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Ach, Thüringen
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Ach, Thüringen
eBook210 Seiten2 Stunden

Ach, Thüringen

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Über dieses E-Book

Warum geschehen in unregelmäßigen Abständen ausgerechnet in Thüringen seltsame Dinge, die ganz Deutschland bewegen oder gar erschüttern? Weshalb konnten sich hier Jugendliche zu Rechtsterrorist*innen radikalisieren und später als selbsternannter NSU unschuldige Menschen ermorden? Wieso steht hier der einzige linke Ministerpräsident gegen den extremsten aller extremen AfD-Funktionäre?
Und warum wurde hier ein Regierungschef ohne Regierung gewählt? In seinen Kolumnen für die "Thüringer Allgemeine" beschäftigt sich Martin Debes mit diesen Fragen. Aber er schreibt auch davon, wie er zum ersten Mal auf seiner billardgrünen Simson in den Westen fuhr, warum ausgerechnet die Nelson-Mandela-Schule in Ilmenau ihren Namen verlor und wieso er eine besondere Beziehung zu einem Gerät namens AKA Electric G 2000 FSB hat. Und er erzählt die Geschichte seiner Feigheit. Dieses Buch bietet eine Auswahl seiner Texte.
SpracheDeutsch
HerausgeberKlartext Verlag
Erscheinungsdatum13. Feb. 2023
ISBN9783837525670
Ach, Thüringen

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    Buchvorschau

    Ach, Thüringen - Martin Debes

    Ach, Thüringen …

    Etwa 2,3 Prozent der Menschen der Bundesrepublik leben in Thüringen. Es gibt hier keine Metropolen, keine Konzernzentrale und keine höherklassigen Fußballclubs. Ja, es ist schön hier, im Westen die Rhön, im Süden der Thüringer Wald, im Nordwesten der Harz und im Osten das Vogtland, dazwischen der Nationalpark Hainich und toskanisch anmutende Hügeligkeit: Aber sonst?

    Sonst stellt sich die Frage, warum ausgerechnet hier, in der mitteldeutschen Provinz, immer mal wieder Erstaunliches geschieht. Warum wurde hier die Bibel ins Deutsche übersetzt und die Fuge komponiert, warum hat der englische König hier seine Urahnen und warum befand sich hier das Zentrum von Klassik, Philosophie und Romantik? Warum gründete sich hier die Urburschenschaft, warum steht hier das erste Planetarium?

    Warum saßen hier erstmals Nazis in einer Landesregierung? Warum wurde Thüringen zu einer Art Muster-Gau? Und warum wurden hier die Öfen für Auschwitz gebaut?

    Warum herrschte hier in der DDR-Zeit eine der höchsten sportlichen Olympiasieger- und Weltmeisterdichte der Welt? Warum wurden hier Autos und Mopeds entwickelt? Warum wurde hier die erste Stasi-Zentrale besetzt?

    Warum konnten sich hier Jugendliche zu Rechtsterroristen radikalisieren? Warum steht hier der einzige linke Ministerpräsident gegen den extremsten aller extremen AfD-Funktionäre? Und warum wurde hier ein Regierungschef ohne Regierung gewählt?

    Seit ich den „Zwischenruf für die „Thüringer Allgemeine schreiben darf, habe ich immer wieder über das gleichermaßen seltsame wie schöne Land nachgedacht, in das ich geboren wurde und aus dem die meisten meiner Vorfahren stammen.

    Ich habe die Zeitläufte betrachtet, das aktuelle Geschehen kommentiert und mein eigenes Tun reflektiert. Dies ist eine Auswahl aus mehr als 500 Kolumnen, die seit 2011 erschienen, und die – das ist die Hoffnung, die hinter diesem Buch steht – etwas über den Tag ihrer Publikation hinausreichen. An einer Stelle habe ich Worte abgemildert, die mir im Rückblick zu hart erschienen.

