Um die Einbildungskraft als schöpferisches Vermögen ist es im Zuge der Verwissenschaftlichung des... more Um die Einbildungskraft als schöpferisches Vermögen ist es im Zuge der Verwissenschaftlichung des menschlichen Geistes immer schlechter bestellt. Seit dem 19. Jahrhundert ist für die Frage, wie man zu den Bildern kommt, die das innere Auge sieht, nicht mehr die Philosophie zuständig, sondern die Psychologie, wenn nicht die Psychiatrie. Seit dieser Zeit wird das Vorstellungsvermögen von seinen unwillkürlichen Erscheinungen her gedacht, wie Halluzinationen, Träumen, Reminiszenzen oder Wunschphantasien; das Imaginieren wird zu einem Symptom des Nichtverfügens über sich selbst.
Sandra Janßen geht der Frage nach, was dies für die Literatur bedeutet, und zeigt, dass gerade den phantasmatischen Formen des Imaginierens in der Moderne eine poetologische Funktion zukommt, wenn Erzählstile Bewusstseinszustände nachbilden. Dass solche »Psycho-Poetiken« aber auf das engste mit einem sich wandelnden psychologischen Wissensstand korrelieren, beweist sie auf der Grundlage einer breit angelegten, Verschiebungen und Brüche nachzeichnenden Psychologiegeschichte der Imagination.
hrsg. von Sandra Janßen / Thomas Alkemeyer, Tübingen: Mohr Siebeck, Reihe „Historische Wissensforschung“, 2021
Die Frage, ob es eine Geschichte der Weisen gibt, in denen Menschen sich selbst erleben, also ein... more Die Frage, ob es eine Geschichte der Weisen gibt, in denen Menschen sich selbst erleben, also eine Geschichte des Subjekts, wird vielfach als eine der sozialen Gebilde dargestellt, die den Einzelnen formen oder 'subjektivieren'. Sie kann sich aber auch auf die wechselnden Formen beziehen, in denen das Subjektsein selbst historisch beschrieben wurde, in all den variierenden Theorieentwürfen, die in der Psychologie, Philosophie, Anthropologie und den anderen Humanwissenschaften aufeinander folgten. Der Band untersucht die These, dass dieses theoretische Selbstwissen mehr bedeutet als eine bloße Reihe ideengeschichtlicher Positionen; dass die Geschichte des Selbstwissens also von größerer Bedeutung für die Geschichte des Subjekts ist, als bisher vielfach zugestanden wurde. Das setzt einen Dialog zwischen (sozialwissenschaftlicher) Subjektivierungstheorie und (geisteswissenschaftlicher) Wissensgeschichte voraus, zu dem der Band eine Vorlage bildet.
hrsg. v. Maximilian Bergengruen und Sandra Janßen, Zeitschrift für Kulturwissenschaften 1/2021, 2021
In diesem Heft sollen ausgehend vom internationalen Stand der Forschung kulturelle Phänomene glei... more In diesem Heft sollen ausgehend vom internationalen Stand der Forschung kulturelle Phänomene gleichermaßen empirisch konzis wie theoretisch avanciert betrachtet werden. Die Unterscheidung von messbarer und subjektiver Zeit oder psychischer Eigenzeit prägt nicht nur wichtige Etappen der modernen Philosophie – spätestens seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert interessieren sich Psychologie und Psychiatrie, aber auch zeitgenössische Literatur für eine pathologische Abweichung des Zeitempfindens. Dem daraus entstehenden Wechselverhältnis gehen die Beiträger*innen nach.
Die Zeitschrift für Kulturwissenschaften dient als kritisches Medium für Diskussionen über »Kultur«, die Kulturwissenschaften und deren methodische Verfahren.
