Die Diskussion uber eine Reform des deutschen Wohlfahrtsstaates hat in den 90er Jahren eine neue ... more Die Diskussion uber eine Reform des deutschen Wohlfahrtsstaates hat in den 90er Jahren eine neue Richtung eingeschlagen. Als die von Helmut Kohl gefuhrte konservativ-liberale Koalition 1982 ins Amt kam, orientierten sich ihre programmatischen Aussagen weitgehend an der neokonservativen Rhetorik des britischen „Thatcherismus“ und der amerikanischen „Reaganomics“. Die damals von der neuen Mehrheit proklamierte politische „Wende“ lies indessen auf sich warten. Die Veranderungsbilanz der 80er Jahre umfasste in erster Linie eine vergleichsweise geringfugige Deregulierung des Arbeitsmarktes, die Abschaffung des offentlichrechtlichen Rundfunkmonopols und einige Schritte zur Privatisierung und Deregulierung des Fernmeldemonopols. Dies war nicht zuletzt auf institutionelle Reformhindernisse im „halbsouveranen“ deutschen Staat (Katzenstein 1987) zuruckzufuhren (vgl. die Analysen in Lehmbruch u.a. 1988). Dass diese Anstrengungen begrenzt blieben, hatte aber auch damit zu tun, dass sich der Wohlfahrtsstaat nach der zu jener Zeit noch vorherrschenden Sicht nicht in einer ernsthaften Krise befand. Die Unterschiede der Krisenperzeption werden vor allem in der Retrospektive deutlich, wenn man die Situation der beginnenden 80er Jahre mit der Finanz- und Wirtschaftskrise der 90er Jahre vergleicht. Ungemein bezeichnend fur die neue Krisenanalyse war die viel beachtete Rede des Bundesprasidenten Roman Herzog vom 26. April 1997, der pikanterweise ausgerechnet die Eroffnung eines neuen Berliner Luxushotels (des „Adlon“) als passende Gelegenheit benutzte, um den „Verlust wirtschaftlicher Dynamik, die Erstarrung der Gesellschaft, eine unglaubliche mentale Depression“ zu beklagen.1 Pathetisch rief er nach einem „Ruck“, der durch Deutschland gehen und den Modernisierungsstau uberwinden solle.
Page 1. Roland Czada, Gerhard Lehmbruch (Hg.) Transformations-pfade in Ostdeutschland Beiträge zu... more Page 1. Roland Czada, Gerhard Lehmbruch (Hg.) Transformations-pfade in Ostdeutschland Beiträge zur sektoralen Vereinigungspolitik Campus Page 2. Page 3. Transformationspfade in Ostdeutschland a Th± s One YQF7-JAJ-9SP8 Page 4. ...
Italian Political Science Review/Rivista Italiana di Scienza Politica
IntroduzioneLo sviluppo della Germania orientale comunista è stato contrassegnato da trasformazio... more IntroduzioneLo sviluppo della Germania orientale comunista è stato contrassegnato da trasformazioni sociali e istituzionali per vari aspetti piò radicali di quelle avvenute in altri paesi dell'Europa orientale. Analogamente, anche l'attuale ricostruzione delle istituzioni democratiche e capitalistiche è contrassegnata da mutamenti radicali. è utile così riassumere alcune di queste caratteristiche se vogliamo mettere a confronto i processi che avvengono in Germania orientale con il resto dei paesi già appartenenti al campo del «socialismo reale».
Orden Y Conflicto En El Capitalismo Contemporaneo Estudios Sobre Economia Politica En Los Paises De Europa Occidental 1991 Isbn 84 7434 679 7 Pags 95 122, 1991
Die Diskussion uber eine Reform des deutschen Wohlfahrtsstaates hat in den 90er Jahren eine neue ... more Die Diskussion uber eine Reform des deutschen Wohlfahrtsstaates hat in den 90er Jahren eine neue Richtung eingeschlagen. Als die von Helmut Kohl gefuhrte konservativ-liberale Koalition 1982 ins Amt kam, orientierten sich ihre programmatischen Aussagen weitgehend an der neokonservativen Rhetorik des britischen „Thatcherismus“ und der amerikanischen „Reaganomics“. Die damals von der neuen Mehrheit proklamierte politische „Wende“ lies indessen auf sich warten. Die Veranderungsbilanz der 80er Jahre umfasste in erster Linie eine vergleichsweise geringfugige Deregulierung des Arbeitsmarktes, die Abschaffung des offentlichrechtlichen Rundfunkmonopols und einige Schritte zur Privatisierung und Deregulierung des Fernmeldemonopols. Dies war nicht zuletzt auf institutionelle Reformhindernisse im „halbsouveranen“ deutschen Staat (Katzenstein 1987) zuruckzufuhren (vgl. die Analysen in Lehmbruch u.a. 1988). Dass diese Anstrengungen begrenzt blieben, hatte aber auch damit zu tun, dass sich der Wohlfahrtsstaat nach der zu jener Zeit noch vorherrschenden Sicht nicht in einer ernsthaften Krise befand. Die Unterschiede der Krisenperzeption werden vor allem in der Retrospektive deutlich, wenn man die Situation der beginnenden 80er Jahre mit der Finanz- und Wirtschaftskrise der 90er Jahre vergleicht. Ungemein bezeichnend fur die neue Krisenanalyse war die viel beachtete Rede des Bundesprasidenten Roman Herzog vom 26. April 1997, der pikanterweise ausgerechnet die Eroffnung eines neuen Berliner Luxushotels (des „Adlon“) als passende Gelegenheit benutzte, um den „Verlust wirtschaftlicher Dynamik, die Erstarrung der Gesellschaft, eine unglaubliche mentale Depression“ zu beklagen.1 Pathetisch rief er nach einem „Ruck“, der durch Deutschland gehen und den Modernisierungsstau uberwinden solle.
