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Expertise zur Analyse der bestehenden Angebote im Bereich Ess-Störungen in Nordrhein-Westfalen Prof. Dr. Carol Hagemann-White M.A. Katrin Hauptmeyer Mit Unterstützung von: Nora Schulze Patricia de Jong-Chasiotis Endredaktion Dezember 2004 Inhaltsverzeichnis Auftrag, Methode und Verlauf der Bearbeitung Auftrag und Ziele Die Vergabe der vorliegenden Expertise zur „Analyse der bestehenden Angebote im Bereich Ess-Störungen in NRW“ war Bestandteil des Landessuchtprogramms Teil 2. Im Programm wird auf die Vielfältigkeit der Ursachen, die zur Entstehung einer Ess-Störung beitragen können, hingewiesen. Ess-Störungen werden als psychosomatische Erkrankung mit Suchtaspekten verstanden und deutlich vom Suchtbereich abgegrenzt. Der Auftrag sah eine Bestandsaufnahme der ambulanten und stationären Hilfeangebote in Nordrhein-Westfalen vor. Daraus sollten Empfehlungen für Maßnahmen zur Weiterentwicklung und Vernetzung der bestehenden Präventions- und Hilfeangebote gewonnen werden. In die Erhebung waren insbesondere die in NRW befindlichen Suchtberatungsstellen, Frauenberatungsstellen, Selbsthilfegruppen und niedergelassenen Ärzte sowie stationäre Einrichtungen einzubeziehen. Die Zielsetzung der Expertise wurde aus wissenschaftlicher Sicht im Angebot der Universität Osnabrück konkretisiert. Angesichts begrenzter Zeit und Ressourcen war an eine flächendeckende Befragung im gesamten Versorgungs- und Hilfesystem nicht zu denken; vielmehr wurde die Untersuchung darauf angelegt, Expertenwissen aus der Praxis zu erheben und zu bündeln, um Wege der Verbesserung der Hilfe zu erschließen und Empfehlungen zu entwickeln. Leitfragen waren die Klärung der Anforderungen an ein bedarfsdeckendes Angebot, die Einschätzung von Beratungs- und Vermittlungswegen zu den unterschiedlichen Angeboten, und die Identifizierung von Defiziten und Verbesserungsbedarf, damit Betroffene frühzeitig eine für sie passenden Hilfe finden, die sie annehmen können. Eine kontinuierliche Kooperation mit der Landeskoordination Integration NRW war Grundlage für die Einbeziehung strategisch wichtiger Akteure in die Entwicklung von Konzepten für verbesserte Gesundheitsförderung und Versorgung. Die Anlage der Expertise war in mehreren Schritten gegliedert: Zunächst erfolgte eine Recherche im Internet sowie Telefoninterviews mit Expertinnen und Experten bundesweit, um eine Problembeschreibung zu generieren sowie die Anforderungen an ein bedarfsdeckendes Angebot zu erhellen; Es folgte eine Befragung von Professionellen verschiedener Berufsgruppen und Einrichtungen in NRW, ergänzt um ein „Strategieworkshop“ mit ExpertInnen; Dem schloss sich eine qualitative Untersuchung von Beratungsansätzen und Kooperationsmodellen an, die spezifische mit unspezifischen, stationäre mit ambulanten Hilfen vernetzen; Abschließend wurde auf der Basis des Materials Empfehlungen formuliert, die im Entwurfsstadium mit Expertinnen und Experten auf ihre Umsetzung hin erörtert wurden. Einleitung Unter dem Begriff „Ess-Störungen“ wird ein breites Feld von Verhaltensmustern und gesellschaftlichen Entwicklungen diskutiert. Es reicht von ausgeprägten Krankheitsbildern mit gravierenden, teilweise lebensgefährlichen gesundheitlichen Auswirkungen bis zu kulturgeschichtlichen Traditionen (etwa religiöses Fasten, Veränderungen im Körper- und Schönheitsideal) und Zivilisationsprobleme (Nahrungsmittelüberfluss, mangelnde Bewegung, die Vermarktung von Lebensmitteln mit appetitanregenden Zusätzen) bis hin zu gesellschaftlichen Problemkreisen wie Individualisierung, Wandel der Familie, Wandel der Geschlechterrollen. Die Schwierigkeit der Problemeingrenzung ist für die Praxis deshalb von besonderer Brisanz, weil Hilfe meist spät in Anspruch genommen wird. Zum Zeitpunkt des Erstkontaktes mit einer Fachberatungsstelle ist das Krankheitsstadium oft chronifiziert. Eine Studie der Universität Göttingen im Auftrag des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend belegt, dass viele Klientinnen erst Hilfe aufsuchen, wenn die Heilungsprognosen eher negativ ausfallen (Fachkongress Traumkörper-Körpertraum(a) 2004, Kassel/ www.innovationsreport.de (4.12.03)). Daher wird auch aus der Sicht spezialisierter medizinischen Einrichtungen ein Bedarf gesehen, das vorklinische Umfeld problematischen Essverhaltens in Beratung und Hilfe einzubeziehen. Im vorklinischen Umfeld sind jedoch vielfältige Erscheinungsformen eines nicht bedürfnisbezogenen Ess-Verhaltens anzutreffen. Folglich unterscheidet ein Teil der Fachliteratur im Englischen zwischen „eating disorders“ als klinischem Krankheitsbild und „disordered eating“ als Umfeldproblem, wobei ungeklärt ist, inwiefern letzteres die Gefahrenzone möglicher Erkrankung bildet. Der Ess-Störung fehlt die Eindeutigkeit der stoffgebundenen Suchtformen oder der somatischen Erkrankungen. Diät halten und Frust-Essen sind weit verbreitet, Ablösungsprobleme von Mädchen in der Familie können sich krisenhaft zuspitzen, ohne dass dies als Vorstufe zu einer psychiatrischen Erkrankung gewertet werden kann. Die Schwierigkeiten der Abgrenzung sind auf der gegenwärtigen Stufe der Fachdiskussion bei weitem nicht ausgeräumt. Die vorliegende Expertise fokussiert gestörtes Essverhalten mit Suchtaspekten, wobei die (potentielle) Verselbständigung zum gesundheitsgefährdenden Essverhalten mit Kontrollverlust die besondere Gefahr darstellt. Berücksichtigt wird ferner dessen mögliches Vor- und Umfeld, in dem frühzeitige Intervention und Hilfe wirksam werden kann. Anhand der Literatur aus verschiedenen Fachrichtungen wird von einer Formenvielfalt ausgegangen. Hinsichtlich des Hilfebedarfs zeichnet sich kein einheitliches Modell für die Ansiedlung und Ausgestaltung der Hilfe etwa bei einem bestimmten Einrichtungstypus ab. Das multikausale Ursachengefüge legt die Einbindung verschiedener medizinischer, psychologischer und pädagogischer Arbeitsfelder nahe. In diesem Sinne ist gestörtes Essverhalten nach allen bisher vorliegenden Erkenntnissen geschlechtsspezifisch ausgeprägt. Dies kann zwar für psychosomatische Erkrankungen generell gesagt werden, bei Ess-Störungen hat das Geschlecht jedoch offenbar eine besondere Bedeutung, die bei der Gestaltung der Hilfe berücksichtig werden muss. Neben den physiologischen Unterschieden der Geschlechter weisen Männer und Frauen Unterschiede in den sozial bedingten Dimensionen ihres Gesundheitszustandes auf. Generell wird auf Zusammenhänge zwischen sozialer Lage und Gesundheitszustand hingewiesen. Beruflich sind Frauen im Vergleich zu Männern eher in unteren Positionen beschäftigt, zudem sind Frauen zusätzlich durch eine höhere Einbindung in die Haus- und Familienarbeit belastet (Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit 2000, S.63/64). Für das Phänomen der Ess-Störungen ist von besonderer Bedeutung, dass Männer und Frauen unter Stress typisch unterschiedliche Bewältigungsstrategien entwickeln. Die Qualität der Bewältigungsstrategien und die Unterstützung von Bezugspersonen sind ausschlaggebend für das Ausmaß der gesundheitlichen Folgen. (ebd. S.225). Ein erheblicher Anteil der ätiologischen Faktoren, die insbesondere für Anorexie und Bulimie beschrieben werden, hat für weibliche Jugendliche und junge Erwachsene eine typische Ausprägung. Dies gilt z.B. für Selbstunsicherheit und familiär nicht zugestandene Eigenständigkeit, für Schwierigkeiten im Verhältnis zur Mutter, für die hohe Bedeutung des Schlankseins, für die versuchte Anpassung an widersprüchliche Erwartungen der heutigen Geschlechterrollen, für das Erleiden sexuellen Missbrauchs Vorliegende Studien stellen die Prävalenz des sexuellen Missbrauchs meist bei ca. 25% aller Mädchen und bei 6% bis 8% aller Jungen fest, vgl. z.B. Bange, Deegener 1996., und für mangelnde Vorbereitung auf die Pubertät (vgl. hierzu Stahr u.a. 1995; Kolip 1997; Höfer 2000; Verbundprojekt 2001; King 2002; Franke 2002, Flaake, King 2003). Mit diesen Problemen sind die Familien, die ja wichtige Bezugspersonen im Jugendalter sind, oft überfordert, zumal sie nicht selten an der Entstehung des geschlechtstypisch wirkenden Stressfeldes beteiligt sind. Familienbeziehungen können auf verschiedene Weise zur Entstehung von Ess-Störungen beitragen. Oft wirken mehrere ätiologische Faktoren zeitgleich; diese können sich in ihrer Wechselwirkung verstärken. Ess-Störungen wie