in: Sandra Janßen / Thomas Alkemeyer (Hrsg.), Selbstsein als Sich-Wissen? Zur Bedeutung der Wissensge¬schichte für die Historisierbarkeit des Subjekts, Tübingen: Mohr Siebeck, 2021, S. 195-220
in: Björn Bertrams / Antonio Roselli (Hrsg.), Selbstverlust und Welterfahrung. Erkundungen einer pathischen Moderne, Wien/Berlin, Turia & Kant, 2021, S. 151-169
in: Psychopathologie der Zeit, hrsg. von Maximilian Bergengruen / Sandra Janßen, Zeitschrift für Kulturwissenschaften 1, 2021
Das Verhältnis des Subjekts zur Zeit ist eine der zentralen Thematiken, die das Gesamtwerk Herman... more Das Verhältnis des Subjekts zur Zeit ist eine der zentralen Thematiken, die das Gesamtwerk Hermann Brochs durchziehen. Auf unterschiedlichsten Feldern, die von psychologischen Modellen über kunsttheoretische Reflexionen bis hin zu politischen Konzepten reichen, entwickelt Broch den Grundgedanken eines Konflikts zwischen (immer auch mystisch konnotiertem) subjektivem Zeitlosigkeitsstreben und erfahrener Vergänglichkeit. Dieser Gedanke wird in Brochs spätem Roman "Der Tod des Vergil" nicht nur in beispielloser thematischer Breite entfaltet, sondern auch erzählerisch und stilistisch fruchtbar gemacht. Dabei macht Broch sich Vergils fieberhalluzinierenden Zustand in einer Weise zunutze, die sich auf Zeit-Theoreme der zeitgenössischen Psychologie und Psychopathologie beziehen lässt.
in: M. Guthmüller / H.-W. Schmidt-Hannisa (Hrsg.), Das nächtliche Selbst. Traumwissen und Traumkunst im Jahrhundert der Psychologie, Bd. II: 1900-1950, Göttingen, Wallstein, 2020, S. 128-152
in: Albrecht Koschorke (Hrsg.), Komplexität und Einfachheit. Internationales literaturwissenschaftliches Symposium der DFG, Stuttgart, Metzler, 2017, S. 124-144
Français:
L'article se fonde sur deux postulats : premièrement, que c'est à un individu psychotiq... more Français: L'article se fonde sur deux postulats : premièrement, que c'est à un individu psychotique que Blanchot confie la narration de son roman, et deuxièmement, que son narrateur, Henri Sorge, incarne une subjectivité totalitaire modèle. Ne permettant pas au lecteur de décider s'il représente des événements réels ou seulement le délire systématisé du protagoniste, le roman illustre ainsi à la fois le côté psychotique du totalitarisme et les implications « politiques » ou sociales (selon les conceptions psychiatriques contemporaines à Blanchot) de la psychose paranoïaque.
English: The plot of the law. Psychosis and politics in Maurice Blanchot's The Most High The article is based on two premises : firstly, that it is a psychotic individual whom Blanchot entrusts with the narration of his novel, and secondly, that its narrator, Henri Sorge, epitomizes the perfect totalitarian subjectivity. The novel, by not allowing the reader to decide whether it represents real events or the mere systematized delirium of the protagonist, illustrates both the psychotic side of totalitarianism and the « political » or social implications (according to the psychiatric conceptions that are contemporaneous with Blanchot) of paranoid psychosis.
in: Aurélie Barjonet / Liran Razinsky (Hrsg.), Writing the Holocaust Today: Critical Perspectives on Jonathan Littell’s The Kindly Ones (Faux Titre 381), Amsterdam, Rodopi, 2012, S. 165-183
Grounded in Hannah Arendt and Bruno Bettelheim’s assertion that the symbolic aim of Nazi concentr... more Grounded in Hannah Arendt and Bruno Bettelheim’s assertion that the symbolic aim of Nazi concentration camps was to produce “ideal” subjects of the totalitarian state, this article claims that the hypothetical identification between perpetrators and victims inherent to such a theory may prove key to the analysis of Littell’s novel. The article analyzes the development of the main character, Max Aue, and shows that certain traits which could point to a perpetrator’s trauma may also, following Ernst Jünger, indicate the gradual production of totalitarian allegiance. In addition, this allegiance motivates Littell’s reference to the Orestes myth, which ultimately raises the question of guilt.
