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[[Datei:Map of Alpine Glaciations.png|mini|Ausdehnung der Mindel- und Riß-Vereisung (blau) im Vergleich zur Eissausdehnung der Würmkaltzeit]]
 
Die '''Riß-Kaltzeit''' (auch '''Riß-Glazial''', '''Riß-Komplex''' oder veraltet '''Riß-Eiszeit''') ist im traditionellen viergliedrigen [[Glazialgliederung der Alpen|Kaltzeitschema der Alpen]] die zweitjüngste [[Kaltzeit]] des [[Pleistozän]]s der [[Alpen]]. Ihr Zeitraum wird, je nach Literatur, etwa 300.000 bis 130.000 Jahre bzw. 347.000 bis 128.000 Jahre vor heute (in Norddeutschland als [[Saale-Kaltzeit]]) datiert. Der Name geht auf [[Albrecht Penck]] und [[Eduard Brückner]] zurück, die diese Kaltzeit in ihrem zwischen 1901 und 1909 veröffentlichten dreibändigen Werk ''[[Die Alpen im Eiszeitalter]]'' nach dem Fluss [[Riß]] in [[Oberschwaben]] benannten.
 
== Abgrenzung und Gliederung ==
Definiert wurde die Riß-Kaltzeit von Penck und Brückner als ''Niedere'' oder ''Jüngere Altmoränen und Alt-[[Endmoräne]]n-[[Flussterrasse|Hochterrassen]]''. Die [[Typuslokalität]] liegt bei [[Biberach an der Riß]] im Bereich des äußeren nordöstlichen [[Rheingletscher]]s. Die nach mehr als einem Jahrhundert der Forschung gewonnenen Erkenntnisse zeigen, dass in fast allen Kaltzeiten mehrere Eisvorstöße stattfanden. Insgesamt wird im Alpenraum heute mit mindestens acht<ref name="GK_Bayern">{{Literatur |Autor=Walter Freudenberger, Klaus Schwerd |Titel=Geologische Karte von Bayern 1:500000 mit Erläuterungen. 1 Karte + Erläuterungen + 8 Beilagen |Auflage=4. |Verlag=Bayrisches Geologisches Landesamt |Ort=München |Datum=1996 |Seiten=238 ff.}}</ref> bis 15<ref name="Reinmann2004">{{Literatur |Autor=Ueli Reinmann |Titel=Auf den Spuren der Eiszeit im Raum Wangen a. A. |TitelErg=Neue Erkenntnisse auf Grund von bodenkundlichen Untersuchungen im Endmoränengebiet des Rhonegletschers |Sammelwerk=Jahrbuch des Oberaargaus |Band=47 |Datum=2004 |Seiten=135–152 |Online=[http://wwwbiblio.digibernunibe.ch/digibern/jahrbuch_oberaargau/jahrbuch_2004/JBOAG_2004_135_152_eiszeit_wangenjahrbuch_oberaargau_2004.pdf digibernbiblio.unibe.ch] |Format=PDF |KBytes=85012500}}</ref> Eisvorstößen gerechnet. Auch in der Riß-Kaltzeit fanden mehrere Eisvorstöße statt, so dass sie durch [[Interstadial]]e (Eisrückzüge) wie [[Stadial]]e (Eisvorstöße) und mindestens eine bislang unbenannte Warmzeit gegliedert wird.<ref name="STD02_Erläuterungen">{{Literatur |Autor=T.Thomas Litt et al. |Titel=Das Quartär in der Stratigraphischen Tabelle von Deutschland 2002 |Sammelwerk=Newsletters in Stratigraphie |Band=41 |Nummer=1-3 |Ort=Berlin / Stuttgart |Datum= |Seiten=385–399 |Online=[http://www.deuqua.de/strat/dokumente/Erlaeuterungen_STD02.pdf deuqua.de] |Format=PDF |KBytes=124}} {{Webarchiv |url=http://www.deuqua.de/strat/dokumente/Erlaeuterungen_STD02.pdf |text=deuqua.de |wayback=20100216155823 |archiv-bot=2023-01-02 12:54:24 InternetArchiveBot}}</ref>
 
