Es lebt sich so dahin
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Über dieses E-Book
Dieses Buch ist ein lebensbejahendes Lesevergnügen für alle. Egal wie alt.
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Buchvorschau
Es lebt sich so dahin - Andrea Lieder-Hein
Vorurteile
Sie kommen an den Bankschalter der Sparkasse Ihres Vertrauens? Wollen eine größere Summe Geld anlegen? Für Ihr Alter? In Aktien, ganz sicher? Keine Hedgefonds??? An Black Pools kommen Sie sowieso nicht ran?
Und dann kommt da so ein junger Schnösel mit einem Spinnennetz –Tattoo am Hals und mehreren Ringen in den Ohren? Na? Drehen Sie jetzt um und gehen wieder? DER kann Ihr Geld doch nicht sicher verwalten??? DOCH, gerade der!
VORURTEILE.
Wenn in einem Beruf, wo Seriosität alles ist, also Anzug und gepflegt, wenn da so jemand auf Sie zukommt, dann kann der nur besser sein als alle anderen. Sonst hätte man ihn da nicht eingestellt. Gibt ja genug. Und wenn nun jemand noch so „anders" aussieht, dann ... ja dann muss der schon herausragende Fähigkeiten besitzen.
Seien Sie mal ganz ehrlich, so einen Anzug kriegt man doch überall. Für die Bank oder wozu auch immer. Vielleicht passt sogar noch der alte KonfirmationsAnzug. Aber Tattoo und Ringe... Ja, das muss man sich erst einmal trauen. In einer Bank. Ohne sofort zu fliegen.
Ach, Sie meinen, der macht ein Praktikum? Oberstufe? Oder Ehrenamt?
FALSCH.
Die Schüler im Praktikum, die tragen sicher Anzüge. Damit keiner denkt, die haben keine Ahnung. Und das Ehrenamt, das wird in Deutschland GANZ hoch gehalten.
Wenn die ganzen ehrenamtlichen Leute nicht mehr für LAU ehrenamtlich arbeiten würden, dann würde das ganze System zusammen brechen. Auch im Anzug.
Bei der Feuerwehr. Den Tafeln. Der Kirche. Dem DRK. Oder...
Tja, was ich hier möchte, ist „Sie von Vorurteilen befreien" !!!
Bringt ja nix!!! Macht ja nur Angst.
Aber ich schweife wieder ab. Kommt im Alter. Bei jedem. Früher oder später. Da verliert man mitten drin den roten Faden. Schwupps, ist er weg. Kurzzeitgedächtnis. Aber TIPP. Einfach weiter reden, egal was. Das hilft. Überbrückt. So entstehen keine peinlichen Pausen.
Viele hören sowieso nicht richtig zu. Die merken das gar nicht. Und irgendwann, Schwupps, ist er wieder da, der rote Faden.
Ja, „so geht Alter heute", hihihi.
Immer noch September
Was soll ich sagen, mein Geburtstag war ein Tag wie jeder andere. Eine Nachbarin kam vorbei und fragte, ob sie meine Tageszeitung haben könnte. Da sei ein Artikel über Bewerbungen drin. Ihr Sohn wolle sich bewerben. Würde auch Zeit. Jetzt so mit 29. Aber in Italien kenne man das ja. Hotel Mama. Wär ja auch bequem, für sie. Sei sie nicht so alleine...
Um das Gespräch zu beenden, gab ich der Frau meine noch ungelesene Zeitung und schaute zum hundertsten Male auf das Handy, ob da nicht doch noch was ...? Oder ob sie vielleicht einen Überraschungsbesuch geplant hatten??? Oder wenigstens ein Geschenk? Hatte mich jahrelang mit Erziehung abgequält. Und nun?
Kiel ist ja nicht aus der Welt. Flensburg schon eher. Hihihi. Fast schon Dänemark. Und Middelgaarder Förde? Gleich um die Ecke. Ums Eck, wie ich immer sag.
Aber nein. Nix passierte! Und dann habe ich abends wie jeden Sonntag Tatort geguckt. War Gort sei Dank eine neue Folge. Die Sommerpause mit den ollen Wiederholungen endlich vorbei.
Tja, nun ist schon wieder Dienstag und ich bin seit drei Tagen 66, und das Leben fängt nicht an, sondern geht einfach nur weiter.
Ich bin dann vorhin mal ins Café „Middelgaard & Meer" gegangen. In Middelgaard-Holm. Das ist an der Ostsee. Zwölf Kilometer von hier. Wunderbar. Mit kleiner Seebrücke. Und das Café direkt auf dem Steg. Ein Traum, sag ich Ihnen.
Die haben so Riesentorten. Neunstöckig. Alles selbst gebacken. Und immer verschieden. Die passen kaum auf den Teller und füllen für mindestens eine Woche Magen und Darm. Und das Gehirn. Aber lecker.
Während ich da noch so saß, kam dieses Pärchen. Er elegant, mit Anzug. Machte was her. Sie nicht so. Hausmütterchen. Sieht man heute kaum noch.
Ist immer das Gerede von „Frauen haben mindestens 30 Paar Schuhe", aber diese schien nur ein Paar zu besitzen. Seit längerem. Und sie trug sie jeden Tag. So sahen sie jedenfalls aus, bequem und.... Schwamm drüber.
Beide setzten sich gegenüber hin und redeten erst wieder, als die Bedienung kam und sie was bestellten.
Sie nahm ein Kännchen Kaffee. Dass es das überhaupt noch gibt!!! Kein Becher, keine Tasse, keine Latte, keinen Cappu, nein, ein Kännchen Kaffee. Er wollte nur einen Espresso. Sie überlegte noch und bestellte dann die neunstöckige Schokoladentorte.
Danach schwiegen sie wieder.
Als die Bestellung eintrudelte, staunte ich nicht schlecht. Ich hatte noch nichts bestellt, denn ich blätterte immer noch suchend in der Karte und wusste nicht so recht, wofür ich mich entscheiden sollte.
Plötzlich schrie die Frau „Iiiigiiitttt". Quer durchs Café.
Sie erklärte ihrem Mann, dass die Torte nach Erdöl schmecke. Vermutete Gift oder Schlimmeres. Man hörte ja so viel. Auch vom Fleisch. Nadeln