in: Maximilian Bergengruen / Jill Bühler / Antonia Eder (Hrsg.) Kredit und Bankrott in der deutschen Literatur, Stuttgart, Metzler, 2021, S. 123-150
Literary texts that deal with delusions frequently seem to find that these present affinities to ... more Literary texts that deal with delusions frequently seem to find that these present affinities to questions of property and money, and vice versa. A possible reason for this can be found in a strand of philosophical thought on property that finds it to be rooted in primitivistic notions of magic (Jean-Paul Sartre, Marcel Mauss). As Georg Simmel’s Philosophy of money shows, these notions even persist in abstract forms of property such as money and, especially, credit, where they coalesce with specifically modern forms of the ego. Based on Simmel, the article shows that the protagonist’s megalomaniac tendencies in Kleist’s Michael Kohlhaas stem from an assault on his property in its ‘magical’ dimension and develop alongside with its conversion to money and augmentation through credit. Conversely, Robert Walser’s The Thief presents a protagonist whose already fully developed paranoia makes ample use of the symbolic dimensions of money and loan.
in: Marie Guthmüller / Hans-Walter Schmidt-Hannisa (Hrsg.), Das nächtliche Selbst. Traumwissen und Traumkunst im Jahrhundert der Psychologie, Bd. I: 1850-1900, Göttingen, Wallstein, 2016, S. 173-193
in: Marie Guthmüller / Walburga Hülk-Althoff (Hrsg.), Hippolyte Taine et l’imagination créatrice. Romanistische Zeitschrift für Literaturgeschichte, 39 (1/2), 2015, S. 95-110
Gustave Flaubert est l’un des témoins majeurs auxquels Hippolyte Taine s’appuie dans l’élaboratio... more Gustave Flaubert est l’un des témoins majeurs auxquels Hippolyte Taine s’appuie dans l’élaboration de sa théorie de l’imagination (artistique). Leur dialogue sous forme de questionnaire envoyé par Taine à Flaubert semble prouver qu’ils s’accordent pour attribuer à l’imagination littéraire une qualité qui la situe en proximité de l’hallucination. Mais s’entendent-ils réellement ? Leur correspondance à ce sujet s’approche bien plutôt du dialogue des sourds, dans la mesure où le discours de Taine est une argumentation s’appuyant sur la catégorie des intensités, telle qu’elle s'ensuit de son sensualisme, alors que pour Flaubert, le discours sur l’imagination est lié à la notion de vérité de l’imaginaire, qui présuppose au moins un certain idéalisme.
in: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte, 32 (1), 2009, S. 36-52
From Dissociation to System: The Concept of the Unconscious as a Descendant of the Reflex Paradig... more From Dissociation to System: The Concept of the Unconscious as a Descendant of the Reflex Paradigm in Freud. The paper tries to situate Freud's theory historically by referring it to a paradigm of psychological theory that Marcel Gauchet describes as the “Golden Age” of psychophysics and reflex theory, and that he situates between 1870 and 1900. I will show that until 1900 Freud thinks, in fact, in categories that correspond to this type of thought. His texts On the Psychical Mechanism of Hysterical Phenomena (1893, with Josef Breuer) and A Project for a Scientific Psychology (1895) still follow the conception of a psychological subject on the basis of the stimulus and response model, which can be found in numerous contemporaneous authors. In this model, the psyche is just a place of transit open to the exterior, and its unity can only be a sum of elements of consciousness having a physiological substrate. Nevertheless, Freud's early texts – although appertaining to the reflex paradigm – already contain elements that serve to construct another basic model of the psychic apparatus, which is finally introduced by The Interpretation of Dreams. Those new elements are the separation between interior and exterior, the introduction of endogenous energy, which is linked to the importance of emotions instead of sensations, and the problem of the adaptation to outer reality that results from it. Nevertheless, once more Freud is not the only theorist in whose thought the new paradigm can be found; I again refer his new premises to other contemporary psychologists. The question that arises from Freud's passage from one paradigm to another is how he handles the continuity of his own thought. I describe the difficult compromise between contradictory concepts he finds in his Project for a Scientific Psychology; but certain concepts that derive from the reflex paradigm subsist even during the later development of psychoanalysis. This is especially the case for the concept of the unconscious itself: As I argue, this concept originates in the reflex paradigm, and, in contrast to contemporary psychology, Freud only maintains it longer than other authors do.
