„Doppelbrechung“ – Versionsunterschied
[gesichtete Version] | [gesichtete Version] |
Acky69 (Diskussion | Beiträge) K zus. Info, zus. Links, Listenform |
Acky69 (Diskussion | Beiträge) K Fettung raus, da kein Synonym zum Lemma |
||
Zeile 7: | Zeile 7: | ||
Auch optisch [[Isotropie|isotrope]] Materialien können durch äußere Einflüsse doppelbrechend werden. Solche Einflüsse sind z. B. |
Auch optisch [[Isotropie|isotrope]] Materialien können durch äußere Einflüsse doppelbrechend werden. Solche Einflüsse sind z. B. |
||
* [[mechanische Spannung]] (Deformations- oder |
* [[mechanische Spannung]] (Deformations- oder Spannungsdoppelbrechung, siehe [[Spannungsoptik]]) |
||
* [[Textur (Kristallographie)|Texturen]] und [[Eigenspannung]]en bei der Formgebung |
* [[Textur (Kristallographie)|Texturen]] und [[Eigenspannung]]en bei der Formgebung |
||
* elektrische Felder (elektrische Doppelbrechung, elektrooptischer [[Kerr-Effekt]]) |
* elektrische Felder (elektrische Doppelbrechung, elektrooptischer [[Kerr-Effekt]]) |
Version vom 24. Januar 2019, 19:51 Uhr
Die Doppelbrechung, oder Birefringenz, ist die Fähigkeit optisch anisotroper Medien, ein Lichtbündel in zwei senkrecht zueinander polarisierte Teilbündel zu trennen (ordentlicher und außerordentlicher Strahl). Die Ursache dieses Effekts liegt im unterschiedlichen Brechungsindex (no und nao) in Abhängigkeit von der Ausbreitungsrichtung und der Polarisation des Lichts.
Ein prominentes Beispiel für ein solches Material ist Calcit (auch Kalkspat oder Doppelspat genannt), an dem die Doppelbrechung 1669 von Erasmus Bartholin entdeckt wurde.
Auch optisch isotrope Materialien können durch äußere Einflüsse doppelbrechend werden. Solche Einflüsse sind z. B.
- mechanische Spannung (Deformations- oder Spannungsdoppelbrechung, siehe Spannungsoptik)
- Texturen und Eigenspannungen bei der Formgebung
- elektrische Felder (elektrische Doppelbrechung, elektrooptischer Kerr-Effekt)
- magnetische Felder (magnetische Doppelbrechung, Cotton-Mouton-Effekt, allgemein siehe Magnetooptik).
Auch Flüssigkeiten mit hoher Zähigkeit können bei Strömung durch innere Reibung und damit verbundene Texturen doppelbrechend werden. Die meisten Flüssigkristalle sind spontan doppelbrechend.
Eng verwandt bzw. verbunden mit der Doppelbrechung ist der Dichroismus, bei dem Farben polarisationsabhängig absorbiert werden.
Physikalische Ursache
Doppelbrechung tritt in optisch anisotropen Kristallen auf. Diese weisen für unterschiedliche Polarisation und Richtung des eingestrahlten Lichtes einen unterschiedlichen Brechungsindex auf. Das zugehörige Indexellipsoid kann optisch einachsig sein (z. B. bei tetragonalen Kristallen) oder drei verschiedene Hauptachsen besitzen (z. B. bei orthorhombischer Symmetrie). In diesem besonderen Fall, d. h. bei optisch zweiachsigen Kristallen (biaxial), sind im Allgemeinen beide gebrochenen Strahlen außerordentlich (elektrisches Feld, , und elektrische Flussdichte, , haben nicht die gleiche Richtung, wobei der Ausbreitungsvektor, , senkrecht zu ist, nicht wie sonst üblich zu , siehe Literatur).
Die Achsen eines doppelbrechenden Kristalls sind nicht zu verwechseln mit der optischen Achse eines Systems von Linsen und Spiegeln.
