Eine bezirksfreie Stadt (chinesisch 地級市, Pinyin dìjíshì) ist eine Verwaltungseinheit in der Volksrepublik China unterhalb der Provinzebene. Gegenwärtig gibt es in der VR China 285 bezirksfreie Städte (Stand 31. Dezember 2011).
Das Verwaltungsgebiet einer bezirksfreien Stadt umfasst in der Regel sowohl das eigentliche Stadtgebiet als auch die umliegende Großregion, also weiträumige ländliche Gebiete. Deswegen setzen sich bezirksfreie Städte aus Stadtbezirken, kreisfreien Städten und Kreisen (in der Inneren Mongolei auch Banner) zusammen.
Ein derartiges Verwaltungsgebiet hat nicht selten Größe und Bevölkerungszahl eines deutschen Bundeslandes: So hat das sechs Stadtbezirke, drei kreisfreie Städte und einen Kreis umfassende Verwaltungsgebiet der Stadt Changchun 7,12 Millionen Einwohner auf einer Fläche von 20.565 km², das Bundesland Hessen 6.069.333 Einwohner auf einer Fläche von 21.114,94 km².
Verwaltungssysteme der Bezirksebene
In der Verwaltung Chinas gibt es unterhalb der Provinzebene die Bezirksebene (地级). Auf dieser Ebene unterscheidet man bezirksfreie Städte, Regierungsbezirke (地区), Bünde (盟) und Autonome Bezirke (自治州).
Bezirksfreie Städte und autonome Bezirke sind Verwaltungsgliederungen ersten Grades, d. h. sie verfügen - wie z. B. die übergeordneten Provinzen und die untergeordneten Kreise - über beide Parlamentskammern (Volkskongress und Konsultativkonferenz), sowie über eine Volksregierung (人民政府), die vom Volkskongress der Stadt bzw. des autonomen Bezirks gewählt wird.
Regierungsbezirke und Bünde sind hingegen Verwaltungsgliederungen zweiten Grades, nämlich „Provinzmittelbehörden“, d. h. sie haben keine Volkskongresse, keine Konsultativkonferenzen und vor allem keine Volksregierungen. Stattdessen haben sie ein Verwaltungsamt (行政公署) als Regierung. Das Verwaltungsamt wird von der übergeordneten Provinzregierung eingesetzt.
Umwandlung in bezirksfreie Städte
Seit dem 5. November 1983 erhöht sich ihre Zahl, da Regierungsbezirke und Bünde in bezirksfreie Städte umgewandelt werden. Diese Umwandlung bedeutet eine Stärkung der mittleren Verwaltungsebene, eine Form administrativer Dezentralisierung, da so umfangreiche Kompetenzen und Verantwortlichkeiten von der Provinz- auf die Bezirksebene verlagert werden.
Unterprovinzstädte
Durch Regierungsbeschluss vom 25. Februar 1994 wurden 15 bezirksfreie Städte zu Unterprovinzstädten erklärt. Der Oberbürgermeister einer Unterprovinzstadt hat den gleichen Rang wie der Vize-Gouverneur einer Provinz. Diese 15 Städte haben ein wesentlich höheres Maß an Rechten, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten, vor allem in den Bereichen Justiz und Ökonomie, als die anderen 270 bezirksfreien Städte.
Literatur
- von Mende, Erling und Holbig, Heike: Lokalverwaltung. In: Das große China-Lexikon. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003. ISBN 978-3-534-14988-9, S. 456–458.
- Heilmann, Sebastian: Politisches System, 3. Volksrepublik. In: Das große China-Lexikon. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 978-3-534-14988-9. S. 575–578.
- Yin Zhongqing (尹中卿): Das politische System im heutigen China. China Intercontinental Press, Beijing 2004, ISBN 7-5085-0470-4. 197 S.
- Meyers Atlas China. Auf dem Weg zur Weltmacht. Bibliographisches Institut AG, Mannheim 2010, ISBN 978-3-411-08281-0. S. 92–93.