    Auch wenn ich versucht habe, die Kolumnen mal inhaltlich, mal chronologisch zu sortieren, so ergeben sie keine geschlossene Erzählung, zumal an einigen Stellen Überschneidungen nicht vermieden werden konnten. Am Ende steht jeder Text für sich.

    NSU

    Ich kann mich noch gut an jenen Novembertag erinnern, der mit zwei toten Bankräubern in Eisenach begann – und an dessen Abend in Umrissen einer der größten Skandale in der bundesrepublikanischen Geschichte deutlich wurde. Drei Rechtsextremisten waren 1998 aus meiner Geburtsstadt Jena geflüchtet und hatten im Untergrund systematisch Migranten und ihre Nachkommen ermordet, Bomben gelegt und Raubüberfälle begangen, derweil der Staat wegschaute, die Polizei lieber in Richtung Ausländerkriminalität ermittelte und der Verfassungsschutz über manipulative V-Leute das Umfeld des selbst ernannten „Nationalsozialistischen Untergrunds" mitfinanzierte. Ich schrieb viele Texte, über die Ermittlungen, die Reaktionen aus der Politik, das Leid der Opfer und Angehörigen. Und ich saß viele Verhandlungstage im Prozess gegen Beate Zschäpe und ihre vier Mitangeklagten.

    Auch wenn ich mir keinesfalls anmaßen möchte, so etwas wie ein Experte in diesem Bereich zu sein, so weiß ich doch eines: Der Fall des NSU ist längst nicht aufgeklärt.

    Das Land, aus dem die Täter kamen

    Am Mittwoch, 10 Uhr, beginnt im Saal A 101 des Oberlandesgerichtes München die Hauptverhandlung im „Strafverfahren gegen Beate Z. u. a. wegen Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung u. a. (NSU)".

    Ein Jahr, sechs Monate und 13 Tage werden dann seit jenem sonnigen Novembertag vergangen sein, an dem in einem Campingwagen in Eisenach-Stregda die Leichen von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gefunden wurden. Ein Jahr, sechs Monate und 13 Tage wird dann bekannt sein, dass eine Neonazi-Bande viele Jahre lang mordete, raubte und bombte, ohne dass sie jemand daran hinderte.

    Dass dies in jeder Hinsicht außergewöhnliche Umstände sind, hat nun auch, nachdem es ihr das Bundesverfassungsgericht extra erläuterte, die hochmögende bayerische Gerichtsbarkeit verstanden. Dabei hätte es der Vorsitzende Richter durchaus ahnen können. Noch nie beschäftigten sich parallel vier deutsche Parlamente, darunter das nationale, in eigens eingerichteten Untersuchungsausschüssen mit den zu verhandelnden Vorwürfen. Und noch nie, außer vielleicht bei den RAF-Prozessen, gab es schon vor Prozessbeginn derart viel politisches Manövrieren.

    Der Chef des Bundesverfassungsschutzes musste genauso gehen wie die Präsidenten mehrerer Landesämter. Auch wurde die Bekämpfung des Rechtsextremismus gebündelt und eine zentrale Datei eingerichtet. Schließlich beschloss der Bundesrat einen neuerlichen Antrag auf ein Verbotsverfahren gegen die NPD.

    Das Strafverfahren findet in München statt, weil fünf der zehn Morde, die sich die Gruppe selbst zuschrieb, in Bayern verübt wurden. Auch in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen, Hamburg und Mecklenburg gab es Opfer, auch dort hätte verhandelt werden können.

    Thüringen blieb bis auf einige Banküberfälle verschont, wohl weil es hier nicht genügend echte oder vermeintliche Ausländer gab, die es gemäß der pathologischen Logik des NSU zu vertreiben galt. Dennoch steht das Land seit dem November 2011 im Zentrum der Beschuldigungen, der Aufklärung und Turbulenzen jeder Art.

