Agrarwissenschaften
Die Agrarwissenschaften (seltener Agrarwissenschaft oder Agronomie) beschäftigen sich mit allen Fragen rund um die Primärproduktion menschlicher und tierischer Nahrung sowie nachwachsender Rohstoffe (Agrarsektor). Einer der Begründer ist Albrecht Thaer (1752–1828). Neben der Einbeziehung vieler Teilbereiche aus anderen Wissenschaftsgebieten gibt es eigenständige Fachgebiete der Agrarwissenschaften. Eine häufige Grundeinteilung gliedert sie in Pflanzenbauwissenschaften, Tierwissenschaften und Agrarökonomie.
Agraringenieur/Agronom
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Agraringenieur oder Agronom ist eine Berufsbezeichnung für den produktionstechnisch-naturwissenschaftlichen Bereich des Landbaus. Agraringenieure sind Fach- oder Führungskräfte an der Schnittstelle von Wissenschaft (Biologie, Chemie, Technik und Ökonomie), Verwaltung und landwirtschaftlicher Praxis. Weitere Aufgabenfelder liegen in der Agrarpolitik, Marketing landwirtschaftlicher Produkte, Naturschutz, Raumplanung und Strukturentwicklung ruraler Gebiete. Agrarexperten werden auch interdisziplinär in Entwicklungshilfeprojekten in der Dritten Welt bei der Entwicklung ländlicher Räume (z. B. GIZ) oder spezieller Projekte der multilateralen Zusammenarbeit eingesetzt. Dabei sind Allround-Qualitäten oder Koordinierungsfunktionen zwischen verschiedenen Spezialisten gefragt. Weitere Spezialisierungen sind Pflanzenarzt, Gartenbau-Ingenieur etc.
Statistik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Laut Statistischem Bundesamt waren im Wintersemester 2017/2018 sowohl an Universitäten als auch an Fachhochschulen 63.873 Studierende der Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften sowie Veterinärmedizin an deutschen Hochschulen, in Bachelor- und Masterstudiengängen eingeschrieben.
Tätigkeitsfelder
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Agrarstudium ist ein interdisziplinär breit gefasstes Studium. Es bestehen daher vielfältige Einsatzmöglichkeiten im Anschluss; so z. B. in der Forschung, Züchtung, fachlichen Beratung, sowie im Journalismus. Auch außerhalb des eigenen Fachs werden Agraringenieure beschäftigt; z. B. bei Banken, Versicherungsunternehmen oder in der Verwaltung des Öffentlichen Dienstes.
Zweige und Disziplinen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Pflanzenwissenschaften: ein modernerer Sammelbegriff für Teilgebiete wie Pflanzenbauwissenschaft, Bioinformatik, Pflanzenernährung, Pflanzenzüchtung, Phytopathologie, Phytomedizin und Pflanzenschutz, Herbologie und Entomologie. Auch der Gartenbau gehört hierzu.
- Tierwissenschaften: umfassen Teilgebiete wie Tierernährung, Tierhaltung, Tierzucht, Tiermedizin und Physiologie.
- die agrarischen Wirtschafts- und Sozialwissenschaften umfassen Disziplinen wie
- die agrarischen Natur- und Ingenieurwissenschaften
Akademische Abschlüsse
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Vergangenheit wurde in Deutschland in Diplomstudiengängen der akademische Grad des Diplomlandwirts bzw. Diplom-Agraringenieurs (Dipl.-Ing. agr.) verliehen. Abschlüsse an Fachhochschulen sind in der Regel an dem Zusatz (FH) zu erkennen. Im Zuge des Bologna-Prozesses bieten heute die meisten Hochschulen in Deutschland das gestufte Studiensystem mit den Abschlüssen Bachelor und Master an. Einige Hochschulen bieten auch internationale Doppelabschlüsse an, wie bspw. den Masterstudiengang „Organic Agriculture and Food Systems (EUR-Organic)“ der Universität Hohenheim.[1]
Studienorte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein Studium der Agrarwissenschaften ist in Deutschland an folgenden Universitäten und Fachhochschulen mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Fachrichtungen möglich:
- Georg-August-Universität Göttingen
- Universität Hohenheim
- Technische Universität München
- Humboldt-Universität zu Berlin
- Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
- Justus-Liebig-Universität Gießen
- Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
- Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
- Universität Rostock
- Universität Kassel
- Hochschule Geisenheim University
- Technische Hochschule Bingen
- Fachhochschule Eberswalde
- Fachhochschule Kiel
- Hochschule Osnabrück
- Hochschule Anhalt
- Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden
- Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen
- Hochschule Neubrandenburg
- Hochschule Rhein-Waal
- Fachhochschule Südwestfalen
- Hochschule Weihenstephan-Triesdorf
Aufbaustudiengänge werden in den Fachrichtungen Internationale Agrarentwicklung, Landwirtschaft in den Tropen und Subtropen sowie Phytomedizin angeboten. Ein Studium der Agrarwissenschaften ist in der Schweiz an der ETH Zürich und Berner Fachhochschule mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Fachrichtungen, wie auch an der Universität für Bodenkultur Wien in Österreich möglich.