Page 1. Roland Czada, Gerhard Lehmbruch (Hg.) Transformations-pfade in Ostdeutschland Beiträge zu... more Page 1. Roland Czada, Gerhard Lehmbruch (Hg.) Transformations-pfade in Ostdeutschland Beiträge zur sektoralen Vereinigungspolitik Campus Page 2. Page 3. Transformationspfade in Ostdeutschland a Th± s One YQF7-JAJ-9SP8 Page 4. ...
Italian Political Science Review/Rivista Italiana di Scienza Politica
IntroduzioneLo sviluppo della Germania orientale comunista è stato contrassegnato da trasformazio... more IntroduzioneLo sviluppo della Germania orientale comunista è stato contrassegnato da trasformazioni sociali e istituzionali per vari aspetti piò radicali di quelle avvenute in altri paesi dell'Europa orientale. Analogamente, anche l'attuale ricostruzione delle istituzioni democratiche e capitalistiche è contrassegnata da mutamenti radicali. è utile così riassumere alcune di queste caratteristiche se vogliamo mettere a confronto i processi che avvengono in Germania orientale con il resto dei paesi già appartenenti al campo del «socialismo reale».
Orden Y Conflicto En El Capitalismo Contemporaneo Estudios Sobre Economia Politica En Los Paises De Europa Occidental 1991 Isbn 84 7434 679 7 Pags 95 122, 1991
Druckfassung der maschinenschriftlichen Dissertation von 1961, mit einer Einleitung der Herausgeb... more Druckfassung der maschinenschriftlichen Dissertation von 1961, mit einer Einleitung der Herausgeber Philip Manow und Thomas Ertman, und einem "Nachwort nach fünfundfünzig Jahren" des Verfassers
Die hier versammelten Untersuchungen zum Vergleich demokratischer politischer Systeme verdanken d... more Die hier versammelten Untersuchungen zum Vergleich demokratischer politischer Systeme verdanken die ersten Anstöße der Diskussion über den Aufbau einer parlamentarischen Demokratie im Nachkriegsdeutschland, insbesondere in der Politikwissenschaft, die sich damals entwickelte. Unter dem Eindruck des kalten Krieges und der Spaltung Deutschlands suchte man im westlichen Teil Deutschlands den Anschluß an „den Westen“, an seine Lebensformen und an seine politischen Ordnungsmodelle. Viele aus der ersten Generation der deutschen Politikwissenschaftler identifizierten den „Westen“ mit dem englische Parlamentarismus und dem Marktmodell der anglo-amerikanischen Demokratie. Daß die deutsche Politik in mancher Hinsicht diesem Vorbild nicht entsprach, daß beispielsweise der Zwang zur Koalitionsbildung die Regel blieb, gab ihnen Anlaß zur Besorgnis. Daher plädierte man für institutionelle Reformen, die das politische Regime der Bundesrepublik dem „Westminstermodell“ annähern sollten. Und man prognostizierte der Bonner Republik eine ähnliche Instabilität wie der Weimarer Republik, wenn ein solcher Umbau nicht gelingen sollte. Eine wichtige Orientierungshilfe war dabei das Marktmodell der Demokratie, wie es Josef Schumpeter 1942 entwickelt hatte – wiederum unter ausdrücklichem Bezug auf den britischen Parlamentarismus.
Im Hintergrund dieser Diskussion stand auch die Erinnerung an die Kontroversen, die von der politischen Publizistik und in der Sozialwissenschaft des späten Kaiserreiches und der Weimarer Republik ausgetragen worden waren. Im konservativen Lager hatte man damals den politischen Ordnungsmodellen des „Westens“ (vor allem Englands und auch Frankreichs) skeptisch bis kritisch gegenübergestanden und hatte ihnen die Vorstellung von einem deutschen „Sonderweg“ entgegengesetzt. Selbst ein so bedeutender Historiker wie Otto Hintze, dessen vergleichende Verfassungsgeschichte neue sozialwissenschaftliche Perspektiven eröffneten, gab noch 1911 der Meinung Ausdruck, der monarchische Konsti-tutionalismus des Kaiserreichs sei der Problemlage, in der sich das Deutsche Reich befand, viel besser angemessen als das parlamentarische Regierungssystem. Ein außenpolitisch exponiertes Land wie Deutschland könne sich nur durch militärische Machtkonzentration behaupten, und die deutsche Gesellschaft sei sozial und kulturell so tiefgreifend fragmen-tiert, daß der Parlamentarismus hier nicht funktionieren könne. Dieses Politikverständnis der wilhelminischen Eliten war dem der Genro der Meijizeit bemerkenswert ähnlich, und es war nicht verwunderlich, daß sich politische Führer wie Ito das monarchisch-konstitutionelle System Preußen-Deutschlands als eine wichtige Richtschnur behandelten.
Die politischen Ordnungsvorstellungen der deutschen konservativen Eliten waren durch zwei verlorene Weltkriege dauerhaft diskreditiert, und die Option der Bonner Republik für den „Westen“ drängte sich nach diesen Erfahrungen unzweifelhaft auf. Aber in der politischen Ordnungsdiskussion, wie sie in den 1950er und bis in die 1960er Jahre in Westdeutschland geführt wurde, hielt man an einem eigentümlichen Fehlschluß fest, den man paradoxerweise mit Konservativen der späten wilhelminischen Zeit teilte. Wie Otto Hintze am Vorabend des ersten Weltkrieges, so identifizierte man jetzt ein funktionierendes parlamentarisches Regierungssystem mit England. Dies war gewissermaßen der „one best way“, und dazu sah man keine Alternativen. Einen wichtigen Grund für diesen Fehlschluß wird man nach meiner Überzeugung darin suchen müssen, daß sich die vergleichende Ver-fassungslehre und Politikwissenschaft bis zur Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts ihr Inter-esse fast ausschließlich auf wenige große Länder Europas und Nordamerikas konzentrierte. Das folgte einer Wissenschaftstradition, die man wohl bis zu Leopold Rankes berühmtem Aufsatz über „Die Großen Mächte“ aus dem Jahre 1833 zurückverfolgen kann. Zwar wußte man, daß die Einführung des parlamentarischen Regierungssystems in Europa ihren Ausgang 1830 von Belgien genommen hatte – also einige Jahre vor der endgültigen Parlamentarisierung Englands. Aber man interessierte sich nicht ernsthaft für die politischen Erfah-rungen der kleineren Länder.