    Denn Thüringen ist nun mal das Land, aus dem die Täter stammen. Das gilt nicht nur für die mutmaßlichen Mörder, sondern auch für die Mehrheit der Angeklagten. Es ist das Land, in dem sie groß wurden, in dem sich die späteren Terroristen radikalisierten und Bomben bauten – und trotzdem flüchten konnten. Es ist das Land, von dem aus ein Ralf Wohlleben die Flüchtigen unterstützte, während er die Neonazi-Szene aufbaute. Es ist das Land, ohne dessen Wegschauen dies alles nicht passiert wäre.

    Ja, natürlich, es gab das, was man in der Politik gerne Konsequenzen nennt. Das Landesprogramm gegen Rechtsextremismus wurde aufgestockt, obwohl es immer noch nicht so heißen darf. Der hiesige Verfassungsschutzchef musste gehen, das Amt soll nun ins Innenministerium eingegliedert werden. Neue Regeln für die Zusammenarbeit zwischen Justiz und Polizei sind erlassen. Beim Landeskriminalamt wurde eine 30-köpfige Ermittlergruppe installiert. Die Kontrollrechte des Parlaments werden verstärkt.

    Damit, so wird offenkundig befunden, muss es aber langsam gut sein. Die Opfer, selbst wenn sie wie Michèle Kiesewetter aus Thüringen stammten, starben ja woanders. Deshalb meint man auch kein Denkmal errichten oder die Angehörigen unterstützen zu müssen.

    Doch das ist ein Irrtum. Denn ob man nun will oder nicht: Ab Mittwoch wird auch Thüringen der Prozess gemacht.

    15.4.2013

    Sie sind noch da

    Nun also beginnt er endlich, der Prozess, von dem alle reden, auch wenn sie eigentlich nicht davon reden mögen. Zu lange mussten sich jedwede Beteiligte mit der Frage aufhalten, wann welcher Vertreter der veröffentlichten Meinung wo sitzen darf – was, trotz mancher Übertreibung, mehr am 6. Strafsenat des Münchner Oberlandesgerichts als an den Medien lag.

    Ursprünglich hätte die Verhandlung vor knapp drei Wochen beginnen sollen. Damals schrieb ich an dieser Stelle, dass sich im Schwurgerichtssaal A101 auch Thüringen auf der Anklagebank befinde, weil dies nun einmal das Land sei, aus dem die Täter kamen. Dies zog manch empörte Reaktion nach sich. Wir sind doch nicht die, hieß es. Was für eine Unterstellung!

    Was war gemeint? Die Neuerfindung der Kollektivschuld bestimmt nicht. Es ging auch nicht darum, jene, die in Thüringen in den 1990er-Jahren Politik machten, pauschal zu verurteilen. Selbst der hiesige Verfassungsschutz oder das Landeskriminalamt sind nicht in ihrer Gänze verantwortlich zu machen. Die meisten Beamten hatten sich, bei allen Fehlern, im Rahmen ihrer Möglichkeiten bemüht.

    Nein, es geht darum, dass wir nicht neuerlich verdrängen, was doch so offensichtlich ist. Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe wurden zu einer Zeit erwachsen, als nahezu wöchentlich Ausländer in Jenaer Straßenbahnen verprügelt wurden, als Neonazis in Süd- oder Ostthüringen national befreite Zonen ausriefen und CDs mit nationalsozialistischem Liedgut auf vielen thüringischen Schulhöfen zu bekommen waren.

    Ich lebte damals, vor 15, 20 Jahren, in dieser Stadt, studierte vor mich hin und schrieb für Zeitungen. Einige Kommilitonen wohnten in Lobeda, da passte man bei Besuchen auf. Ansonsten ging man den Glatzen, die eher selten im Stadtzentrum auftauchten, einfach aus dem Weg.

    Bis auf die langen Haare, die ich damals noch besaß, hatte ich wohl nichts an mir, was sie provozierte. Ich war ja Deutscher.

