Sonatensatzform
Sonatensatzform
Sonatensatzform
Ein nach der Sonatensatzform gegliederter Satz besteht blicherweise aus den drei Hauptteilen: Exposition,
Durchfhrung und Reprise. Diese uerliche Dreiheit
sollte aber nicht den Blick darauf verstellen, dass die Sonatenhauptsatzform grundstzlich dialektisch ist, dass sie
also grundlegend auf der Idee einer Zweiheit, nmlich
auf zwei Themenkomplexen beruht, die in einem allgemeinsten Sinne gegenteilig dialogisieren, bzw. kontrastieren (hierzu gehren Eigenschaften wie Staccato/Legato,
Forte/Piano, Tonikal/Dominantisch, u. v. m.). Zu diesem Hauptkrper eines Sonatenkopfsatzes gesellen sich
gattungsgeschichtlich zwei optionale Satzteile, die meist
nicht eigentlich thematisch exponiertes Material enthalten, nmlich evtl. eine (langsame) Einleitung am Beginn
und/oder ggf. eine Coda, die das Satzganze beschliet.
Langsame Einleitungen nden sich beispielsweise bei einigen Sinfonien von Joseph Haydn (z. B. Nr. 6, Nr. 53
und vielen der spteren Werke, vgl. die Londoner Sinfonien) und bei einigen Sinfonien von Ludwig van Beethoven (Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4 und Nr. 7).
1.2 Exposition
Die Exposition (= Ausstellung) stellt das thematische
Material des Satzes vor. Sie gliedert sich typischerweise in
Hauptsatz, berleitung, Seitensatz und Schlussgruppe bzw.
Epilog.
1.2.1 Hauptsatz
Der Hauptsatz einer Exposition steht in der Grundtonart
(Tonika-Tonart) des Satzes. Er taucht mindestens zwei1
Charakteristisch fr nahezu alle Durchfhrungen ist eine verstrkte Modulationsttigkeit, die oft auch in harmonisch weit entfernte Bereiche vordringt. blicherweiDen Abschluss der Exposition bildet meist eine Schluss- se fhren Durchfhrungen letztlich zu einem Verweilen
gruppe (auch Epilog genannt) in der gleichen Tonart auf der Dominante (manchmal auch einer falschen),
wie der Seitensatz, die somit das Ziel der vorausgegan- wodurch die Reprise harmonisch vorbereitet wird.
genen Modulation bekrftigt. Sie kann neues thematisches Material enthalten, motivisch an das erste Thema anknpfen oder eine motivische Synthese aus ers- 1.4 Reprise
tem und zweitem Thema darstellen. Diese Schlussgruppe/Epilog entwickelt sich in Symphonien der spteren Mit der Wiederkehr des Hauptthemas in der TonikaRomantik (siehe Bruckners Sinfonien) sogar teilweise Tonart setzt die Reprise (von frz.: reprendre = wieder
zu einem eigenstndigen, vollwertigen 3. Thema, das in aufnehmen) ein. Die Reprise ist eine leicht vernderte
der anschlieenden Durchfhrung mitunter eine beherr- Wiederholung der Exposition. Die tonale Spannung zwischende Rolle spielt.
schen Haupt- und Seitenthema wird aufgehoben, da jetzt
Traditionell wird die Exposition wiederholt, so dass man auch das Seitenthema in der Grundtonart erscheint. Ein
ihr Ende auch leicht an den Wiederholungszeichen erken- eventuell vorhandener Konikt zwischen Haupt- und Sei-
3
tensatz erscheint dadurch im Sinne einer Annherung gemildert. Die hugsten nderungen nden im Zwischensatz statt, da er seine harmonische berleitungsfunktion
jetzt eingebt hat.
