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Goethe: Italienische Reise
Goethe: Italienische Reise
Goethe: Italienische Reise
eBook478 Seiten4 Stunden

Goethe: Italienische Reise

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Über dieses E-Book

In seinem Werk 'Italienische Reise' nimmt uns Johann Wolfgang von Goethe auf eine literarische Reise durch das Italien des 18. Jahrhunderts mit. Der Leser wird Zeuge von Goethes beeindruckenden Beschreibungen der italienischen Landschaft, Kultur und Kunst, die in einem lebhaften und detailreichen Stil präsentiert werden. Das Buch reflektiert nicht nur Goethes persönliche Eindrücke, sondern auch die allgemeine Begeisterung der europäischen Intellektuellen für das antike Rom und die Renaissance. 'Italienische Reise' stellt somit einen wichtigen literarischen Beitrag zur Epoche der romantischen Reiseliteratur dar. Goethes Darstellung des kontrastreichen Italiens bietet dem Leser nicht nur unterhaltsame Lektüre, sondern auch einen tiefen Einblick in die Geistesgeschichte seiner Zeit. Johann Wolfgang von Goethe, einer der bedeutendsten deutschen Dichter und Denker, verfasste das Werk während seiner eigenen Reise durch Italien in den Jahren 1786 bis 1788. Als aufgeklärter Gelehrter und Naturforscher war Goethe bekannt für seine vielseitigen Interessen und seine intensive Auseinandersetzung mit verschiedenen Kulturen. Diese Reise diente ihm als Inspiration für sein Schaffen und ermöglichte ihm, seine Beobachtungen und Gedanken in diesem Buch festzuhalten. Goethe zeichnet sich nicht nur durch seine literarische Meisterschaft aus, sondern auch durch seinen tiefgründigen Blick auf die Welt um sich herum. Für Leser, die sich für die Verbindung von Reisen, Kunst und Literatur interessieren, ist 'Italienische Reise' von Johann Wolfgang von Goethe ein absolutes Muss. Die klugen Beobachtungen und die poetische Sprache des Autors machen das Buch zu einer fesselnden Lektüre, die nicht nur die Schönheiten Italiens, sondern auch die Gedankenwelt eines der angesehensten Schriftsteller Deutschlands auf einzigartige Weise vermittelt.
SpracheDeutsch
HerausgeberMusaicum Books
Erscheinungsdatum7. Aug. 2017
ISBN9788027204243
Goethe: Italienische Reise
Autor

Johann Wolfgang von Goethe

Johann Wolfgang Goethe, ab 1782 von Goethe (✳ 28. August 1749 in Frankfurt am Main; † 22. März 1832 in Weimar), war ein deutscher Dichter und Naturforscher. Er gilt als einer der bedeutendsten Schöpfer deutschsprachiger Dichtung. Das künstlerische Werk Goethes ist vielfältig. Den bedeutendsten Platz nimmt das schriftstellerische Werk ein. Daneben stehen das zeichnerische Werk mit über 3.000 hinterlassenen Arbeiten. Goethe war auch ein vielseitiger Übersetzer. Er übertrug Werke aus dem Französischen, dem Englischen, dem Italienischen, dem Spanischen und dem Altgriechischen.

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    Buchvorschau

    Goethe - Johann Wolfgang von Goethe

    Anhang

    1786

    Inhaltsverzeichnis

    1602

    1603

    1604

    1605

    1606

    1607

    1608

    1609

    1610

    1611

    1612

    1613

    1614

    1615

    1616

    1617

    1618

    1619

    1620

    1621

    1622

    1602

    Inhaltsverzeichnis

    Reise-Tagebuch

    erstes Stück.

    von Carlsbad auf den Brenner in Tyrol.

    Stationen von Carlsbad bis auf den Brenner in Tyrol,

    zurückgelegt vom 3. Sept. bis den 8ten. 1786

    Nahmen und Entfernung.

    Angek.

    Abgefahren

    Post.

    3.

    Tzwoda

    1 ½

    halb 8. Früh.

    bald

    Eger

    1 ½

    12. Mitt

    2.

    Tischenreuth

    1 ½

    5

    gleich

    Weyden

    2

    9.

    gleich

    4.

    Wernberg

    1

    1.