Die zentrale Fachbibliothek in Deutschland für die Agrarwissenschaften ist die ZB MED an ihrem Standort in Bonn.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Reiner Doluschitz, Clemens Morath, Jens Pape: Agrarmanagement : Unternehmensführung in Landwirtschaft und Agribusiness : [Grundwissen Bachelor]. Ulmer, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-8252-3587-1.
- Otto Strecker, Paul Pottebaum, Josef Reichert: Marketing in der Agrar- und Ernährungswirtschaft : Grundlagen, Strategien, Maßnahmen. 3., vollkommen neu bearbeitete Auflage. VerlagsUnion Agrar, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-7690-0539-2.
- Ulrich Koester: Grundzüge der landwirtschaftlichen Marktlehre. 5. überarbeitete und erweiterte Auflage. Verlag Franz Vahlen, München 2016, ISBN 978-3-8006-5037-8.
- Gerhard Henkel: Der ländliche Raum : Gegenwart und Wandlungsprozesse seit dem 19. Jahrhundert in Deutschland : mit 15 Tabellen. 4., ergänzte und neu bearbeitete Auflage. Borntraeger, Berlin 2004, ISBN 3-443-07109-0.
- Joachim Sauerborn: Agrarökologie. Ulmer, Stuttgart 2006, ISBN 3-8252-2793-6.
- Kord Baeumer: Allgemeiner Pflanzenbau. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. Ulmer, Stuttgart 1992, ISBN 3-8252-0018-3.
- Werner Mühlbauer: Beitrag der Agrartechnik zur Emährungssicherung. In: Göttinger Beiträge zur Land- und Forstwirtschaft in den Tropen und Subtropen. Nr. 115. Göttingen 1996, S. 93 (gbv.de [PDF; 210 kB]).
- Horst Eichhorn, Julius Konrad: Landtechnik. 6., neubearbeitete und erweiterte Auflage. Ulmer, Stuttgart 1985, ISBN 3-8001-1043-1.
- Alfons William, Henner Simianer: Tierzucht. 2., überarbeitete Auflage. Uni-Taschenbücher, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-8252-4805-5.
- Heinz Jeroch, Winfried Drochner, Ortwin Simon: Ernährung landwirtschaftlicher Nutztiere : Ernährungsphysiologie, Futtermittelkunde, Fütterung. 2., überarbeitete Auflage. Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2008, ISBN 978-3-8252-8180-9.
Fachzeitschriften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Agrarmanager
- Agrarforschung Schweiz – Wird seit 2020 als reine Open-Access-Zeitschrift veröffentlicht.[2] Herausgegeben von Agroscope in Partnerschaft mit dem Bundesamt für Landwirtschaft, der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften, der Beratungszentrale Agridea, dem Departement für Umweltsystemwissenschaften der ETH Zürich und dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau.[3]
- Agrartechnik
- Agrarzeitung
- B&B Agrar – Die Zeitschrift für Bildung und Beratung (Bildungs- und Beratungssektor, sehr informativ für (zukünftige) Studenten)
- Berichte über Landwirtschaft - Zeitschrift für Agrarpolitik und Landwirtschaft (herausgegeben vom BMEL)
- DLG-Mitteilungen
- Agrarheute
- top agrar
Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung: Zahl der Studierenden im Agrarbereich. 2019 (bildungsserveragrar.de).
- BMEL: 3040500. Studierende der Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften. (XLSX; 25,3 kB) Zeitreihe ab 2006/07. Statistisches Bundesamt, 10. Dezember 2015, abgerufen am 25. November 2019.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur über Agrarwissenschaften im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Gerbers biographisches Lexikon der Agrarwissenschaften: Persönlichkeiten aus Land- und Forstwirtschaft, Gartenbau und Veterinärmedizin; Festausgabe zum 90. Geburtstag von Th. Gerber
- Linkkatalog zum Thema Agrarwissenschaften bei curlie.org (ehemals DMOZ)
- Peter Rieder: Agrarwissenschaften. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Grüne Studiengänge - Studieren - Karrero - top agrar online. Übersicht aller Agrar-Studiengänge in Deutschland. In: topagrar.com. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 4. März 2016 .
- Studienführer - Alle Studiengänge in Österreich auf UNI.at. Übersicht aller Agrar-Studiengänge in Österreich. In: uni.at.
- VDL-Berufsverband Agrar, Ernährung, Umwelt e. V. In: vdl.de.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Studiengangsbeschreibung auf der Website der Universität Hohenheim. Abgerufen am 13. Februar 2020.
- ↑ Die Agrarforschung Schweiz wird zur kostenlosen Online-Publikation. (PDF) In: agrarforschungschweiz.ch. Ehemals im ; abgerufen am 5. Januar 2020. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) (nicht mehr online verfügbar)
- ↑ Agrarforschung Schweiz - Herzlich willkommen. In: agrarforschungschweiz.ch. Abgerufen am 25. November 2019.