Ordentlicher und außerordentlicher Strahl
Der ordentliche Strahl und der außerordentliche Strahl werden definiert durch die Orientierung ihres elektrischen Feldes zur Ebene, die durch die optische Achse und die Ausbreitungsrichtung des einfallenden Strahls aufgespannt wird (Hauptschnitt):
- Der ordentliche Strahl ist der Anteil des einfallenden Strahls, dessen elektrisches Feld senkrecht zum Hauptschnitt steht. Für den ordentlichen Strahl gilt in einachsigen Kristallen das Snelliussche Brechungsgesetz für isotrope Medien,[1] d. h. er wird bei senkrechtem Einfall auf den doppelbrechenden Kristall nicht gebrochen. Die Elementarwellen des ordentlichen Strahls bilden Kugelwellen, die dem Huygensschen Prinzip genügen.[2]
- Der zweite, der außerordentliche Strahl, hingegen ist der Anteil des einfallenden Strahls, dessen elektrisches Feld im Hauptschnitt des Kristalls schwingt. Für ihn gilt das Brechungsgesetz nicht, d. h. er wird auch bei senkrechtem Einfall auf den doppelbrechenden Kristall gebrochen. Die Elementarwellen des außerordentlichen Strahls bilden Rotationsellipsoide.
Die Wellenfronten für den ordentlichen und den außerordentlichen Strahl breiten sich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und aus, daraus folgen die zugehörigen Brechungsindizes:
und
mit der Lichtgeschwindigkeit c im Vakuum.
Die Differenz der Brechungsindizes () ist ein Maß für die Doppelbrechung. Das Vorzeichen wird als optischer Charakter oder optische Orientierung bezeichnet. Für Kalkspat ist . Kalkspat ist daher ein optisch negativer einachsiger Kristall, d. h. in ihm bewegt sich der außerordentliche Strahl schneller als der ordentliche:
In diesem Zusammenhang spricht man auch von der schnellen und der langsamen Achse. In einem optisch negativen einachsigen Kristall verläuft die schnelle Achse parallel zur optischen Achse des Kristalls und die langsame Achse senkrecht zu ihr.
Entsprechend bewegt sich in einem optisch positiven einachsigen Kristall der außerordentliche Strahl langsamer als der ordentliche:
Daher verläuft in einem optisch positiven einachsigen Kristall die schnelle Achse senkrecht zur optischen Achse des Kristalls, während die langsame Achse mit der optischen Achse übereinstimmt.
Zirkulare Doppelbrechung
Die Eigenschaft von optisch aktiven Substanzen, einen unterschiedlichen Brechungsindex für links- und rechts-zirkular polarisiertes Licht zu zeigen, wird als zirkulare Doppelbrechung[3] bezeichnet. Erstmals beschrieben wurde die zirkulare Doppelbrechung durch Dominique François Jean Arago (1811) am Quarz. Bei Quarz ist der Effekt jedoch ungefähr um den Faktor 100 geringer als die lineare Doppelbrechung. Da sich beide Effekte überlagern, kann die zirkulare Doppelbrechung nur dann beobachtet werden, wenn die lineare Doppelbrechung nicht auftritt. Im Fall von Quarz ist dies entlang der optischen Achse der Fall.
Um die Drehung eines linear polarisierten Strahls durch die zirkulare Doppelbrechung in einem Material zu berechnen, kann dieser als eine kohärente Überlagerung eines links- und eines rechtsdrehenden Anteils mit gleicher Intensität beschrieben werden. Beide bewegen sich mit unterschiedlicher Phasengeschwindigkeit (eine größere Phasengeschwindigkeit entspricht einem kleineren Brechungsindex) durch das Material. Die Überlagerung beider Anteile nach dem Durchgang ergibt wieder einen linear polarisierten Strahl. Die Phasendifferenz Δφ der beiden Anteile zeigt sich in einer Drehung der Schwingungsebene um den Winkel Δφ/2. Bei Quarz beträgt der Winkel ±21,7 °/mm (Quarz tritt sowohl rechts- als auch linksdrehend auf). Eine Rechtsdrehung wird mit einem positiven Drehwinkel beschrieben und entsteht im Fall, dass der Brechungsindex für den linksdrehenden Anteil größer als der für den rechtsdrehenden Anteil ist ().
