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St. Michael (Attel)

säkularisierte Benediktinerabtei in Bayern
(Weitergeleitet von Kloster Attel)

Die römisch-katholische Kirche St. Michael im Ort Attel (Stadtgemeinde Wasserburg am Inn, Landkreis Rosenheim) ist die ehemalige Kirche einer Benediktinerabtei. Heute ist sie die Pfarrkirche der Pfarrei Attel im Pfarrverband Edling (Erzbistum München und Freising).

Pfarrkirche St. Michael (2014)
Kupferstich der Abtei Attel von Michael Wening in Topographia Bavariae um 1700

Geschichte

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Das der heiligen Maria und dem Erzengel Michael gewidmete Kloster der Benediktiner wurde durch Graf Arnold von Diessen-Andechs um 1037 gegründet, ging aber in der Folgezeit wieder ein. 1137 erfolgte die Wiederherstellung des Klosters unter Graf Engelbert von Limburg. Aus dieser Zeit stammte auch die erste Klosterkirche, eine dreischiffige romanische Basilika aus dem 12. Jahrhundert. Eine Blütezeit erlebte die Abtei ab der Mitte des 15. Jahrhunderts, als 1452 von Tegernsee aus die Melker Reform in Attel eingeführt wurde. Ca. 1478/1482[1] wurde ein neuer Hauptaltar für die Abteikirche in Auftrag gegeben, der sich heute in der Staatlichen Galerie auf Burg Burghausen befindet (Atteler Altar) und kürzlich dem Landshuter Hofmaler Sigmund Gleismüller zugeschrieben wurde.[2] 1509 wurde das bis heute erhaltene Stifterhochgrab aufgestellt.

1803 wurde das Kloster im Zuge der Säkularisation aufgelöst. Die Klostergebäude wurden teilweise abgerissen, teilweise von privater Seite erworben. 1874 übernahmen die Barmherzigen Brüder die erhaltenen Gebäude, in denen sie behinderte Menschen betreuten und pflegten.

Nach der Machtübernahme der Nazis geriet die Pflegeanstalt Attl ins Fadenkreuz des Programms zur Ermordung kranker Menschen (Euthanasie). Nachdem bereits 1937 die Ordensbrüder durch die Gestapo verhört, drangsaliert und auch inhaftiert worden waren, erfolgte Ende September 1940 die Auflösung der Anstalt durch das Innenministerium. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich noch 230 Patienten (Männer) in der Anstalt, deren Schicksal nur zum Teil geklärt werden konnte.[3] 126 pflegebedürftige Menschen wurden zunächst in die Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar verlegt, wovon wiederum 83 Männer ab Oktober 1940 in die Tötungsanstalt Hartheim deportiert und dort umgebracht wurden. In Egelfing-Haar selber kamen sieben Menschen zu Tode, vermutlich in Folge von Unterernährung und Vernachlässigung. Ein Patient wurde am 20. September 1940 Opfer eines „jüdischen Sammeltransports“.[3]

Am Heisererplatz in Wasserburg (Lage) wurde am 27. Januar 2020 das Denkmal und die Gedenkstätte für die Wasserburger Opfer des Nationalsozialismus eingeweiht. Die Anlage dient auch dem Gedenken an die Euthanasie-Opfer aus der Pflegeanstalt Attl und der Anstalt Gabersee.[4]

