„Hekate“ – Versionsunterschied
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[[Barbara Wood]] bezeichnet in ihrem Roman ''Seelenfeuer'' einen Sud aus Weidenrinde als „Trank der Hekate“. Es gibt aber keine antike Quelle für diese Bezeichnung. Seine tatsächliche schmerzlindernde Wirkung verdankt dieses Heilmittel der in der Weidenrinde enthaltenen [[Salicylsäure]], die auch die Grundlage für unser heutiges [[Aspirin]] bildet.<ref>Barbara Wood: ''Seelenfeuer'', 1. Auflage, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, 1989, ISBN 3-596-28367-1</ref> |
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Version vom 20. Juni 2017, 21:11 Uhr
Hekate (Vorlage:ELSalt) ist in der griechischen Mythologie die Göttin der Magie, der Theurgie, der Nekromantie (Totenbeschwörung). Sie ist die Göttin der Wegkreuzungen, Schwellen und Übergänge, die Wächterin der Tore zwischen den Welten.[1]
Geschichte
Die Göttin ist aus einem kleinasiatischen Kult im 8. oder 7. Jahrhundert v. Chr. in die griechische Religion aufgenommen worden, möglicherweise aus Karien. Evidenz dafür findet man in theophorischen karischen Personennamen in Hekat-. In Anatolien scheint der Göttin die Assoziation mit Nekromantie oder Hexerei noch gefehlt zu haben, sie war dort wohl eher eine Magna-Mater-Figur.[2]
In der griechischen Antike wurde Hekate zur Göttin der Hexerei, Magie, Theurgie. Ihr Kult wurde eher im Verborgenen gepflegt: Als Beherrscherin der Magie konnte sie den Zugang zur Unterwelt öffnen, den Kontakt mit Geistern und Toten ermöglichen, als Orakelgottheit die Zukunft offenbaren, ihren Anhängern Macht und Reichtum gewähren.[1]
Als fremde Göttin fand Hekate keinen festen Platz im griechischen Pantheon, ihre Rolle stand in Konflikt mit bereits bestehenden griechischen Gottheiten, besonders mit Artemis.[3] Sie wurde zu einer schwer fassbaren Göttin der häuslichen Sphäre und der Übergänge.[4]
Bildliche Darstellung
Die ältesten Darstellungen der Göttin in Kleinasien zeigen sie thronend und von Löwinnen umgeben. Auch die älteste griechische Darstellung zeigt sie thronend, aber ansonsten ohne Attribute. Danach wird sie jung und fackeltragend dargestellt. Ab dem 4. Jahrhundert v. Chr. wird die Dreigestalt für sie charakteristisch: drei junge schöne Frauen, die entweder Rücken an Rücken stehen oder um einen Polos. In den Händen halten die ältesten dieser Darstellungen Früchte, Fackeln und eine Amphore. Später kommen auch Schlangen, Dolche, Stricke, Peitschen, Schalen und Schlüssel hinzu. Vor allem in Griechenland wird die Dreigestalt für Hekate charakteristisch, während die eingestaltige Darstellung der Göttin in Kleinasien überwiegt.[1]
Symbole
Auf den ältesten griechischen Bildzeugnissen wie Vasen oder dem Pergamonaltar ist die Fackel ihr Attribut bzw. ihr Symbol. Weitere Symbole: Dolch, Schlangen, Schlüssel, Schnur, Peitsche, Schale.[1]
Auch Tiere der Unterwelt und der Nacht wurden mit ihr in Verbindung gebracht, beispielsweise Hunde, Eidechsen, Kröten, Iltisse, Eulen und andere.[1]
Mythos
Eine der grundlegenden Quellen zum Verständnis der Bedeutung der mythischen Figur in der Antike ist Hesiods Theogonie. Hesiod beschreibt Hekate als Tochter der Titanide Asteria, die als schwimmende Insel (Delos) die Geburt der Zwillinge Artemis und Apollo ermöglichte, und des Titanen Perses, dem Gott der Zerstörung. In Hesiods Theogonie ist Hekate die einzige unter den Titanen, die unter der Herrschaft des Zeus ihre Unabhängigkeit und ihre ursprünglichen Herrschaftsbereiche behält.[1]
