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ADB:Andreae, Jakob

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Artikel „Andreä, Jakob“ von Ernst Henke in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 436–441, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Andreae,_Jakob&oldid=- (Version vom 9. November 2024, 22:52 Uhr UTC)
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Andreä: Jakob A., lutherischer Theolog, geb. zu Waiblingen in Würtemberg 25. März 1528, † zu Tübingen 7. Jan 1590. Sein Vater war ein Schmied, darauf bezieht sich der Name Schmidlin oder auch Fabri, mit welchem der Sohn nachher bisweilen bezeichnet wurde. Früh wurden dessen Fähigkeiten bemerkt, und während der Vater ihn zum Tischlerhandwerk bestimmt hatte, verschaffte ihm Erhard Schnepf, der ihn als Kind mehrmals geprüft hatte, so guten Unterricht in Stuttgart, daß er schon 1541, also dreizehnjährig, zur Universität nach Tübingen abgehen und dort unter die Stipendiaten aufgenommen werden konnte. Unter den dortigen Lehrern erhielt dann wieder Schnepf, der 1543 von Stuttgart dahin versetzt war, den größten Einfluß auf ihn; A. bildete sich nach seinen Predigten; Schnepf scheint ihm auch zuerst die Richtung auf das strenge Lutherthum gegeben zu haben. Im J. 1543 wurde er Baccalaureus, 1545 Magister, und 1546, in welchem Jahre er sich auch schon achtzehnjährig verheirathete, wurde er als Diaconus in Stuttgart angestellt, wo damals Herzog Ulrich die Eroberung seines Landes durch den Kaiser ertragen und sich diesem im Vertrage von Heilbronn (3. Jan. 1547) unterwerfen mußte. Hier gab es A. ein frühes Ansehen, daß bloß er, der jüngste unter den fünf Geistlichen Stuttgarts, sich vor den eindringenden Truppen Herzog Alba’s nicht aus der Stadt flüchtete, alle Predigten und kirchlichen Handlungen übernahm, und dabei auch den kaiserlichen Officieren, welche sich dazu und selbst zu Disputationen [437] mit ihm herandrängten, durch seine Festigkeit Achtung und Vertrauen abgewann. So wurde er noch von Herzog Ulrich, der ihn predigen gehört und Schnepf’s Predigtweise in ihm wiedererkannt haben wollte, im J. 1548 nach Tübingen als Diaconus versetzt, wo er auch eine Zeit lang wieder alle geistlichen Geschäfte allein zu übernehmen hatte, da andere, wie sein Lehrer Schnepf, vor dem Interim aus ihren Stellen gewichen waren.

Kaum aber war 1550 Herzog Christoph (geb. 1515, † 1568) auf seinen Vater Ulrich gefolgt und kaum hatte er den Freund Luther’s und Melanchthon’s, den Reformator Würtembergs, Johann Brenz (geb. 1499, † 1570) zum Stiftspropst zu Stuttgart und zu seinem vertrautesten Rathgeber in Kirchensachen gemacht, als der junge A. von beiden in ihre Nähe und zur Mitarbeit an ihren kirchlichen Aufgaben in und außerhalb Würtembergs herangezogen wurde. Zwiefach wurde von hier an auch Andreä’s Wirksamkeit bis an seinen Tod, geringer die eine seinem engern Vaterlande zugewandte, viel größer die andere weithin darüber hinaus, fast über das ganze evangelische Deutschland sich erstreckende; aber die letztere wurde doch so sehr durch die erstere mitbestimmt, daß man sie in ihrem letzten und bedeutendsten Ergebnisse fast als eine Reaction des schwäbischen anticalvinischen Lutherthums gegen das, was in Sachsen bereits für Union aller Protestanten unter Melanchthon’s Einflusse erreicht war, bezeichnen kann. Zwar in der Friedensstiftung unter den lutherischen Theologen fand A. bald seinen besonderen Lebenslauf, getrieben durch die richtige Erkenntniß, daß der Fortgang der Reformation durch nichts so sehr unterbrochen werde, als durch die Uneinigkeit ihrer Anhänger; aber da er die reine lutherische Lehre nur in der würtembergischen Modification derselben anzuerkennen vermochte, und darum zuletzt Alle abstoßen mußte, welche sich diese nicht mit aneignen konnten, endigten seine Friedensbestrebungen doch meist mit Vertiefung schon vorhandenen Zwiespalts.