Anorexie, Bulimie oder Binge Eating entstehen vermutlich aus dem Zusammenspiel biologischer, soziokultureller, persönlicher und familiär bedingter Faktoren (Reich 2003). Hieraus folgt, dass die Hilfemaßnahmen individuell auf die Bedürfnisse des essgestörten Menschen abgestimmt werden sollten, um eine adäquate Unterstützung im Gesundungsprozess zu gewährleisten. Im Folgenden wird kurz dargestellt, wie die verschiedenen Formen von Ess-Störungen definiert werden, welche Schätzungen über das Vorkommen vorliegen und welche Ursachenkomplexe die Entstehung einer Ess-Störungen begünstigen können Definition, Ursachen und Prävalenz von Ess-Störungen Fachliteratur und Forschung über Ess-Störungen sind insbesondere in den letzten Jahren, verbunden mit der Ausdifferenzierung und besseren Verankerung spezialisierter Behandlungsmethoden, rasch gewachsen. Zugleich sind mehrere Grenzen festzustellen. Die Erkenntnisfortschritte erschließen sich vorrangig aus Forschung über die Population derjenigen Essgestörten, die in medizinische oder psychotherapeutische Behandlung gelangen; viele Betroffene begeben sich jedoch erst sehr spät oder nie in Behandlung. Ferner gibt es eine anhaltende Diskussion über optimale Definitionen. Diagnostische Kategorien in den beiden maßgeblichen Systemen DSM und ICD-10, die durch Konsens unter Behandelnden gewonnen werden, wurden im Laufe der Zeit mehrfach revidiert. Neben einer Ausdifferenzierung in verschiedene Subtypen wurden die Definitionen auch erweitert: Die diagnostisch geforderte Gewichtsabweichung für Anorexie wurde von 75% auf 85% angehoben, die Anforderung an Häufigkeit der Essanfälle für Bulimie gesenkt. In dieser Entwicklung zeigt sich, dass gestörtes Essverhalten ein sehr viel weiteres Feld umfasst als das, was eindeutig als Erkrankung gefasst und behandelt worden ist, und dass diagnostische Kategorien noch nicht trennscharf sind. Fairburn und Harrison (2003) betonen ebenso wie Nielsen und Palmer (2003) den hohen Anteil der unklaren Fälle und Mischformen in der klinischen Praxis: Etwa die Hälfte aller essgestörten PatientInnen werden der Diagnosengruppe „atypische Ess-Störung“ zugeordnet. Unklar ist nach wie vor, inwiefern dieses weitere Feld ein breites Potential für die Entstehung der klinisch definierten Ess-Störungen darstellt, aber auch, ob die Ausprägungen des Phänomens „Ess-Störungen“ durch die Fokussierung der klinisch behandelten Fälle zu eng gefasst werden. Es gibt erst wenige prospektive, bevölkerungsbezogene Studien, die Störungen des Essverhaltens unabhängig von einer etwaigen Behandlung erfassen. In einer Längsschnittuntersuchung haben Bulik u.a. (2000) es unternommen, empirisch fundierte Kategorien für gestörtes Essverhalten zu gewinnen. Es handelt sich um eine Vollerhebung weiblicher Zwillinge aus den Jahrgängen 1934 bis 1971 in Virginia, USA Es konnten sechs Gruppen unterschieden werden, von denen drei jeweils vom Verhalten berichteten, das der Anorexie, der Bulimie oder der Binge Eating Störung mit Kontrollverlust ähnelte oder einschloss; in jeder Gruppe war aber nur ein Teil der Befragten der jeweiligen Diagnose zuzuordnen. Es gab jedoch auch zwei Gruppen, die große Angst vor dem Dick-werden hatten, von denen eine normalgewichtig war und die andere zeitweilig stark untergewichtig gewesen ist; in der ersten Gruppe hatte es bei einem Viertel der Frauen, in der zweiten bei allen schon mal Fressattacken gegeben, jedoch ohne Kontrollverlust; bei beiden waren die diagnostischen Kriterien für Ess-Störungen nicht erfüllt. Anders gesagt: Alle Aspekte gestörten Essens treten auf, ohne dass eine Ess-Störung im Sinne von DSM gegeben wäre. Die größte Gruppe in dieser Studie – 21.9% aller Befragten! – hatten ihr Gewicht stark reduziert, wobei die Hälfte schon einmal 85% des Idealgewichts unterschritten hatten, sie wiesen jedoch weder die Merkmale der Anorexie, noch die von Binge Eating auf, bulimisches Verhalten wie Erbrechen oder übermäßiger Sport war auch kaum vorhanden. Eine zweizeitige bevölkerungsbezogene Untersuchung in Schweden (Ghaderi, Scott 2001) identifizierte niedriges Selbstwertgefühl, hohe Besorgtheit um Körperform und Gewicht, ungünstiges Coping und geringe soziale Unterstützung als prospektive Risikofaktoren für das Auftreten von Ess-Störungen. Gowers und Shore (2001) ziehen aus einer Sichtung des Forschungsstandes den Schluss, dass Besorgtheit um Gewicht und Figur der Entstehung von Ess-Störungen vorausgeht und einen wichtigen Prognosefaktor darstellt. Obwohl in diesen Studien die Formenvielfalt gestörten Essverhaltens nicht erfasst wurde, deuten die Ergebnisse darauf hin, dass es durchaus ein Vorfeld-Phänomen gibt, dass mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Ess-Störungen im engeren Sinne einhergeht. Zugleich zeigen die Ergebnisse von Bulik u.a., dass es auch Muster ungesunden oder belasteten Ess-Verhaltens gibt, die nicht in eine Erkrankung einmünden. Diese Frage ist von zentraler Bedeutung für die Entwicklung des Hilfesystems, die Aufgaben der „public health“ wahrzunehmen hat. Es gibt eine breite und ausgewiesene Fachliteratur, die mit einem weiteren Begriff von Ess-Störungen arbeitet; dort wird betont, dass der Bedarf an Hilfe vielfältiger ist als die Inanspruchnahme klinischer Angebote erkennen ließe. Definition In der deutschsprachige Literatur für Fachkräfte werden entweder drei oder vier Formen von Ess-Störungen unterschieden: Anorexie, Bulimie, Adipositas und/oder seit kurzem das Binge Eating Syndrom, teilweise übersetzt als Ess-Sucht (vgl. etwa DHS 1997, BZgA 2000, Schweiger u.a. 2003). Wenngleich die meisten Informationsschriften für die Praxis den Eindruck vermitteln, dass Krankheitsbilder sich erheblich unterscheiden, sind bei näherer Betrachtung die Grenzen in mehrfacher Hinsicht schwimmend. Anorexia Nervosa Der Begriff Anorexie bedeutet etymologisch „fehlendes Verlangen d.h. kein Hunger, Appetitlosigkeit“. Trotz Kritik am Begriff, denn Hungergefühle werden von Betroffenen durchaus erlebt und bewusst unterdrückt, hat sich dieser Terminus international durchgesetzt. Die Anorexie entsteht meist in der Phase der Adoleszenz; überwiegend (ca. 95%) sind Mädchen betroffen. Der Häufigkeitsgipfel liegt zwischen dem 11. und 20. Lebensjahr, teilweise werden zwei Gipfel in der Pubertät und um das 18. Lebensjahr beschrieben. Magersüchtige zeigen ein stark gezügeltes Essverhalten bis hin zur absoluten Nahrungsverweigerung. Durch strenges Hungern bzw. extreme sportliche Aktivitäten wird das Körpergewicht unter das altersentsprechende Mindestgewicht gebracht. Kennzeichen sind z.B. die ständige Beschäftigung mit dem Essen d.h. Kalorien zählen, heimlich essen, Entwicklung von Essverboten und spezifischen Ritualen. Das Bezwingen der „niederen“ Bedürfnisse wird als Machtzuwachs und Stärkung des Selbstbewusstseins erlebt. Die anfängliche Euphorie über den Gewichtsverlust schlägt jedoch rasch in Depression um. Hinzu kommt eine starke Wahrnehmungsstörung des eigenen Körperbildes. Die psychischen Entwicklungen werden begleitet von gesundheitlichen Folgen wie Verringerung des Grundstoffwechsels, Veränderungen des Hormonhaushaltes, trockener Haut, Muskelschwund, Vitamin- und Mineralstoffmangel, Oesteoporose u.a. Ein besonderer Typus von Anorexie, die als „bulimisch“ bezeichnet wird, ist zusätzlich durch anfallartiges Essen und Gegenmaßnahmen gekennzeichnet; meist wird mit Hilfe von Abführmitteln oder Erbrechen das Körpergewicht reduziert. Maßgeblich für die Diagnose ist auch hier die tatsächliche Senkung des Gewichts unter die Grenze von 85% des Mindestgewichts. Bulimia Nervosa Die Bulimie ist vom Erscheinungsbild der Betroffenen her zunächst nicht erkennbar, denn diese sind meist unauffällig mit schlankem Körperbau. Sie gehört zu den „jungen“ Ess-Störungen, die bisher noch wenig erforscht sind; die ersten breiteren Umfragen (z.B. über die Frauenzeitschrift Cosmopolitan) fanden in England und den USA um 1980 statt, nachdem zuvor nur Einzelfälle berichtet worden sind 1982 hat Volker Pudel in der Bundesrepublik über die Zeitschrift „Brigitte“ eine ähnliche Umfrage mit ähnlicher Resonanz lanciert (vgl. Focks, Trück 1987). Diese Umfragen hatten nicht nur eine enorme Resonanz, es folgte ein dramatischer Anstieg in der Zahl der Überweisungen an Behandlungszentren (Fairburn 1995). Der Terminus Bulimie heißt übersetzt „Stierhunger“ und kennzeichnet somit