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=== Französische Revolution ===
[[Datei:SermentLouisXVI1790.JPG|mini|Nicolas-Guy Brenet: ''[[Ludwig XVI.]] schwört Treue zur Verfassung am [[Altar des Vaterlands]].'' Gemälde, etwa vonum 1790]]
Ihren Ausgang hatte diese Aufwertung des Vaterlands im [[Französische Revolution|revolutionären Frankreich]] genommen. 1748 hatte der Aufklärer [[Charles de Secondat, Baron de Montesquieu|Charles de Montesquieu]] in seinem [[Vom Geist der Gesetze|''Esprit des lois'']] die Liebe zum Vaterland noch als [[Tugend]] der Selbstverleugnung allein für eine [[Republik]] beschrieben. Treibende moralpsychologische Kraft in [[Monarchie]]n sei dagegen die [[Ehre]].<ref>Alexander Schmidt: ''Ein Vaterland ohne Patrioten? Die Krise des Reichspatriotismus im 18. Jahrhundert''. In: Georg Schmidt (Hrsg.): ''Die deutsche Nation im frühneuzeitlichen Europa. Politische Ordnung und kulturelle Identität?'' Oldenbourg, München 2010, S. 35–63, hier S. 41 (abgerufen über [[Verlag Walter de Gruyter|De Gruyter]] Online).</ref> Noch vor deren Abschaffung wurde ''{{frS|la patrie}}'' aber bereits zentraler Anker der [[Nationale Identität|Identität]]. Seit 1789 erhob sie höhere Ansprüche an den Einzelnen als Dorfgemeinschaft, [[Ständegesellschaft|ständisches Bewusstsein]], kirchliche, regionale oder dynastische Verwurzelungen. Dies zeigt sich etwa beim [[Föderationsfest]] zum Jahrestag des [[Sturm auf die Bastille|Sturms auf die Bastille]], als [[Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord]] am 14. Juli 1790 vor Hunderttausenden Zuschauern eine [[Heilige Messe]] am „Altar[[Altar des Vaterlands“Vaterlands]] zelebrierte und König [[Ludwig XVI.]] auf die [[Französische Verfassung (1791)|Verfassung]] schwören musste.<ref>[[Albert Soboul]]: ''Die Große Französische Revolution. Ein Abriß ihrer Geschichte (1789–1799)''. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1983, S. 227.</ref> Nach Ausbruch des [[Erster Koalitionskrieg|Ersten Koalitionskrieges]] verabschiedete die [[Gesetzgebende Nationalversammlung]] am 11. Juli 1792 die Erklärung ''La Patrie en danger'' („Das Vaterland ist in Gefahr“), in der sie die Bürger aufrief, sich freiwillig zu melden. 15.000 Franzosen folgten diesem Aufruf.<ref>[[Hans-Ulrich Thamer]]: ''Die Französische Revolution''. C.H. Beck, München 2004, S. 58.</ref> In der [[Marseillaise]], einem [[Militärmusik#Marschgesang|Kriegslied]] aus dem Jahr 1792, das 1795 zur französischen [[Nationalhymne]] erklärt wurde, werden die Franzosen als „enfants de la Patrie“ („Kinder des Vaterlandes“) angesprochen, die Liebe zu ihm wird als „heilig“ bezeichnet („amour sacré de la Patrie“). Im Prozess gegen Ludwig XVI. führte der [[Jakobiner|jakobinische]] Politiker [[Maximilien de Robespierre]] das Vaterland als übergeordnete Begründungsinstanz ein, hinter dem alles andere, auch seine grundsätzliche Ablehnung der [[Todesstrafe]], zurückzutreten habe: «Louis doit mourir, parce qu’il faut que la patrie vive» – „Ludwig muß sterben, weil das Vaterland leben muß.“<ref>[https://ihrf.univ-paris1.fr/enseignement/outils-et-materiaux-pedagogiques/textes-et-sources-sur-la-revolution-francaise/proces-du-roi-discours-de-robespierre/ ''Procès du roi – discours de Robespierre''] auf der Website der [[Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne]], Zugriff am 8. März 2021; zitiert bei [[Max Gallo]]: ''Robespierre''. Klett-Cotta, Stuttgart 2007, S. 167.</ref> Anders als in Deutschland wurde das Vaterland aber nicht kulturell oder ethnisch definiert, sondern republikanisch als [[Staatsnation]], in der die Bürger ihre gemeinsame Freiheit verteidigen.<ref>[[Michel Vovelle]]: ''Die Marseillaise. Krieg oder Frieden.'' In: [[Pierre Nora]] (Hrsg.): ''Erinnerungsorte Frankreichs.'' C.H. Beck, München 2005, S. 63–112.</ref>
 
=== Sterben für das Vaterland ===
Zeile 38:
 
=== Nationalsozialismus ===
In der [[Zeit des Nationalsozialismus]] diente der Begriff dazu, [[Propaganda|propagandistisch]] den Herrschaftsanspruch der [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] und ihre [[Blut-und-Boden-Ideologie]] zu untermauern. [[Bund Deutscher Mädel|BDM]]-Mädchen wurden dazu erzogen, „Dienst zu leisten an Volk und Vaterland“. Dadurch würden sie von ihrer „Ichgebundenheit […] losgelöst und dem Gesetz verpflichtet, das ihnen die Zugehörigkeit zu diesem deutschen Blut und Boden auferlegt“. Im Schulunterricht wurde den Kindern „das Gesetz von Blut und Boden“ eingeschärft, das alle [[Naturgesetz]]e umfasse und „den Einzelmenschen unzertrennlich an sein Volk und Vaterland“ binde.<ref>Cornelia Schmitz-Berning: ''Vokabular des Nationalsozialismus.'' Walter de Gruyter, Berlin/New York 2007, ISBN 978-3-11-092864-8, S. 88 und 112 (abgerufen über [[Verlag Walter de Gruyter|De Gruyter]] Online).</ref> In Wahrheit gingen die [[völkisch]]en Rassephantasien weit über die hergebrachte Vorstellung eines einigen Vaterlands hinaus. [[Adolf Hitler]] erklärte in einer seiner letzten Reden, „Vaterland“ sei „ein leerer Begriff“ geworden.<ref>Bernd Schönemann: ''Volk, Nation, Nationalismus, Masse''. In: Otto Brunner, Werner Conze und Reinhart Koselleck (Hrsg.): ''Geschichtliche Grundbegriffe''. Bd. 7, Klett-Cotta, Stuttgart 1992, S. 402.</ref>
 
=== Nach 1945 ===