    Schwarzenfeld

    1 ¼

    2 ½

    Schwandorf

    1

    4 ½

    Bahnholz

    1 ¼

    7 ½

    Regenspurg

    1 ¼

    10.

    ____

    12 ¼ P.

    Nahmen und Entfernung

    Angekommen

    Abgefahren

    Post

    5.

    12 ½ Mittag

    Saal

    1 ½

    3.

    3 ½

    Neustadt

    1 ½

    6.

    gleich

    Geisenfeld

    1 ½

    8.

    Pfaffenhofen

    1 ½

    10.

    6.

    Unterbrück

    1 ½

    2

    München

    2

    6 früh.

    7.

    Wohlfahrtshausen

    2.

    9 früh.

    bald

    Benedicktbeyern

    2.

    1 ½

    gleich

    Wallensee

    1 ½

    4 ½

    gleich

    Mittenwald

    1 ½

    7 ½

    8.

    Seefeld

    1

    8 ½

    Inspruck

    1 ½

    11.

    2.

    Schemberg

    1.

    4.

    Steinach

    1

    5 ½

    Brenner

    1

    7 ½ Abends.

    9.

    7 Uhr Abends

    ______

    22

    Lat. 1

    12 ¼

    ______

    p. 34 ½

    d. 3 Sept früh 3 Uhr stahl ich mich aus dem Carlsbad weg, man hätte mich sonst nicht fortgelassen. Man merckte wohl daß ich fort wollte; die Gräfin L[anthieri] setzte auch einen entsetzlichen Trumpf drauf; ich lies mich aber nicht hindern, denn es war Zeit. Ich wollte schon den 28ten. Das ging aber nicht, weil an meinen Sachen noch viel zu thun war.

    Um halb 8 in Zwota schöner stiller Nebelmorgen. No. 1. um 12. in Eger bey heisem Sonnenschein. Der Morgen war bedeckt gewesen, die oberen Wolcken streifig und wollig, die unteren schwer; es hielt sich das Wetter bey SüdWestWind. Gedancken darüber. Das Wetter gab schon den 2ten gute Anzeichen. Siehe das weitere in der Note a fol.[19].

    Ich fand daß Eger dieselbe Polhöhe wie Franckfurt hat und freute mich einmal wieder nahe am 50. Grade zu Mittag zu essen. Von Karlsbad bis Zwota der quarzhaffte Sandstein; der Weg nach Maria Culm geht auf einem aufgeschwemmten Gebirg hin. Bis Eger Plaine und Feldbau.

    In Bayern stößt einem gleich das Stifft Waldsassen entgegen, ein köstlich Besitzthum derer die früher als andre klug waren. Es liegt in einer fruchtbaren Teller- um nicht zu sagen Kessel Vertiefung, in einem schönen Wiesengrunde, rings von fruchtbaren sanften Anhöhen umgeben und hat im Lande weit Besitzungen. Der Boden ist aufgelöster Thonschiefer, den der Quarz, der sich im Thonschiefer befand und nicht aufgelöst ist, locker macht. Es liegt zwar noch hoch aber anmutig und die Felder sind fruchtbar. Bis gegen Tischenreuth steigt das Land noch, die Wasser fließen einem entgegen, nach der Eger und Elbe zu; von Tischenreut an fällt nun das Land südwärts ab und die Wasser lauffen nach der Donau.

    Tischengreut um fünfe. Treffliche Chaussee von Granitsand, es läßt sich keine vollkommnere dencken. Die Gegend durch die sie geht desto schlechter, auch Granitsand, flach liegend, moorig pp. Da nunmehr gute Chaussee ist und das Land abfällt, kommt man mit unglaublicher Schnelle fort, die gegen den böhmischen Schneckengang recht absticht. Ich war halb neun in Weyda, Nachts 1. Uhr in Wernberg, halb dreye Schwarzenfeld, halb fünfe Schwandorf, halb achte Bahnholtz, um zehen in Regenspurg und hatte also diese 12 ¼ Posten oder 24 ½ Meile in 31 Stunden zurückgelegt.