das wesentliche Merkmal dieser psychosomatischen Erkrankung (Stahr u.a. 1995). Das Alterspektrum liegt zwischen dem 15. und dem 30. Lebensjahr. Bulimie trifft zu über 90% Mädchen und junge Frauen. Sie leiden unter „Heißhungeranfällen“, bei denen sie große Mengen an kalorienhaltigen Nahrungsmitteln zu sich nehmen, und die sie anschließend durch selbst herbeigeführtes Erbrechen oder Abführmittel versuchen, aus dem Körper zu entfernen; auch unternehmen sie Anstrengungen, durch strenge Diäten, Fasten oder auch übermäßige körperliche oder sportliche Aktivität die aufgenommene Menge an Kalorien wieder zu kompensieren. Der Unterschied zum bulimischen Typus der Anorexie richtet sich nach dem Ausmaß der tatsächlichen Abmagerung. Nach außen hin versuchen die Betroffenen, den „Schein“ zu wahren und das schambesetzte unkontrollierte Essen und Erbrechen zu verheimlichen. Sie haben eine enorme Angst davor, dick zu werden und legen zeitweilig Fastenperioden ein, um dies zu verhindern (Reich 2003). Soziale Isolation und depressive Verstimmungen sind häufig Begleiterscheinungen. Die gesundheitlichen Folgeschäden reichen von Zahnschäden, Nierenschäden bis hin zu Herzrhythmusstörungen (BzgA 2000, Stahr u.a. 1995, Herlitzius 1997). Hinzu kommen soziale Belastungen wie finanzielle Belastungen und Verschuldungen (Landesstelle für Suchtfragen Baden Württemberg 2000). Binge Eating „To Binge“ stammt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt der kurzeitig unmäßige Konsum von Genussmitteln; früher bezog sich das Wort „binge“ auf Alkohol, heute wird es vor allem auf Essen bezogen. „Binge Eaters“ essen in einem kurzen Zeitraum erheblich mehr als die meisten Menschen in einem ähnlichen Zeitraum essen würden; sie erleben dabei ein Gefühl des Kontrollverlustes, essen meist schnell und können dies erst beenden, wenn sie ein unangenehmes Völlegefühl und oft Übelkeit und Ekel erreicht haben. Eine eingängige Übersetzung für das Wort „binge“ hat sich im Deutschen noch nicht etabliert. Sowohl bei Anorexie (beim bulimischen Typus) als auch bei Bulimie kommt anfallartiges unkontrolliertes Essen vor. Von „Binge Eating Disorder“ wird gesprochen, wenn die Anfälle, wie bei der Bulimie, mehrmals in der Woche erlebt, jedoch nicht durch Gegenmaßnahmen wie Erbrechen, Diäthalten oder exzessiven Sport kompensiert werden (Reich 2003, Munz 2000). „Binge Eating“ kann als eine Zuspitzung des bei Frauen schon seit längerem beschriebenen Problemkreis der „Ess-Sucht“ (Beyer 2000, BZgA 2000) betrachtet werden. Als psychosomatische Störung wurde sie vorläufig in DSM IV eingeführt und ist noch relativ wenig wissenschaftlich untersucht (vgl. Fairburn, Harrison 2003). Der Status als eigenständige Ess-Störung ist umstritten; Munz (2000) hält sie z.B. für eine Form der Bulimie; die Informationsschrift der DHS behandelt das Problem unter der Rubrik „Adipositas“. Fairburn (1995) weist jedoch darauf hin, dass nur etwa die Hälfte der „binge eaters“ adipös ist. Essattacken werden in den ICD-10 Kriterien nur als Reaktion auf Belastungen und mit der Folge von Übergewicht genannt, Binge Eating wird als Untergruppe der „sonstigen“ bzw. „Atypischen“ Ess-Störungen seit 1994 in den DSM IV-Leitlinien erwähnt, hat sich jedoch in den USA faktisch als eigenständige Diagnose etabliert (Reich 2003; Nielsen, Palmer 2003). Überschneidungen und Übergänge Ess-Störungen werden nach den Kriterien von ICD 10 bzw. DSM IV diagnostiziert. Nach dem DSM ist die Anorexie vorrangig, d.h. die Diagnose wird gestellt, wenn maßgebliche Merkmale der Anorexie vorliegen (insbesondere extremes Untergewicht), auch wenn bulimisches Verhalten ebenfalls vorliegt. Daher teilt das DSM die Anorexie in zwei Haupttypen ein: die restriktive Form der kontinuierlichen Abmagerung, und die bulimische Form, die mit Binge Eating einhergeht. Bei dem ICD, dem Diagnosesystem der Weltgesundheitsorganisation, verhält es sich umgekehrt, d.h. wenn Heißhungeranfälle mit anschließendem Erbrechen vorliegen, wird die Krankheit auch bei Untergewicht als Bulimie eingestuft. Es gibt ohnedies erhebliche Überschneidungen. Eine Zusammenfassung des Forschungsstandes stellt fest, dass in etwa einem Viertel aller Fälle von Bulimie zuvor eine Anorexie vorhanden war; es gibt aber auch (wenn auch in geringerem Maße) umgekehrte Entwicklungen. Sowohl Anorexie als auch Bulimie entwickeln sich häufig zu Binge Eating oder zu anderen, untypischen Ess-Störungen (Fairburn, Harrison 2003). Buchholz zitiert eine etwas ältere Studie von Ziolo, wonach 60% der Magersüchtigen im Laufe der Zeit eine Bulimie entwickeln (Buchholz 2001, S. 7). Hinzu kommt, dass allem Anschein nach eine Symptomverschiebung stattgefunden hat: Waren früher anorektische Mädchen vor allem durch eine radikale und hartnäckige Essensverweigerung gekennzeichnet, die nur selten mit einem Heißhungeranfall unterbrochen wurde, so stellt der bulimische Typus der Anorexie mit regelmäßigen Essanfällen schätzungsweise die Hälfte der Magersüchtigen dar. Habermas (1994) führt diese Verschiebung auf die oft misslingende Nachahmung des willensstarken anorektischen Ideals zurück, was auf eine soziale Ansteckung hinweisen würde. Entsprechend den unterschiedlichen Sichtweisen in der Praxis gibt es verschiedene Auffassungen darüber, ob und wie eine präzisere Abgrenzung der verschiedenen Formen von Ess-Störungen anzustreben ist. Hebebrand u.a. (2004) plädieren für eine Überarbeitung der Kriterien für Anorexie unter besonderer Beachtung der biologischen Hintergründe. Andere Fachvertreter betonen hingegen die multifaktorielle Entstehung, die zwar zu dem einen oder dem anderen Symptombild eher prädisponiert, aber durchaus auch andere „Konfliktlösungen“ und deren Wandel erlauben. Hierbei ist die genaue Einordnung in das eine oder das andere Krankheitsbild weniger wichtig als das Verstehen des komplexen Gesamtbildes. Eine der befragten Experten plädierte für eine Überarbeitung der diagnostischen Leitlinien, um Essverhalten stärker zu berücksichtigen. Schließlich halten einige Fachvertreter es für vordringlich, diejenigen Ess-Störungen genauer zu untersuchen, die weder in das eine noch in das andere Bild passen, die sog. Atypischen Ess-Störungen, weil diese die Mehrheit der Diagnosen ausmachen. Exkurs: Adipositas Adipositas oder Fettleibigkeit ist i.d.R. die Folge einer regelmäßigen Überschreitung des natürlichen Energiebedarfs. Über längere Zeit hinweg führt dies zu einer Zunahme der Energiereserven des Körpers in Form von Fett. Von Adipositas wird gesprochen, wenn das Normalgewicht um 20-30 % überstiegen wird (www.praevention-von-essstoerungen.de (2003), Stahr u.a. 1995, Frankfurter Zentrum für Ess-Störungen 1993/1994). Im Unterschied zu den drei zuvor dargestellten Krankheitsbildern beschreibt Adipositas nicht ein spezifisch gestörtes Verhalten sondern eine körperliche Symptomatik, die auf verschiedene Weise entstehen kann; daher ist sie nicht im DSM-IV als eigenständige Krankheit klassifiziert. Wer z.B. schon in der Kindheit übergewichtig wird, sei es durch genetische Faktoren oder infolge ungesunder Ernährung, psychischer Nutzung des Essens als Verstärker oder Bewegungsmangel, entwickelt eine entsprechend angepasste physiologische Regulierung des Energieverbrauchs. Solche Adipöse müssen kein ungezügeltes Essen üben, um den Zustand zu erhalten; im Gegenteil, eine Verschiebung des Set-point – des Gewichts, auf das der Körper sich immer wieder einpendelt – wird von vielen Autoren als außergewöhnlich schwierig eingeschätzt (Franke 2002; dies wird von Devlin u.a. 2000 etwas relativiert). Allerdings können Kinder wesentlich erfolgreicher nachhaltig abnehmen. Unter diesem Blickwinkel gibt Adipositas zwar Anlass zur ernsthaften Sorge im öffentlichen Gesundheitswesen; es scheint jedoch fraglich, den Problemkreis generell unter der Rubrik „Ess-Störungen“ zu behandeln. Für die vorliegende Expertise wurde, soweit eine Abgrenzung möglich war, der Problemkreis von Ess-Sucht und Binge Eating einbezogen, nicht jedoch das allgemeinere Problem der Verbreitung von Übergewichtigkeit. Ursachen und Hintergründe Bei Ess-Störungen entwickelt sich das lebensnotwendige Essen zu einer psychosomatischen Belastung; das Leben ist dominiert vom Thema Ernährung, sowohl die sozialen Beziehungen als auch der berufliche Alltag (BzgA 2000). Ess-Störungen stehen in engem Zusammenhang mit einem gestörten Körperempfinden