Um die Einbildungskraft als schöpferisches Vermögen ist es im Zuge der Verwissenschaftlichung des... more Um die Einbildungskraft als schöpferisches Vermögen ist es im Zuge der Verwissenschaftlichung des menschlichen Geistes immer schlechter bestellt. Seit dem 19. Jahrhundert ist für die Frage, wie man zu den Bildern kommt, die das innere Auge sieht, nicht mehr die Philosophie zuständig, sondern die Psychologie, wenn nicht die Psychiatrie. Seit dieser Zeit wird das Vorstellungsvermögen von seinen unwillkürlichen Erscheinungen her gedacht, wie Halluzinationen, Träumen, Reminiszenzen oder Wunschphantasien; das Imaginieren wird zu einem Symptom des Nichtverfügens über sich selbst.
Sandra Janßen geht der Frage nach, was dies für die Literatur bedeutet, und zeigt, dass gerade den phantasmatischen Formen des Imaginierens in der Moderne eine poetologische Funktion zukommt, wenn Erzählstile Bewusstseinszustände nachbilden. Dass solche »Psycho-Poetiken« aber auf das engste mit einem sich wandelnden psychologischen Wissensstand korrelieren, beweist sie auf der Grundlage einer breit angelegten, Verschiebungen und Brüche nachzeichnenden Psychologiegeschichte der Imagination.
hrsg. von Sandra Janßen / Thomas Alkemeyer, Tübingen: Mohr Siebeck, Reihe „Historische Wissensforschung“, 2021
Die Frage, ob es eine Geschichte der Weisen gibt, in denen Menschen sich selbst erleben, also ein... more Die Frage, ob es eine Geschichte der Weisen gibt, in denen Menschen sich selbst erleben, also eine Geschichte des Subjekts, wird vielfach als eine der sozialen Gebilde dargestellt, die den Einzelnen formen oder 'subjektivieren'. Sie kann sich aber auch auf die wechselnden Formen beziehen, in denen das Subjektsein selbst historisch beschrieben wurde, in all den variierenden Theorieentwürfen, die in der Psychologie, Philosophie, Anthropologie und den anderen Humanwissenschaften aufeinander folgten. Der Band untersucht die These, dass dieses theoretische Selbstwissen mehr bedeutet als eine bloße Reihe ideengeschichtlicher Positionen; dass die Geschichte des Selbstwissens also von größerer Bedeutung für die Geschichte des Subjekts ist, als bisher vielfach zugestanden wurde. Das setzt einen Dialog zwischen (sozialwissenschaftlicher) Subjektivierungstheorie und (geisteswissenschaftlicher) Wissensgeschichte voraus, zu dem der Band eine Vorlage bildet.
hrsg. v. Maximilian Bergengruen und Sandra Janßen, Zeitschrift für Kulturwissenschaften 1/2021, 2021
In diesem Heft sollen ausgehend vom internationalen Stand der Forschung kulturelle Phänomene glei... more In diesem Heft sollen ausgehend vom internationalen Stand der Forschung kulturelle Phänomene gleichermaßen empirisch konzis wie theoretisch avanciert betrachtet werden. Die Unterscheidung von messbarer und subjektiver Zeit oder psychischer Eigenzeit prägt nicht nur wichtige Etappen der modernen Philosophie – spätestens seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert interessieren sich Psychologie und Psychiatrie, aber auch zeitgenössische Literatur für eine pathologische Abweichung des Zeitempfindens. Dem daraus entstehenden Wechselverhältnis gehen die Beiträger*innen nach.
Die Zeitschrift für Kulturwissenschaften dient als kritisches Medium für Diskussionen über »Kultur«, die Kulturwissenschaften und deren methodische Verfahren.