Die heutige Gliederung unterscheidet sich demnach von der ursprünglichen Penck-Gliederung. Als Beginn der Riß-Kaltzeit gilt nach der Stratigraphischen Tabelle von Deutschland 2002 das Ende der [[Holstein-Warmzeit]] (im Alpenvorland [[Mindel-Riß-Interglazial]], entspricht den Bezeichnungen ''Samerbe'', ''Thalgut'', ''Praclaux'' und ''La Côte''), ihr Ende ist der Beginn der [[Eem-Warmzeit]] (Riß-Würm-Interglazial), er ist damit etwa gleichzeitig zur [[Saale-Kaltzeit]] der norddeutschen Glazialgliederung. Parallelisiert wird die Riß-Kaltzeit mit den [[Sauerstoff-Isotopenstufe|MIS]] 6, 8 und 10 und wäre damit etwa zwischen 350.000 und 120.000 Jahre vor heute einzuordnen.<ref>{{Literatur |Autor=Lorraine E. Lisiecki, Maureen E. Raymo |Titel=A Plio-Pleistocene Stack of 57 Globally Distributed Benthic δ<sup>18</sup>O Records |Sammelwerk=Paleoceanography |Band=20 |Datum=2005 |Online={{Webarchiv |url=http://web.pdx.edu/~chulbe/COURSES/QCLIM/reprints/LisieckiRaymo_preprint.pdf | wayback=20110616130840 | text=pdx.edu |wayback=20110616130840}} (|Format=PDF; 1,1 MB)|KBytes=1100}}</ref> Ausgegliedert aus der Riß-Kaltzeit wurde das so genannte ''Ältere Riß'',<ref name="Walter1992">{{Literatur |Autor=Roland Walter et al. |Titel=Geologie von Mitteleuropa |Auflage=5. |Verlag=Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung |Ort=Stuttgart |Datum=1992 |ISBN=3-510-65149-9 |Seiten=407}}</ref> die Zeit der weitesten Eisvorstöße im Alpenraum: es wird heute als [[Haslach-Mindel-Komplex]] (in Bayern und Österreich), [[Hoßkirch-Komplex]] (in Baden-Württemberg) oder [[Grösste Vergletscherung]]<!--schweizbezogen!--> in der Schweiz bezeichnet.
 
Die Gliederung der Kaltzeiten in der Schweiz ist unterschiedlich von der im bayrischen und österreichischen Alpenvorland angewandten Gliederung. Der zwischen dem Ende der Holstein-Warmzeit und dem Beginn der Eem-Warmzeit liegende Kaltzeit-Komplex trägt hier den Namen [[Vorletzte Eiszeit]] und [[Grosse Vergletscherung|Grossen Vergletscherungen]]<!--schweizbezogen!-->.<ref name="Reinmann2004" /> Er wird durch zwei zusätzliche Interstadiale gegliedert, das so genannte „doppelte Holstein-Vorkommen von Meikirch“, die jedoch nicht mit der Holstein-Warmzeit identisch sind.<ref>[[#{{Literatur |Autor=Karl-Albert Habbe, unter Mitarbeit von Dietrich Ellwanger und Raimo Becker-Haumann |Hrsg=Thomas Litt im Auftrag der Deutschen Stratigraphischen Kommission 2007]] |Titel=Stratigraphische Begriffe für das Quartär des süddeutschen Alpenvorlandes |Sammelwerk=Eiszeitalter und Gegenwart/Quaternary Science Journal |Band=56, SNo. 1/2 |Verlag=E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele und Obermiller) |Ort=Stuttgart |ISSN=0424-7116 |Seiten=80 |Online=[http://quaternary-science.publiss.net/issues/54/articles/764 Artikel] |DOI=10.3285/eg.56.1-2.03}}</ref>
 
[[Datei:SaaleWeichsel x.png|mini|500px|Alpine Riß-Kaltzeit (im Norden:Saale-Kaltzeit) im Vergleich zur späteren Würm-Kaltzeit (im Norden: Weichsel-Kaltzeit). Während der maximalen Vergletscherung zogen sich die archaischen Menschen (''[[Homo heidelbergensis]]'' – später der [[Neandertaler]]) hinter die Permafrostgrenze zurück, in den wärmeren Perioden breiteten sie sich über diese nach Norden und Nordosten aus. Erst während der Weichsel-Würm-Eiszeit besiedelte ab etwa 40.000 v. Chr. der moderne [[Cro-Magnon-Mensch]] diese Gebiete.]]
 