und der Kompensation emotionaler Konflikte (Schindel u.a. 1999). In der Fachliteratur findet sich eine Vielzahl unterschiedlicher Aussagen über die Ursachen, die zur Entstehung einer Ess-Störung beitragen. In der Regel beruhen Analysen der Ursachen auf Erkenntnissen über die in Selbsthilfe, Beratung oder Behandlung befindliche Klientel. Unterschiedliche Theorien können daher ihren Grund darin haben, dass sie auf unterschiedliche Zielgruppen zutreffen. Auch wissenschaftliche Studien gewinnen ihre Probandinnen vielfach im Behandlungskontext und unterliegen daher einer entsprechenden Selektivität. Soziokulturelle Faktoren Die Verbreitung des (übersteigert) kontrollierten Essens im Kontext sozialer Normen, insbesondere aber die Bulimie wird in der Literatur als „kulturgebundenes Symptom“ der hochentwickelten Industriegesellschaften beschrieben. Historische Untersuchungen beschreiben Fasten, Verschlingen, Heißhunger mit anschließendem Erbrechen und andere Techniken des Entleerens in verschiedenen Kontexten; allerdings wird erst in neuerer Zeit ein psychischer Ursprung dieser Verhaltensmuster angenommen. Buchholz fügt hinzu: „Neu scheint auch die Bedeutung der Körpers. Seiner äußeren Erscheinung, seines Gewichts und die Geschlechtsspezifik zu sein.“ (Buchholz 2001, S. 21) Im Frauengesundheitsbericht (2002) wird die Ausprägung von Ess-Störungen in engem Zusammenhang mit dem „Anwachsen des Körperkults“ und der zunehmenden Fixierung auf das Äußere gestellt (Verbundprojekt 2002, S.606). Als besonders problematisch gelten die Ausrichtung auf das Aussehen und unerreichbare Schönheitsideale bei der adoleszenten Selbstfindung von Mädchen, in Verbindung mit einem geschlechtstypisch generell niedrigen Selbstwertgefühl (vgl. Streigel-Moore… ). Allerdings kann, worauf Buchholz hinweist, bei Anorexie nicht davon gesprochen werden, dass junge Mädchen einem anerkannten weiblichen Schlankheitsideal nachstreben. Das magersüchtige Ideal des abgemagerten Körpers hat eine eigene Bedeutung, die gewissermaßen mit der gesellschaftlichen Norm für Weiblichkeit gegen diese kämpft und vor allem als Ausdruck von Autonomie und Willensstärke erlebt wird, weshalb unter Jugendlichen durchaus eine soziale Ansteckung vorkommt. Bulimie kann als „gescheiterte Nachahmung der Anorexie“ (Buchholz 2001, S. 28) gesehen werden. Da solche Wertsetzungen mit gesellschaftlichen Veränderungen verbunden sind, können Ess-Störungen als Bewältigungsversuch der speziell für Frauen widersprüchlich gewordenen Rollenerwartungen gedeutet werden (Schindel u.a. 1999). Eine Vielfalt von Lebensentwürfen stellt hohe Anforderungen, und das Leitbild des „vollmobilen leistungsfähigen Einzelindividuums“ setzt eine Flexibilität voraus, die nicht selten zu Überforderungen führt (Stahr u.a. 1995). Ein weiterer Grund mag das Überangebot an Nahrungsmitteln sein, das auf den Geschmack von Kindern und Jugendlichen gerichtet ist, während zugleich dem Schlanksein eine große Bedeutung für soziale Anerkennung zugemessen wird. Viele Mädchen beginnen bereits im Grundschulalter mit Diäten und geraten von daher rasch in den Teufelkreis verunsicherter Körperwahrnehmung und Gewichtszunahme. Auf diesem Hintergrund wird der Körper als Mittel zur Bewältigung pubertärer Konflikte eingesetzt (Landtag NRW 2004; vgl. Klingenspor, Rastetter 2004). Das Nichterreichen von selbst gesteckten Zielen für das ideale Körpergewicht wird als Versagen empfunden und führt häufig zu verstärkter Selbstkontrolle (Reich 2003, S.14). Hinzu kommt, dass gemeinsames Essen innerhalb der Familie immer mehr an Bedeutung verliert und das Essverhalten sich individualisiert (Reich 2003, S.15). Biographische Belastungen Spezifische Familienstrukturen können die Entstehung gestörten Essens begünstigen; auch dann wirken oft mehrere Faktoren zusammen, die sich in ihrer Wirkung wechselseitig bestärken können. Das Essverhalten innerhalb der Familie wirkt sich z.T. bewusst, teilweise aber auch unbewusst auf die Kinder aus. Wird z.B. in einer Familie ein sehr restriktives oder chaotisches Essverhalten vorgelebt, so hat dies direkte Auswirkungen auf die Körperzufriedenheit. Eine Unzufriedenheit mit dem Körper hat wiederum Auswirkungen auf das Selbstwert- und Autonomiegefühl (Reich 2003). Ess-Störungen gehen jedoch auch häufig mit Ablösungsproblemen in der Familie einher. Familien mit essgestörten Kindern haben häufiger Kommunikationsschwierigkeiten und weisen eher einen gestörten Zusammenhalt auf. Gestörte familiäre Bindungen haben einen negativen Einfluss auf die Autonomieentwicklung und das Selbstwertgefühl eines Menschen (Reich, Buss 2002). Einen besonderen Stellenwert für die Ausbildung von Ess-Störungen hat das Erleiden emotionaler, körperlicher oder sexueller Gewalt. Nach intrusiven und grenzüberschreitenden Erfahrungen in der Kindheit symbolisiert die Kontrolle des Essverhaltens und damit Kontrolle über den eigenen Körper den Versuch, erfahrene Verletzungen zu verarbeiten und der damaligen Machtlosigkeit entgegenzuwirken. Inwiefern sexuelle Übergriffe einen spezifischen Zusammenhang zur Entstehung von Ess-Störungen bilden ist noch ungeklärt; sie sind auf jeden Fall ein allgemeiner Risikofaktor für psychische und psychosomatische Erkrankungen. Olbricht (2003) rechnet Ess-Störungen (mit Unterleibsbeschweren und Atemstörungen) zu den drei typischen Symptombereichen früh traumatisierter Frauen. Retrospektive Untersuchungen mit in der Kindheit sexuell missbrauchten Frauen (z.B. Teegen, Cerney-Seeler 1998; Bange, Deegener 1996) finden häufig einen hohen Anteil, die in Kindheit und Jugend an Essstörungen litten oder zum Zeitpunkt der Untersuchung noch leiden, meist mit weiteren psychischen Störungen. Da der sexuelle Missbrauch typisch verheimlicht wird und nur wenige Verdachtsfälle tatsächlich aufgeklärt werden, sind prospektive Studien schwierig. Johnson u.a. (2002) haben jedoch in einer prospektiven bevölkerungsbezogenen Längsschnittstudie ein breites Spektrum von elterlichem Fehlverhalten bis hin zur Vernachlässigung und Misshandlung erfasst und das Risiko späterer Ess-Störungen untersucht. Bemerkenswerterweise hatte inadäquates Verhalten des Vaters den größten Prognosewert für Ess-Störungen, während unzulängliche mütterliche Fürsorge keinen statistisch signifikanten Effekt aufwies. Willenberg (in: Egle u.a. 2000) kam bei einem Vergleich der bisherigen Studien über den Zusammenhang von sexuellem Missbrauch und Essstörungen zum Ergebnis, dass eine lineare Kausalität nicht angenommen werden kann, wohl aber gäbe es eine höhere Inzidenz von sexuellen Missbraucherlebnissen besonders bei der Bulimie. Die retrospektive Studie von Grilo und Masheb (2002) weist für Patientinnen und Patienten mit einer diagnostizierter Störung von Binge Eating neben substantiellen Anteilen der Patienten und Patientinnen, denen sexuelle oder körperliche Gewalt widerfahren war, eine extrem hohe Rate emotionaler Misshandlung und emotionaler Vernachlässigung in der Kindheit auf (über die Hälfte bis zwei Drittel der Binge Eaters). Sie vermuten, dass die unklaren Befunde zur Bedeutung vom Kindheitstrauma für Ess-Störungen durch mehr Aufmerksamkeit für emotionale Gewalt erhellt werden könnte. Eine Studie der Universität Göttingen „Ess-Störungen in Beratung und ambulanter Therapie – Versorgungsrealität und Versorgungsqualität“ (2004) kommt zum Ergebnis, dass sexueller Missbrauch einen geringeren Einfluss auf die Entstehung von Ess-Störungen als körperliche Vernachlässigung hat (Kongress Traumkörper-Körpertraum(a) 2004). Lebensphasenspezifische Faktoren Der Psychodynamik von Pubertät und Adoleszenz wird allgemein eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Ess-Störungen zugeschrieben. Seit den frühen Arbeiten von Bruch (1962) und Boskind-Lodahl (1976) wird Zwiespalt oder vielmehr massive Auflehnung gegen die in der Pubertät sichtbar werdende Weiblichkeit bzw. gegen die Geschlechtsidentität mit Anorexie in Verbindung gebracht. Dies wurde zunächst v.a. als Pathologie der Mutter-Tochter-Beziehung diskutiert, z.B. als Ausdruck einer frühen Bindungsstörung gesehen. Mit der verstärkten Diskussion um Ess-Sucht bei Frauen (Orbach) und dann um die Bulimie kam ein eher sozialpsychologischer und gesellschaftskritischer Blick hinzu. Die normale weibliche Geschlechtsrollensozialisation wird nun als Risikofaktor für Ess-Störungen identifiziert; Pubertät