    Von Schwandorf gegen Regenstauff zu, da es anfing Tag zu werden, bemerckte ich die Veränderung des Ackerbodens ins bessere. Den Regenfluß herauf, hatte, in uralten Zeiten, Ebbe und Fluth aus der Donau gewürckt und so diese natürlichen Polder gebildet, die wir nun benutzen. Es ist dieses in der Nachbarschafft aller grosen Flüsse bemercklich. Ich glaube ich habe dir schon davon gesprochen. Regenspurg liegt gar schön, die Gegend mußte eine Stadt hierher locken. Auch haben sich die Geistlichen Herrn wohl possessionirt; alles Feld um die Stadt gehört ihnen, und in der Stadt steht Kirche gegen Kirche und Stifft gegen Stifft über.

    Die Donau hat mich an den alten Mayn erinnert. Bey Frankfurt präsentirt sich Fluß und Brücke besser, hier sieht aber das gegenüberliegende Stadt am Hof recht artig aus. Die Jesuiten Schüler gaben heut, ihr jährliches Schauspiel, ich besuchte es gleich, sah den Anfang des Trauerspiels und das Ende der Oper. Sie machten es nicht schlimmer als eine angehende Liebhaber Truppe. Und waren recht schön, fast zu prächtig gekleidet. Auch dies und das Ganze, wovon einmal mündlich, hat mich von der Jesuiten groser Klugheit auf’s neue überzeugt; und es ist nicht Klugheit, wie man sie sich in Abstracto denckt, sondern es ist eine Freude an der Sache dabey, ein Mit und Selbstgenuß, wie er aus dem Gebrauch des Lebens entspringt. Wie freut michs daß ich nun ganz in den Catholicismus hineinrücke, und ihn in seinem Umfange kennen lerne.

    Wärest du nur mit mir, ich wäre den ganzen Tag gesprächich, denn die schnelle Abwechslung der Gegenstände giebt zu hundert Beobachtungen Anlaß. Offt wünsch ich mir Fritzen und bin und bleibe allein.

    Wie glücklich mich meine Art die Welt anzusehn macht ist unsäglich, und was ich täglich lerne! und wie doch mir fast keine Existenz ein Räthsel ist. Es spricht eben alles zu mir und zeigt sich mir an. Und da ich ohne Diener bin, bin ich mit der ganzen Welt Freund. Jeder Bettler weist mich zu rechte und ich rede mit den Leuten die mir begegnen, als wenn wir uns lange kennten. Es ist mir eine rechte Lust.

    Heute schreib ich dir accurat unterm 49ten Grade und er laßt sich gut an, der Morgen war kühl und man klagt auch hier über Nässe und Kälte, aber es war ein herrlicher gelinder Tag, und die Luft die ein groser Fluß mitbringt ist ganz was anders.

    Das Obst ist nicht sonderlich, doch leb ich der Hoffnung es wird nun kommen und werden. Auch habe ich einem alten Weibe, das mir am Wasser begegnete, für einen Kr Birn abgekauft und habe solche wie ein andrer Schüler publice verzehrt. Nun gebe Gott bald Trauben und Feigen. Ein Grundriß von Regensb. und das Iesuitenspiel sollen hier beyliegen.

    NB. Jesuitenkirchen, Türme, Dekoration überhaupt! Etwas groses in der Anlage, das allen Menschen insgeheim Ehrfurcht einflöst. Gold, Silber, Metall und Pracht, daß der Reichthum die Bettler aller Stände blenden möge, und hie und da etwas abgeschmacktes, daß die Menschheit versöhnt und angezogen werde. Es ist dies überhaupt der Genius des Catholischen äussern Gottesdiensts, noch hab ich’s aber nicht mit soviel Verstand, Geschick und Geschmack und soviel Consequenz ausgeführt gesehn, als bey den Jesuiten und alle ihre Kirchen haben eine Übereinstimmung.

    In der Folge mehr. Wie sie nicht die alte, abgestümpfte Andacht der andern Ordensgeistlichen fortgesetzt haben sondern mit dem Genio Säkuli fortgegangen sind.

    Regensburg d. 5. Sept.

    Vom Carlsb. hatte ich nur einen Mantelsack und Dachsranzen mitgenommen, und für meine Garderobe wäre es überflüssig, da ich aber soviel Bücher und Papiere mit habe, so war es zu beschweerlich. Nun Hab ich mir ein Coffregen gekauft das mich recht freut. Auch ists recht gut daß ich allein bin, denn gewiß man wird durch anhaltende Bedienung vor der Zeit alt und unfähig.