Es war deshalb ein wichtiger Perspektivenwechsel, als um die Mitte der 1960er Jahre einige europäische Politikwissenschaftler herauszuarbeiten begannen, daß sich neben dem britischen Parlamentarismusmodell und dem anglo-amerikanisch geprägten Marktmodell der Demokratie in kleineren europäischen Ländern alternative Formen parlamentarisch-demokratischer Regierungsweise ausgebildet und bewährt hätten. Otto Hintze mochte ja recht gehabt haben, als er 1911 davon sprach, unter den Bedingungen eines kulturell und ideologisch tief gespaltenen Landes werde ein Zweiparteiensystem des englischen Typus nicht gut funktionieren. Aber dazu gab es eben, wie sich jetzt zeigte, auch demokratische Alternativen. Vor allem die Theorie der Konkordanzdemokratie, wie sie damals am nieder-ländischen Beispiel von Arend Lijphart, und in ganz ähnlicher Form von mir am schweize-rischen und österreichischen Beispiel entwickelt wurde, hat allmählich der Einsicht zum Durchbruch verholfen, daß es nicht nur den „one best way“ demokratischen Regierens gibt. Und für mich wurde zunehmend deutlich, daß dies auch ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis der deutschen Politik war. Die Vorstellung von einem „deutschen Sonderweg“ war nicht etwa von Anfang an falsch. Vielmehr hatten die Konservativen der wilhelmini-schen Zeit sie viel zu eng gefaßt, wenn sie meinten, Parlamentarismus und Demokratie schlössen sich aus.
Ich bin seither der Frage weiter nachgegangen, wie sich die Unterschiede demokratischer Regierungsweise erklären lassen, die sich innerhalb Europas. oder etwa auch im Vergleich zum modernen Japan beobachten lassen. Für diese Untersuchungen wurde ein methodischer Grundgedanke wichtig:: Die unterschiedlichen Strukturen und Steuerungsformen demokratischer Länder kann man als das Ergebnis unterschiedlicher Entwicklungspfade interpretieren. Dieser Ansatz steht in einer Forschungstradition, die sich schon auf den großen deutschen Verfassungshistoriker Otto Hintze zurückführen läßt, den ich eben schon genannt habe. Hintze griff mit seiner Rechtfertigung des monarchischen Konstitutionalis-mus zu kurz. Weil auch er – wie die anderen Historiker seiner Zeit - sich nur für Großmächte interessierte, übersah er die Beispiele aus kleinen Ländern, wo die Parteiensysteme auch in kulturell fragmentierten Gesellschaften stabile Regierungsweisen entwickelten. Aber das ändert nichts an der Bedeutung seiner methodischen Grundüberlegung, daß sich die unterschiedlichen Verfassungsformen dieser Mächte aus ihren spezifischen, kontingenten inneren und außenpolitischen Entwicklungsbedingungen im Staatsbildungsprozeß erklären lassen. Dieser Erklärungsansatz läßt sich natürlich auch auf kleinere europäischen Demokratien übertragen, wie ich das in einigen meiner Arbeiten versucht habe. Ein solcher Ansatz tauchte ein halbes Jahrhundert später bei Autoren wie Samuel Huntington und Stein Rokkan wieder auf, und auch ihnen verdanke ich wichtige Anregungen. Wenn man aber die Aufmerksamkeit auf den Staatsbildungsprozeß richtet, dann zeigt sich auch, in welchem Maße der sich formierende Staat seinerseits zur Formierung der Gesellschaft beigetragen hat.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Proporzdemokratie: Politisches System und politische Kultur
... more Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 2. Proporzdemokratie: Politisches System und politische Kultur in der Schweiz und in Österreich (1967) 3. Consociational democracy, class conflict, and the new corporatism (1974) 4. Liberal corporatism and party government (1977) 5. Concertation and the structure of corporatist networks (1984) 6. Sozialpartnerschaft in der vergleichenden Politikforschung (1985) 7. Die korporative Verhandlungsdemokratie in Westmitteleuropa (1996) 8. Die Große Koalition und die Institutionalisierung der Verhandlungsdemokratie (1999)
Inhaltsverzeichnis
Einleitung:
„Reformblockaden“ oder institutionelle Verwerfungen
1. Konkurrenzd... more Inhaltsverzeichnis Einleitung: „Reformblockaden“ oder institutionelle Verwerfungen 1. Konkurrenzdemokratie und Verhandlungsdemokratie 1.1. Innenpolitische Regelsysteme im modernen Staat 1.2. Konkurrenzdemokratie und die Handlungslogik des Parteienwettbewerbs 1.3. Verhandlungssysteme und Verhandlungsdemokratie 1.4. Die Verschränkung von Entscheidungsebenen und Regelsystemen 2. Das Parteiensystem auf dem Wege zum bipolaren Wettbewerb 2.1. Das Vielparteiensystem als Verhandlungssystem 2.2. Die Konzentrationsbewegung des westdeutschen Parteiensystems 2.3. Die sozialliberale Koalition und der polarisierte Wettbewerb 2.4. Die Erosion des Dreiparteiensystems und ihre Folgen 2.5. Das Parteiensystem und die deutsche Vereinigung 2.6. Koalitionsmanagement und Informalisierung des Parlamentarismus 3. Der deutsche Bundesstaat als Verhandlungssystem 3.1. Kooperation im obrigkeitlichen Bundesstaat der Bismarckverfassung 3.2. Der Bundesstaat im Zeichen der Parlamentarisierung 3.3. Interdependenzen von Vielparteiensystem und Bundesstaat 3.4. Die Konstruktion des Bundesrates als Widerlager zur „Parteipolitik 3.5. Die Parteien als Bindeglieder zwischen Bundes- und Länderpolitik 4. Unitarisierung und Politikverflechtung 4.1. „Bündischer Unitarismus“ in der Bonner Republik 4.2. Die wachsende Bedeutung der Selbstkoordinierung der Länder 4.3. Die Unitarisierung und der Exekutivföderalismus 4.4. Die Finanzreform der Großen Koalition und die Politikverflechtung 4.5. Der Bundesstaat zwischen armen und reichen Ländern 4.6. Die deutsche Vereinigung als Herausforderung an den Föderalismus 5. Im Spannungsfeld von Parteienwettbewerb und Föderalismus 5.1. Adenauer und die Entdeckung der Interdependenz der Arenen 5.2. Die sozialliberale Koalition und die Konfrontation im Bundesrat 5.3 Die kooperativen Planungsgremien im Parteienkonflikt 5.4. Die Informalisierung des Bundesstaates in der Ära Kohl 5.5. Die Nemesis der informellen Koordinierungspraxis 5.6. Die rot-grüne Koalition vor den bundesstaatlichen Kompromißzwängen