und Frühadoleszenz sind die Lebensphase, in der das Mädchen zur bewussten Auseinandersetzung mit der kulturellen Weiblichkeitsbestimmung aufgefordert ist. Das anorektische Ideal bietet in der Geschlechtslosigkeit und Einzigartigkeit den unmittelbaren Zugriff auf eine Lösung im Hier und Jetzt. Dessen Stellenwert als scheinbare Lösung für typische Pubertätskonflikte trägt wesentlich zur Attraktivität der Anorexie und zum Risiko der Nachahmung bei, auch wenn individuelle und familiäre Faktoren für eine Erkrankung wesentlich sind. In diesen Zusammenhang ist die erhebliche Bedeutung suchttypischer Aspekte, die Buchholz (2001) herausarbeitet, einzuordnen. Die Adoleszenz wird allgemein als „vulnerable Phase“ für die Entstehung von Ess-Störungen betrachtet (vgl. z.B. Stahr u.a. 1995; Reich 2003). Als Problematik des Jugendalters wird ein Absinken des Selbstwertgefühls bei Mädchen hervorgehoben, sowohl relativ zur Kindheit als auch im Vergleich zu männlichen Jugendlichen. Nach Jacobi (2000) bestätigt der gegenwärtige Forschungsstand die Bedeutung von einer Beeinträchtigung des Selbstkonzepts bei der Ätiologie sowohl der Anorexie als auch der Bulimie, ohne dass die theoretischen Modelle empirisch geklärt würden: es bleibt offen, inwiefern geringes Selbstwertgefühl ursächlich oder aber eher im Sinne der Komorbidität mit Ess-Störungen verknüpft ist. Gowers und Shore (2001) schließen aus ihrem Forschungsüberblick, dass eine gesteigerte Sorge um Körpergewicht und Figur sehr häufig im Vorfeld von Ess-Störungen erscheinen, wobei auch hier die Frage nach der möglichen Kausalverknüpfung offen bleibt. Zusammenfassend ist zu sagen, dass nicht nur die theoretische Deutung von Biographien und Fallgeschichten, sondern auch empirische Studien die These erhärten, dass die Identitätssuche in der weiblichen Adoleszenz besondere Risiken für die Entwicklung von Ess-Störungen in sich birgt. Prävalenz Wissenschaftlich fundierte Prävalenzdaten zu Ess-Störungen stehen in Deutschland bisher nicht zur Verfügung; Zahlen aus dem Ausland variieren mit der verwendeten Definition. Schweiger u.a. (2002) schätzen, dass knapp 5 % der 15-34jährigen Frauen durch Anorexie oder Bulimie beeinträchtigt sind. Franke (2002) schätzt die Prävalenz von Anorexie bei 0,5% bis 1,0% der 12- bis 35-Jahrigen Frauen, und von Bulimie bei 2% bis 4% derselben Altersgruppe. Betroffen sind bei beiden Krankheitsformen zu 95% bzw. zu 90% Frauen. Michael Huber vom Institut für Psychosomatik und Psychotherapie in Köln schätzt die Prävalenzraten bei Anorexie bei 1-2 % der adoleszenten Mädchen und bei Bulimie zwischen 2 und 4 % bei 20-35jährigen Frauen (www.genre.com (8.10.04)). Seit etwa 10 Jahren wird verstärkt auch über männliche Betroffene berichtet; es gibt jedoch noch keinen zuverlässigen Hinweis auf eine Zunahme ihres Anteils an der Gesamtprävalenz. Nach Einschätzung des Bundesfachverbandes Ess-Störungen e.V. leiden ca. 5 % der Bevölkerung an Bulimie oder Anorexie. Eine weitaus höhere Anzahl wird für Adipositas veranschlagt: Je nach Altersgruppe liegt die Prävalenz bei 20 bis 60 % (Bundesfachverband Ess-Störungen e.V. 1999; Reich 2003, S.6)). Im Bericht der Enquêtekommission des Landtags NRW (2004) wird unter Bezug auf Befunde nach den ICD-10 bzw. DSM IV Kriterien Prävalenz allein für Mädchen geschätzt, demnach erkranken 0,5 bis 1 % an Anorexie, an Adipositas ca. 10 %. Schwierigkeiten in der Erhebung von Prävalenzdaten können auch mit der Vielfalt an Mischformen von Ess-Störungen sowie variierende Definitionsgrundlagen zusammenhängen. Gestörtes Essverhalten ist situativ und variabel und aufgrund der Leugnung der Erkrankung nur schwer zu diagnostizieren. Hinzu kommen Unsicherheiten in der Stichprobenauswahl und der Methodik (DHS 1997, S. 5). Fragebögen zur Selbsteinschätzung zeigen eine geringe Übereinstimmung mit professionellen Beurteilungen des Essverhaltens, und dies nicht nur bei Anorexie, die durch Wahrnehmungsverzerrungen geradezu gekennzeichnet ist, sondern auch bei „Binge Eating“ (vgl. Fichter u.a. 1998). Es ist ferner nicht auszuschließen, dass die Prävalenz essgestörten Verhaltens gerade im Jugendalter erheblichen Veränderungen unterliegt. Klingenspor und Rastetter (2004) identifizierten bei ihrer Studie in Gymnasien unter den 13- bis 15-jährigen überraschend mehr als doppelt so viele Jungen als Mädchen mit bulimischen Verhalten; dieser hohe relativer Anteil führen sie jedoch im wesentlichen auf das Merkmal „übermäßiger körperlicher Betätigung“ zurück. Bei den weiblichen Jugendlichen nahm die Häufigkeit in der späteren Adoleszenz zu und stieg auf 8,9% in der Altersgruppe 16 bis 18, während der Anteil männlicher Betroffener auf 3% zurückging. Ungefähr dreimal so viele weibliche wie männliche Jugendliche wünschten sich eine Gewichtsabnahme (62% vs. 23%) und machten gerade eine Diät (34% vs. 11%). Dies entspricht in der Relation den Ergebnissen des ersten Jugendgesundheitssurvey aus dem Jahr 1992/93, liegt aber auf einem deutlich höheren Niveau: damals hatten 27.6% der Mädchen und 11,2% der Jungen hatten schon einmal eine Diät gemacht (aktuell waren es 5% der Mädchen und 1% der Jungen) (Kolip 1997, S. 192). Mädchen sind in allen Altersgruppen unzufriedener mit ihrem Körper. Als zu dick empfanden sich bei dem Survey 43,7% der Mädchen und 22,9% der Jungen – und dies, obwohl sie mehrheitlich tatsächlich unterhalb des Idealgewichts lagen (ebd., S. 196). Sollten die Daten von Klingenspor einen Trend anzeigen, so wäre eine erhebliche Zunahme in der Besorgtheit über Körpergewicht und Figur unter Jugendlichen zu vermuten, und dies gehört zu den Risikofaktoren für Bulimie (vgl. Gowers, Shore 2001; Jacobi 2000). Sowohl bei Binge Eating als auch bei Adipositas scheint die Verteilung nach Geschlecht ausgeglichener zu sein. Für die Bundesrepublik Deutschland existieren derzeit keine Daten für die Prävalenz von Adipositas und deren geschlechtsspezifische Entwicklungen. In Deutschland wird jedoch davon ausgegangen, dass jeder fünfte Mann und jede vierte Frau im Erwachsenenalter entsprechend der Kriterien der WHO adipös ist (Gesundheitsbericht NRW 2000, S.95). Für die Verbreitung von Binge Eating als spezielle Störung liegen auch international (vgl. Fairburn, Harrison 2003) bisher keine zufrieden stellende Daten vor. Geschätzte Prävalenzwerte finden sich in einer Informationsbroschüre der DHS für Ärztinnen und Ärzte (1997): Prävalenz Geschlecht Altershäufigkeit Anorexia Nervosa Frauen:0,2 bis 2 % 95 % der Erkrankten weiblich 15-23 Jahre Bulimia Nervosa Insgesamt 2-4 % 90% der Erkrankten weiblich 20-30 Jahre Adipositas Frauen: 9-25 % Männer: 10-16 % geringfügig häufiger bei Frauen 40-65 Jahre Binge Eating Störung 2 % der Bevölkerung, von Adipösen ca. 4-9 % ca. 40 % Männer betroffen, 60% Frauen Bei Frauen 1,5 mal wahrscheinlicher als bei Männern im frühen Erwachsenenalter Quellen: Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren e.V. (1997): Ess-Störungen – Eine Information für Ärztinnen und Ärzte, S.8; www.m-ww.de (8.10.04); www.novafeel.de, www.medizin.de (8.10.04)). Diese Tabelle ist als anschauliche Orientierungshilfe zu sehen; die Datenbasis ist nicht aktuell und sie erfasst nicht das tatsächliche Vorkommen von Ess-Störungen, da die Dunkelziffer hoch ist. Methode und Verlauf der Expertise Fragestellungen Die Untersuchung war darauf ausgerichtet, zu klären, welche Veränderungen möglich und nötig sind, damit die Angebote von Hilfe dem Bedarf der Betroffenen besser entsprechen bzw. diese besser und früher erreichen können. Dazu sollte eine Analyse der existierenden Angebote dienen. Eine Bewertung in Relation zur objektiven Nachfrage war nicht möglich. Weder für das Ausmaß des Problems (Prävalenz und Inzidenz), noch für die erforderliche Angebots- und Therapiepalette gibt es eine verlässliche quantitative Grundlage. Zudem wird in den letzten Jahren betont, dass die Form der Ess-Störung bei einer Person sich wandeln kann, der Wert eindeutig abgrenzender Diagnosen über den aktuellen Behandlungsanlass hinaus wird zumindest auf dem gegenwärtigen Erkenntnisstand angezweifelt. Bei der Frage nach einem bedarfsgerechten Angebot war zu bedenken, dass es innerhalb der Bandbreite der Ess-Störungen verschiedene Formen und Grade der Betroffenheit gibt und daher unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen wären. In Anbetracht der ungünstigen Prognose bei