    Jetzt freut mich alles mehr, und ich fang in allem gleichsam wieder von vorne an.

    Gewiß ich hoffe auf dieser Reise ein Paar Hauptfehler, die mir ankleben, loszuwerden.

    An der Donau gezeichnet. No. 2.

    um halb zwölfe.

    Ich muß nun machen daß ich wegkomme! Ein Ladenbedienter, aus der Montagischen Buchhandlung, hat mich erkannt, der in der Hofmannischen ehmals stand. So muß dem Autor nichts guts von den Buchhändlern kommen. Ich hab es ihm aber grade ins Gesicht, mit der größten Gelassenheit, geläugnet daß ich’s sey.

    Den Pastor Schäfer hab ich gesehen und sein Cabinet, unter dem angenommenen Nahmen Möller, den ich auch behalten werde. Nun leb wohl ich setze mich auf nach München.

    Ein sonderbar Gestein wird hier verarbeitet, zu Werckstücken, eine Art Todtliegendes, doch von dem, was ich für älter und ursprünglich erkenne. Es ist grünlich, mit Quarz gemischt, löchrich und finden sich grose Stücke des festesten Jaspis drin, in welchem wieder kleine runde Flecken von Todtliegendem sich befinden. Ein Stück war gar zu apetitlich, der Stein aber zu fest, und ich habe geschworen mich nicht auf dieser Reise mit Steinen zu schleppen.

    d. 5ten halb 1. Mittag von Regensburg.

    Schöne Gegend bey Aburg wo die Donau sich an Kalckfelsen bricht, bis gegen Saale.

    Es ist der Kalck wie der bey Osterode am Harz. Dicht aber im Ganzen Löchrich.

    3 Uhr in Saale No. 2b. halb 4 von Saale, um sechs in Neustadt, Geisenfeld um achte, Pfaffenhofen um 10 Uhr, d. 6. Sept. Unterbrück um 2. München um 6 in der frühe.

    Abends um sechse. nun ist mein Münchner Pensum auch absolvirt, diese Nacht will ich hier schlafen und Morgen früh weiter. Du siehst ich richte mich eilig ein, und will und muß nun einmal diese Manier versuchen, um von der alten hockenden und schleichenden ganz abzukommen.

    Ich habe die Bildergallerie gesehn und mein Auge wieder an Gemälde gewöhnt. Es sind treffliche Sachen da. Die Scizzen von Rubens zu der Luxenburger Gallerie sind herrlich. Das vornehme Spielwerck, die Colonna trajana im Modell, die Figuren verguldet Silber auf Lapis lazuli, ich glaube Archenholz spricht davon steht auch da. Es ist immer ein schön Stück Arbeit.

    Im Antiquario, oder AntikenCabinet, hab ich recht gesehen daß meine Augen auf diese Gegenstände nicht geübt sind, und ich wollte auch nicht verweilen und Zeit verderben. Vieles will mir gar nicht ein.

    Ein Drusus hat mich frappirt, die zwey Antoninen gefielen mir und so noch einiges. Sie stehen auch unglücklich, ob man gleich recht mit ihnen aufputzen wollen, und als Ganzes der Saal, oder vielmehr das Gewölbe, ein gutes Ansehn hätte, wenn es nur reinlicher und besser unterhalten wäre.

    Im Naturalienkabinet fand ich schöne Sachen aus Tyrol, die ich aber durch Knebeln schon kannte. Apropos von Knebeln! Ihm gefiel im Antikensaal ein Julius Cäsar so wohl, der, |: ich müßte mich entsetzlich betrügen :| gar nichts taugt, allein ich finde eine frappante Ähnlichkeit der Büste mit Knebeln selbst. Die Übereinstimmung des Charackters hat also den Mangel der Kunst ersetzt.

    Ich wohne auch hier in Knebels Wirthshaus, mag aber nicht nach ihm fragen, aus Furcht Verdacht zu erwecken oder dem Verdacht fortzuhelfen. Niemand hat mich erkannt und ich freue mich so unter ihnen herum zu gehen. Bey Kobeln war ich, fand ihn aber nicht zu Hause. Sonst hatt ich den Spas einige die ich dem Nahmen nach kannte, und ihr Betragen zu sehen.

