Location via proxy:   [ UP ]  
[Report a bug]   [Manage cookies]                
[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K Risikobewertung: Leerzeichen vor Beleg entfernt
Linkvorschlag-Funktion: 1 Link hinzugefügt.
 
(28 dazwischenliegende Versionen von 17 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 3:
| Name = Imidazol
| Suchfunktion = C3H4N2
| Andere Namen = *1''H''-Imidazol ([[IUPAC-Nomenklatur|IUPAC]])
* 1,3-Diazol
* 1,3-Diaza-2,4-cyclopentadien
* Glyoxalin
* Imutex
* {{INCI|Name=IMIDAZOLE|ID=34566|Abruf=2020-12-28}}
| Summenformel = C<sub>3</sub>H<sub>4</sub>N<sub>2</sub>
| CAS = {{CASRN|288-32-4}}
| EG-Nummer = 206-019-2
| ECHA-ID = 100.005.473
| PubChem = 795
| ChemSpider = 773
| DrugBank = DB03366
| Beschreibung = farblose, durch Verunreinigung oft hellgelbe Kristalle<ref name="Römpp">{{RömppOnline|Name=Imidazol |Datum=20. Juni 2014 |ID=RD-09-00230 |Name=Imidazol |Abruf=2014-06-20}}</ref>
| Molare Masse = 68,08 g·[[mol]]<sup>−1</sup>
| Aggregat = fest<ref name="Römpp" />
| Dichte = 1,03 g·cm<sup>−3</sup> <ref name="Römpp" />
| Schmelzpunkt = 90–91 [[Grad Celsius|°C]]<ref name="Römpp" />
| Siedepunkt = 257 °C<ref name="Römpp" />
| Dampfdruck =
| pKs = 6,9599 (pK<sub>b</sub>, 25 °C, [[konjugierte Säure]])<ref name=chemid"CRC97_5_93">{{ChemIDCRC Handbook |288-32-4Auflage=97 |Titel=Dissociation Constants of Organic Acids and Bases |Kapitel=5 |Startseite=93}}</ref>
| Löslichkeit = gut löslich in [[Wasser]] (633 g·l<sup>−1</sup> bei 20 °C), [[Ethanol]], [[Chloroform]], [[Diethylether]] und [[Pyridin]]<ref name="Römpp" />
| Brechungsindex = 1,4801 (101&nbsp;°C)<ref name="CRC90_3_300">{{CRC Handbook|Auflage=90|Titel=Physical Constants of Organic Compounds|Kapitel=3|Startseite=300}}</ref>
| CLH = {{CLH-ECHA|ID=100.005.473 |Name=Imidazole |DatumAbruf=1. Februar 2016-02-01}}
| Quelle GHS-Kz = <ref name="GESTIS">{{GESTIS|Name=Imidazol|ZVG=27150|CAS=288-32-4|DatumAbruf=10. Januar 20172023-01-03}}.</ref>
| GHS-Piktogramme = {{GHS-Piktogramme|05|08|05|07}}
| GHS-Signalwort = Gefahr
| H = {{H-Sätze|360D|302|314|360D}}
| EUH = {{EUH-Sätze|-}}
| P = {{P-Sätze|201260|280|301+330312|303+361+331353|304+340+310|305+351+338|308+310}}
| Quelle P = <ref name="GESTIS" />
| ToxDaten = * {{ToxDaten |Typ=LD50 |Organismus=Meerschweinchen |Applikationsart=oral |Wert=760 mg·kg<sup>−1</sup> |Bezeichnung= |Quelle=<ref name="przep">''Przeglad Epidemiologiczny.'' Vol. 67, S. 295, 1993.</ref> }}
* {{ToxDaten |Typ=LD50 |Organismus=Maus |Applikationsart=oral |Wert=880 mg·kg<sup>−1</sup> |Bezeichnung= |Quelle=<ref name="patent">''Deutsche Patentoffenlegungsschrift.'' Vol. #3046325</ref> }}
* {{ToxDaten |Typ=LD50 |Organismus=Ratte |Applikationsart=oral |Wert=220 mg·kg<sup>−1</sup> |Bezeichnung= |Quelle=<ref name="przep" /> }}
| Standardbildungsenthalpie = 49,8 kJ/mol<ref name="CRC90_5_23">{{CRC Handbook|Auflage=90|Titel=Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances|Kapitel=5|Startseite=23}}</ref>
}}
 