in: Sandra Janßen / Thomas Alkemeyer (Hrsg.), Selbstsein als Sich-Wissen? Zur Bedeutung der Wissensge¬schichte für die Historisierbarkeit des Subjekts, Tübingen: Mohr Siebeck, 2021, S. 195-220
in: Björn Bertrams / Antonio Roselli (Hrsg.), Selbstverlust und Welterfahrung. Erkundungen einer pathischen Moderne, Wien/Berlin, Turia & Kant, 2021, S. 151-169
in: Psychopathologie der Zeit, hrsg. von Maximilian Bergengruen / Sandra Janßen, Zeitschrift für Kulturwissenschaften 1, 2021
Das Verhältnis des Subjekts zur Zeit ist eine der zentralen Thematiken, die das Gesamtwerk Herman... more Das Verhältnis des Subjekts zur Zeit ist eine der zentralen Thematiken, die das Gesamtwerk Hermann Brochs durchziehen. Auf unterschiedlichsten Feldern, die von psychologischen Modellen über kunsttheoretische Reflexionen bis hin zu politischen Konzepten reichen, entwickelt Broch den Grundgedanken eines Konflikts zwischen (immer auch mystisch konnotiertem) subjektivem Zeitlosigkeitsstreben und erfahrener Vergänglichkeit. Dieser Gedanke wird in Brochs spätem Roman "Der Tod des Vergil" nicht nur in beispielloser thematischer Breite entfaltet, sondern auch erzählerisch und stilistisch fruchtbar gemacht. Dabei macht Broch sich Vergils fieberhalluzinierenden Zustand in einer Weise zunutze, die sich auf Zeit-Theoreme der zeitgenössischen Psychologie und Psychopathologie beziehen lässt.
in: M. Guthmüller / H.-W. Schmidt-Hannisa (Hrsg.), Das nächtliche Selbst. Traumwissen und Traumkunst im Jahrhundert der Psychologie, Bd. II: 1900-1950, Göttingen, Wallstein, 2020, S. 128-152
in: Albrecht Koschorke (Hrsg.), Komplexität und Einfachheit. Internationales literaturwissenschaftliches Symposium der DFG, Stuttgart, Metzler, 2017, S. 124-144
Français:
L'article se fonde sur deux postulats : premièrement, que c'est à un individu psychotiq... more Français: L'article se fonde sur deux postulats : premièrement, que c'est à un individu psychotique que Blanchot confie la narration de son roman, et deuxièmement, que son narrateur, Henri Sorge, incarne une subjectivité totalitaire modèle. Ne permettant pas au lecteur de décider s'il représente des événements réels ou seulement le délire systématisé du protagoniste, le roman illustre ainsi à la fois le côté psychotique du totalitarisme et les implications « politiques » ou sociales (selon les conceptions psychiatriques contemporaines à Blanchot) de la psychose paranoïaque.
English: The plot of the law. Psychosis and politics in Maurice Blanchot's The Most High The article is based on two premises : firstly, that it is a psychotic individual whom Blanchot entrusts with the narration of his novel, and secondly, that its narrator, Henri Sorge, epitomizes the perfect totalitarian subjectivity. The novel, by not allowing the reader to decide whether it represents real events or the mere systematized delirium of the protagonist, illustrates both the psychotic side of totalitarianism and the « political » or social implications (according to the psychiatric conceptions that are contemporaneous with Blanchot) of paranoid psychosis.
in: Aurélie Barjonet / Liran Razinsky (Hrsg.), Writing the Holocaust Today: Critical Perspectives on Jonathan Littell’s The Kindly Ones (Faux Titre 381), Amsterdam, Rodopi, 2012, S. 165-183
Grounded in Hannah Arendt and Bruno Bettelheim’s assertion that the symbolic aim of Nazi concentr... more Grounded in Hannah Arendt and Bruno Bettelheim’s assertion that the symbolic aim of Nazi concentration camps was to produce “ideal” subjects of the totalitarian state, this article claims that the hypothetical identification between perpetrators and victims inherent to such a theory may prove key to the analysis of Littell’s novel. The article analyzes the development of the main character, Max Aue, and shows that certain traits which could point to a perpetrator’s trauma may also, following Ernst Jünger, indicate the gradual production of totalitarian allegiance. In addition, this allegiance motivates Littell’s reference to the Orestes myth, which ultimately raises the question of guilt.
in: Maximilian Bergengruen / Jill Bühler / Antonia Eder (Hrsg.) Kredit und Bankrott in der deutschen Literatur, Stuttgart, Metzler, 2021, S. 123-150
Literary texts that deal with delusions frequently seem to find that these present affinities to ... more Literary texts that deal with delusions frequently seem to find that these present affinities to questions of property and money, and vice versa. A possible reason for this can be found in a strand of philosophical thought on property that finds it to be rooted in primitivistic notions of magic (Jean-Paul Sartre, Marcel Mauss). As Georg Simmel’s Philosophy of money shows, these notions even persist in abstract forms of property such as money and, especially, credit, where they coalesce with specifically modern forms of the ego. Based on Simmel, the article shows that the protagonist’s megalomaniac tendencies in Kleist’s Michael Kohlhaas stem from an assault on his property in its ‘magical’ dimension and develop alongside with its conversion to money and augmentation through credit. Conversely, Robert Walser’s The Thief presents a protagonist whose already fully developed paranoia makes ample use of the symbolic dimensions of money and loan.