6. Entflechtungsstrategien und ihre Chancen 6.1. Engpässe im Verhältnis von Bundesstaat und Parteienparlamentarismus 6.2. Die Perspektive der Europäisierung 6.3. Entflechtung des Bundesstaates 6.4. Flexibilisierung des Parteienwettbewerbs Bibliographischer Anhang Ergänzende Hinweise zum Forschungsstand Literaturverzeichnis Sachregister
Schriften des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung Köln 32, 1998
Einleitung - Gerhard Lehmbruch, Zwischen Institutionentransfer und Eigendynamik: Sektorale Transf... more Einleitung - Gerhard Lehmbruch, Zwischen Institutionentransfer und Eigendynamik: Sektorale Transformationspfade und ihre Bestimmungsgründe 17
Teil I • Infrastruktursektoren
Tobias Robischon, Letzter Kraftakt des Staatsmonopols: Der Telekommunikationssektor 61
Klaus König und Jan Heimann, Sieg der Üblichkeit: Wasserversorgung und Abwasserentsorgung 87
Martin Richter, Zwischen Konzernen und Kommunen: Die Strom- und Gaswirtschaft 113
Teil II • Staatsnahe Dienstleistungen
Renate Mayntz, Koordinierte und dezentrale Angleichung: Akademieforschung und Hochschulen 145
Philip Manow, Zerschlagung der Polikliniken und Transfer korporativer Regulierung: Das Gesundheitswesen 165
Susanne Hepperle, Durchsetzung des westdeutschen Ordnungsmodells: Rundfunk und Fernsehen 191
Teil III • Marktnahe Dienstleistungen
Arne Kapitza, Verlegerische Konzentration und redaktionelle »Ostalgie«: Die Printmedien 241
Angelo Caragiuli, Wettbewerb als Motor des Institutionentransfers: Das Bankenwesen 267
Heike Jacobsen, Ungesteuerte Expansion auf der grünen Wiese: Der Einzelhandel 301
Teil IV • Produzierende Sektoren
Gerhard Lehmbruch und Jörg Mayer, Kollektivwirtschaften im Anpassungsprozeß: Der Agrarsektor 331
Roland Czada, »Modell Deutschland« am Scheideweg: Die verarbeitende Industrie im Sektorvergleich 367
Thema dieser Untersuchung ist die Krise, in welche die bundesstaatlichen Institutionen mit Beginn... more Thema dieser Untersuchung ist die Krise, in welche die bundesstaatlichen Institutionen mit Beginn der siebziger Jahre geraten sind. Sie hat, wie man weiß, ihren Ursprung in dem verschärften Parteienkonflikt seit der Bildung der sozialliberalen Koalition. Es soll im folgenden gezeigt werden, daß hier ein entwicklungsgeschichtlich bedingter Strukturbruch im politischen System der Bundesrepublik Deutschland zutage tritt, der durch eigentümliche entwicklungsgeschichtliche Verwerfungen bedingt ist: Das Parteiensystem einerseits, das föderative System andererseits sind von tendenziell gegenläufigen Entscheidungsregeln bestimmt und drohen sich wechselseitig lahmzulegen. Das Festlaufen zahlreicher Reformvorhaben der Regierungskoalition in den bundesstaatlichen Institutionen ist ein Ausdruck dieser strukturellen Spannungen
In the following paper, I am exploring an approach to comparative federalism based upon the compa... more In the following paper, I am exploring an approach to comparative federalism based upon the comparison of state-building processes that resulted in federalist institutional arrangements. I propose this genetic approach as an alternative to the standard synchronic-taxonomic approach to comparative federalism. The three federal systems which I am going to compare constitute variants of “executive federalism” (Vollzugsföderalismus): Switzerland, Germany, and Austria. In these countries it has always been a key element of the original federal bargain that, in principle, federal law is executed by the member states. To be sure, in all of them there a core of federal law is executed by federal agencies: in the first place, national defence, foreign relations, and monetary legislation. But outside this core execution by the states is supposed to be the general rule. This distinguishes them from the strict separation of federal and member states jurisdictions as it is presupposed by the model of “dual federalism” which has often been said to be one of the basic principles of the US constitution. . Hence, in a synchronic-taxonomic perspective these three European countries exhibit remarkable similarities
Coinference "The German Road from Socialism to Capitalism:Eastern Germany Ten Years after the Collapse of the GDR"
This paper attempts an institutional interpretation of the transformation process. It emphasizes ... more This paper attempts an institutional interpretation of the transformation process. It emphasizes cross-sectoral variations and explains them, in the first place, by variations of the state’s power to re-organize property rights. This power was highest in a second phase when state action was controlled by West German collective actors with superior power resources and in those sectors where the re-organization power of the state was not limited by market forces. But the rationality of state action was constrained by institutions, limited knowledge and information processing capacities, asymmetrical distribution of power between collective actors, "subjective mental constructs” (North 1990) and path dependence.