'''Imidazol''' ist eine [[Base (Chemie)|basische]], [[organische Verbindung]] aus der Gruppe der fünfgliedrigen, [[Heterocyclen|heterocyclischen]], [[AromatenAromatische Amine|aromatischen Amine]]. Die [[AmineDerivat (Chemie)|Derivate]]. des Imidazols heißen [[Imidazole]]. Mit zwei [[Stickstoff]]-Atomen im Ringsystem ist Imidazol der charakteristische Bestandteil in der [[Seitenkette]] der basischen [[Aminosäure]] [[Histidin]].
 
== Gewinnung und Darstellung ==
[[Heinrich Debus]] stellte Imidazol 1858 erstmals her durch Reaktion von [[Glyoxal]] (''Ethandial'') mit [[Ammoniak]] NH<sub>3</sub>, daher stammt der veraltete Name ''Glyoxalin''.<ref name="gossauer">[[Albert Gossauer]]: ''Struktur und Reaktivität der Biomoleküle'', Verlag [[Helvetica Chimica Acta]], 2006, ISBN 3-906390-29-2, S. 483.</ref> Mit der [[Debus-Synthese]] können aus geeignet substituierten 1,2-[[Diketon]]en, Aminen und [[Aldehyd]]en entsprechend substituierte Imidazole dargestellt werden. In neuerer Zeit sind weitere Wege der Synthese von Imidazolen und Benzimidazolen beschrieben worden.<ref>organic-chemistry.org: [https://www.organic-chemistry.org/synthesis/heterocycles/imidazoles.shtm ''Imidazole Synthesis''].</ref>
 
== Eigenschaften und Toxikologie ==
Bei der [[Debus-Synthese]] können durch Variation aus geeignet substituierten 1,2-[[Diketon]]en, Aminen und [[Aldehyd]]en entsprechend substituierte Imidazole dargestellt werden.
Imidazol bildet farblose Kristalle, die sich gut in Wasser lösen. Der Heterocyclus besitzt sowohl basische als auch saure Eigenschaften und ist daher ein [[Ampholyt]]. Die [[anion]]ische Form des Imidazols heißt Imidazolid-Ion, die [[kation]]ische Form Imidazolium-Ion.
 
[[Datei:Imidazolium-imidazolide-speciation.svg|mini|zentriert|300px|[[Speziierung]] von Imidazol. Durch Deprotonieren entsteht aus dem Imidazol (Mitte) das Imidazolid-Ion (links), durch Protonieren das Imidazolium-Ion (rechts).]]
In neuerer Zeit sind weitere Wege der Synthese von Imidazolen und Benzimidazolen beschrieben worden.<ref>[https://www.organic-chemistry.org/synthesis/heterocycles/imidazoles.shtm Imidazole Synthesis].</ref>
 