Hesiod beschreibt sie als eine den Menschen sehr hilfreiche Göttin, sie schenkt den Hirten fruchtbare Herden, den Fischern volle Netze, den Jägern reiche Beute, den Athleten und Kriegern Erfolg und Glück im Kampf. Sie ist neben Zeus die einzige Gottheit, die den Menschen jeden Wunsch erfüllen oder verweigern kann. Doch genauso wie die Göttin den Segen geben kann, kann sie ihn wieder nehmen, wenn sie es für richtig empfindet. Außerdem bezeichnet Hesiod die Göttin Hekate als Pflegerin aller Geschöpfe. Sie scheint stark mit den Menschen verbunden zu sein; sie ist in Hesiods Theogonie jene Gottheit, die am häufigsten in Verbindung zu Menschen genannt wird.[5] (übersetzter Originaltext siehe Einzelnachweis)
Auch im homerischen Demetermythos erscheint Hekate. Sie hilft Demeter, ihre Tochter Persephone zu finden, und nachdem Persephone wieder mit Demeter vereint ist, wird Hekate zu Persephones Führerin und Begleiterin.[1] In der Gigantomachie, dem Angriff der Giganten gegen die Olympischen Götter, kämpft sie auf Seiten der Olympier und verbrennt den Giganten Klytios mit ihren Fackeln, den darauf Herakles tötet.[1]
Hekate in der griechischen Philosophie
Hekate wurde vor allem von den Neuplatonikern stark verehrt. Sie sahen in ihr die Weltseele, aus der alle Seelen entspringen und zu der sie zurückkehren. Außerdem sahen sie in ihr eine Vermittlerin zwischen der Welt der Menschen und der höheren Götter.[1]
So richtete z. B. der Neuplatoniker Proklos eine seiner Hymnen an sie. Der Mittelplatoniker Lucius Apuleius erwähnte Hekate in seiner Überlieferung des Märchens Amor und Psyche wahrscheinlich auch in dieser Rolle.[1]
Kult
Die Darstellung der Göttin machte im griechisch-römischen Raum im Lauf der Zeit mehrere Wandlungen durch. Von einer ursprünglichen vorgriechischen Muttergöttin (große Mutter) zu einer jugendlichen Göttin und Hüterin der Schwellen und Übergänge, hin zu einer dunklen Gestalt, um die sich viele Vorstellungen ranken, sowie schließlich in der Spätantike zu einer Art Allgöttin und Weltseele, die in sich die verschiedenen Göttinnen vereint.[1]
Ähnlich Artemis wurde Hekate als Göttin der Frauen angesehen und mit dieser gleichgesetzt, ähnlich wie Artemis wird sie als eine Göttin der Geburtshilfe angerufen. Andere Verschmelzungen sind mit Persephone bekannt. Auch unter dem Namen Baubo trat sie in Erscheinung und wurde auch mit Selene gleichgesetzt.[1]
Hekate vertritt den Aspekt der Übergänge (Geburt, Wegkreuzungen im Besonderen von drei Wegen) und der Verwandlung (Zauberkunst und Magie) und wurde später auch als Göttin der Hexen verehrt. Der öffentliche Kult um Hekate war in Griechenland wenig verbreitet, eine wichtige Rolle spielte sie aber in den Privat- und Mysterienkulten. Opfergaben bestanden aus Speisen, Lämmern oder Hunden. Eine ihrer Priesterinnen war Medea.[1]
Vom einfachen Volk wurde Hekate stark verehrt. Ihre Rituale wurden vor allem im privaten Kreise und im Schutze der Dunkelheit abgehalten. Man bat sie darum, Wünsche zum persönlichen Wohle zu erfüllen (vor allem Schutz, Führung, Glück, Wohlstand). Ihr wurden Opfergaben an Kreuzwegen, Friedhöfen und Hauseingängen (Türschwellen) dargebracht.[1]
Der letzte Tag des Monats, der im athenischen Kalender auf den Neumond fiel, war den Toten heilig. An diesem Tag wurden Hekate, als Wächterin der Unterwelt, Speiseopfer an Wegkreuzungen dargebracht. Diese Speisen waren tabu. Sie zu berühren oder von ihnen zu essen, galt als besonders verwerflich. Trotzdem scheint es üblich gewesen zu sein, dass arme Menschen und Obdachlose von ihnen gegessen haben. Belegt ist auch, dass Hekate zu Vollmond des Monats Munychion (April/ Mai) verehrt wurde.[1]
In Lagina hatte sie einen Tempel und war auch die Hauptgöttin der Stadt, ansonsten wurde sie an den Eingängen zu Tempeln anderer Göttinnen verehrt, vor allem von Artemis, Demeter, Persephone und Selene. In späteren Zeiten wurde ihr Kult zu einem Mysterienkult.[1]
Beinamen
Ihre Beinamen waren unter anderem:
- Atropaia (das Böse Fernhaltende)