Im J. 1553 setzte Herzog Christoph den 25jährigen A. als Superintendenten und bald darauf als Generalsuperintendenten in Göppingen ein und ließ ihn zugleich mit Unterstützung aus den Kirchenmitteln die theologische Doctorwürde erwerben. Daneben begannen auch schon Andreä’s Dienste bei Einführung der Reformation in Nachbarländern, wohin man ihn dazu einlud und vom Herzoge erbat, zunächst 1554 bei den Grafen von Oettingen und 1556 bei den Grafen von Helfenstein, bei den Markgrafen Karl von Baden und in Rotenburg an der Tauber. Im Januar 1557 ließ Christoph sich von ihm auf den Reichstag zu Regensburg und dann nach Frankfurt begleiten, wo die durch den Religionsfrieden in Aussicht gestellten Verhandlungen über die Religionsvereinigung und über das dazu bestimmte Colloquium vorkamen, und zu diesem schickte er ihn dann im August mit Brenz nach Worms ab; hier wurde er zwar nur als Notar verwandt, erhielt aber auch so Gelegenheit genug, die Schmach und den Schaden mitzuempfinden, welcher dort durch den Widerstand der flacianischen Theologen gegen Melanchthon und die übrigen lutherischen Collocutoren zur Schadenfreude der Katholischen über die Protestanten überhaupt gebracht wurde. Im Anfange desselben Jahres 1557 führte Brenz ihn auch in die litterarische Theilnahme an der erneuten Streitigkeit über das Abendmahl ein; Andreä’s deutscher „Bericht von des Herrn Nachtmahl und wie sich ein einfältiger Christ in den Zwiespalt darüber schicken soll“, mit Vorrede von Brenz, ist seine frühste Schrift, und schon diese zeigt sein Verlangen auch auf ungewissen Erfolg hin unter den Streitenden zu vermitteln, ihre Heftigkeit durch Zurückweisen unbegründeter gegenseitiger Beschuldigungen und durch Hervorheben relativer Geringfügigkeit ihrer Streitfragen zu vermindern und zugleich das „gemeine Volk, bei welchem wenig Verstand noch Urtheil ist,“ von oben herab zu berathen. Darauf folgte dann [438] bald im December 1559 jene Synode zu Stuttgart, wo Brenz, gereizt durch Calvin und durch die kurz vorher in der Pfalz gegen das übertriebene Lutherthum geschehenen Schritte und durch Melanchthon’s Billigung derselben, nun erst die ganze würtembergische Geistlichkeit nicht nur Luthers Abendmahlslehre, sondern auch die Ubiquitätslehre, d. h. die Erklärung der Gegenwart Christi im Abendmahl aus der Theilnahme auch seiner menschlichen Natur an der göttlichen Eigenschaft der Allgegenwart, als Bekenntniß annehmen ließ und dadurch den Zwiespalt unter den Lutheranern noch um vieles unheilbarer machte. Auch A., anfangs widerstrebend, wie es scheint, (Planck VI. 405. 410.) wurde hier noch bindender als die übrigen auf diese Lehre verpflichtet, und so blieb sie von hier an für ihn ein unüberwindliches Hinderniß seiner Vermittlungsversuche bei allen denen, welche, wie Melanchthon, es nicht über sich vermochten, ihr zuzustimmen oder gar sie in ihr Bekenntniß aufzunehmen.

In den Jahren 1561 und 1562 wurde A. auch bei den Verhandlungen mit verwandt, zu welchen Herzog Christoph damals von Katharina von Medici und dann von den Guisen herangezogen wurde, doch wol um ihn von den französischen Reformirten und deren Unterstützung so viel als möglich abzuziehen. Zuerst zum Religionsgespräch zu Poissy (9. Sept. bis 13. Oct. 1561) wurde er mit vier andern Schwaben abgeschickt; er verabschiedete sich aber, reiste aber so langsam (2. bis 19. Oct.) daß alles vorbei war, als er ankam. Der Bischof Montluc benutzte aber noch die Gelegenheit ihn gegen den noch in Paris verweilenden Beza aufzubringen, welcher „die Anerkennung der Augsb. Confession verweigert habe, wozu sich doch der Cardinal Guise erboten habe,“ und dessen böses Gewissen A. dort auch noch selbst erkannt zu haben versichert (Fama 141). Auch wurde er dann mit Brenz zu den Gesprächen zugezogen, welche die vier Brüder Guise im Febr. 1562 vier Tage hindurch in Elsaß-Zabern mit dem Herzog Christoph unterhielten, und welche von diesem selbst anschaulich beschrieben sind (Sattler 4. Beil. 68), auf welche die Guise aber nach allen Bezeugungen ihres Verlangens nach Kenntniß lutherischer Lehre und ihrer Bewunderung dafür auf dem Rückwege wenige Tage nachher das Blutbad von Vassy folgen ließen, und damit den langen Bürger- und Religionskrieg eröffneten.

