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MME U80701

Mikroprozessor
(Weitergeleitet von U80701)

Der U80701 ist ein Nachbau des Mikroprozessors vom Typ MicroVAX 78032 der Digital Equipment Corporation (DEC), der mittels Reverse Engineering entwickelt wurde. Er war der erste in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) hergestellte 32-Bit-Prozessor und wurde entwickelt, um die damals führende Rechnerlinie von Digital Equipment Corporation, speziell der MicroVAX II, in der DDR verfügbar zu machen. Der zum U80700-Schaltkreissystem gehörende Prozessor wurde am 14. August 1989 offiziell vorgestellt. Das Entwicklerkollektiv des Schaltkreissystems wurde am 6. Oktober 1989 mit dem Nationalpreis der DDR I. Klasse für Wissenschaft und Technik ausgezeichnet.

U80701FC im CQFP-Gehäuse.
Der U80701 (oben geöffnet) im CQFP-68-Gehäuse.
U80701FC Prototyp
U80701FC in den Technischen Sammlungen Dresden

Der Mikroprozessor sollte im Robotron-Arbeitsplatzrechner K 1820, einem Nachbau der MicroVAX II, verwendet werden.[1] Von diesem System wurden 10 Muster gebaut.[2] Auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1990 wurde der Mikroprozessor in einer Vitrine des VEB Mikroelektronik „Karl-Marx“ Erfurt ausgestellt. Seitens der Sowjetunion lag Interesse an dem Schaltkreis wie auch am K 1820 vor.[3] Der Prozessor U80701 wurde nicht mehr in Serienproduktion gefertigt. Ab 1995 sollte ein Mikroprozessorsystem U80900 nach dem Vorbild CVAX 78034 für das Nachfolgemodell K 1830 (entsprechend MicroVAX III) das U80700-System ablösen.[4]

Architektur

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Die CPU war in einem 68-poligen FlatPack-Plast- oder Keramikgehäuse untergebracht. Die integrierte Speicherverwaltungseinheit (MMU) konnte bis zu 16 MB physikalischen sowie bis zu 4 Gigabyte virtuellen Speicher adressieren und unterstützte einen 512 Byte seitenorientierten Schutzmechanismus sowie eine Verwaltung der Zugriffsrechte.[5]

Die Programmierung erfolgte über 175 Maschinenbefehle, 16 32-Bit-breite allgemeine sowie 20 Prozessor- beziehungsweise interne Register. Die CPU hatte einen 62,4 KB großen ROM mit integriertem 8-Byte-Prefetch-Stack. Das ROM enthielt ein Programm zur Ablaufsteuerung. Adress- und Datenbus belegten dieselben Pins, deswegen wurde hier das Multiplexverfahren verwendet. Des Weiteren war es möglich, die CPU durch eine zusätzliche Gleitkommaeinheit zu erweitern.

Zum U80700-Prozessorsystem gehörten folgende Schaltkreise:

  • U80701: Hauptprozessor (CPU)
  • U80702: Reed-Solomon-Generator (RSG)
  • U80703: Gleitkommaprozessor (FPU)
  • U80707: DIGITAL Link asynchronous receiver/transmitter (DLART)
  • U80709: CPU-Interface-Gate-Array (CIGA)
  • U80711: Bus-Interface-Gate-Array (BIGA)

Die einzelnen Bestandteile des U80700-Schaltkreissystems wurden unter Leitung des Kombinats Mikroelektronik Erfurt in arbeitsteiliger Zusammenarbeit mit den Kombinaten Robotron und Carl-Zeiss Jena (Zentrum Mikroelektronik Dresden) sowie dem Zentralinstitut für Kybernetik und Informationsprozesse Berlin der Akademie der Wissenschaften der DDR entwickelt. So wurde beispielsweise Robotron-Elektronik Dresden (Fachgebiet E9 und E5) mit der Entwicklung der U80702, U80703 und U80707 bis hin zu pflichtenheftgemäßen Mustern beauftragt.[6]

Technische Daten
Hersteller: VEB Mikroelektronik „Karl Marx“ Erfurt
Bezeichnung: U 80701 FC
Adressbus: 32 Bit intern/extern
Datenbus: 32 Bit intern/extern
Entwicklungsbeginn: 1986
nicht funktionierende Muster : 1988
erste funktionsfähige Muster: 1989
Technologie: nSG (NMOS-Silizium-Gate-Technik)
Transistoranzahl: zirka 130.000
Chipfläche: 85 mm²
Taktfrequenz: effektiv 5 MHz (abgeleitet aus 40 MHz)
Verarbeitungsgeschwindigkeit K 1820: 0,9 MIPS
MMU: integriert
Gehäuse: PLCC-68 laut Quelle #3, auch CQFP-68 bekannt (s. Fotos)
Anschlüsse
Bezeichnung Ein-/Ausgang Beschreibung
CLK1 Eingang Eingangstakt
CLK0 Ausgang Taktausgabe der Normalfrequenz
RESET# Eingang RESET der CPU
BM0..BM3 Ausgänge Byte-Maske
DAL0..DAL31 Ein-/Ausgänge gemultiplexter Daten-/Adressbus
AS# Ausgang, Tristate Adress strobe
DS# Ausgang, Tristate Data strobe
DBE# Ausgang, Tristate Data buffer enable
WR# Ausgang, Tristate Write
EPS# Ausgang External processor strobe
CS0, CS1 Ausgänge, Tristate Bus cycle status
CS2 Ein-/Ausgang, Tristate Bus cycle status
RDY# Eingang Ready
ERR# Eingang Error
DMR# Eingang DMA request
DMG# Ausgang DMA grant
HALT# Eingang Halt-Interrupt-Anforderung
INTTIM# Eingang Timer-Interrupt-Anforderung
PWRFL# Eingang Power-Fail-Interrupt-Anforderung
IRQ0#…IRQ3# Eingänge Interrupt-Anforderung für Standard-I/O-Interrupts
TEST Eingang Testeingang für Bauelemente-Hersteller
UCCX Betriebsspannung zur Versorgung der Pinlogik des Daten-/Adressbusses
USSX Bezugspotential für UCCX
UCCI Betriebsspannung für Schaltkreislogik
USSI Bezugspotential für UCCI
UBB Bulkspannung, intern generiert
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Einzelnachweise

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  1. Pflichtenheft Arbeitsstation 32 bit K 1820 auf Basis Mikroprozessorfamilie MP 700. VVS d 063–247/89, VEB Robotron-Elektronik Dresden, März 1989, Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden 11594-1361/1-2 (PDF-Datei 4,8 MB).
  2. Dieter Walter: Geschichte des VEB Robotron-Elektronik Dresden. Dresden 2006, S. 40–41. (PDF-Datei; 1,1 MB)
  3. W. E. Schlegel: Messebericht LFM 1990. In: radio fernsehen elektronik. Nr. 6, 1990, ISSN 1436-1574, S. 345.
  4. Autorenkollektiv: Konzeption zur Entwicklung der der Rechentechnik bis zum Jahre 2000. 1. Fassung. VVS d 063–430/89, VEB Kombinat Robotron, Dresden, 15. September 1989 (PDF-Datei 11,7 MB)
  5. Applikationszentrum Elektronik: Mikroelektronik Gesamtübersicht. (PDF; 1,1 MB) Info-Verlag electronic, Berlin 1990, S. 236.
  6. Pflichtenhefte U80702, U80703, U80707. VVS d 063–284/89, VVS d 063–267/89, VVS d 063–270/89, VEB Robotron-Elektronik Dresden, Februar 1989, Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden 11594-1361/1-2