- Chthonia (von der Erde)
- Enodia (die am Wege)
- Kleidukos (Schlüsseltragende)
- Kourotrophos (Pflegerin)
- Melana (die Schwarze)
- Ourania (Himmlische)
- Perseis (Licht)
- Phosphoros (Lichtbringer)
- Propolos (Führer)
- Propylaia (Torhüterin)
- Skotia (die des dunklen Ortes)
- Soteira (Erlöserin, Heilerin)
- Triformis (Dreifaltige)
- Trioditis bzw. Trivia (Dreiwege)
Moderne
Von Anhängern von Matriarchats-Theorien wird Hekate als vorpatriarchale Göttin interpretiert. Lautwein (2009) sieht in ihr eine „Erd- und Sonnengöttin“. Danach ist Hekate die Verkörperung des verborgenen, dunklen, geheimnisvollen Aspektes einer vorpatriarchalen Erdgöttin. Lautwein stellt diesen Aspekt in Zusammenhang mit dem dunklen Aspekt der Sonne, die nach alter Vorstellung nachts unter der Erde durch die Unterwelt von Westen nach Osten wanderte. Erst später wurde dieser verborgene, dunkle, geheimnisvolle Aspekt der Sonne dem Mond zugeordnet.[1]
Im heutigen Heidentum (Neopaganismus) gilt Hekate als Wächterin des magischen Wissens. Sie wird oft in der von Hesiod beschriebenen ursprünglichen Form als allmächtige hilfreiche Göttin angerufen. Ihre Unabhängigkeit und ihre Dreigestalt als Jungfrau, reife unabhängige Frau und alte Weise bilden dabei die Ergänzung und den Gegenpol zum Mutteraspekt der Großen Göttin. Ihre aktive Kraft als Sonnengöttin und ihr Materialismus als Erdgöttin sind die Ergänzung und der Gegenpol zum passiven und ideellen Aspekt von Mondgöttinnen.[1]
Trivia
Barbara Wood bezeichnet in ihrem Roman Seelenfeuer einen Sud aus Weidenrinde als „Trank der Hekate“. Es gibt aber keine antike Quelle für diese Bezeichnung. Seine tatsächliche schmerzlindernde Wirkung verdankt dieses Heilmittel der in der Weidenrinde enthaltenen Salicylsäure, die auch die Grundlage für unser heutiges Aspirin bildet.[6]
Literatur
- Sarah Iles Johnston: Hekate Soteira. A Study of Hekate's Roles in the Chaldean Oracles and Related Literature. Scholars Press, Atlanta (Georgia) 1990, ISBN 1-55540-426-X.
- Thomas Lautwein: Hekate, die dunkle Göttin. Geschichte und Gegenwart. Edition Roter Drache, Rudolstadt 2009, ISBN 978-3-939459-21-7.
- Jane Davidson Reid: The Oxford Guide to Classical Mythology in the Arts, 1300–1990s. Band 1, Oxford University Press, New York/ Oxford 1993, ISBN 0-19-504998-5, S. 492f. (Zusammenstellung der Rezeption in neuzeitlicher Literatur und bildender Kunst)
- Wilhelm Heinrich Roscher: Hekate 1). In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 1,2, Leipzig 1890, Sp. 1885–1910 (Digitalisat). (überholter Forschungsstand)
- Robert von Rudloff: Hekate in Ancient Greek Religion. Horned Owl Publishing, Victoria (BC) 1999, ISBN 0-9696066-8-0.
- Haiganuch Sarian, Zlatozara Gočeva: Hekate. In: Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae. (LIMC), Band 6.1, Artemis, Zürich 1992, ISBN 3-7608-8751-1, S. 985–1019 (Text) und Band 6.2, S. 654–673 (Abbildungen); Nachträge von Erika Simon im Ergänzungsteil Supplementum 2009: Supplementband 1, Artemis, Düsseldorf 2009, ISBN 978-3-538-03520-1, S. 238.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q r Thomas Lautwein: Hekate, die dunkle Göttin. Geschichte und Gegenwart. Edition Roter Drache, Rudolstadt 2009, ISBN 978-3-939459-21-7.
- ↑ William Berg: Hecate: Greek or „Anatolian“? Numen 21.2 (August 1974:128-40), S. 129: „Since children are not called after spooks, it is safe to assume that Carian theophoric names involving hekat- refer to a major deity free from the dark and unsavoury ties to the underworld and to witchcraft associated with the Hecate of classical Athens.“
- ↑ William Arthur Heidel: The Day of Yahweh: A Study of Sacred Days and Ritual Forms in the Ancient Near East, American Historical Association, 1929, S. 514.