Im Mai 1562 wurde A. auch zum ersten Male nach Norddeutschland berufen, diesmal nach Thüringen, um dort nach Flacius und seines Anhanges Vertreibung aus Jena (Dec. 1561) die fortdauernde Aufregung gegen Vict. Strigel’s Synergismus beruhigen zu helfen, was ihm und dem Abte Binder durch eine von Strigel gewährte Erklärung für den Augenblick gelang. Bald nachher im Sommer 1562 wurde er dann in das angesehene Amt eingesetzt, welches er von hier an noch fast 30 Jahre einnahm, das Amt eines Propstes und Kanzlers der Universität zu Tübingen. Von hier gingen seine nächsten Reisen zu Friedensstiftungen 1563 nach Straßburg, wo Hieron. Zanchi durch prädestinatianische Lehren den lutherisch Gesinnten Anstoß gegeben hatte[1], und 1565 nach Hagenau; 1567 wurde er wegen der Pest in Tübingen mit der ganzen Universität auf ein Jahr nach Eßlingen versetzt.

Erst mit dem Jahre 1568 begannen dann Andreä’s größere Wanderungen und Unternehmungen zur Herbeiführung des Kirchenfriedens unter den deutschen Lutheranern, das hieß aber für ihn zur Vereinigung der lutherischen Theologen zu einerlei Theologie und Sprache in den zahlreichen Lehrstücken, für welche diese Einstimmigkeit von allen schien gefordert werden zu müssen, mit welchen man ferner Kirchengemeinschaft sollte unterhalten dürfen. Zwei mehrjährige Züge durch Norddeutschland nahmen ihn hier am meisten in Anspruch, der erste von 1568 bis 1570, der zweite von 1576 bis 1580. Zu dem ersten sandte ihn Herzog Christoph noch ab, als Herzog Julius von Braunschweig seinem [439] Vater Heinrich dem Jüngern, dem alten Gegner Luther’s, gefolgt war und nun bei der Einführung der Reformation in seinem Lande eines sachkundigen Berathers bedurfte. Nicht bloß auf diese nächste Aufgabe ging A. hier zusammen mit Chemnitz, dem ersten Geistlichen der damals vom Herzoge noch unabhängigen Stadt Braunschweig, in einer Weise ein, welche der hier entstehenden kleinen Landeskirche würtembergische Züge zurückgelassen hat bis jetzt; (Richter, Gesch. der ev. Kirchenverf. 121. 122.) vielmehr nun im Auftrag und mit Vollmacht der beiden Fürsten konnte er sich mit seinen Friedensvorschlägen zunächst mit an die beiden Kurfürsten Joachim II. von Brandenburg und August von Sachsen und an andere norddeutsche Fürsten wenden, gerade zu der Zeit, wo kursächsische und herzoglich-sächsische Theologen von dem langen Colloquium zu Altenburg (1568 bis 69) noch in größerem Zwiespalt als vorher auseinander gegangen waren und darum ein angesehener auswärtiger Vermittler sehr willkommen war. A. hatte dazu lateinisch und deutsch ein Bekenntniß von fünf Artikeln entworfen, in so kurzer Fassung, daß er wol auf eine Annahme desselben von Philippisten und strengen Lutheranern hoffen konnte; bloß zum letzten Artikel vom Abendmahl hatte er einen etwas längeren Aufsatz zur weiteren Begründung desselben aufgenommen, in welchem er allerdings auch den Gedanken von dem Antheil auch der menschlichen Natur Christi an Allgegenwart und Weltregierung ausgedrückt hatte; aber schon dieses Auseinanderhalten eines von allen anzuerkennenden kürzern Bekenntnißminimums und der weitern theologischen Begründung dafür war ein Schritt, welcher weiter verfolgt allein zu einer Einigung in den Fundamentalartikeln trotz sonstiger Meinungsverschiedenheit, wie sie zwischen mehreren Theologen stets übrig bleiben wird, hätte führen können. Doch freilich war eben diese Unterscheidung und die Bereitwilligkeit, darauf hin den bloß theologischen Dissensen mehr Freiheit einzuräumen, Andreä’s lutherischen Zeitgenossen wie ihm selbst noch so fremd, und dem Vorwurf der Uneinigkeit gegenüber auch so verhaßt, daß dies nicht geschah. Mit einem weltlichen Beamten des Herzogs Julius durchzog A. 1569 Norddeutschland bis an die Seestädte und bis nach Dänemark, 1570 wieder Kursachsen und Brandenburg; nach Prag nahm ihn im März der Herzog Julius selbst mit zum Kaiser Maximilian, welcher ihn sprach und sein Eintrachtswerk lobte: aufmunternde Worte erhielt er allenthalben, aber zu einer wirklichen Vereinigung der zweierlei Lutheraner, welche er damals noch durchsetzen zu können hoffte, brachte er es nirgends. Die Wittenberger hatten an ihrem vom Kurfürsten bestätigten Corpus Philippicum genug und scheuten ein neues Bekenntniß und die Verhandlungen darüber; die andern, wie selbst Chemnitz, forderten nicht bloß Bekenntniß, sondern auch Antithese gegen solche Lehren, welche verworfen werden müßten und durch welche die ersteren getroffen sein würden. Auf dem großen Theologenconvente zu Zerbst, wo im Mai 1570 kursächsische, brandenburgische, holsteinische, anhaltische, hessische und braunschweigische Abgeordnete zusammentraten, erreichte A. die Annahme seiner fünf Artikel nicht, wol aber eine größere Gewißheit, daß die Nachfolger Melanchthon’s in Wittenberg und Leipzig sich niemals von ihm auf die würtembergische Theologie von Brenz würden verpflichten lassen.