== Ablauf und Ausdehnung der Riß-Kaltzeit ==
Zu Beginn der Riß-Kaltzeit waren fast alle heutigen Flusstäler angelegt. Die Vereisung der Alpen hatte bereits vor der Holstein-Warmzeit gegen Ende der größten Vereisungen dazu geführt, dass die Gletscher in mehreren Phasen weit ins Vorland hinaus vorrückten, weiter als alle bekannten Vorstöße,<ref name="Walter1992" /> und die Hauptgletscher entlang der heutigen Flusstäler hatten sich etabliert. Im Verlauf der Riß-Kaltzeit rückten die Gletscher im bayerischen und österreichischen Alpenvorland wahrscheinlich viermal vor. Die beiden ersten Vorstöße sind nicht sicher belegt, da sie von den beiden Stadialen am Ende der Riß-Kaltzeit überlagert werden, die sehr weit nach Norden reichten.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.deuqua.de/strat/dokumente/website_STD2002_Quartaer.pdf |titel=Das Quartär in der Stratigraphischen Tabelle von Deutschland 2002 |kommentarformat=StratigraphischePDF; Tabelle187&nbsp;kB |zugriffarchiv-url=https://web.archive.org/web/20100216155831/http://www.deuqua.de/strat/dokumente/website_STD2002_Quartaer.pdf |archiv-datum=2010-02-16 |abruf=2010-02-14 |formatkommentar=PDF;Stratigraphische 187&nbsp;kBTabelle |archiv-bot=2019-05-10 08:18:25 InternetArchiveBot}}</ref>
 
Die Eisvorstöße der Kaltzeit gingen zumeist deutlich über die [[Zungenbecken]] der vorherigen Gletscher hinaus. In den meisten Gebieten sind die Riß-Endmoränen als niedriger Wall ausgebildet, so zum Beispiel im Bereich des [[Inngletscher]]s, des [[Isar-Loisach-Gletscher]]s, des [[Illergletscher]]s sowie im Gebiet des westlichen [[Rheingletscher]]s. In der Typusregion bei Biberach existiert ein deutlicher, eher untypischer Doppelmoränenwall, ebenso untypisch ist hier eine doppelte Terrasse, die wahrscheinlich auf verstärkte [[Erosion (Geologie)|Erosion]] während der in der Riß-Kaltzeit erfolgten Verlegung des Schmelzwasserabflusses aus dem [[Wellheimer Trockental]] und dem [[Altmühltal]] in das heutige [[Donau]]tal zurückzuführen ist. Der Doppelwall der Typregion (''Doppelwallriß'', mit einem ''Äußeren Wall'' und einem ''Inneren Wall'') zeigt durch die Ausbildung von zwei übereinanderliegenden Abfolgen von Gletscherablagerung die Untergliederung der Riß-Kaltzeit in mindestens zwei Stadiale.
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Im Westen bedeckte der [[Rhonegletscher]] weite Teile des [[Schweizer Mittelland]]es, erreichte im Norden den nördlichen [[Faltenjura]] und im Süden [[Lyon]]. Nach Nordosten ging er ohne scharfe Abgrenzung in den [[Linthgletscher|Linth-Gletscher]] und den [[Reussgletscher|Reuss]]-[[Aaregletscher|Aare-Gletscher]] über, nur die [[Napf (Berg)|Napf]]-Region blieb eisfrei. Weiter nach Nordosten war auch der Reuß-Aare-Gletscher nicht vom Rheingletscher getrennt. Dieser erstreckte sich nach Norden bis über die heutige Donau hinweg in den Bereich der [[Schwäbische Alb|Schwäbischen Alb]]. In Bayern bilden die Riß-Moränen eine wenig untergliederte Landschaft ohne Moore und Seen, wenn sie nicht durch jüngere Ablagerungen der [[Würm-Kaltzeit]] überdeckt werden. Die den Riß-Moränen zugeordneten Schotter bauen die heutigen Hochterrassen der Donauzuflüsse auf.<ref name="Walter1992" />
 
