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Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex) Sarezer Nora Molnar-Hidvegi erstellt: November 2009 Permanenter Link zum Artikel: http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/26077/ Sarezer Nora Molnar-Hidvegi 1. Der Name Der Name Sarezer (hebr. ‫אצ ֶר‬ ֶ ְ ‫שר‬ ַׂ śar’æṣær) ist ein verkürzter akkadischer Eigenname (šar-uṣur) mit der Bedeutung: „Schütze den König“. In der vollständigen Form handelt es sich um einen theophoren Satznamen des Typs: „(der Gott X) schütze den König“; Beispiele sind z. B. → Belsazar (= Bel-šar-uṣur „Bel schütze den König“), → Nergal-Sarezer (= Nergal-šar-uṣur „Nergal schütze den König“, Jer 39,3). 2. Biblische Überlieferung In der Bibel gibt es zwei Personen mit dem Namen Sarezer. 2.1. Sarezer, ein Sohn Sanheribs Sarezer war nach 2Kön 19,37 und Jes 37,38 einer der zwei Söhne des neuassyrischen Königs → Sanherib (705-681 v.Chr), die ihren Vater im NisrochTempel in → Ninive ermordeten. Der andere Sohn hieß Adrammelech. Darauf mussten sie aus Ninive in das Land Ararat iehen, während → Asarhaddon der neue König von Assur wurde. 2.2. Sarezer im Buch Sacharja? Das → Sacharjabuch kennt möglicherweise – und für die Rekonstruktion der nachexilischen Geschichte Bethels bedeutsam – einen weiteren Mann namens Sarezer. Nach der masoretischen Akzentsetzung besagt Sach 7,2, dass die Stadt → Bethel im vierten Regierungsjahr des Königs → Darius (518 v. Chr.) die Boten Sarezer und Regem-Melech (akkadisch „der König hat gesprochen“) zum Tempel Jahwes schickte, um die dortigen Priester zu fragen, ob man im fünften Monat weiterhin eine Fasten- und Klagefeier durchführen solle, bei der wahrscheinlich der Zerstörung Jerusalems gedacht wurde. Daraus, dass die Anfrage von Bethel ausgeht, hat man gefolgert, dass in der Stadt in frühnachexilischer Zeit regelmäßig Klagefeiern durchgeführt wurden und sie als eigenständiges Kultzentrum fungierte. Allerdings ist die personi zierende Rede von einem Ort – WiBiLex | Sarezer 1 in Sach 7,3 würde die Stadt sogar in der Ich-Rede das Wort ergreifen – in einem Prosatext singulär und damit problematisch. Schon nach den antiken Übersetzungen werden die Gesandten nicht von Bethel nach Jerusalem geschickt, sondern von einem nicht genannten Ort „nach Bethel“ (LXX, Peschitta, Targum) bzw. „zum Haus Gottes“ (Vulgata). Sollte „nach Bethel“ ursprünglich sein, müsste die Stadt in jener Zeit Jerusalem sogar als zentralen Kultort ersetzt haben (so North, 192-196; vgl. Zevit, 674). Die These zur Bedeutung Bethels wird hinfällig, wenn man „Bethel“ – wie seit Wellhausen (186) vielfach angenommen (z.B. Hanhart, 463-465) – mit „Sarezer“ zu dem theophoren Personennamen zusammenzieht, so dass Bethel nicht den Ort, sondern den Gott → Bethel meint: bet’el-śar’æṣær (akk. bit-ili-šar-uṣur) „(der Gott) Bethel schütze den König“. In der Tat sind Personennamen mit dem Gott Bethel als theophorem Element in neubabylonischer Zeit recht häu g (Belege → Bethel). Bethel-Sar-Ezer und Regem-Melech sind dann nicht Gesandte, sondern die Auftraggeber einer Gesandtschaft, deren Herkunftsort nicht angegeben wird, und in dem singularischen „ich“ von Sach 7,3 würde nicht Bethel sprechen, sondern jeder einzelne Gesandte. Angaben zu Autor / Autorin finden Sie hier 2 WiBiLex | Sarezer Empfohlene Zitierweise Molnar-Hidvegi, Nora, Art. Sarezer, in: Das Wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (www.wibilex.de), 2009 Literaturverzeichnis 1. Lexikonartikel Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie, Berlin 1928ff Biblisch-Historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979 Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977 Lexikon der biblischen Eigennamen, Neukirchen-Vluyn, 1981 Jerusalemer Bibellexikon, 3. 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Freiherr von Soden; AOAT 240), Neukirchen-Vluyn 1995, 305-332 Meißner, B., Neue Nachrichten über die Ermordung Sanheribs und die Nachfolge Asarhaddons (Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften), Berlin 1932, 250-262 Meißner, B., Wo befand sich Asarhaddon zur Zeit der Ermordung Sanheribs? AnOr 12 (1936), 232ff. North, F.S., Aaron’s Rise in Prestige, ZAW 66 (1954), 191-199 Parpola, S., The Murderer of Sennacherib, in: B. Alster (Hg.), Death in Mesopotamia. 26ieme rencontre assyriologique internationale, Kobenhavn 1979, Kopenhagen 1980, 171-182 Rechenmacher, H., Personennamen als theologische Aussagen. Die syntaktischen und semantischen Strukturen der satzhaften theophoren Personennamen in der hebräischen Bibel (ATSAT 50), St. Ottilien 1997 WiBiLex | Sarezer 3 Schwennen, J., Biblische Eigennamen. Gottes-, Personen- und Ortsnamen im Alten Testament, Neuhausen / Stuttgart 1995 Soden, W. von, Sanherib vor Jerusalem 701. v. Chr., in: ders., Bibel und Alter Orient. 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