Die Ursache für die zirkulare Doppelbrechung beim Quarz ist sein „schraubenförmiger“ Kristallbau.[3] Aber nicht nur kristalline Materialien mit einer „schraubenförmigen“ Struktur zeigen ein Drehvermögen der Polarisationsebene, auch Flüssigkeiten (z. B. Terpentin) weisen diese Eigenschaft auf. Die Ursache hierfür liegt ebenfalls in ihrem molekularen Aufbau, die Chiralität genannt wird. Weiterhin kann eine zirkulare Doppelbrechung durch ein Magnetfeld induziert werden, siehe Faraday-Effekt. Dies ist beispielsweise bei Bleisilikatglas der Fall. Vergleichbare Effekte gibt es auch für das Absorptionsverhalten von Materialien, siehe Dichroismus.
Doppelbrechende Materialien
Eigenschaften
Die Tabellen enthalten Daten gängiger uniaxialer bzw. biaxialer Systeme. D ist die Differenz der Brechungsindizes für den außerordentlichen () und den ordentlichen Strahl:
|
|
Anwendung
Doppelbrechende Materialien werden z. B. in Verzögerungsplatten und Polarisatoren verwendet. Zu den doppelbrechenden Polarisatoren zählen unter anderem das Nicolsche Prisma oder das Glan-Thompson-Prisma. Sie ermöglichen es, aus unpolarisiertem Licht linear polarisiertes Licht zu erzeugen.
Bei optischen Abbildungen können doppelbrechende Materialien als optischer Tiefpass eingesetzt werden, um beispielsweise den im Zusammenhang mit Bayer-Sensoren auftretenden Alias-Effekt zu vermindern.
Doppelbrechung kann auch als störender Effekt auftreten, zum Beispiel beim Spritzpressen von Compact Discs.[5] Verursacht wird die Doppelbrechung durch mechanische Verspannungen innerhalb der Polycarbonat-Schicht, beispielsweise durch thermische Belastung oder Scherbeanspruchung des Materials.
Verschiedene Theorien besagen, dass die Doppelbrechung mit sogenannten Sonnensteinen ein historisches Hilfsmittel war, um bei bedecktem Himmel den Sonnenstand bestimmen und Schiffe navigieren zu können.
Nachweis
Bei Drehung der Probe zwischen gekreuzten Polarisationsfiltern ändert sich die Helligkeit bzw. die Farbe des doppelbrechenden Objektes, während optisch isotrope Materialien keine Veränderungen im Bild zeigen.
Der Nachweis einer doppelbrechenden Substanz kann daher z. B. auch im Polarisationsmikroskop erfolgen.
Auch mithilfe der Immersionsmethode ist es möglich, doppelbrechende Materialien zu identifizieren.
Literatur
- Werner Döring: Einführung in die Theoretische Physik, Band III (Optik). Sammlung Göschen, Berlin 1957.
- Niedrig, Heinz., Eichler, Hans-Joachim., Bergmann, Ludwig., Schaefer, Clemens.: 9. Aufl. De Gruyter, Berlin 1993, ISBN 3-11-012973-6, S. 496 ff
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Wolfgang Zinth, Ursula Zinth: Optik. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2005, ISBN 978-3-486-27580-3, S. 230.
- ↑ Hans-Joachim Bautsch, Will Kleber, Joachim Bohm: Einführung in die Kristallographie. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 1998, ISBN 978-3-486-27319-9, S. 273.
- ↑ a b Wilhelm Raith, Clemens Schaefer: Elektromagnetismus. Walter de Gruyter, 1999, ISBN 978-3-11-016097-0, S. 425–426.
- ↑ a b Glenn Elert: Refraction. In: The Physics Hypertextbook. Archiviert vom am 17. September 2009; abgerufen am 21. Dezember 2010. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ R. Wimberger-Friedl: Analysis of the birefringence distributions in compact discs of polycarbonate. In: Polymer Engineering & Science. Band 30, Nr. 14, 1990, S. 813–820, doi:10.1002/pen.760301403.