schwerwiegender Ausprägung von Anorexie und Bulimie besteht Konsens, dass frühzeitige Hilfe anzustreben ist; dies wiederum weist auf die Notwendigkeit einer breiten Palette von Hilfen hin. Zu fragen war, inwieweit es unterschiedlicher Angebote differenziert nach der Klientel bedarf und welche Bandbreite sie abdecken sollten. Welche Differenzierung nach kulturellem Hintergrund, Lebensphase, Lebenslage und spezifische Vulnerabilität ist erforderlich? Wie kann eine optimale Versorgung mit begrenzten Mitteln am besten gewährleistet werden? Eine Analyse der Hilfsangebote impliziert ebenfalls die Frage nach deren Qualität. Weder Beratungs- noch Selbsthilfeansätze zum Thema Ess-Störungen wurden in den letzten Jahren systematisch erfasst und evaluiert. Die Ratgeberliteratur ist selbst für Fachkräfte schwer zu überblicken. Im therapeutischen sowie stationären Bereich variieren die Inanspruchnahme und damit die Wahrnehmung der vorkommenden Krankheitsbilder nach den Behandlungsmöglichkeiten. Die Therapieforschung ist ausgesprochen lückenhaft, und Meta-analysen der mittelfristigen Wirksamkeit von Behandlungen geben nur bedingt Hinweise auf die Erfolgsaussichten spezifischer Behandlungsmethoden im Vergleich (Steinhauser… ). Es konnte nicht Aufgabe dieser Expertise sein, dem Mangel abzuhelfen. Zu fragen war vielmehr: Wie schätzen erfahrene ExpertInnen die Effektivität und die Reichweite der verfügbaren Angebote ein und wo sehen sie qualitative oder quantitative Defizite und Lücken? In welchen Bereichen könnte eine Weiterentwicklung mit Priorität verfolgt werden? Zu den größten Problemen bei der Behandlung chronischer Ess-Störungen zählt die Schwierigkeit, die Betroffenen zur Veränderung zu motivieren; auch wird bezweifelt, ob lösungsorientierte Therapien überhaupt Langzeitwirkungen haben. Frauen, die einsehen, dass sie ein gestörtes Verhältnis zum Essen haben, sind eher in der Lage, ihre Krankheit zu überwinden als uneinsichtige Patientinnen (Guldenschuh 2001). Auch in dieser Hinsicht teilen Ess-Störungen Merkmale der Sucht, wobei aber gängige Konzepte, die einen Verzicht auf das Suchtmittel verlangen, beim Essen nicht anwendbar sind. Zu fragen ist hier: Was sind die Zugangswege, die Betroffene zu einem Hilfsangebot hinführen, und bei welchen Zugängen gelingt es, eine stabile Motivation zur Annahme der Hilfe herzustellen? Welche Rolle spielen hierbei z.B. die Selbsthilfe, die Suchthilfe, die Psychosoziale Beratung, die ärztliche Primärversorgung, andere Vermittlungswege? An die Prävention im Sinne frühzeitiger Intervention werden große Erwartungen gerichtet. Hier fehlt es an handlungsleitenden Informationen und Sensibilisierung für Fachkräfte. Die medizinischen Richtlinien reichen als Grundlage nicht aus, um eine Ess-Störung frühzeitig festzustellen. Leitlinien für Ärzte und Ärztinnen beziehen sich auf ein fortgeschrittenes Krankheitsstadium, das sich durch gesundheitliche Schädigungen äußert (DHS 1997, Fairburn, Brownell 2002). Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat eine Handlungsleitlinie für Freunde und Angehörige herausgegeben (BZgA 2001), die oft am ehesten in der Lage sind, problematisches Essverhalten wahrzunehmen. Zu fragen war, ob im In- oder Ausland weitere sensibilisierende Leitlinien zu finden sind, die dazu beitragen können, dass niedergelassene ÄrztInnen, soziale und pädagogische Fachkräfte frühzeitig auf entstehende Ess-Störungen aufmerksam werden. Wie ist der Bedarf an Fort- und Weiterbildung einzuschätzen? Welche Kooperations- und Informationsnetze können dazu beitragen, dass Früherkennung tatsächlich zur wirksamen Hilfe führt? Völlig unbekannt ist bei derzeitigen Präventionsprogrammen, ob diese Aktivitäten eine vorbeugende Wirkung hinsichtlich Ess-Störungen haben (können), die Evaluation präventiver Programme ist generell nur sehr begrenzt möglich. Es stellt sich die Frage: Welche Formen von präventiver Arbeit werden von ExpertInnen mit Praxiserfahrung als aussichtsreich eingeschätzt, wird eine Einbindung der Früherkennung für notwendig gehalten? Welche Konzepte aus dem In- oder Ausland erscheinen sinnvoll und umsetzbar? Unsere Fragestellungen fokussierten die Schwerpunktbereiche Bedarfsdeckung, Qualität der Hilfestrukturen, Früherkennung und Prävention; das empirische Vorgehen wurde darauf abgestimmt, mögliche Defizite und Verbesserungskonzepte in diesen Bereichen zu gewinnen. Methodik Um ein multidimensionales Problemfeld unter dem Blickwinkel von Erkenntnissen für die Praxis zu untersuchen, hat sich in der anwendungsorientierten Forschung der Mehr-Methoden-Ansatz etabliert. Dieser Ansatz nutzt das Potential sowohl qualitativer als auch quantitativer Methoden mit ihrem je spezifischen Erschließungsvermögen; ferner werden eigens durchgeführte Teilerhebungen gezielt eingesetzt zur Ergänzung oder zur besseren Verknüpfung existierender Forschungsbestände mit den konkreten Bedingungen im vorgesehenen Verwendungsfeld. Damit wird zudem methodologisch vermieden, die Reichweite der zu erzielenden Ergebnisse auf die Aussagefähigkeit eines einzigen Erhebungsverfahrens einzuschränken. Die Kombination verschiedener Forschungsmethoden wird unter dem Begriff der Triangulation zusammengefasst; damit ist gemeint, dass Phänomene oder Problemfelder aus mehreren Blickwinkeln betrachtet werden. Experteninterviews zu Projektbeginn zielten darauf ab, den gegenwärtigen Stand der Hilfe im Bereich Ess-Störungen in der Bundesrepublik einzuschätzen, Lücken und Defizite zu benennen sowie Anforderungen und Maßstäbe zu definieren. Für eine Ist-Standserhebung in Nordrhein-Westfalen wurde zunächst ein quantitatives Instrument, den Kurzfragebogen eingesetzt, der zugleich dem Zugang zum Forschungsfeld diente. Von Interesse war hierbei, welche Professionellen mit Ess-Störungen in Kontakt kommen und welche Hilfe sie anbieten können. Ein zweitägiger Strategie-Workshop wurde mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus NRW durchgeführt, die beim Thema Ess-Störungen in ihrem Berufsfeld engagiert sind. Die Interviews mit Kontaktpersonen niedrigschwelliger Beratungseinrichtungen führten wir in Form von Gruppen- sowie Einzelinterviews durch, wobei nur wenige Gruppengespräche organisatorisch möglich waren. Am Ende der empirischen Bearbeitung wurde im September 2004 zu einer Diskussionsrunde unter Expertinnen und Experten über mögliche Empfehlungen eingeladen. Internetrecherche Die Untersuchung wurde mit einer Internetrecherche eingeleitet, um einen Überblick über Versorgungsangebote und interessante Praxismodelle im In- und Ausland zu gewinnen. Aufgrund der Fülle an Informationen und Ergiebigkeit der Recherche wurde sie parallel zu den nächsten Arbeitsschritten fortgeführt. Die inhaltliche Recherche umfasst die Bereiche Prävention, ambulante Hilfen, Tageskliniken und therapeutische Wohngruppen sowie stationäre Hilfen unter Einbeziehung von medizinischen Leitlinien. Experteninterviews zur Struktur und zu den Anforderungen an das Hilfsangebot Als erster empirischer Schritt wurden in einer bundesweit angelegten Befragung Expertinnen und Experten nach ihren Erkenntnissen und Erfahrungen zum gegenwärtigen Stand und zu den Anforderungen an das Hilfesystem allgemein befragt. Einbezogen wurden niedergelassene ärztliche und psychologische PsychotherapeutInnen, ÄrztInnen in Kliniken, Oecotrophologinnen und PädagogInnen sowie VertreterInnen der Selbsthilfe. Das ExpertInneninterview wird in der Sozialforschung dann eingesetzt, wenn das Forschungsinteresse sich nicht auf Personen und deren Leben und Handeln, sondern auf ein Handlungsfeld richtet. Allgemein formulieren Meuser und Nagel: „Als Experte wird angesprochen, wer in irgendeiner Weise Verantwortung trägt für den Entwurf, die Implementierung oder die Kontrolle einer Problemlösung oder wer über einen privilegierten Zugang zu Informationen über Personengruppen oder Entscheidungsprozesse verfügt.