Imidazol bildet farblose Kristalle, die sich gut in Wasser lösen. Der Heterocyclus besitzt sowohl basische als auch saure Eigenschaften und ist daher ein [[Ampholyt]]. Auf [[Gleichwarmes Tier|Warmblüter]] wirkt Imidazol mit [[Letale Dosis|LD<sub>50</sub>]]-Werten zwischen 220 (Ratte)<ref name=przep/> und 880&nbsp;mg/kg Körpergewicht (Maus)<ref name=patent/> mäßig toxisch; bei niederen Tieren besitzt es als [[Antimetabolit]] des [[Histidin]]s und der [[Nicotinsäure]] eine deutlich höhere Giftigkeit und wird daher als [[Schädlingsbekämpfungsmittel]] verwendet.<ref name=gossauer/>
== Eigenschaften und Toxikologie ==
Imidazol bildet farblose Kristalle, die sich gut in Wasser lösen. Der Heterocyclus besitzt sowohl basische als auch saure Eigenschaften und ist daher ein [[Ampholyt]]. Auf [[Gleichwarmes Tier|Warmblüter]] wirkt Imidazol mit [[Letale Dosis|LD<sub>50</sub>]]-Werten zwischen 220 (Ratte)<ref name=przep/> und 880&nbsp;mg/kg Körpergewicht (Maus)<ref name=patent/> mäßig toxisch; bei niederen Tieren besitzt es als [[Antimetabolit]] des [[Histidin]]s und der [[Nicotinsäure]] eine deutlich höhere Giftigkeit und wird daher als [[Schädlingsbekämpfungsmittel]] verwendet.<ref name=gossauer/>
 
== Verwendung ==
Imidazol dient hauptsächlich als Ausgangsstoff für die Herstellung verschiedener [[Medikament]]e, insbesondere aber von [[Fungizid]]en des Azoltyps, z.&nbsp;B. [[Clotrimazol]]. Weiterhin findet es Verwendung bei der Aushärtung bestimmter [[Kunststoff]]e.
 
Ebenfalls verwendet man Imidazol als [[Pufferlösung|Puffersubstanz]] beim [[Karl-Fischer-Verfahren]] zur Wasserbestimmung. [[Eugen Scholz]] entwickelte 1984 das pyridinfreie[[pyridin]]freie Karl-Fischer-Reagenz mit Imidazol als Base. Dieses Reagenz ersetzt nicht nur das giftige und übelriechende [[Pyridin]], es ermöglicht auch eine schnellere und genauere [[Titration]], da Imidazol in einem günstigeren pH-Bereich puffert als Pyridin. Die Untersuchungen von Scholz zur Stöchiometrie zeigten auch, dass [[Methanol]] (Lösemittel und gleichzeitig an der Reaktion beteiligt) durch andere [[Alkohole]] ersetzt werden kann, z.&nbsp;B. [[Ethanol]], [[2-Propanol]] oder [[Methoxyethanol]], die die Titerstabilität des Reagenzes verbesserten. Aufgrund dieser Erkenntnisse ergab sich folgende Reaktionsgleichung für die Karl-Fischer-Reaktion:
 
: <math>\mathrm {\ ROH + SO_2 + RN \longrightarrow (RNH)\cdot (SO_3R)}</math>
Zeile 59 ⟶ 61:
: <math>\mathrm {\ (RNH)\cdot (SO_3R) + I_2 + H_2O + 2 \ RN \longrightarrow} \ </math> <math>\mathrm {\ (RNH)\cdot (SO_4R) + 2\ (RNH)\cdot I}</math>
 
In der [[Biochemie]] wird Imidazol zur [[Elution]] von [[Protein]]en verwendet, die mit einem [[Protein-Tag|Histidin-Tag]] (mehrere aufeinanderfolgende Histidine) versehen sind. Dabei werden die Proteine an einer [[Affinitätschromatographie|Metallionenchelat-Matrix]] (IMAC) wie z.&nbsp;B. [[Nickel|Ni<sup>2+</sup>]]-[[Nitrilotriessigsäure|NTA]] gebunden und durch hohe Konzentrationen von Imidazol wieder von der Säule ausgewaschen. Da Imidazol auch einige alkalische Phosphatasen inhibiert, ist es Bestandteil in der Biochemie verwendeter Phosphataseinhibitor-Cocktails.<ref name="DOI10.1016/0005-2744(72)90337-3">Claude Brunel, Guy Cathala: ''Imidazole: An inhibitor of l-phenylalanine-insensitive alkaline phosphatases of tissues other than intestine and placenta.'' In: ''Biochimica et Biophysica Acta (BBA) - Enzymology.'' 268, 1972, S.&nbsp;415, {{DOI|10.1016/0005-2744(72)90337-3}}.</ref><ref>[https://www.sigmaaldrich.com/content/dam/sigma-aldrich/docs/Sigma/Datasheet/5/p5726dat.pdf ''Sigma Phosphatase Inhibitor Cocktail''] (PDF-Datei)</ref>
 