Gewaltsamer wurde daher nach diesen Fehlschlagungen Andreä’s Auftreten in der Friedensstiftung, aber auch zuversichtlicher, als er nach Unterdrückung der Philippisten durch ihren eigenen Kurfürsten von diesem wieder zu Rathe gezogen und 1576 auch wieder nach Sachsen eingeladen wurde. Schon 1573 hatte er, zwar die Wittenberger Theologen, aber nicht ihre Fürsten aufgebend, in sechs Predigten die streitig gewordenen Glaubensartikel so dargestellt, daß er eine Unterschrift derselben nicht mehr von den Philippisten, aber doch von ihren [440] streng lutherischen Gegnern in Schwaben wie in Niedersachsen erreichen zu können hoffte. Im J. 1574 schlug dann Kurfürst August gegen seine melanchthonischen Theologen mit Gewaltthaten drein, welche durch nichts eher zu rechtfertigen waren, als wenn sich vertheidigen ließ, daß sie Verräther der reinen Lehre und Verführer des Volks gewesen seien. So wurde denn A., der in der Zwischenzeit im Süden, Mömpelgard, Straßburg, Memmingen, Hagenau, Aalen, Lindau, Pfalz-Neuburg und Regensburg bereist und mit Flacius und andern Gegnern dort zu streiten gehabt hatte, 1576 wieder nach Kursachsen berufen, zunächst nach Torgau, wo er mit Chemnitz und Nic. Selnecker eine neue Eintrachtsformel aus den letzten Vorarbeiten dazu zusammenstellen sollte. Eine „Erklärung der Streitigkeiten“ hatte er noch selbst seinen sechs Predigten nachgeschickt; von Chemnitz waren diese zur „schwäbisch-sächsischen Concordie“ umgeformt; die Schwaben, wieder hiermit unzufrieden, wie wahrscheinlich A. selbst, hatten noch eine „Maulbronner Formel“ eingeschickt; aus diesen Schriften arbeiteten nun die drei Theologen 1576 das „torgische Buch“ heraus, welches angeblich nur Vorlage für eine bald zu haltende Synode werden sollte und nun zunächst an Fürsten und Stände zur Anschließung umhergeschickt wurde. Nun gingen von diesen reichlich Monita darüber ein, zum Theil widersprechende und unvereinbare, weil Entgegengesetztes lobend oder tadelnd; aber nach ziemlich flüchtiger Berücksichtigung dieser, gaben dann A. und seine Mitarbeiter im Kloster Bergen, welches bei Magdeburg stand, im Mai 1577 ihrem torgischen Buche die Gestalt, welche es als „Concordienformel“ behalten hat. Nun widerriethen sie auch schon dem Kurfürsten August noch eine Synode zu halten, welche auch sehr unbequem hätte werden können, und A. rieth vielmehr nur, Unterschriften von Fürsten, Ständen und Theologen zu der fertigen Formel sammeln zu lassen. Der Beitreibung dieser widmete er dann selbst in den nächsten Jahren eine Geschäftigkeit, mit welcher er zuletzt selbst dem Kurfürsten August zu viel gethan zu haben und dafür von diesem im December 1580 ziemlich kühl entlassen zu sein scheint. Das Verlangen, der Abneigung gegen die Reformation den Grund zu entziehen, welchen die Gegner derselben in der Uneinigkeit ihrer Anhänger fanden, hatte ihn einst am meisten gelockt; aber dies Ziel hatte er nun nicht nur nicht erreicht, sondern das Gegentheil davon durch das durch seine concordia discors proclamirte eigene Geständniß, daß die Protestanten sich über die Lehre weder vertragen könnten noch wollten, und durch die darauf gegründeten Spaltungen.