Revised version of a paper presented at the Conference „European Transitions“, University of Wisc... more Revised version of a paper presented at the Conference „European Transitions“, University of Wisconsin, Madison, 3-5 May 1991
we have opted for an approach revalorizing the broader concept of an "interest system". This conc... more we have opted for an approach revalorizing the broader concept of an "interest system". This concept implies that all important actors are linked to each other in relations of interdependence. A re-definition of this concept would be to assume the existence of an inter-organizational network on the political system level. The structures and rule systems of these networks are often quite persistent over time and emerge most often in "crises" of interest intermediation at some point in time and, when they have proved viable, tend to become institutionalized
Dieser kritische Rückblick auf die Forschungsentwicklung ist zugegebenermaßen von einer Fragestel... more Dieser kritische Rückblick auf die Forschungsentwicklung ist zugegebenermaßen von einer Fragestellung geleitet, die mit denen anderer Kollegen in der „politischen Kulturforschung“ nur partiell gleichläuft. Mein Interesse in der politikwissenschaftlichen Komparatistik richtet sich vornehmlich auf die Bedingungszusammenhänge zwischen „politics“ und „policies“ in der Perspektive einer „vergleichenden politischen Ökonomie“ des Wohlfahrtsstaates. Hierfür hat sich der begriffliche Rahmen, wie er szt. von Almond und dem CCP in Anknüpfung an soziologische Theorien entwickelt worden ist, deren zentrales Problem die Systemintegration war, als nur sehr begrenzt fruchtbar erwiesen. Hier wird daher dem Konzept der „politischen Kultur“ ein anderer begrifflicher Rahmen entgegengestellt, dessen Grundgedanke sich so resümieren ließe: Zwischen „politics“ und „policies“ vermittelt in theoretisch stringenterer Weise ein Ansatz, der Politikentwicklung auf einen „rationalen Aktor“ zurückführt. Es handelt sich dabei aber um „bounded rationality“, wobei – insofern über Herbert Simon hinausgehend – diese „Grenzen“ (und Spielräume) von Rationalität sich entwicklungsgeschichtlich aus einer kollektiven Auseinandersetzung mit institutionellen Rahmenbedingungen ergeben.
Joachim Matthes, ed., Sozialer Wandel in Westeuropa: Verhandlungen des 19. Deutschen Soziologentages in Berlin 1979
Einleitend wird die Hypothese skizziert, daß das Parteiensystem und das von den Parteien beherrsc... more Einleitend wird die Hypothese skizziert, daß das Parteiensystem und das von den Parteien beherrschte Parlament zum zentralen politischen Regelungsmechanismus geworden sind. Demgegenüber wird auf empirische Beobachtungen verwiesen, die andere Akteure vermuten lassen. Im zweiten Abschnitt wird der Begriff der Arenen der politischen Problembearbeitung eingeführt. Anschließend werden zwei konkurrierende Modelle der Politikentwicklung im Parteiensystem vorgestellt: das Modell der intra-organisatorischen Programmselektion und das der Steuerung durch Parteienwettbewerb. Im folgenden Abschnitt steht das Problem des Gestaltungsspielraums des Parteiensystems in der Politikentwicklung im Mittelpunkt der Betrachtung. Der fünfte Abschnitt befaßt sich mit der Frage, ob die Strukturen der Politikentwicklung nach Politikfeldern variieren. Dabei wird die Hypothese entwickelt, daß in Politikbereichen mit einem hohen Zeitbedarf der Einfluß von Parteien auf die Politikentwicklung davon abhängt, daß es im Parteiensystem eine niedrige Alternierungsrate gibt. Vor diesem Hintergrund wird dann die Bedeutung der Zeithorizonte von Politikfeldern thematisiert und ihr Einfluß auf die Konsensbildung im Parteiensystem untersucht. Die Überlegungen kommen zu dem Schluß, daß zwischen den Zeithorizonten einerseits, den Zeitperspektiven politischer Organisationen und Arenen andererseits ein Verhältnis von Kongruenz und Inkongruenz besteht. Im achten Abschnitt wird auf alternative Strukturen der Interessenvermittlung aufmerksam gemacht. Abschließend wird darauf hingewiesen, daß die verschiedenen Arenen nicht voneinander abgeschottet sind, sondern daß eine systemische Verknüpfung zwischen Arenen der Politikentwicklung wirksam ist.
I discuss the conceptualization of corporatism, first as a "mode of interest intermediation", sec... more I discuss the conceptualization of corporatism, first as a "mode of interest intermediation", second, as a mode of policy formation. These two approaches are not mutually exclusive but rather complementary to each other. Liberal corporatism rests upon a characteristic logic of exchange. If we proceed from the assumption of rational behaviour of union leaders such a hypothesis is most likely to explain the eventual "incorporation" of labour. If we now go one step further and ask which policy areas may be eligible for such trade-offs it is, first, evident that quite probably these will equally concern the conflict of labour and capital, and, second, that with high probability they will be interdependent with wage policies. This leads to the following (admittedly somewhat speculative) hypothesis: More durable and stable forms of liberal corporatism will probably be characterized by the simultaneous treatment of interdependent problems arising in the context of the conflict of labour and capital.