    Überhaupt da ich nun weis wie es allen Ständen zu Muthe ist und niemand seinen Stand verbergen kann und will; so hab ich schon, das phisiognomische abgerechnet, einen grosen Vorsprung, und es ist unglaublich wie sich alles auszeichnet.

    Herder hat wohl recht zu sagen: daß ich ein groses Kind bin und bleibe, und letzt ist mir es so wohl daß ich ohngeftraft meinem kindischen Wesen folgen kann.

    Morgen geht es grad nach Inspruck! Ich lasse Salzburg, wovon ich dir sogerne erzählt hätte, um den reisenden Franzosen auszustechen, das Zillerthal mit seinen Turmalinen, die Bergwercke von Schwaz, die Salinen von Halle! Was lass ich nicht alles liegen? um den Einen Gedancken auszuführen, der fast schon zu alt in meiner Seele geworden ist.

    Heute früh fand ich eine Frau die Feigen verkaufte auf einer Gallerte des Schlosses, sogleich wurden ihrer gekauft und obgleich theuer, drey Kreutzer das Stück, doch die ersten, denen wills Gott mehr folgen sollen. Das Obst ist doch auch für d. 48ten Grad nicht übermäsig gut. Man klagt wie überall über Kälte und Nässe. Ein Nebel, der für einen Regen gelten konnte, empfing mich heute früh vor München, den ganzen Tag blies der Wind sehr kalt vom Tyroler Gebirg, der Himmel war bedeckt. Ich stieg auf den Turm von dem sich die Fräulein herabstürzte und sah mich nach den Tyroler Bergen um. Sie waren bedeckt und der ganze Himmel überzogen. Nun scheint die Sonne im Untergehn noch an den alten Turm der mir vor dem Fenster steht. Lebe wohl. Du bist mir immer gegenwärtig und offt regt sich der Wunsch wieder: mögt ich doch Fritzen mitgenommen haben.

    Noch eine böse Arbeit steht mir bevor. Nach einer letzten Conferenz mit Herdern, mußt ich die Iphigenie mitnehmen und muß sie nun gelegentlich durchgehn und ihr wenigstens einige Tage widmen. Das will ich auch thun, sobald ich ein Plätzgen finde wo ich bleiben mag.

    d. 7. Sept Abends.

    Es scheint mein Schutzgeist sagt Amen zu meinem Credo, und ich danck ihm, nicht daß er mir diesen schönen Tag gemacht, sondern daß er mich an diesem Tage hierhergeführt hat. Der Postillon sagte noch zuletzt es sey der erste diesen ganzen Sommer. Ich hab eine herzliche, stille danckbare Freude über mein Glück und hoffe es soll nun so fort gehn.

    Um 5 Uhr fuhr ich von München weg.

    Klarer Himmel. An den Tyroler Bergen standen die Wolcken fest und die untern Streifen bewegten sich auch nicht. Der Weg geht an der Iser hin, in der Höhe auf zusammengeschlemmten Kieshügeln, die Arbeit der alten höheren Wasser. Ich sah Knebels Kiesel wieder und begrüste ihn. Die Nebel des Flusses und der Wiesen wehrten sich eine Weile, endlich wurden auch diese aufgezehrt.

    Zwischen gedachten Kieshügeln |: die du dir mehrere Stunden lang und breit dencken mußt:| das schönste fruchtbare Erdreich. Siehe rückwärts fol. Vor Wohlfahrtshausen wo ich um 9 Uhr ankam und so den 48 Grad erreichte, muß man wieder an die Iser, man sieht da einen Durchschnitt, und Abhang der Kieshügel, wohl auf 150 Fus hoch. In Wohlf. brannte die Sonne starck. Alle Welt iammert über das böse Wetter und daß der grose Gott gar keine Anstalten machen will. Nun ging mir die neue Welt auf, ich näherte mich den Gebürgen, sie wurden freyer von Wolcken. BenedicktBayern liegt köstlich! Wie man es zuerst erblickt, liegts in einer fruchtbaren Plaine, ein lang und breites weises Gebäude und ein breiter hoher Felsrücken darhinter. Dann kommt man zum Cochl. SeeNo 3. dann zum Walcher SeeNo 4. zum Cochl. See gehts schon hinauf, der andre liegt noch höher im Gebürge. Wie ich den ersten beschneiten Gipfel sah, griff ich nach dem Hute, doch war es mir unbegreiffl. schon so nahe an den Schneebergen zu seyn. Dann hört ich daß es gestern in dieser Gegend gedonnert geblitzt geregnet und auf den Bergen geschneit hatte. Es war also der erste Schnee den ich begrüßte.