Imidazol wird auch als Linker für die Synthese von [[Zeolitic Imidazolate Framework]]s (ZIFs) eingesetzt.<ref>{{Literatur |Autor=Kyungkyou Noh, Jisu Lee, Jaheon Kim |Titel=Compositions and Structures of Zeolitic Imidazolate Frameworks |Hrsg= |Sammelwerk=Israel Journal of Chemistry |Band=58 |Nummer=9-10 |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum=2018 |DOI=10.1002/ijch.201800107 |Seiten=1075–1088}}</ref> In den resultierenden Gerüststrukturen ist die [[Deprotonierung|deprotonierte]] Form (Imidazolat, Im) eingebaut, wobei beide Stickstoffatome an die entsprechenden Metallzentren [[Komplexchemie|koordiniert]] sind.
 
== Risikobewertung ==
Imidazol wurde 2012 von der EU gemäß der [[Verordnung (EG) Nr. 1907/2006]] (REACH) im Rahmen der [[Stoffbewertung]] in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft ([[CoRAP]]) aufgenommen. Hierbei werden die Auswirkungen des [[Chemischer Stoff#Definitionen des Gesetzgebers|Stoffs]] auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt neu bewertet und ggf. Folgemaßnahmen eingeleitet. Ursächlich für die Aufnahme von Imidazol waren die Besorgnisse bezüglich der Einstufung als [[CMR-Stoffe|CMRStoff]]-Substanz, hoher (aggregierter) Tonnage und weit verbreiteter Verwendung. Die Neubewertung fand ab 2012 statt und wurde vom [[Vereinigtes Königreich|Vereinigten Königreich]] durchgeführt. Anschließend wurde ein Abschlussbericht veröffentlicht.<ref>[[Europäische Chemikalienagentur]] (ECHA): [https://echa.europa.eu/documents/10162/572435f5-76b7-6145-1672-565f884f8637 ''Substance Evaluation Conclusion and Evaluation Report''].</ref><ref>{{CoRAP-Status |ID=100.005.473 |Name=Imidazole |Evaluationsjahr=2012 |Status=Concluded |DatumAbruf=2019-05-20. Mai 2019}}</ref>
 
Am 9. Oktober 2020 flossen nach Angaben der BASF ca. 300 kg (nachvom AngabenBASF-Werk derLudwigshafen BASFin den Rhein.<ref>[https://www.mannheim24.de/region/ludwigshafen-basf-giftig-stoff-rhein-geflossen-klaeranlage-imidazol-warnung-wasser-gefaehrlich-chemie-umwelt-verschmutzung-90066399.html]) vom ''BASF: WerkGiftiger LudwigshafenStoff in den Rhein ausgetreten – Chemieunternehmen präsentiert Ursache''], auf mannheim24.de</ref> Das Unternehmen selbst stufte den Vorfall als "für„für Wasserorganismen nicht gefährlich"gefährlich“ ein.<ref>[https://www.basf.com/global/de/who-we-are/organization/locations/europe/german-sites/ludwigshafen/the-site/news-and-media/news-releases/2020/10/p-20-331.html ''Produktaustritt in den Rhein''], auf basf.com</ref>
 
== Siehe auch ==
* [[Pyrazol]]
* [[Imidazole]]
 
== Einzelnachweise ==
Zeile 75 ⟶ 80:
 
[[Kategorie:Imidazol| ]]
[[Kategorie:Beschränkter Stoff nach REACH-Anhang XVII, Eintrag 30]]