Ab Januar 1942 befand sich in der ehemaligen Pflegeanstalt Attl ein Reservelazarett der deutschen Wehrmacht; es wurde im August 1945 auf Anordnung der amerikanischen Militärregierung geschlossen.[3] Aus den Anstaltenb Attl und Gabersee wurden zwei DP-Lager für insgesamt ungefähr 2.500 Displaced Persons (DPs). „In Attel wurde zunächst ein UNRRA-Lager für polnische DPs (zumeist ehemalige Zwangsarbeiter) eingerichtet. Nach deren Wegzug im Oktober 1946, kamen 300 jüdische DPs nach Attel.“[3] Während es bei Juliane Wetzel heißt, die beiden Lager hätten bis Januar bzw. Juni 1952 bestanden[5], wurden laut der Stadt Wasserburg die Attl-Gebäude den Barmherzigen Brüdern schon am 1. Juni 1950 zurückgegeben. „Ab 1951 wurde die Behindertenbetreuung mit 100 „Pfleglingen“ wiederaufgenommen. 1970 übernahm der Caritasverband die Verwaltung der Stiftung Attl. 1979 wurde eine „Werkstatt für behinderte Menschen“ eingerichtet, es folgten eine „Förderschule zur individuellen Lebensbewältigung“ und die Gründung einer „Heilpädagogischen Tagesstätte“. 1987 gründete die Stiftung Attl ihre erste Außenwohngruppe. 1994 gab der Caritasverband die Verwaltung der Stiftung Attl ab, sie verwaltet sich seitdem selbst.“[3]

Zweite Abteikirche und heutige Pfarrkirche St. Michael

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Inneres

Unter Abt Cajetan Scheyerl (reg. 1703–1723) wurde durch Thomas Mayr ab 1713 die Klosterkirche aus dem 12. Jahrhundert abgerissen und durch einen barocken Neubau ersetzt. Die 1715 geweihte Abteikirche wurde unter Abt Nonnosus Moser (reg. 1723–1756) in den folgenden Jahrzehnten im Stil des Rokoko ausgestattet. Eine Renovierung erfolgte 1977/1978.

Der große Saalraum über fünf Achsen hat einen eingezogenen halbrund schließenden Chor und einen Nordturm mit gekuppelter Laterne. Im Westen hat das Vorjoch ein Tuffsteinportal und eine Orgelempore. Im Saalraum sind zwischen Wandpfeilern kreuzgewölbte Kapellenräume im Untergeschoss und quertonnengewölbte Emporen im Obergeschoss. Das Langhaus hat eine Stichkappentonne mit Gurtbögen über vorgelegten Pilastern. Die Kirche wurde 1715 mit geometrischen Ornamentformen mit Rosetten, Girlanden und Akanthusranken von Benedikt Zöpf stuckiert. In den Seitenkapellen steht die Stuckierung unter dem Einfluss von Johann Baptist Zimmermann.

Ausstattung

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Der Hochaltar von 1731 zeigt das Hochaltarblatt Apokalyptisches Weib von Bruder Leander Laubacher als Kopie des Malers Peter Paul Rubens. Seitlich stehen die Figuren der Heiligen Benedikt und Scholastika. Im Auszug steht eine Figurengruppe mit dem hl. Michael. Das Tabernakelbild zeigt die hl. Dreifaltigkeit. Im östlichen Joch steht der Kreuzaltar von Constantin Pader (1665). Der Kreuzaltar zeigt ein Gnadenkruzifix des 13. Jahrhunderts mit den Figuren der hl. Johannes Evangelist und Magdalena und im Auszug Gottvater mit der Weltenkugel. Die Seitenaltäre entstanden einheitlich um 1715 und zeigen zumeist Bilder vom Bruder Sebastian Zobl.

 
Die Orgel

Die Orgel mit 22 Registern auf zwei Manualen und Pedal wurde 2013 von Orgelbau Linder gebaut. Der Prospekt und Teile einiger Register stammen noch aus einem Vorgängerinstrument von Anton Bayr aus dem Jahr 1769. Die Disposition lautet:[6]

I Hauptwerk C–f3
Principal 8′ CDE–c3 orig.
Copel 8′
Gamba 8′
Biffaro 8′
Octav 4′
Spitzflaut 4′ CDE–b2 orig.
Quinte 3′ h1–c3 orig.
Superoctav 2′
Flageolet 2′ Wechselschleife
Mixtur IV 2′
Cymbel III 1′
Tromba 8′
Tremulant
II Oberwerk C–f3
Copel 8′
Salcional 8′
Fugara 4′ cis–b1 orig.
Flauto 4′
Nasat 3′
Flageolet 2′
Tremulant
Pedal C–d1
Subbaß 16′
Octavbaß 8′
Quintbaß 6′
Choralbaß 4′
Pusaunbaß 16′