Liberal democracies may be classified in three types of management of political conflicts. The co... more Liberal democracies may be classified in three types of management of political conflicts. The competitive pattern of conflict management, the fundamental device of which is the majority principle, is not (as postulated. in some current typologies with a normative or teleological bias) the “normal” type, There exist two other patterns 1) the “demo-bureaucratic” systems of the larger states of Continental Europe, characterized by the interaction of bureaucratic arbitration of conflicts and democratic control; 2) the non-competitive, “cartelized” systems, in which important conflicts are settled not by the (often un¬workable) majority principle but by negotiated “amicable agree¬ments” and proportional distribution of office among all important groups. An analysis of the latter type (as exemplified by Switzerland, Austria and Lebanon) leads to the conclusion that social structure alone does not explain the typological differences of these three patterns, We have to take into account the norms of conflict management which have originated under specific historical conditions and norm an important part of the political culture of the elites. We may specify some functional conditions of efficiency of non-competitive systems, but it seems impossible to claim a. generally higher degree of efficiency for the competitive type.
Résumé
On peut classifier les démocraties libérales selon les modes de règlement des conflits politiques, dont nous distinguerons trois types. Le modèle compétitif, qui utilise comme son principe fondamental la décision majoritaire, n’est pas (comme cela est suppose dans certaines typologies courantes, à caractère normatif ou téléologique) le type “normal”. Il existe deux autres modèles 1) les systèmes “démo-bureaucra¬tiques” des grands États de l’Europe continentale, caractérisés par l’interaction de arbitrage bureaucratique des conflits et du contrôle démocratique~ 2) les systèmes non-compétitifs et « cartelisés » où les conflits importants sont réglés non par le principe majoritaire (qui souvent ne fonctionne pas ici) mais par des accords a. l’amiable négociés entre tous les groupes importants et par la distribution proportionnelle des emplois publics. Une analyse du dernier type (avec, comme exemples, la Suisse, l’Autriche et le Liban) nous conduit à la conclusion qu’ on ne peut expliquer les différences typologiques de ces trois modèles par la seule structure sociale. Ii faut considérer aussi les normes de règlement des conflits politiques qui ont pris naissance dans des conditions historiques spécifiques et qui forment une partie importante de la “culture politique » des élites. Nous pouvons indiquer quelques conditions fonction¬nelles d’efficacité des systèmes non-compétitifs, mais il ne semble pas possible de prétendre, d’une manière générale, qu’ ils soient mains efficaces que les systèmes compétitifs.
In recent political controversies, the federal structure of Germany was increasingly regarded as ... more In recent political controversies, the federal structure of Germany was increasingly regarded as a serious institutional obstacle to political reform, in particular of the welfare state. Most political actors agreed that the complex structures of the federal system should somehow be disentangled. But consensus was restricted to a rather narrow set of institutional choices. As I will point pout, the limits of this set of choices were defined by path dependence.
As I will show, this path was one of several possible solutions for an institutional dilemma resulting from the discrepancies in timing between two phases of the German state-building process, namely, the formation of the modern bureaucratic state on the one hand, the formation of a German nation-state. Around the mid 19th century, there were two rival discourses for solving this dilemma, “federative nationalism” on the one hand, “federal unitarism” on the other. The establishment of the intellectual hegemony of the unitarist discourse resulted in a “critical juncture“ which determined the further path of institutional development.
Mon hypothèse centrale pour comprendre les métamorphoses de l’État allemand part de l’impact des ... more Mon hypothèse centrale pour comprendre les métamorphoses de l’État allemand part de l’impact des clivages (ou cloisonnements) sociaux sur sa formation. Depuis la Réforme, l’Allemagne a du vivre avec des clivages sociaux profonds. L’expérience de ces clivages a d’une part contribué à trouver des solutions originales pour le règlement des conflits socio-politiques, grâce à l’héritage institutionnel qui était particulier à l’Allemagne, à savoir l’organisation fédérale, d’une part, la survivance et la résurgence d’autonomies corporatives, d’autre part. Cependant la perception d’une société menacé par des clivages profonds a aussi, dans une certaine période historique, contribué à la recherche de solutions autoritaires. La catastrophe de 1945 a discrédité les derniers et a réhabilité les premiers. Cela s’est passé au moment où les conflits eux-mêmes étaient en voie de s’éteindre, mais les institutions de la démocratie négociatrice sont maintenant tellement consolidé qu’elles survivent.
Uploads
Im Hintergrund dieser Diskussion stand auch die Erinnerung an die Kontroversen, die von der politischen Publizistik und in der Sozialwissenschaft des späten Kaiserreiches und der Weimarer Republik ausgetragen worden waren. Im konservativen Lager hatte man damals den politischen Ordnungsmodellen des „Westens“ (vor allem Englands und auch Frankreichs) skeptisch bis kritisch gegenübergestanden und hatte ihnen die Vorstellung von einem deutschen „Sonderweg“ entgegengesetzt. Selbst ein so bedeutender Historiker wie Otto Hintze, dessen vergleichende Verfassungsgeschichte neue sozialwissenschaftliche Perspektiven eröffneten, gab noch 1911 der Meinung Ausdruck, der monarchische Konsti-tutionalismus des Kaiserreichs sei der Problemlage, in der sich das Deutsche Reich befand, viel besser angemessen als das parlamentarische Regierungssystem. Ein außenpolitisch exponiertes Land wie Deutschland könne sich nur durch militärische Machtkonzentration behaupten, und die deutsche Gesellschaft sei sozial und kulturell so tiefgreifend fragmen-tiert, daß der Parlamentarismus hier nicht funktionieren könne. Dieses Politikverständnis der wilhelminischen Eliten war dem der Genro der Meijizeit bemerkenswert ähnlich, und es war nicht verwunderlich, daß sich politische Führer wie Ito das monarchisch-konstitutionelle System Preußen-Deutschlands als eine wichtige Richtschnur behandelten.