“ (Meuser, Nagel 1991, S. 443) ExpertInnen werden um Auskunft über das eigene Handlungsfeld oder über die Kontextbedingungen des Handelns der Zielgruppe der Forschung gebeten. Ist das Handlungsfeld z.B. eine Organisation, so zielt ein Experteninterview oft auf das interne „Betriebswissen“; handelt es sich um ein breiteres Feld, so richtet sich das Interesse auch auf Kontextwissen hinsichtlich der Rahmenbedingungen, denen das Handeln unterworfen ist. Vertreter verschiedener Berufsgruppen und Organisationen, wie wir sie im Bereich Ess-Störungen haben, können wechselseitig mit Kontextwissen die Möglichkeiten und Grenzen der Problemlösungen der jeweils anderen Gruppen beleuchten. Entsprechend dieser Art von Zielsetzung werden die Interviews mit einem flexiblen Leitfaden geführt. Im Zuge der Auswertung werden die Interviews paraphrasiert und die Aussagen nach einer themenbezogenen Struktur geordnet (zur Methode vgl. auch Bogner, Menz 2002). Da es in der vorliegenden Expertise um eine Vielfalt unterschiedlich gearteten Einrichtungen und Praxisstellen innerhalb des breiten Feldes der Hilfe bei Ess-Störungen ging, kam es darauf an, möglichst unterschiedliche Blickwinkel auf das Feld einzubeziehen. Erfahrene Fachkräfte zu befragen hat den Vorteil, verdichtetes Erfahrungswissen einzubeziehen, und zwar sowohl Betriebswissen über das eigene Tätigkeitsfeld, als auch Kontextwissen über die Bedingungen, unter denen Menschen mit Ess-Störungen Hilfe suchen oder finden. Methodisch war es unbedingt erforderlich, kontrastierende fachliche Sichtweisen einzubeziehen. Damit wird der in der Evaluationsforschung bekannten Tatsache Rechnung getragen, dass jede Art von Einrichtung und jede individuelle Fachkraft, als Persönlichkeit betrachtet, die jeweils zu ihr „passende“ bzw. ansprechbare Klientel „herausfiltert“, und damit spezifische Aspekte des Gesamtproblems besonders differenziert wahrnimmt. In diesem methodologischen Sinne galt bei der Auswahl der Interviewpartner kein Personenkreis als herausgehobene Experten, deren Fachautorität im Sinne einer wissenschaftlichen Funktionselite maßgeblich wäre. Als Interviewpartner für Betriebs- und Kontextwissen ist die niedergelassene Ökotrophologin genauso „Expertin“ wie der ärztliche Direktor einer Fachklinik oder der Vertreter einer Selbsthilfekonstaktstelle, denn jeder hat über einen anderen Ausschnitt des Handlungsfeldes Betriebs- und Kontextwissen. Ziel der Erhebung war es, in begrenzter Zeit einen möglichst reichhaltigen Fundus an Wissen zusammenzutragen, um ein Bild von Stand und Entwicklungsbedarf des Hilfesystems in der Bundesrepublik zu gewinnen und daraus Anforderungen analytisch abzuleiten, die für die Politik in NRW von Nutzen wären. Als Expertinnen und Experten haben wir Fachkräfte angesprochen, die sich über lange Zeit hinweg mit dem Schwerpunkt Ess-Störungen beschäftigen, Praxiserfahrung in der Hilfe oder Behandlung haben und über einen aktuellen Wissenstand in ihrem Arbeitsbereich verfügen. Insgesamt wurden 18 zumeist telefonische Interviews mit Experten und Expertinnen geführt, die fokussiert zum Thema Ess-Störungen tätig sind und sich auf Fachwissen sowie Erfahrung aus der Praxis beziehen konnten. Bei der Auswahl wurde darauf geachtet, dass die Arbeitskonzepte differieren. Arbeitsbereich Befragte Expertinnen Befragte Experten Gesamtzahl Kliniken einschließlich Universitätskliniken 1 5 6 Selbsthilfekontaktstellen -- 1 1 Beratungsstellen 7 -- 7 Ärztliche/psychologische Psychotherapie 2 1 3 Oecotrophologie 1 -- 1 Gesamtzahl 11 7 18 Während im stationären Bereich eher männliche Personen Ansprechpartner waren, waren in den spezialisierten ambulanten Einrichtungen eher Frauen Ansprechpartnerinnen. Grundlage der Auswahl war eine bundesweit angelegte Recherche nach Einrichtungen, deren Schwerpunkt im Bereich Hilfe, Beratung und Behandlung von Ess-Störungen liegt. Kontakte entstanden sowohl durch die Sichtung aktueller Literatur als auch durch Teilnahme an einer Fachtagung zum Thema „Suchtartige Ess-Störungen bei Mädchen und jungen Frauen“. Einen weiteren Zugangsweg stellte der Bundesfachverband für Ess-Störungen dar, welcher zahlreiche ambulante Einrichtungen als Mitglieder führt. Die Adressenliste der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung diente ebenfalls als Quelle, durch Detailsuche konnte auch die Internetrecherche genutzt werden. Teilweise haben ExpertInnen weitere fachkundige Personen empfohlen („Schneeballsystem“). Der Leitfaden für telefonische Interviews umfasste die Themenbereiche: Beschreibung des eigenen Hilfeangebotes Zugrunde liegendes Erklärungsmodell Zielgruppe, auf die das Angebot zugeschnitten ist Art der Werbung für das spezielle Angebot Einschätzung effektiver Angebote im Bereich: a) Prävention; b) ambulante und c) stationäre Behandlung Qualitätsstandards Kooperation mit Fachkräften aus anderen Bereichen Geschätzte Reichweite der Behandlung Lücken und Defizite der Versorgungssituation insgesamt Vorstellungen für optimale Hilfe und Behandlung im Bereich Ess-Störungen Kenntnis und Bewertung ausländischer Modelle guter Praxis Ziel dieser Befragung war die Gewinnung von Maßstäben für eine gute Versorgung auf der Grundlage des Erfahrungswissens und der Expertise spezialisiert ausgewiesener PraktikerInnen. Bewusst wurde in dieser Phase bundesweit gesucht, zum einen, um der geplanten zweistufigen Erhebung in NRW nicht zu sehr vorzugreifen, zum anderen, um eine breite fachliche Grundlage unabhängig von regionalen Strukturen zu gewinnen. Ging es doch in diesem Arbeitsschritt darum, zu erkunden, wie auf dem heutigen Stand guter Praxis der Bedarf an Hilfen für Essgestörte bestimmt wird. Fragebogen-Erhebung Zur Erschließung des spezifischen Handlungsfeldes in NRW, insbesondere im Hinblick auf die Potentiale und Defizite des existierenden Hilfeangebotes, wurde ein Kurzfragebogen entwickelt. Die Befragung zielte darauf ab, Informationen über Fachkräfte zu erhalten, die sich mit dem Problemkreis Ess-Störungen auseinandersetzen. Der kurze schriftliche Fragebogen (ein zweiseitiges Blatt) war vor allem für eine erste Übersicht des Feldes und zum Zwecke der Kontaktaufnahme mit besonders interessierten Stellen gedacht. Ferner sollte ein Überblick über das potentielle Hilfenetz bei Ess-Störungen und erste Hinweise auf Lücken im Hilfesystem gewonnen werden. Aus dem Blickwinkel der Ressourcenökonomie war nicht vorgesehen, eine flächendeckende Umfrage unter den in Frage kommenden Berufsgruppen (etwa bei allen ÄrztInnen oder PsychologInnen in NRW) durchzuführen. Zielsetzung war eine erste Erkundung der Versorgungslandschaft: Wer sieht sich als Anbieter von Hilfe bei Ess-Störungen, von welcher Art ist die Hilfe, welche Verbindungen bestehen zu Zentren spezialisierter Hilfe, wer hat ein Konzept und wäre bereit, mit uns darüber zu sprechen? Für die Entwicklung von Hilfestrukturen sind zunächst diejenigen PraktikerInnen wichtig, die das Problem wahrgenommen haben und bewusst einen hilfreichen Umgang damit versuchen; sie können Katalysatoren für weitere Entwicklungen sein. Von Interesse ist dann: Wo befinden sie sich, was für einen grundsätzlichen Zugang haben sie zum Problem, wo sehen sie ihre Möglichkeiten und Grenzen, was wird gebraucht, damit die Entfaltung eines vernetzten Hilfesystems voran kommt? Der Fragebogen wurde teilweise direkt von der Universität per Post oder E-Mail versandt, teilweise wurden die Bögen über zentrale Koordinationsstellen versandt und ein weiterer Teil ergab sich über die Fachpresse (insb. für die Erreichung der Ärzteschaft). Der Versand über eine kompetente Stelle (z.B. Dachverband) war für manche Zielgruppen am effektivsten, für andere jedoch nicht möglich. Da die Verteilungswege flexibel auf die Zielgruppe abgestimmt waren, war es nicht möglich, die Gesamtheit der angeschriebenen Personen quantitativ zu erfassen; daher kann keine Rücklaufquote errechnet werden. Im Folgenden werden die Zielgruppen sowie die Verteilungswege beschrieben: Zielgruppen/ Einrichtungen Verteilungswege AllgemeinmedizinerInnen Ärzte Zeitung NRW, KVNO – aktuell (Rheinland) und im Punktum (Westfalen-Lippe), Rheinisches Ärzteblatt, Westfälisches Ärzteblatt, Hausärzteverbände Nordrhein/ Westfalen-Lippe Kliniken mit Schwerpunkt Ess-Störungen Internetrecherche, anschließend Versand per Postweg / E-Mail Frauenberatungsstellen Dachverband der Frauenberatungsstellen, Versand per E-Mail Selbsthilfekontaktstellen Koordinierungsstelle für Selbsthilfekontaktstellen in NRW (KOSKON), anschließend Versand per E-Mail nach Vermittlung der Adressen Weitere Beratungseinrichtungen (Sucht-, Erziehungs-, Mädchen- sowie spezialisierte Beratungseinrichtungen) Internetrecherche, anschließend Versand per Postweg Gynäkologinnen und Gynäkologen Recherche „Deutsche Gesellschaft für Frauenheilkunde und Geburtshilfe“, manueller Versand per E-Mail an