Der [[Salzachgletscher]]<ref>Eduard Stummer: ''Die interglazialen Seen von Salzburg.'' In: ''Verhandlungen der Geologischen Bundesanstalt.'' 1936, S. 105 (ganzer Artikel S. 101–107, [http://www.landesmuseum.at/pdf_frei_remote{{ZOBODAT|pfad=pdf/VerhGeolBundesanstalt_1936_0101-0107.pdf}}, ganzer Artikeldort S. 101–107] (PDF5) landesmuseum.at<br /ref><ref>''Geologische Karte von Salzburg'' 1:200.000. ''Erläuterungen.'' (2009), [{{Webarchiv |url=http://geomap.geolba.ac.at/GEO/ShowText.cfm?TID=3601 |text=20, 19, 18 Vorstoßschotter; Grund- und Endmoräne; Hochterrasse &#x5B91;Riss&#x5D93;] |wayback=20141017064312 |archiv-bot=2019-05-10 08:18:25 InternetArchiveBot}} geomap.geolba.ac.at</ref> und der [[Dachsteingletscher (Eiszeiten)|DachsteingletscherTraungletscher]] waren zur Rißzeit etwas schwächer als zur [[Günz-Kaltzeit|Günz-]] und [[Mindel-Kaltzeit|Mindelzeit]],<ref>Im Raum Straßwalchen etwa liegen die Riß-Rand- und Endmoränen des Irrseegletschers auf 500–{{Höhe|650|AT}}, die Mindel-Moränen auf um&nbsp;{{Höhe|700}}. GKÖ 64 ''Straßwalchen'' und 65 ''Mondsee''.</ref> letzterer stieß jedes malMal bis an den [[Hausruck und Kobernaußerwald|Hausruck-und-Kobernaußerwald-Zug]] ([[Subalpine Molasse]]) vor.
 
== Literatur ==
* {{Literatur
|Autor=K.A.Karl-Albert Habbe, unter Mitarbeit von D.Dietrich Ellwanger und R.Raimo Becker-Haumann
|Hrsg=T.Thomas Litt im Auftrag der Deutschen Stratigraphischen Kommission 2007
|Titel=Stratigraphische Begriffe für das Quartär des süddeutschen Alpenvorlandes
|Sammelwerk=Eiszeitalter und Gegenwart/Quaternary Science Journal
Zeile 36:
|DOI=10.3285/eg.56.1-2.03}}
* {{Literatur
|Autor=T.Thomas Litt et al.
|Titel=Das Quartär in der Stratigraphischen Tabelle von Deutschland 2002
|Sammelwerk=Newsletters in Stratigraphie
Zeile 44:
|Datum=
|Seiten=385–399
|Online=[http://www.deuqua.de/strat/dokumente/Erlaeuterungen_STD02.pdf Erläuterungen] (PDF; 124 kB) und [http://www.deuqua.de/strat/dokumente/website_STD2002_Quartaer.pdf Tabelle] (PDF; 182 kB)}}
* {{Literatur
|Autor=Albrecht Penck, Eduard Brückner
|Titel=[[Die Alpen im Eiszeitalter]]
|Verlag=C.H. Tauchnitz
|Ort=Leipzig
|Datum=
|Kommentar=1901-19091901–1909 in drei Bänden; 1199 S.}}
 
== Weblinks ==
* [httphttps://www.lgb-rlpgeokartieranleitung.de/fileadminFachliche-Grundlagen/externStratigraphie-Kartiereinheiten/stratigraphie/bayStratigraphie-der-Bundesrepublik/litho/quart/allTabellen-strat.htmlder-Bundesl%C3%A4nder ''Stratigraphische Tabellen des Bayerischen Geologischen Landesamtes.''] Ad-hoc-AG Geologie der Staatlichen Geologischen Dienste (SGD) und der BGR
* [http://www.geodz.com/deu/d/Riss-Kaltzeit ''Riss-Kaltzeit.''] GeoDZ Online-Lexikon