    Für eine Weile wohnte ich zwei Häuser neben der Evangelischen Jugendgemeinde, die sich mit einem eisernen Tor gegen die Angriffe der Rechtsextremen schützte – und die, zumindest zuweilen, auch nicht zimperlich gegen die Neonazis vorging. In manchen Nächten herrschte in manchen Gegenden Kriegszustand.

    Doch die Lokalpolitik, vom Oberbürgermeister bis zum Stadtrat, ignorierte das alles, genauso wie der Rest der Welt. Als der „Spiegel eine Geschichte über Jena schrieb, titelte er von der „Hauptstadt der Intelligenz. Niemand wollte sich das von Lothar Späth und anderen gepflegte Image der Boomtown Jena kaputt machen lassen.

    1998 flüchteten die drei, um in Sachsen Terroristen zu werden. Das war auch ungefähr die Zeit, als die Neonazis ihre Strategie änderten. Ralf Wohlleben, dem auch in München der Prozess gemacht wird, ließ sich in den Ortschaftsrat in Winzerla wählen. In Alt-Lobeda bezog er eine alte Kneipe und machte sie zum „Braunen Haus". Die Gewalt nahm ab, die Präsenz zu. Die NPD etablierte sich.

    Der Sohn meiner Schwester, er ist 18, geht ab und an in den „Hugo" in Winzerla. Der Club wurde vor einigen Jahren neugebaut, an Stelle der alten Baracke, in der Beate Zschäpe ihre Uwes kennenlernte. Der Neffe sagt, selten, jedenfalls nicht oft, kämen einige, wenige Rechte vorbei. Sie fielen kaum auf, weder optisch noch sonst wie.

    Aber sie sind noch da.

    6.5.2013

    Vom Wesen des Mitläufers

    Zwei Mitangeklagte von Beate Zschäpe haben in der vergangenen Woche in München gestanden. Sie gaben nun auch vor Gericht zu, Waffen nach Sachsen geschafft zu haben, wo Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und eben Zschäpe untergetaucht waren.

    Carsten S. kaufte im Jahr 2000 in Jena eine Ceska-Pistole und übergab sie in Chemnitz an die beiden Männer, die damit kurz darauf ihre Mordserie gegen die Einwanderer begannen. Deshalb ist S. der Beihilfe zu neunfachem Mord angeklagt.

    Holger G. wiederum übergab dem sogenannten Trio mehrfach seine Personaldokumente, zuletzt im Jahr 2011, kurz bevor der selbst ernannte „Nationalsozialistische Untergrund" aufflog. Auch schaffte er 2001 oder 2011 eine Pistole nach Zwickau. Da die Waffe keinem Mord zuzuordnen ist, gilt dieser Transport als verjährt, weshalb G. nur der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung beschuldigt wird.

    Die beiden dürfen schon jetzt als Täter bezeichnet werden. Sie haben Straftaten gestanden, zumal Carsten S. fast nebenher davon berichtete, wie er mit einigen anderen Neonazis zwei Menschen schwer verletzte.

    Dennoch dürften beide auf unschuldig plädieren, zumindest auf unschuldig im Sinne der Anklage. Sie hätten, sagen sie, doch nichts von den Morden, Banküberfällen und Bombenanschlägen geahnt – so wie übrigens alle anderen 82 Millionen Deutschen einschließlich diverser Geheimdienste, Landeskriminalämter und Sonderkommissionen mit Hunderten an Polizisten.

    Die These der Generalbundesanwaltschaft, dass sie wissen mussten, dass Böhnhardt und Mundlos die Waffen und Papiere für schlimmste Verbrechen benötigten, ist für die Angeklagten eine reine Unterstellung.

    Das Reden über Gewalt in der Jenaer Neonazi-Szene, sagte etwa Holger G., sei doch „nur Theorie gewesen. Auch als man Bomben und TNT in Zschäpes Garage fand, habe man dies „den dreien eigentlich gar nicht zugetraut. Und überhaupt: Sie wollten doch damals einfach nur ihren Freunden helfen.