    Die hohen Felsklippen sind alle Kalck, von dem ältesten der noch keine Versteinerungen enthält. Diese Kalckfelsen gehn in ungeheurer ununterbrochener Reihe von Dalmatien bis nach dem Gotthart und auch weiter fort. Haquet hat einen grosen Theil der Kette bereist davon mündlich. Sie lehnen sich an den Granit, Porphyr u. s. w. Ich habe nur wenige Stücke eine Art Gneis in den Giesbächen gefunden.

    Wallensee halb 5. Ich war nicht weit von dem Orte, als mir das erste Abenteuergen aufsties. Ein Harfner ging mit seinem Töchtergen einem Mädchen von 11 Jahren vor mir her, und bat mich sie einzunehmen. Ich lies sie zu mir sitzen und nahm sie auf’s nächste Dorf mit. Ein artiges ausgebildetes Geschöpf, das weit herumgekommen war, mit seiner Mutter nach Maria Einsiedeln gewallfahrtet und seine Reisen immer zu Fuß gemacht hatte. In München hatte sie vor dem Churfürsten gespielt und überhaupt schon sich vor 21 fürstl. Personen hören lassen. Sie unterhielt mich recht gut. hatte hübsche grose braune Augen eine eigensinnige Stirne, die sie ein wenig hinaufwärts zog.

    War hübsch und natürlich wenn sie sprach, besonders wenn sie kindisch laut lachte. Wenn sie schwieg, wollte sie was bedeuten und machte mit der Oberlippe eine fatale Mine. Ich schwätzte alles mit ihr durch. Sie war überall zu Hause, und paßte gut auf. Einmal fragte sie mich, was das für ein Baum sey? Es war ein Ahorn, und der erste den ich auf der ganzen Reise sah. den hatte sie gleich bemerckt. Es kamen nachher noch mehr. Sie zeigte mir eine neue Haube die [sie] sich hatte in München machen lassen und in einer Schachtel mit sich führte.

    Es gäbe schön Wetter, wenigstens einige Tage sagte sie. Sie trügen ihr Barometer mit das sey die Harfe; wenn sich der Diskant hinauf stimme, so geb es gutes Wetter das hab er heute gethan. Ich nahm das Omen an, und hatte noch viel Spas mit ihr ehe wir schieden. Mittelwald halb 8 angekomm.

    d. 8. Sept. Abends

    Auf dem Brenner angelangt, gleichsam hierher gezwungen, wie ich mir nur ein Ruheort gewünscht habe. Mein erstes ist dir das Gute des vergangnen Tages mitzutheilen. Es war ein Tag an dem man Jahrelang in der Erinnerung genießen kann.

    Von Mittelwald um sechs Uhr, klarer Himmel es blies ein sehr scharfer Wind und war eine Kälte wie sie nur dem Februar erlaubt ist. Die duncklen mit Fichten bewachsnen Vorgründe, die grauen Kalckfelsen, die höchsten weisen Gipfel auf dem schönen Himmelsblau, machten köstliche, ewig abwechselnde Bilder.

    Bey Scharnitz kommt man ins Tyrol und die Grenze ist mit einem Walle geschlossen der das Thal verriegelt und sich an die Berge anschließt. Es sieht schön aus. An der einen Seite ist der Felsen befestigt, an der andern geht es steil in die Höhe.

    In Seefeld um halb neun.

    Von da wird der Weg immer interessanter. Bisher ging er über die von Benedikt Bayern herauf erstiegne Höhen weg, nun kommt man dem Innthal näher und sieht von oben hinein Intzingen liegen. Die Sonne war hoch und heis. Meine Garderobe, |: eine Veste mit Ermeln und ein Überrock, :| die auf alle vier Jahrszeiten gerichtet ist mußte gewechselt werden, und sie wird offt des Tags 10 mal gewechselt.