1.5
Coda
nem kontrastreichen Mittelteil und einem Repriseneinsatz in der Grundtonart. Fr die Anlage der Stze waren
harmonische Verlufe wesentlicher als die thematischmotivische Arbeit, die von der Sonatensatzform betont
wird. So besteht die Anlage eines Sinfoniesatzes nach
Heinrich Christoph Koch in Versuch einer Anleitung zur
Composition (drei Bnde, erschienen 1782 bis 1793)
aus folgenden Abschnitten:[3]
I. Teil (wiederholt oder unwiederholt):
Erster Hauptperiode,[4] ggf. mit Anhang: Abschnitt in der Grundtonart und bergang in die
Dominante bzw. in Moll-Stzen in die DurParallele; Abschnitt in der Dominante, oft mit
einem mehr singbaren, und gemeiniglich mit
verminderter Strke des Tons vorzutragenden
Satz verbunden, und Kadenzschluss in der
Dominante.
II. Teil (wiederholt oder unwiederholt):
Zweiter Hauptperiode: Beginn in der
Oberquint-Tonart meist mit dem Thema oder einem anderen melodischen
Haupttheile; harmonische Abweichungen,
Wiederholungen bzw. Zergliederungen
melodischer Wendungen. Abschluss in der
Dominante oder Rckleitung zur Grundtonart
(Tonika).
Ursprnglich (seit der zweiten Hlfte des 16. Jahrhunderts) bedeutete Sonata im Gegensatz zur Vokalkomposition (canzona) instrumentales Klangstck. Der Begri bezeichnete anfangs weder ein spezisches Form Dritter Hauptperiode: Beginn in der Grundmodell noch einen bestimmten Kompositionsstil. Die erstonart mit dem Thema oder mit einem anten Werke mit dem Titel Sonata stammen von italienidern melodischen Haupttheile, Wiederaufschen Komponisten, wie z. B. Giovanni Gabrieli (1597,
nahme der vorzglichsten Stze des ersten
1615). Gabrielis Sonaten hatten Vorbildfunktion durch
Hauptperioden in zusammengedrngter Form
die formale Anlage und ihren improvisatorischen Stil.
und in der Grundtonart verbleibend.
Das Formmodell bestand aus mehreren klar beschriebenen Abschnitten in kontrastierendem Tempo und mit
Die Interpretation dieser Grundanlage aus der Sicht
kontrastierender Textur (siehe Sonate).
der zunehmend bedeutender werdenden thematischEntsprechend zur Ausbreitung der zyklischen Dreistzig- motivischen Vorgnge fhrte schlielich in der Musikkeit in der Opernsinfonie auf die meisten anderen mu- theorie des 19. Jahrhunderts zum oben beschriebenen
sikalischen Gattungen bildete sich in der Grundanlage Schema der Sonatensatzform, welches teilweise auch
des Sinfoniesatzes, vor allem des Kopfsatzes, eine Ar- rckwirkend (also ahistorisch) auf die vorher komponierchitektur aus, die modellhaft Geltung erlangte und auf te Musik der Wiener Klassik angewendet wurde. Der
smtliche Gattungen der Musik bergri, auch auf die Begri Sonatenform als ideales, von Gattungskriterien
des Konzertsatzes.[3] In der Zeit bis zum Ende des 18. (Sinfonie, Quartett, etc.) abstrahiertes Modell erscheint
/ Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der sich aus den in ausfhrlicher Beschreibung erstmals in der KomposiTanzstzen der Suite entwickelnde Grundriss eines Sinfo- tionslehre von Adolf Bernhard Marx (Die Lehre von der
niesatzes als zweiteilig (jedoch teilweise mit untergeord- musikalischen Komposition, Leipzig 18371847). Heinneter Dreigliederung) und nicht als dreiteilig angesehen. rich Birnbach, von dem Marx die Denition des SonatenAn dieser zweiteiligen Auassung der Grundanlage des satzes im Wesentlichen bernahm, hatte noch den Begri
Sinfonie-(Kopf-)Satzes wurde noch bis Anfang des 19. Hauptform eines greren Tonstcks verwendet.[3][5]
Jahrhunderts festgehalten, wie sich z. B. in der Rezensi- Marx' Kompositionslehre etablierte die Begrie Expoon von Ernst Theodor Amadeus Homann ber Beetho- sition, Hauptsatz, Modulationsteil, Seitensatz und
vens Sinfonie Nr. 5 aus dem Jahr 1810 zeigt. Erst mit dem Schlussgruppe. Das wie oben beschriebene vollstndiheute blichen Konzept der Sonatenform geriet die ber- ge Schema der Sonatensatzform mit den heute blichen
geordnete Zweiteiligkeit schrittweise in Vergessenheit.[3] Begrien taucht erstmals 1904 in Alfred Richters LehEinuss auf die Strukturierung der spteren Sonatensatz- re von der musikalischen Form auf und wurde schlielich
form nahm auch die dreiteilige Da-Capo-Arie mit ei- 1911 in der Formenlehre Hugo Leichtentritts kodiziert.
