Swatting

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Swatting ist eine Mobbingtechnik und bezeichnet nach dem Bundeskriminalamt eine Straftat, bei der ein Notfall per Notruf vorgetäuscht und infolgedessen beispielsweise die Polizei oder eine Spezialeinheit zu einem anderen Menschen, häufig einem Prominenten, geschickt wird. Ziel ist dabei der Schaden des Betroffenen. Als Motiv wird häufig Rache oder Langeweile angegeben. Der Name leitet sich von der Abkürzung SWAT der amerikanischen Spezialeinheit Special Weapons and Tactics ab.[1]

FBI-SWAT-Einheit während eines Trainings zur Stürmung von Wohnungen.

Durch diese Mobbingtechnik können nach Deutschlandfunk Privatpersonen, Politiker, Unternehmen, Vereine oder Schulen betroffen sein, wovon betroffene Personen eine Traumatisierung erleiden können.[2]

Prominente Opfer (Auswahl)

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Am 3. Oktober 2012 verursachte ein zwölfjähriger Junge einen Polizeieinsatz, als er einen Notruf aus dem Anwesen von Schauspieler Ashton Kutcher fälschte. Die eintreffenden Polizisten trafen lediglich Handwerker an. Der Täter, der noch andere Notrufe absetzte und damit unter anderem Justin Bieber und eine Bank traf, verursachte Kosten in Höhe von einer halben Million US-Dollar.[3]

Am 3. April 2013 wurde die Polizei in Los Angeles zum Haus von P. Diddy gerufen, ein Anrufer meldete einen erschossenen Mann. Beim Eintreffen der Polizei war das Haus jedoch verlassen.[4][5]

Am 17. Januar 2013 meldete ein unbekannter Anrufer einen bewaffneten Eindringling auf dem Anwesen von Tom Cruise.[6] Nach Schätzung der Polizeistation in Beverly Hills waren an diesem Tag mehr als die Hälfte ihrer Ressourcen an diesen Einsatz gebunden.[7]

2013 wurden außerdem Paris Hilton, Ryan Seacrest, Rihanna, Justin Timberlake, Khloé Kardashian sowie Selena Gomez Opfer von Swatting.[8]

Swatting unter Computerspielern

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Eine neue Form von Swatting, das nicht in erster Linie Prominente betrifft, wird unter Computerspielern beobachtet. Dabei werden unliebsame Gegenspieler bei den Leitstellen von Polizei oder Feuerwehr gemeldet, um sich beispielsweise für ein verlorenes Match zu rächen.[9]

Am 30. Dezember 2017 wurde ein Mann in Wichita (Kansas) bei einem durch Swatting hervorgerufenen Polizeieinsatz getötet.[10] Zuvor war es zu einem Streit zwischen zwei Call-of-Duty-Spielern gekommen, in dessen Verlauf einer der beiden eine falsche Adresse bekanntgab und den anderen aufforderte, doch „etwas zu versuchen“.[11] Dieser bezahlte einen Dritten dafür, den falschen Notruf abzusetzen.[12] Bei der angeblichen Geiselnahme wurde der unbeteiligte 28-jährige Anwohner der genannten Adresse angeschossen, er verstarb kurze Zeit später. Alle drei Beteiligten wurden verhaftet.[11]

Rechtliche Einordnung

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Das Swatting ist in Deutschland als Missbrauch von Notrufen und Beeinträchtigung von Unfallverhütungs- und Nothilfemitteln gemäß § 145 StGB und den meisten anderen Ländern strafbar. In Deutschland ist zudem das Vergehen des Vortäuschens einer Straftat zu prüfen. Des Weiteren kann Schmerzensgeld wegen unerlaubter Handlung sowie Polizeikosten erhoben werden.

Am 26. Juni 2009 wurde ein damals 19-Jähriger in den Vereinigten Staaten zu einer Haftstrafe von 11 Jahren und 4 Monaten verurteilt, nachdem er zugegeben hatte, im Juni 2006 erstmals den grundlosen Einsatz einer Spezialeinheit ausgelöst zu haben. Bei der Bemessung des Strafmaßes kam jedoch erschwerend hinzu, dass er zusammen mit anderen einen ermittelnden Sicherheitsmitarbeiter des Telekommunikationskonzerns Verizon Communications bedroht hatte.[13][14]