Liste der Äbte von Attel

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Quelle[7]

  1. Wolfhold, zugleich Abt von Admont
  2. Bernhard
  3. Gunther, 1129
  4. Wecelin, 1150
  5. Albert, 1155
  6. Heinrich I.
  7. Egelolph, 1177
  8. Pabo, 1195
  9. Ulrich I., 1212, 1234
  10. Conrad Crevlinger, 1247
  11. Heinrich II. Stoeckl, 1247, 1255
  12. Ulrich II., 1257
  13. Heinrich III., 1285, 1287
  14. Sibotho, 1299
  15. Ulrich III.
  16. Aubert
  17. Friedrich I., 1308, 1326
  18. Ulrich IV., 1341
  19. Stephan I., 1361
  20. Friedrich II., † um 1378
  21. Seifrid I., † um 1385
  22. Heinrich IV., † um 1400
  23. Stephan II., 1406
  24. Johann Koffraer, 1413, erhielt 1441 die Pontifikalien bestätigt
  25. Georg Antzensperger, † 1463
  26. Johann II., † 1478
  27. Martin I., 1478–1498
  28. Leonhard I., 1498–1501
  29. Seifried II., 1501–1508
  30. Martin II.
  31. Leonhard II., † 1510
  32. Engelbert I., 1510–1520
  33. Leonhard Klampver, 1520–1535
  34. Sebastian Adler, 1535–1547
  35. Benedict I. Hohentanner, 1547–1569
  36. Conrad II. Auer, 1569–1571
  37. Engelbert II., 1571–1599
  38. Conrad III. Zipf, 1599–1635
  39. Martin III. Kellner, 1635–1646
  40. Benedict II. Eisenhardt, 1646–1669
  41. Engelbert III. Fischer, 1669–1687
  42. Josef Mayr, 1687–1703
  43. Cajetan Scheyer, 1703–1723
  44. Nonnos Moser, 1723–1756
  45. Dominicus I. Gerl, 1757–1789
  46. Dominicus II. Weinberger, 1789–1803, † 1831.

Literatur

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  • Hugo Schnell: Pfarrkirche Attel am Inn. Dreifaltigkeitsverlag, München 1934.
  • Ernst Götz u. a. (Bearbeiter): Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bayern IV: München und Oberbayern. 3. Auflage. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2006, ISBN 978-3-422-03115-9, S. 65–66.
  • 807-2007. 1200 Jahre Attel, Jubiläumsschrift (= Heimat am Inn 26/27, 2006–2007).
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Commons: Kloster Attel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Björn Statnik: Sigmund Gleismüller, Hofkünstler der Reichen Herzöge zu Landshut. Michael Imhof, Petersberg 2009, S. 64.
  2. Björn Statnik: Sigmund Gleismüller. Hofkünstler der reichen Herzöge zu Landshut. Imhof, Petersberg 2009, ISBN 978-3-86568-286-4.
  3. a b c d e Stadt Wasserburg: Gedenken an die Opfer der Pflegeanstalt Attl
  4. Stadt Wasserburg: Heisererplatz
  5. Juliane Wetzel: "Mir szeinen doh". München und Umgebung als Zuflucht von Überlebenden des Holocaust 1945-1948, in: Martin Broszat/Klaus-Dietmar Henke/Hans Woller (Hrsg.): Von Stalingrad zur Währungsreform. Zur Sozialgeschichte des Umbruchs in Deutschland (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 26), München 1988, S. 351
  6. Beschreibung der Orgel auf der Web-Seite von Orgelbau Linder
  7. Michael Hartig: Die oberbayerischen Stifte, Band I: Die Benediktiner-, Cisterzienser- und Augustiner-Chorherrenstifte. Verlag vorm. G. J. Manz, München 1935, DNB 560552157, S. 50.

Koordinaten: 48° 1′ 24,6″ N, 12° 10′ 32,2″ O