Auch in seinen letzten Jahren beschäftigten ihn noch immer Schriften und Reisen zur Bestreitung von Gegnern seines in langer Vertheidigung immer fester gewordenen Systems. Im J. 1583 und 1584 setzte er dem „Consensus orthodoxus“ der reformirten Theologen eine größere refutatio entgegen. Auch schwere Schicksale unterbrachen seine große Thätigkeit nicht; im J. 1583 verlor er seine erste Frau, die Mutter seiner 18 Kinder, welche ihn auch nach Sachsen begleitet und in Leipzig gewohnt hatte; im J. 1585 verheirathete er sich aufs neue mit einer Wittwe, welche kinderlos blieb. Im J. 1586 traf er auf Betrieb des Grafen Friedrich von Würtemberg mit seinem alten Gegner Beza in einer Disputation zu Mömpelgard zusammen, und die nachher herausgegebenen Acten dieses Gesprächs gaben ihm noch 1588 Veranlassung, daß er sich einer würtembergischen Gesandtschaft an den kleinen Rath von Bern beigeben ließ, welche über falsche Angaben in den Acten Beschwerde führte; ein neuer Convent von beiderlei Theologen in Bern, welcher die Differenz erledigen sollte, kam wegen eines Krieges der Berner mit den Savoyen nicht zur Ausführung. Auch ein Colloquium Andreä’s zu Baden 1589 angefangen mit einem wieder katholisch gewordenen Dr. med. Joh. Pistorius wurde bald unterbrochen; ein Bericht darüber, [441] und eine dadurch veranlaßte Schrift Andreä’s „Gespräch von der katholisch-apostolischen Kirche“ erschienen erst nach Andreä’s Tode. Denn rüstig und rastlos bis zuletzt, starb er nach kurzer Krankheit am 7. Jan. 1590.

Man zählt über 150, großentheils deutsche Schriften von ihm, von welchen die Fama Andreana reflorescens, s. Jacobi Andreae vitae, funeris, scriptorum, peregrinationum et progeniei recitatio curante Jo. Val. Andreae (1630) ein Verzeichnis gibt. Die vita ist nach Andreä’s eigenen, leider fragmentarischen Angaben verfaßt. Aeltere Biographien gaben M. Adam Vit. theol. S. 636 und Fischlin, Mem. theol. Wirt. S. 95, Suppl. S. 142. Actenstücke finden sich namentlich in Rud. Hospinian’s Concordia discors (1572) und Bernh. Hutter’s Concordia concors (1624.) Neuere Beiträge, außer den bekannten Werken von Planck, Heppe etc. gab Johannsen in Niedner’s Zeitschr. für hist. Theologie 17. 1 f. 23. 344 f. Gleichzeitige Satiren gegen A. daselbst 27. 466 f.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 438. Z. 12 v. u. l.: hatte, 1564 zum Maulbronner Colloquium und 1565 etc. [Bd. 2, S. 797]