in: Marie Guthmüller / Hans-Walter Schmidt-Hannisa (Hrsg.), Das nächtliche Selbst. Traumwissen und Traumkunst im Jahrhundert der Psychologie, Bd. I: 1850-1900, Göttingen, Wallstein, 2016, S. 173-193
in: Marie Guthmüller / Walburga Hülk-Althoff (Hrsg.), Hippolyte Taine et l’imagination créatrice. Romanistische Zeitschrift für Literaturgeschichte, 39 (1/2), 2015, S. 95-110
Gustave Flaubert est l’un des témoins majeurs auxquels Hippolyte Taine s’appuie dans l’élaboratio... more Gustave Flaubert est l’un des témoins majeurs auxquels Hippolyte Taine s’appuie dans l’élaboration de sa théorie de l’imagination (artistique). Leur dialogue sous forme de questionnaire envoyé par Taine à Flaubert semble prouver qu’ils s’accordent pour attribuer à l’imagination littéraire une qualité qui la situe en proximité de l’hallucination. Mais s’entendent-ils réellement ? Leur correspondance à ce sujet s’approche bien plutôt du dialogue des sourds, dans la mesure où le discours de Taine est une argumentation s’appuyant sur la catégorie des intensités, telle qu’elle s'ensuit de son sensualisme, alors que pour Flaubert, le discours sur l’imagination est lié à la notion de vérité de l’imaginaire, qui présuppose au moins un certain idéalisme.
in: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte, 32 (1), 2009, S. 36-52
From Dissociation to System: The Concept of the Unconscious as a Descendant of the Reflex Paradig... more From Dissociation to System: The Concept of the Unconscious as a Descendant of the Reflex Paradigm in Freud. The paper tries to situate Freud's theory historically by referring it to a paradigm of psychological theory that Marcel Gauchet describes as the “Golden Age” of psychophysics and reflex theory, and that he situates between 1870 and 1900. I will show that until 1900 Freud thinks, in fact, in categories that correspond to this type of thought. His texts On the Psychical Mechanism of Hysterical Phenomena (1893, with Josef Breuer) and A Project for a Scientific Psychology (1895) still follow the conception of a psychological subject on the basis of the stimulus and response model, which can be found in numerous contemporaneous authors. In this model, the psyche is just a place of transit open to the exterior, and its unity can only be a sum of elements of consciousness having a physiological substrate. Nevertheless, Freud's early texts – although appertaining to the reflex paradigm – already contain elements that serve to construct another basic model of the psychic apparatus, which is finally introduced by The Interpretation of Dreams. Those new elements are the separation between interior and exterior, the introduction of endogenous energy, which is linked to the importance of emotions instead of sensations, and the problem of the adaptation to outer reality that results from it. Nevertheless, once more Freud is not the only theorist in whose thought the new paradigm can be found; I again refer his new premises to other contemporary psychologists. The question that arises from Freud's passage from one paradigm to another is how he handles the continuity of his own thought. I describe the difficult compromise between contradictory concepts he finds in his Project for a Scientific Psychology; but certain concepts that derive from the reflex paradigm subsist even during the later development of psychoanalysis. This is especially the case for the concept of the unconscious itself: As I argue, this concept originates in the reflex paradigm, and, in contrast to contemporary psychology, Freud only maintains it longer than other authors do.