    Bey Cirl steigt man in’s Innthal herab. Die Lage ist unbeschreibl. schön und der hohe Sonnenduft machte sie ganz herrlich. Ich habe nur einige Striche aufs Papier gezogen, der Postillon hatte noch keine Messe gehört und eilte sehr auf Inspruck. es war Marien Tag.

    Nun immer an der Inn hinab an der Martins Wand vorbey, einer steilabgehenden ungeheuren Kalckwand. Zum Orte wohin Kayser Max sich verstiegen haben soll, getraut ich mir wohl ohne Engel hin und her zu kommen, ob es gleich immer ein frevelhafftes Unternehmen wäre.

    Innspruck liegt herrlich in einem breiten reichen Thal zwischen hohen Felsen und Gebirgen.

    Ich wollte heute dableiben, aber es lies mir innerlich keine Ruhe.

    Ich fand an des Wirths Sohn den leibhaften Söller. So finde ich nach und nach meine Menschen.

    Es ist Mariä Geburt. Alle Menschen geputzt und gesund und wohlhäbig wallfahrtend nach Wilden das eine Viertelstunde von der Stadt liegt. Von Innsbr. fuhr ich um 2 Uhr ab und war halb achte hier

    auf dem Brenner

    hier soll mein Rastort seyn, hier will ich eine Recapitulation der vergangnen sechs Tage machen, Dir schreiben und dann weiter gehn.

    Von Innspr. herauf wirds immer schöner, da hilft kein Beschreiben. Man kommt eine Schlucht herauf wo das Wasser nach der Inn zu stürzt. Eine Schlucht die unzählige Abwechslungen hat.

    Bald ist die Seite gegenüber nicht abhängiger als daß nicht noch sollte der schönste Feldbau drauf geübt werden. Es liegen Dörfgen, Häuser, Hütten, Kirchen alles weis angestrichen zwischen Feldern und Hecken auf der abhängenden hohen Fläche.

    Bald verengt sichs, es wird Wiese, steil abfallendes Thal pp.

    Zu meiner Weltschöpfung hab ich manches erobert. Doch nichts ganz neues noch unerwartetes. Auch hab ich viel geträumt von dem Model, von dem ich solang rede und an dem ich Euch lieben Layen allein das alles anschaulich machen könnte was immer mit mir herumreist.

    Endlich ward es dunckel und dunckler, das Detail verlohr sich und die Massen wurden größer und herrlicher. Endlich da alles nur wie ein tiefes geheimnißvolles Bild vor mir sich bewegte, sah ich auf einmal die hohen Gipfel wieder vom Monde erleuchtet und die Sterne herabblincken.

    In Inspr. und der Gegend mögt ich mit dir einen Monat verleben, mit solchem Wetter wie heute versteht sich. Und das Gebürg herauf was ich für Gegenstände vorbeygefahren bin, die dir die größte Freude machen würden, wenn du sie zeichnen könntest. Einige schick ich dir.

    Nun bin ich hier, finde ein sehr saubres bequemes Gasthaus; Will ausruhen meine Vergangne Tage überlegen und alles für dich in Ordnung bringen; auch mich zu weiterer Reise zubereiten.

    Von Witterung Not. a. Von Polhöhe pp S. Note b. Von Pflanzen N. c. Von Gebürgen Steinarten Note d. Von Menschen Note e.

    9. Sept. 86 Abends.

    Da ich meine flüchtige Bemerckungen dieser Tage zusammenbringe, schreibe und hefte; so findet sich’s daß sie beynahe ein Buch werden, ich widme es dir. So wenig es ist wird es dich erfreuen und wird mir in der Folge Gelegenheit geben besser ordentlicher und ausführlicher zu erzählen. Wir werden nun gerne etwas von diesen Gegenden lesen, weil ich sie gesehn, manches über sie gedacht habe und du sie durch mich genießen sollst. Ich werde so fortfahren von Zeit zu Zeit einen Rasttag zu machen und das Vergangne in Ordnung zu bringen denn in die Weite gehts nicht und man mag zuletzt die einzelnen Blätter nicht mehr ansehn.