Die politischen Ordnungsvorstellungen der deutschen konservativen Eliten waren durch zwei verlorene Weltkriege dauerhaft diskreditiert, und die Option der Bonner Republik für den „Westen“ drängte sich nach diesen Erfahrungen unzweifelhaft auf. Aber in der politischen Ordnungsdiskussion, wie sie in den 1950er und bis in die 1960er Jahre in Westdeutschland geführt wurde, hielt man an einem eigentümlichen Fehlschluß fest, den man paradoxerweise mit Konservativen der späten wilhelminischen Zeit teilte. Wie Otto Hintze am Vorabend des ersten Weltkrieges, so identifizierte man jetzt ein funktionierendes parlamentarisches Regierungssystem mit England. Dies war gewissermaßen der „one best way“, und dazu sah man keine Alternativen. Einen wichtigen Grund für diesen Fehlschluß wird man nach meiner Überzeugung darin suchen müssen, daß sich die vergleichende Ver-fassungslehre und Politikwissenschaft bis zur Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts ihr Inter-esse fast ausschließlich auf wenige große Länder Europas und Nordamerikas konzentrierte. Das folgte einer Wissenschaftstradition, die man wohl bis zu Leopold Rankes berühmtem Aufsatz über „Die Großen Mächte“ aus dem Jahre 1833 zurückverfolgen kann. Zwar wußte man, daß die Einführung des parlamentarischen Regierungssystems in Europa ihren Ausgang 1830 von Belgien genommen hatte – also einige Jahre vor der endgültigen Parlamentarisierung Englands. Aber man interessierte sich nicht ernsthaft für die politischen Erfah-rungen der kleineren Länder.
Es war deshalb ein wichtiger Perspektivenwechsel, als um die Mitte der 1960er Jahre einige europäische Politikwissenschaftler herauszuarbeiten begannen, daß sich neben dem britischen Parlamentarismusmodell und dem anglo-amerikanisch geprägten Marktmodell der Demokratie in kleineren europäischen Ländern alternative Formen parlamentarisch-demokratischer Regierungsweise ausgebildet und bewährt hätten. Otto Hintze mochte ja recht gehabt haben, als er 1911 davon sprach, unter den Bedingungen eines kulturell und ideologisch tief gespaltenen Landes werde ein Zweiparteiensystem des englischen Typus nicht gut funktionieren. Aber dazu gab es eben, wie sich jetzt zeigte, auch demokratische Alternativen. Vor allem die Theorie der Konkordanzdemokratie, wie sie damals am nieder-ländischen Beispiel von Arend Lijphart, und in ganz ähnlicher Form von mir am schweize-rischen und österreichischen Beispiel entwickelt wurde, hat allmählich der Einsicht zum Durchbruch verholfen, daß es nicht nur den „one best way“ demokratischen Regierens gibt. Und für mich wurde zunehmend deutlich, daß dies auch ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis der deutschen Politik war. Die Vorstellung von einem „deutschen Sonderweg“ war nicht etwa von Anfang an falsch. Vielmehr hatten die Konservativen der wilhelmini-schen Zeit sie viel zu eng gefaßt, wenn sie meinten, Parlamentarismus und Demokratie schlössen sich aus.
Ich bin seither der Frage weiter nachgegangen, wie sich die Unterschiede demokratischer Regierungsweise erklären lassen, die sich innerhalb Europas. oder etwa auch im Vergleich zum modernen Japan beobachten lassen. Für diese Untersuchungen wurde ein methodischer Grundgedanke wichtig:: Die unterschiedlichen Strukturen und Steuerungsformen demokratischer Länder kann man als das Ergebnis unterschiedlicher Entwicklungspfade interpretieren. Dieser Ansatz steht in einer Forschungstradition, die sich schon auf den großen deutschen Verfassungshistoriker Otto Hintze zurückführen läßt, den ich eben schon genannt habe. Hintze griff mit seiner Rechtfertigung des monarchischen Konstitutionalis-mus zu kurz. Weil auch er – wie die anderen Historiker seiner Zeit - sich nur für Großmächte interessierte, übersah er die Beispiele aus kleinen Ländern, wo die Parteiensysteme auch in kulturell fragmentierten Gesellschaften stabile Regierungsweisen entwickelten. Aber das ändert nichts an der Bedeutung seiner methodischen Grundüberlegung, daß sich die unterschiedlichen Verfassungsformen dieser Mächte aus ihren spezifischen, kontingenten inneren und außenpolitischen Entwicklungsbedingungen im Staatsbildungsprozeß erklären lassen. Dieser Erklärungsansatz läßt sich natürlich auch auf kleinere europäischen Demokratien übertragen, wie ich das in einigen meiner Arbeiten versucht habe. Ein solcher Ansatz tauchte ein halbes Jahrhundert später bei Autoren wie Samuel Huntington und Stein Rokkan wieder auf, und auch ihnen verdanke ich wichtige Anregungen. Wenn man aber die Aufmerksamkeit auf den Staatsbildungsprozeß richtet, dann zeigt sich auch, in welchem Maße der sich formierende Staat seinerseits zur Formierung der Gesellschaft beigetragen hat.