- ↑ Simon Spawforth: The Oxford Classical Dictionary Oxford University Press, 1996, S. 671: „She is more at home on the fringes than in the center of Greek polytheism. Intrinsically ambivalent and polymorphous, she straddles conventional boundaries and eludes definition.“
- ↑ Thomas Lautwein: Hekate, die dunkle Göttin. Geschichte und Gegenwart, Edition Roter Drache, Rudolstadt, 2009, S. 66–67, ISBN 978-3-939459-21-7:
Originaltext in deutscher Übersetzung nach Lautwein
Phoibe aber bettete sich in Liebe mit Koios.
In der Umarmung empfing den Samen des Gottes die Göttin,
und sie gebar die schwarzgewandete Leto, die sanfte,
sanften Sinnes seit Beginn, die friedlichste in des Olympos
Reich, den Menschen so freundlich gesinnt wie den ewigen Göttern.
Ferner gebar sie die namenschöne Asteria.
Perses führte sie heim in sein Haus, auf das sie Gattin ihm heiße.
Diese empfing und gebar dann Hekate, die der Kronide Zeus
vor allen geehrt, indem er sie herrlich begabte,
Teil an der Erde zu haben und an der Öde des Meeres.
Hohe Ehre ward ihr zuteil unter Himmelsgestirnen,
höchste Achtung genießt sie im Kreis der unsterblichen Götter.
Denn noch jetzt ist es so: Wenn einer der irdischen Menschen
Gnade erfleht, im heiligen Opfer dem Brauche genügend,
ruft er Hekate an. Und reichen Segen gewinnt er
mühelos, wenn die Göttin sein Bitten gnädig erhört hat.
Aus der Fülle der Macht gewährt sie Glück ihm und Wohlstand.
Denn von allen Göttern, die Erde und Himmel entstammen,
mögen sie noch so geehrt sein: Sie hält ihr Schicksal in Händen.
Niemals übte Gewalt gegen sie der Kronide, nie rührte
er an die Macht, die ihr zukam unter den früheren Göttern.
Nein, was von Anfang an ihr heiliges Teil war, behielt sie:
Alle Ehre auf Erden, am Himmel wie auf dem Meere.
War sie auch einzeln geboren, empfing sie nicht kleineren Anteil,
nein, viel größeren noch, da Zeus sie achtet wie keine.
Ganz wie sie will, gewährt sie Hilfe und Schutz einem Manne:
Ehrwürdig hohen Königen sitzt er als Richter zur Seite,
in der Versammlung ragt er hervor, der Günstling der Göttin.
So auch im Krieg: Wenn zum männermordenden Kampfe die Männer
rüsten, hilft sie, die Göttin, dem Helden, dem ihre Gnade
Sieg zu schenken und Ruhm zu gönnen freundlich gewillt ist.
Gut ist sie auch, wenn Männer in sportlichen Kämpfen sich messen,
denn auch denen leistet die Göttin Beistand und Hilfe.
Wer durch Kraft und Stärke gesiegt, den herrlichen Kampfpreis
trägt er leicht, voller Freude davon, der Stolz seiner Eltern.
Gut ist ferner die Göttin den Reitern, denen sie wohl will,
auch den Männern zur See, die in schlimmer Bläue sich plagen,
wenn sie zu Hekate flehn und zum Erderschütterer Poseidon.
Mühelos reichen Fang gewährt die erhabenen Göttin,
leicht auch nimmt sie ihn fort aus dem Licht nach eigenem Gefallen.
Hilfreich wirkt sie mit Hermes im Stall, dem Vieh zu Gedeihen.
Rinderherden und weithin weidende Ziegen und Scharen
wolliger Schafe und sind sie noch so gering: Sie vermehrt sie
wie es ihr immer gefällt und lässt sie auch wieder schwinden.
Also, obwohl als einziges Kind ihrer Mutter geboren,
steht sie dennoch in höchsten Ehren unter den Göttern.
Darum legt auch Zeus ihr ans Herz das Gedeihen der Jungen,
die das weithinschauende Licht des Morgens erblickten.
Uranfänglich hegt sie die Jugend. Das sind ihre Ehren. - ↑ Barbara Wood: Seelenfeuer, 1. Auflage, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, 1989, ISBN 3-596-28367-1