Eine bezirksfreie Stadt (chinesisch 地級市 / 地级市, Pinyin dìjíshì) ist eine Verwaltungseinheit in der Volksrepublik China unterhalb der Provinzebene. Gegenwärtig gibt es in der VR China 293 bezirksfreie Städte (Stand 16. Februar 2019).
Das Verwaltungsgebiet einer bezirksfreien Stadt umfasst in der Regel sowohl das eigentliche Stadtgebiet als auch die umliegende Großregion, also weiträumige ländliche Gebiete. Deswegen setzen sich bezirksfreie Städte aus Stadtbezirken, kreisfreien Städten und Kreisen (in der Inneren Mongolei auch Banner) zusammen.
Ein derartiges Verwaltungsgebiet hat nicht selten eine Größe und Bevölkerungszahl eines deutschen Bundeslandes: So umfasst das Verwaltungsgebiet der Stadt Changchun mit sechs Stadtbezirken, drei kreisfreien Städten und einem Kreis insgesamt 7,12 Millionen Einwohner auf einer Fläche von 20.565 km², das Bundesland Hessen zum Vergleich 6,07 Millionen Einwohner auf einer Fläche von 21.115 km².
Verwaltungssysteme der Bezirksebene
In der Verwaltung Chinas gibt es unterhalb der Provinzebene die Bezirksebene (地級 / 地级). Auf dieser Ebene unterscheidet man bezirksfreie Städte, Regierungsbezirke (地區 / 地区), Bünde (盟) und Autonome Bezirke (自治州).
Bezirksfreie Städte und autonome Bezirke sind Verwaltungsgliederungen ersten Grades, d. h., sie verfügen – wie z. B. die übergeordneten Provinzen und die untergeordneten Kreise – über beide Parlamentskammern (Volkskongress und Konsultativkonferenz), sowie über eine Volksregierung (人民政府), die vom Volkskongress der Stadt bzw. des autonomen Bezirks gewählt wird.
Regierungsbezirke und Bünde sind hingegen Verwaltungsgliederungen zweiten Grades, nämlich „Provinzmittelbehörden“, d. h., sie haben keine Volkskongresse, keine Konsultativkonferenzen und vor allem keine Volksregierungen. Stattdessen haben sie ein Verwaltungsamt (行政公署) als Regierung. Das Verwaltungsamt wird von der übergeordneten Provinzregierung eingesetzt.
Umwandlung in bezirksfreie Städte
Seit dem 5. November 1983 erhöht sich die Zahl der bezirksfreien Städte, da Regierungsbezirke und Bünde in solche umgewandelt werden. Diese Umwandlung bedeutet eine Stärkung der mittleren Verwaltungsebene, eine Form administrativer Dezentralisierung, weil so umfangreiche Kompetenzen und Verantwortlichkeiten von der Provinz- auf die Bezirksebene verlagert werden.
Unterprovinzstädte
Durch Regierungsbeschluss vom 25. Februar 1994 wurden 15 bezirksfreie Städte zu Unterprovinzstädten erklärt. Der Oberbürgermeister einer Unterprovinzstadt hat den gleichen Rang wie der Vize-Gouverneur einer Provinz. Diese 15 Städte haben ein wesentlich höheres Maß an Rechten, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten, vor allem in den Bereichen Justiz und Ökonomie, als die anderen 271 bezirksfreien Städte.
Literatur
- Sebastian Heilmann: Politisches System, 3. Volksrepublik. In: Stefan Friedrich, Hans-Wilm Schütte, Brunhild Staiger (Hrsg.) Das große China-Lexikon. Geschichte, Geographie, Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Bildung, Wissenschaft, Kultur. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 3-534-14988-2, S. 575–578.
- Erling von Mende, Heike Holbig: Lokalverwaltung. In: Stefan Friedrich, Hans-Wilm Schütte, Brunhild Staiger (Hrsg.) Das große China-Lexikon. Geschichte, Geographie, Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Bildung, Wissenschaft, Kultur. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003, ISBN 3-534-14988-2, S. 456–458.
- Meyers Atlas China. Auf dem Weg zur Weltmacht. Bibliographisches Institut AG, Mannheim 2010, ISBN 978-3-411-08281-0, S. 92–93.
- Yin Zhongqing (尹中卿): Das politische System im heutigen China. China Intercontinental Press, Beijing 2004, ISBN 7-5085-0470-4.