    Hier oben in einem wohlgebauten, reinlichen, bequemen Hause seh ich nun noch einmal nach dir zurück. Von hier fliesen die Wasser nach Deutschland und nach Welschland diesen hoff ich morgen zu folgen. Wie sonderbar daß ich schon zweymal auf so einem Punckte stand, ausruhte und nicht hinüber kam! Auch glaub ich es nicht eher als bis ich drunten bin. Was andern Menschen gemein und leicht ist, wird mir sauer gemacht. Lebe wohl! Gedenck an mich in dieser wichtigen Epoche meines Lebens. Ich bin wohl, freyen Gemüths und aus diesen Blättern wirst du sehn wie ich der Welt genieße. Lebwohl. Der ganze Tag ist mir über diesen Papieren hingegangen. G.

    Note a.

    Gedancken über die Witterung.

    Sobald ich die Schäfgen der Oberen Lufft sah (schon im Carlsbad d. 2 Sept.) hatte ich gute Hoffnung, ich schloß daraus: daß die Atmosphäre ihre Elasticität wieder gewinne und im Begriff sey das schöne Wetter wieder herzustellen. Allein ich dachte nicht an das was ich nachher bemerckt zu haben glaube. Nämlich: Daß eine Elastischere Athmosphäre die Wolcken aufzehrt, ihnen den Zusammenhang unter sich benimmt, so daß also die Dunste die vorher Massenweis zusammen gedrängt waren, als Wolcken umherzogen, nur in einer gewissen Höhe über der Erde schwebten, als Regen herab fielen, als Nebel wieder aufstiegen, nunmehr in den ganzen Raum gleichförmig ausgetheilt sind. Da ieder Dunst und Wassertropfen durch Mittheilung der Athmosphärischen Elasticität unendlich elastisch werden, ia ins unendlich kleine getheilt werden kann; so kann auch die Wasser Masse sich in eine weit grösere Höhe austheilen und vor unsern Augen so verschwinden daß sie zuletzt auch nicht den geringsten Dunst bemerckbar läßt. Vielleicht ist das was ich sage was bekanntes, ich setze nur meine Bemerckungen hin, und folgere aus meiner Hypothese.

    Wenn eine ungeheure Menge condensirte Dünste aufzulösen sind, wie es diesmal war; so geht es langsam zu, und die obere Lufft, da sie zuerst ihre Elasticität wieder erlangt, fängt zuerst an Schäfgen |: leicht wie gekämmte Wolle aneinander gereihte Wölckgen :| zu bilden. An den hohen Gebürgen, die durch die Anziehung die Wolcken halten, fangen diese an, in Grosen, Bergähnlichen über einander gethürmten weißen Massen festzustehn, indess die Wolcken der untern Athmosphäre als graue Streifen, und in langgedehnten schweeren Formen unter ihnen hinziehen. Vermehrt sich nun immer die Elasticität der Luft so zehrt sie von oben herein die um die Berge feststehende Wolcken auf und der Wind der vom Berge kommt der vor wenigen Tagen Regen brachte bringt nun gutes Wetter. Ich sah das Aufzehren einer solchen Wolcke ganz deutlich sie hing am Berge fest, löste sich mit der grösten Langsamkeit auf, kaum daß einige Flocken sichtbar sich ablösten und in die Höhe stiegen die aber auch gleich verschwanden. Und so verschwand sie nach und nach und hinter dem Berge bemerckt ich in der Lufft ganz leichte weiße Streiffgen, die mir zuletzt auch aus dem Gesicht kamen.

    Ist nun das Wasser so in der ganzen Athmosphäre vertheilt, und noch einigermaßen nah an einander, so sieht mans an der Luft-Perspecktiv und am Auseinandergehn der Landschafftsgründe ganz deutlich. Das muß nun als Thau, oder Reif herunter, oder muß sich weiter ausdehnen und verbreiten. Diesmal machte das Wetter um die Tyroler Berge ein gewaltsames Ende mit Donnern, Blitzen und Schneyen; dann hellte sichs aus. Eben so sah ich den 9ten als die Sonne den Schnee auf den Gipfeln zu schmelzen anfing leichte Schaumstreifen in die Höhe steigen und sich bey einem kalten Mittag Winde weit über den Himmel gegen Norden verbreiten. So ging es immer fort es zog immer mehr weißer Duft von Mittag herauf der ganze Himmel ward bedeckt,

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