bezahlen. Daran solle es nicht liegen! Nun gut, das bedeutete einen Tagesausflug Richtung Sachsen. Ich vereinbarte einen Mittwochsbesuch, denn das war außer sonnabends und sonntags derjenige Tag, an dem es dort Übungszeiten gab, sodass ich mir die Hunde bei der Arbeit ansehen konnte.
Vor Ort stellte ich schnell fest, dass es zwei Fraktionen unter den Hundesportlern