From Dissociation to System: The Concept of the Unconscious as a Descendant of the Reflex Paradig... more From Dissociation to System: The Concept of the Unconscious as a Descendant of the Reflex Paradigm in Freud. The paper tries to situate Freud's theory historically by referring it to a paradigm of psychological theory that Marcel Gauchet describes as the “Golden Age” of psychophysics and reflex theory, and that he situates between 1870 and 1900. I will show that until 1900 Freud thinks, in fact, in categories that correspond to this type of thought. His texts On the Psychical Mechanism of Hysterical Phenomena (1893, with Josef Breuer) and A Project for a Scientific Psychology (1895) still follow the conception of a psychological subject on the basis of the stimulus and response model, which can be found in numerous contemporaneous authors. In this model, the psyche is just a place of transit open to the exterior, and its unity can only be a sum of elements of consciousness having a physiological substrate. Nevertheless, Freud's early texts – although appertaining to the reflex paradigm – already contain elements that serve to construct another basic model of the psychic apparatus, which is finally introduced by The Interpretation of Dreams. Those new elements are the separation between interior and exterior, the introduction of endogenous energy, which is linked to the importance of emotions instead of sensations, and the problem of the adaptation to outer reality that results from it. Nevertheless, once more Freud is not the only theorist in whose thought the new paradigm can be found; I again refer his new premises to other contemporary psychologists. The question that arises from Freud's passage from one paradigm to another is how he handles the continuity of his own thought. I describe the difficult compromise between contradictory concepts he finds in his Project for a Scientific Psychology; but certain concepts that derive from the reflex paradigm subsist even during the later development of psychoanalysis. This is especially the case for the concept of the unconscious itself: As I argue, this concept originates in the reflex paradigm, and, in contrast to contemporary psychology, Freud only maintains it longer than other authors do.
in: Lise Dumasy-Queffélec et al. (Hrsg.), Médecine, sciences de la vie et littérature en France et en Europe de la Révolution à nos jours, Bd. II, Genève, Droz, 2014, S. 151-168
in: Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes, 65 (2), 2018, S. 161-164
Die regelmäßig thematisierte und zugleich merkwürdig konsequent verdrängte Misere des ›wissenscha... more Die regelmäßig thematisierte und zugleich merkwürdig konsequent verdrängte Misere des ›wissenschaftlichen Nachwuchses‹ in Deutschland besteht, hieran sei eingangs erinnert, darin, dass er in seiner allergrößten Mehrheit nirgendshin nachwächst-jedenfalls nicht in die Wissenschaft. Die Zahlenverhältnisse, die sich in den Empfehlungen des Wissenschaftsrats ebenso wie im Bundesbericht Wis-senschaftlicher Nachwuchs (BuWiN) nachlesen lassen, belegen es klar: Auf den einzigen (zumindest regulär) unbefristeten Stellentyp, die Professur, kommen 25 Doktoranden und fünf Habilitierte; der Deutsche Hochschulverband geht sogar von sieben Qualifizierten pro altersbedingt frei werdender Professur aus (Wis-senschaftsrat 2014, S. 25; BuWiN 2017, S. 34; Wirth 2017). Die Ursachen hierfür sind komplex: Überbordende Drittmittel-und stagnierende Grundfinanzierung der Universitäten spielen ebenso eine Rolle wie die im Hochschulmanagement und auch unter Wissenschaftlern fest verwurzelte Überzeugung, dass Karrieren, die nicht auf eine Professur hinauslaufen, im Sinne des Wettbewerbs zwar be-gonnen, aber nicht zu Ende geführt werden sollten. Bei dieser unbekümmerten Verschwendung von ›Humanressourcen‹ spielt das 2007 verabschiedete Wis-senschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) eine nicht unerhebliche Rolle, da es in einer Weise ausgelegt wird, die seine Regelungen zum Quasi-Berufsverbot macht. Darüber hinaus wirkt es, wie ich argumentieren will, als spezifisch dys-funktionales Element in den Wettbewerb hinein, weil es Qualifikation, zumindest auf der Ebene der Habilitation, eher verhindert als ermöglicht und weil es den Wettbewerb auf Aspekte wissenschaftlichen Arbeitens verschiebt, die seiner Qualität nicht dienen. Der ursprünglichen Absicht nach sollte die 12-Jahres-Maximalbefristungsre-gelung des WissZeitVG die Perspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses verbessern, da Kettenbefristungen so vermieden und Entfristungsoptionen er-öffnet würden. So ist seine Regulierungsintention von den Verantwortungsträ-gern in der Wissenschaft allerdings nie gedeutet worden. Das belegt eine 2011 publizierte Stellungnahme der Allianz der Wissenschaftsorganisationen, die das WissZeitVG zu einem »unverzichtbaren Instrument« erklärt, »um die hohe Qualität unseres wissenschaftlichen Personals zu sichern« (Allianz 2011). Damit wird dem Gesetz unverhohlen das Ziel unterstellt, als Selektionsmechanismus zu dienen. In diesem Sinne erzeugt es die eingangs beschriebene Situation mit. Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes 2/2018, Jg. 65, ISSN 0418-9426
Uploads
Books by Sandra Janßen
Sandra Janßen geht der Frage nach, was dies für die Literatur bedeutet, und zeigt, dass gerade den phantasmatischen Formen des Imaginierens in der Moderne eine poetologische Funktion zukommt, wenn Erzählstile Bewusstseinszustände nachbilden. Dass solche »Psycho-Poetiken« aber auf das engste mit einem sich wandelnden psychologischen Wissensstand korrelieren, beweist sie auf der Grundlage einer breit angelegten, Verschiebungen und Brüche nachzeichnenden Psychologiegeschichte der Imagination.