1. Einleitung
2. Proporzdemokratie: Politisches System und politische Kultur
in der Schweiz und in Österreich (1967)
3. Consociational democracy, class conflict, and the new corporatism (1974)
4. Liberal corporatism and party government (1977)
5. Concertation and the structure of corporatist networks (1984)
6. Sozialpartnerschaft in der vergleichenden Politikforschung (1985)
7. Die korporative Verhandlungsdemokratie in Westmitteleuropa (1996)
8. Die Große Koalition und die Institutionalisierung der Verhandlungsdemokratie (1999)
Einleitung:
„Reformblockaden“ oder institutionelle Verwerfungen
1. Konkurrenzdemokratie und Verhandlungsdemokratie
1.1. Innenpolitische Regelsysteme im modernen Staat
1.2. Konkurrenzdemokratie und die Handlungslogik des Parteienwettbewerbs
1.3. Verhandlungssysteme und Verhandlungsdemokratie
1.4. Die Verschränkung von Entscheidungsebenen und Regelsystemen
2. Das Parteiensystem auf dem Wege zum bipolaren Wettbewerb
2.1. Das Vielparteiensystem als Verhandlungssystem
2.2. Die Konzentrationsbewegung des westdeutschen Parteiensystems
2.3. Die sozialliberale Koalition und der polarisierte Wettbewerb
2.4. Die Erosion des Dreiparteiensystems und ihre Folgen
2.5. Das Parteiensystem und die deutsche Vereinigung
2.6. Koalitionsmanagement und Informalisierung des Parlamentarismus
3. Der deutsche Bundesstaat als Verhandlungssystem
3.1. Kooperation im obrigkeitlichen Bundesstaat der Bismarckverfassung
3.2. Der Bundesstaat im Zeichen der Parlamentarisierung
3.3. Interdependenzen von Vielparteiensystem und Bundesstaat
3.4. Die Konstruktion des Bundesrates als Widerlager zur „Parteipolitik
3.5. Die Parteien als Bindeglieder zwischen Bundes- und Länderpolitik
4. Unitarisierung und Politikverflechtung
4.1. „Bündischer Unitarismus“ in der Bonner Republik
4.2. Die wachsende Bedeutung der Selbstkoordinierung der Länder
4.3. Die Unitarisierung und der Exekutivföderalismus
4.4. Die Finanzreform der Großen Koalition und die Politikverflechtung
4.5. Der Bundesstaat zwischen armen und reichen Ländern
4.6. Die deutsche Vereinigung als Herausforderung an den Föderalismus
5. Im Spannungsfeld von Parteienwettbewerb und Föderalismus
5.1. Adenauer und die Entdeckung der Interdependenz der Arenen
5.2. Die sozialliberale Koalition und die Konfrontation im Bundesrat
5.3 Die kooperativen Planungsgremien im Parteienkonflikt
5.4. Die Informalisierung des Bundesstaates in der Ära Kohl
5.5. Die Nemesis der informellen Koordinierungspraxis
5.6. Die rot-grüne Koalition vor den bundesstaatlichen Kompromißzwängen
6. Entflechtungsstrategien und ihre Chancen
6.1. Engpässe im Verhältnis von Bundesstaat und Parteienparlamentarismus
6.2. Die Perspektive der Europäisierung
6.3. Entflechtung des Bundesstaates
6.4. Flexibilisierung des Parteienwettbewerbs
Bibliographischer Anhang
Ergänzende Hinweise zum Forschungsstand
Literaturverzeichnis
Sachregister
Teil I • Infrastruktursektoren
Tobias Robischon, Letzter Kraftakt des Staatsmonopols: Der Telekommunikationssektor 61
Klaus König und Jan Heimann, Sieg der Üblichkeit: Wasserversorgung und Abwasserentsorgung 87
Martin Richter, Zwischen Konzernen und Kommunen: Die Strom- und Gaswirtschaft 113
Teil II • Staatsnahe Dienstleistungen
Renate Mayntz, Koordinierte und dezentrale Angleichung: Akademieforschung und Hochschulen 145
Philip Manow, Zerschlagung der Polikliniken und Transfer korporativer Regulierung: Das Gesundheitswesen 165
Susanne Hepperle, Durchsetzung des westdeutschen Ordnungsmodells: Rundfunk und Fernsehen 191
Teil III • Marktnahe Dienstleistungen
Arne Kapitza, Verlegerische Konzentration und redaktionelle »Ostalgie«: Die Printmedien 241
Angelo Caragiuli, Wettbewerb als Motor des Institutionentransfers: Das Bankenwesen 267
Heike Jacobsen, Ungesteuerte Expansion auf der grünen Wiese: Der Einzelhandel 301
Teil IV • Produzierende Sektoren
Gerhard Lehmbruch und Jörg Mayer, Kollektivwirtschaften im Anpassungsprozeß: Der Agrarsektor 331
Roland Czada, »Modell Deutschland« am Scheideweg: Die verarbeitende Industrie im Sektorvergleich 367
Madison, 3-5 May 1991
Résumé
On peut classifier les démocraties libérales selon les modes de règlement des conflits politiques, dont nous distinguerons trois types. Le modèle compétitif, qui utilise comme son principe fondamental la décision majoritaire, n’est pas (comme cela est suppose dans certaines typologies courantes, à caractère normatif ou téléologique) le type “normal”. Il existe deux autres modèles 1) les systèmes “démo-bureaucra¬tiques” des grands États de l’Europe continentale, caractérisés par l’interaction de arbitrage bureaucratique des conflits et du contrôle démocratique~ 2) les systèmes non-compétitifs et « cartelisés » où les conflits importants sont réglés non par le principe majoritaire (qui souvent ne fonctionne pas ici) mais par des accords a. l’amiable négociés entre tous les groupes importants et par la distribution proportionnelle des emplois publics. Une analyse du dernier type (avec, comme exemples, la Suisse, l’Autriche et le Liban) nous conduit à la conclusion qu’ on ne peut expliquer les différences typologiques de ces trois modèles par la seule structure sociale. Ii faut considérer aussi les normes de règlement des conflits politiques qui ont pris naissance dans des conditions historiques spécifiques et qui forment une partie importante de la “culture politique » des élites. Nous pouvons indiquer quelques conditions fonction¬nelles d’efficacité des systèmes non-compétitifs, mais il ne semble pas possible de prétendre, d’une manière générale, qu’ ils soient mains efficaces que les systèmes compétitifs.
As I will show, this path was one of several possible solutions for an institutional dilemma resulting from the discrepancies in timing between two phases of the German state-building process, namely, the formation of the modern bureaucratic state on the one hand, the formation of a German nation-state. Around the mid 19th century, there were two rival discourses for solving this dilemma, “federative nationalism” on the one hand, “federal unitarism” on the other. The establishment of the intellectual hegemony of the unitarist discourse resulted in a “critical juncture“ which determined the further path of institutional development.