Das Standardmodell der Sonatensatzform, wie es blicherweise analytisch gebraucht wird, war von Marx als
Beschreibungsform der Sinfonien Beethovens entworfen
worden und ist deshalb kaum oder nur eingeschrnkt fr
entsprechende Werke der zweiten Hlfte des 18. Jahrhunderts geeignet.[6] Eine starre Anwendung dieses Schemas
als Mastab auf viele Werke des 18., aber auch des 19.
Jahrhunderts kann dann falsche Vorstellungen wecken,
wenn Themen in ihrer Anzahl als zu viel, zu wenig oder an
unpassender Stelle erscheinen, wenn Durchfhrungsund Reprisenabschnitte nicht konkret trennbar sind oder
harmonische Verlufe aullig anders als vorgeschrieben erscheinen. Der normative Anspruch, den diese Formenlehre suggeriert, fhrt insbesondere bei Anwendung
auf Werke der (Frh-) Klassik[7] dazu, dass die Stcke als
unfertige Vorlufer eines anzustrebenden Ideals abgewertet werden.
Die romantische Musik des 19. Jahrhunderts (z. B. Carl
Maria von Weber, Franz Schubert, Felix Mendelssohn
Bartholdy, Frdric Chopin, Robert Schumann, Franz
Liszt, Anton Bruckner, Johannes Brahms) entwickelte
die Sonatensatzform weiter, wobei neben einer Erweiterung der Form im Sinne absoluter Musik auch eine
Strmung aufkam, welche die Sonatenform nur noch
als ueren Rahmen fr den Transport poetischer oder
programmatischer Inhalte nutzte (Beispiele: Symphonie
fantastique, Faustsinfonie).[8] Trotzdem forderte die Sonatensatzform im Spannungsfeld zwischen absoluter Musik und Tondichtung bis weit ins 20. Jahrhundert hinein die Komponisten immer wieder heraus, sich mit
ihr auseinanderzusetzen, wovon zahlreiche Beispiele bei
Debussy, Ravel, Prokofjew, Hindemith, Britten u. v. a.
Zeugnis ablegen.
Weblinks
Literaturbeispiel: L. van Beethoven, Klaviersonate
op.2, Nr.1, f-moll, 1. Satz
Sonate und Sinfonie. OpenBook (freies Unterrichtsmaterial fr allgemeinbildende Schulen)
sim.spk-berlin.de (PDF)
5.1
Text
Sonatensatzform Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Sonatensatzform?oldid=155341527 Autoren: Jpascher, Zeno Gantner, Aka, Stefan Khn, ErikDunsing, Reinhard Kraasch, Dibe, Qpaly, Fred~dewiki, Richi~dewiki, Andim, Wolfgang Nuss, Hati, Zwobot, HaeB,
BerndGehrmann, Stern, Rdb, Nocturne, Sinn, Peter200, Knigin der Nacht, Dnaber, Teelittle, Mnh, Ot, Gerhardvalentin, Gauss, HAL
Neuntausend, Dundak, NeeRoo, 24-online, Magnummandel, Pelz, M.L, Thorbjoern, Diba, Duczmal, FlaBot, Sir, Veitcall, Tafkas, Quirin,
Blaubahn, Mst, Jbb, Miastko, Olei, RobotE, Sechmet, STBR, Mautpreller, Savin 2005, 5erpool, WAH, Mo4jolo, FordPrefect42, LKD,
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