Die Zeitschrift für Kulturwissenschaften dient als kritisches Medium für Diskussionen über »Kultur«, die Kulturwissenschaften und deren methodische Verfahren.
Papers by Sandra Janßen
L'article se fonde sur deux postulats : premièrement, que c'est à un individu psychotique que Blanchot confie la narration de son roman, et deuxièmement, que son narrateur, Henri Sorge, incarne une subjectivité totalitaire modèle. Ne permettant pas au lecteur de décider s'il représente des événements réels ou seulement le délire systématisé du protagoniste, le roman illustre ainsi à la fois le côté psychotique du totalitarisme et les implications « politiques » ou sociales (selon les conceptions psychiatriques contemporaines à Blanchot) de la psychose paranoïaque.
English:
The plot of the law. Psychosis and politics in Maurice Blanchot's The Most High
The article is based on two premises : firstly, that it is a psychotic individual whom Blanchot entrusts with the narration of his novel, and secondly, that its narrator, Henri Sorge, epitomizes the perfect totalitarian subjectivity. The novel, by not allowing the reader to decide whether it represents real events or the mere systematized delirium of the protagonist, illustrates both the psychotic side of totalitarianism and the « political » or social implications (according to the psychiatric conceptions that are contemporaneous with Blanchot) of paranoid psychosis.
Sandra Janßen geht der Frage nach, was dies für die Literatur bedeutet, und zeigt, dass gerade den phantasmatischen Formen des Imaginierens in der Moderne eine poetologische Funktion zukommt, wenn Erzählstile Bewusstseinszustände nachbilden. Dass solche »Psycho-Poetiken« aber auf das engste mit einem sich wandelnden psychologischen Wissensstand korrelieren, beweist sie auf der Grundlage einer breit angelegten, Verschiebungen und Brüche nachzeichnenden Psychologiegeschichte der Imagination.
Die Zeitschrift für Kulturwissenschaften dient als kritisches Medium für Diskussionen über »Kultur«, die Kulturwissenschaften und deren methodische Verfahren.
L'article se fonde sur deux postulats : premièrement, que c'est à un individu psychotique que Blanchot confie la narration de son roman, et deuxièmement, que son narrateur, Henri Sorge, incarne une subjectivité totalitaire modèle. Ne permettant pas au lecteur de décider s'il représente des événements réels ou seulement le délire systématisé du protagoniste, le roman illustre ainsi à la fois le côté psychotique du totalitarisme et les implications « politiques » ou sociales (selon les conceptions psychiatriques contemporaines à Blanchot) de la psychose paranoïaque.
English:
The plot of the law. Psychosis and politics in Maurice Blanchot's The Most High
The article is based on two premises : firstly, that it is a psychotic individual whom Blanchot entrusts with the narration of his novel, and secondly, that its narrator, Henri Sorge, epitomizes the perfect totalitarian subjectivity. The novel, by not allowing the reader to decide whether it represents real events or the mere systematized delirium of the protagonist, illustrates both the psychotic side of totalitarianism and the « political » or social implications (according to the psychiatric conceptions that are contemporaneous with Blanchot) of paranoid psychosis.