    Die Verteidigungsstrategie ist damit abgesteckt: Die Angeklagten erklären sich für dumm oder, um es mit Holger G. zu sagen, für „naiv und bescheuert". Sie wurden ausgenutzt, missbraucht, fehlgeleitet.

    Zudem war es ja nur eine Phase, deren Ursachen überall, nur nicht bei ihnen, liegen. Wahlweise war der Gruppendruck verantwortlich, der Kampf des labilen Selbst um Anerkennung, die verdrängte Homosexualität oder gar die Liebe der alleinerziehenden Mutter, die ihren Holger gar zu sehr verwöhnte.

    Das alles könnte lächerlich wirken, wenn es einem nicht so bekannt vorkäme. Der neue, gewaltbereite Nationalsozialismus ist ein hierarchisches, ideologisiertes System, das wie andere, deutlich größere Systeme funktioniert, zu denen man gehören will oder angeblich gehören muss und in denen es darum geht, die eigene Persönlichkeit und manchmal auch das eigene Gewissen zu opfern.

    Wie oft wurde in diesem Land nach 1945 gesagt, dass man DAS nicht gewusst habe. Und wie oft musste man nach 1989 den Satz hören, dass man niemandem PERSÖNLICH schadete.

    Carsten S. und Holger G. stehen in einer Tradition, die insbesondere in Deutschland gepflegt wurde und die sich der immerselben Verteidigungsmuster bedient. Es ist die Tradition des Mitläufers.

    10.6.2013

    Ist das nicht irre?

    Am vergangenen Mittwoch, wir saßen auf den in 70er-Jahre-Orange bezogenen Stühlen der Pressetribüne des Schwurgerichtssaals und warteten darauf, dass ein Anwalt etwas vorlesen würde, was eine gewisse Beate Zschäpe mitzuteilen beliebte, da sagte ein besonders sympathischer Kollege einer besonders sympathischen Zeitung zu mir: „Ist das nicht irre, dass wir uns damit nun schon ganze vier Jahre beschäftigen?"

    Ja, es ist irre. Seit am 4. November 2011 im Eisenacher Ortsteil Stregda jener Wohnwagen brannte, haben sich Hunderte, nein Tausende Polizisten, Politiker, Staatsanwälte, Anwälte, Richter und Journalisten damit beschäftigt, wie es dazu kam, dass mindestens drei Menschen eine neonazistische Terrorzelle bilden konnten, ohne dass sie irgendjemand vom Morden, Bomben und Rauben abhielt.

    Es gab und gibt in Berlin, München, Stuttgart, Dresden und Erfurt etliche Untersuchungsausschüsse, in denen klar wurde, dass ein weitverzweigtes Netzwerk von Menschen existierte, das den NSU unterstützte, auch wenn wohl nicht alle Beteiligten von allen Taten ahnten. Im Bundestag und im Thüringer Landtag wurden sogar nochmals neue Ausschüsse gebildet.

    Seit 31 Monaten läuft in München ein Prozess, der in seiner Größenordnung mit den Verhandlungen gegen die RAF und den Ausschwitz-Prozessen vergleichbar ist. Am Dienstag findet der 250. Verhandlungstag statt, zu dem sich die etwa 100 Prozessbeteiligten versammeln werden.

    Mehr als 500 Zeugen wurden schon angehört, und doch ist ein nahes Ende nicht abzusehen. Irgendwann im nächsten Jahr, vielleicht noch vor dem Sommer, dürfte das Urteil fallen.

    Und doch muss die stetig wiederkehrende Frage danach, ob dieser ganze Aufwand Sinn ergibt, immer noch mit Ja beantwortet werden. Abgesehen davon, dass so nun mal Demokratie und Rechtsstaat in all ihrer Unvollkommenheit funktionieren und abgesehen davon, dass die Opfer und deren Angehörige zumindest den bestmöglichen Versuch verdient

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