In Deutschland verurteilte 2017 das Landgericht Nürnberg-Fürth einen geständigen Mann zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und fünf Monaten unter anderem wegen des Missbrauchs von Notrufen. 2015 rief der Täter bei der Feuerwehr von Emskirchen mit der Angabe an, dass auf dem Grundstück eines unter dem Namen Drachenlord bekannten YouTubers ein Großbrand ausgebrochen sei. Die Tat wird als der erste bekannte Fall von Swatting in Deutschland angesehen.[15][16]

Im Frühjahr 2019 wurde der Anrufer, der den Polizeieinsatz mit tödlichem Ausgang im Dezember 2017 in Wichita verursachte, zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren verurteilt.[17] Der Anstifter wurde zu einer Gefängnisstrafe von 15 Monaten verurteilt, nachdem er sich schuldig bekannt hatte.[18]

Einzelnachweise

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  1. Frank Siering: "Swatting" versetzt Hollywood-Stars in Angst. In: Hamburger Abendblatt. 21. Dezember 2012, abgerufen am 27. März 2016.
  2. Cybermobbing: Experten beobachten Zunahme von „Swatting“-Fällen, bei denen Polizeieinsatzkräfte zu Unschuldigen geschickt werden. In: deutschlandfunk.de. Deutschlandradio, 13. September 2024, abgerufen am 15. September 2024.
  3. Michaela Haas: April, April im März: Schluss mit lustigDer neue Promi-Sport: Böse April-Scherze das ganze Jahr über. In: Süddeutsche Zeitung Magazin. 23. März 2013, archiviert vom Original am 4. März 2016; abgerufen am 27. März 2016.
  4. Dirk Hautkapp: Krimineller Trend "Swatting" – Gefährliche Polizei-Scherze mit Promis. In: Der Westen. 10. April 2013, abgerufen am 27. März 2016.
  5. Alan Duke: Boy admits 'swatting' Ashton Kutcher, Justin Bieber. In: CNN.com. 12. März 2013, abgerufen am 27. März 2016 (englisch).
  6. Tom Cruise – Lates Swatting Victim. In: TMZ.com. 17. Januar 2013, abgerufen am 27. März 2016.
  7. Michaela Haas: April, April im März: Schluss mit lustigDer neue Promi-Sport: Böse April-Scherze das ganze Jahr über. In: Süddeutsche.de. 23. März 2013, archiviert vom Original am 4. März 2016; abgerufen am 27. März 2016.
  8. Christian Stöcker: Swat-Alarm als Streich: Polizisten nehmen "Counter-Strike"-Spieler fest. In: Spiegel Online. 28. August 2014, abgerufen am 27. März 2016.
  9. Wilhelm Zsolt: "Swatting": Die Rache der schlechtesten Verlierer. In: Der Standard. 26. April 2014, abgerufen am 27. März 2016.
  10. Falscher Notruf – Polizei erschießt unbeteiligtes Opfer. In: sueddeutsche.de. 2017, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 30. Dezember 2017]).
  11. a b Christian Just: Swatting - Nach Tod im Streit um Call of Duty drohen 20 Jahre Haft. Gamestar.de, 25. Mai 2018, abgerufen am 26. Mai 2018.
  12. Christian Just: Swatting - Unschuldiger in USA von Polizei erschossen, möglicherweise wegen Call-of-Duty-Streit. Gamestar.de, 30. Dezember 2017, abgerufen am 26. Mai 2018.
  13. Robert Wilonsky: The 19-Year-Old Blind "Little Hacker" Gets 135 Months in Federal Prison For "Swatting". In: Dallas Observer. 29. Juni 2009, archiviert vom Original am 10. Mai 2015; abgerufen am 27. März 2016 (englisch).
  14. Felix Knoke: Netzwelt-Ticker: EU-Kommission droht Deutschland wegen Handygebühren. In: Spiegel Online. 30. Juni 2009, abgerufen am 27. März 2016.
  15. Erstes deutsches Swatting: Hohe Freiheitsstrafe für Drachenlord-Hater. In: vice.com. Abgerufen am 14. September 2022.
  16. Dreieinhalb Jahre Haft nach falschem Alarm. In: Süddeutsche Zeitung, 23. Februar 2017.
  17. Doha Madani: Serial 'swatter' Tyler Barriss sentenced to 20 years for death of Kansas man shot by police. NBC News, 29. März 2019, abgerufen am 11. August 2021 (englisch).
  18. Casey Viner: Teenage US gamer jailed over deadly 911 hoax. BBC News, 16. September 2019, abgerufen am 11. August 2021 (englisch).