einige Praxen in NRW (alle mit e-mail Adresse) Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten Weiterleitung über Psychotherapeutenkammer NRW Ärztliche Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten Adressvermittlung durch AOK Westfalen Lippe, Landesfachstelle Ess-Störungen NRW, Versand per Post Krankenkassen Internetrecherche, Versand per Post/ e-mail Psychologen und Psychologinnen Berufsverband der Psychologinnen und Psychologen - Landesgeschäftsstelle NRW, Verteilung über Landesgeschäftstelle NRW Reha- und Kureinrichtungen für Mütter mit Kindern Deutsches Müttergenesungswerk Berlin, KAG Müttergenesung e.V. Freiburg, Vermittlung der Adressen in NRW, Versand per E-Mail Oecotrophologinnen und Oecotrophologen Verband der Oecotrophologen in NRW, Versand per E-Mail Infolge einer organisatorischen Verzögerung wurde die Rücklauffrist – ursprünglich bis Ende Februar vorgesehen – bis Mitte Juni 2004 verlängert. Bis dahin gingen 163 Fragebögen aus Nordrhein-Westfalen ein. Der Rücklauf teilt sich folgendermaßen auf: Berufsgruppe/ Einrichtung Anzahl der Rückläufe Ärztliche und psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten 35 Frauenberatungsstellen 30 Selbsthilfekontaktstellen 17 Krankenkassen 15 Kliniken 11 Oecotrophologinnen und Oecotrophologen 11 Fachärztinnen und Fachärzte 10 AllgemeinmedizinerInnen 7 Beratungsstellen 5 Mädchenberatungsstellen 4 Reha- und Kureinrichtungen 3 Suchtberatungsstellen 3 Patientenberatungsstelle 1 Ehe- und Familienberatungsstellen 2 Universitäre Einrichtungen, Ernährungsberaterin (jeweils 2x) 4 Verschiedene: Diätassistentin, Facheinrichtung für Kinder und Jugendliche, Frauenbüro, Kreisverwaltung, Verbraucherzentrale (jeweils 1x) 4 Gesamtzahl 162 Eine Person machte zu ihrem Beruf keine Angaben. Die niedergelassenen ärztlichen und psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie die Frauenberatungsstellen sind auf den ersten Blick diejenigen, die sich am engagiertesten an der Fragebogenerhebung beteiligt haben. Der Fragebogen war bewusst sehr kurz gehalten und sollte nicht die Funktion einer flächendeckenden Umfrage erfüllen. Die Ergebnisse wurden auf einer Landkarte eingetragen (s. Anhang), und lieferten erste Indizien für Beschaffenheit und eventuelle Defizite der Hilfestrukturen. Strategieworkshop Im Rahmen einer Expertise, die Erkenntnisse für die Praxis gewinnen will, haben Workshops mit ExpertInnen einen dreifachen Nutzwert. Sie ergänzen die Datenerhebung durch eine zeitökonomische Bündelung von Fachkenntnissen, die in gezielt strukturierten Gesprächsrunden zu einander in Bezug gesetzt werden (die Erhebung wird mit relativ geringem Aufwand breiter); die Arbeitsform erlaubt zugleich eine ergebnisorientierte Bearbeitung noch offener Fragen der laufenden Untersuchung (die Erhebung kann in die Tiefe gehen), und sie geben zudem Information und Anstöße zur Vernetzung in die Praxis hinein (sie geben also etwas an die Praxis zurück, ohne dem Abschlußbericht an den Auftraggeber vorzugreifen). Workshops sind offene Veranstaltungen, bei denen auf der Basis einer gemeinsamen Themengrundlage an Problemlösungen gearbeitet wird. Zunächst geplant war eine „Implementationswerkstatt“ mit strategisch wichtigen Akteuren, um die bis dahin gesammelten Vorschläge zur Verbesserung der Versorgung und Hilfe auf ihre Umsetzbarkeit hin zu prüfen. Tatsächlich stellte sich heraus, dass die bis dahin gesammelten Anregungen aus den Experteninterviews wenig konkret waren. In Abstimmung mit dem Auftraggeber wurde statt dessen ein „Strategieworkshop“ durchgeführt. Dort wurden interessante Modelle sowie Lücken und Defizite in der Versorgung mit engagierten Praktikerinnen und Praktikern besprochen mit dem Ziel, Wege zur Verbesserung zu erarbeiten und strategische Umsetzungsmöglichkeiten zu entwerfen. Impulsreferate gaben den Einstieg in die Problemkreise, die sich als besonders wichtig herausgeschält haben. In ergebnisorientierten Arbeitsgruppen zu drei zentralen Problemkreisen – Vernetzungswege, Hilfen für Kinder und Jugendliche und Identifizierung der benötigten Akteure für Veränderungen – wurden Ideen für Verbesserungsansätze generiert und einzubeziehende Akteure herausgearbeitet; eine gemeinsame Erörterung von gangbaren Wegen der Prävention schloss das Themenfeld ab. Qualitative Erhebung im Hilfeangebot des Landes NRW Eine qualitative Erhebung bietet die Möglichkeit, ausgewählte Praxismodelle differenziert darzustellen. Als Zugang bieten sich einerseits Gespräche mit verschiedenen Beteiligten in einer Einrichtung oder einem Kooperationsmodell an, andererseits Gespräche mit VertreterInnen ähnlicher Angebote, um den jeweiligen Typus der Hilfe jenseits lokaler Besonderheiten zu beleuchten. Im Zuge der Bearbeitung dieser Expertise wurde in Rücksprache mit der Landesfachstelle Ess-Störungen eine Schwerpunktverlagerung von dem ersten zum zweiten Vorgehen vereinbart. Maßgeblich war hier die Überlegung, dass die Steuerungsmöglichkeiten der Politik gegenüber den kassenfinanzierten oder privat abgerechneten Leistungen eher gering sind. Daher würde die differenzierte Beschreibung von Modellen guter Behandlung etwa im stationären Bereich, keinen nennenswerten „Mehrwert“ für die politische Gestaltung der Landesregierung abwerfen. Eine stärkere Beleuchtung des Hilfepotentials der öffentlich finanzierten und z. T. niedrigschwelligen Beratungsstrukturen versprach größere Aussichten auf übertragbare Anregungen. Ein besonderes Augenmerk wurde dabei auf Vernetzungsansätze gerichtet, zumal deren Wichtigkeit ein Hauptergebnis sowohl der Experteninterviews als auch beim Strategie-Workshop war. Inhaltlich trat damit die Frage nach einem bedarfsdeckenden Angebot und deren Differenzierung etwas zurück zugunsten einer stärkeren Betonung der Frage nach den Zugangswegen, die Betroffene zu einem Hilfsangebot hinführen. Dies sollte dazu beitragen, die vorhandenen Strukturen, die das Land NRW unterstützt, zu optimieren, um adäquate Hilfestellungen anzubieten. Besonders wichtig waren die allgemeinen Beratungsstellen, die für einen Teil derjenigen Betroffenen, deren Leiden im „vorklinischen“ Bereich liegt, den Weg zu einer gezielten und zu ihrer Situation passenden Hilfe vermitteln zu können. Als Methode setzten wir Einzel- und Gruppengespräche ein, um besser beschreiben zu können, welche Gruppen von Betroffenen die verschiedenen Typen von Beratungsstellen erreichen, welche Hilfe sie ihnen selbst anbieten oder durch Weitervermittlung ermöglichen können, wo sie die Defizite und Probleme sehen, die einer effektiveren Hilfe im Wege stehen, und was ihre Bedürfnisse sind, um besser helfen zu können. Kontakte entstanden über die Kooperation mit der Landesfachstelle Ess-Störungen NRW und den Rücklauf der Fragebogen, aus dem einige interessierte Personen hervorgingen. Die Entscheidung, ob Einzelgespräche oder ein Gruppengespräch stattfand, hing von praktischen Gesichtspunkten ab. Einrichtung Befragte Expertinnen Befragte Experten Gesamtzahl Selbsthilfekontaktstellen 3 1 4 Frauenberatungsstellen 6 -- 6 Mädchenberatungsstellen 3 -- 3 Suchtberatungsstellen 4 1 5 Erziehungs-, Ehe- und Familienberatungsstellen -- 2 2 Kliniken 1 1 2 Kommunale Gesundheitskonferenz 1 -- 1 Gesamtzahl 18 5 23 Die Leitfäden fokussierten auf folgende Bereiche: Darstellung der Hilfemöglichkeiten Zielgruppen für die Angebote Möglichkeiten und Grenzen des Hilfeangebotes Lücken und Defizite in NRW Vernetzungswege Neben den ausführlichen persönlichen Interviews wurden weitere kurze telefonische Befragungen durchgeführt, um die Ergebnisse abzusichern. Insbesondere bei den Erziehungsberatungsstellen, deren Träger sehr vielfältig sind, wurde telefonisch erkundet, inwiefern die Angebote unterschiedlicher Träger differieren bzw. ob sie häufig auf das Thema Ess-Störungen im Rahmen ihrer Tätigkeit stoßen. Recherche nach geschlechtsspezifischen Angeboten für Männer Parallel zu den Interviews in niedrigschwelligen Beratungseinrichtungen wurde nach Angeboten spezifisch für die Zielgruppe Jungen und Männer recherchiert. Ist doch davon auszugehen, dass Ess-Störungen in der Adoleszenz auch bei männlichen Jugendlichen einen Bezug zur Geschlechtsidentität, zum Körperbild, zur Familiendynamik und zu Problemkreisen wie Individualisierung und widersprüchlich gewordenen Rollenerwartungen haben und daher die Hilfe geschlechtsspezifisch sensibel sein muss. Hinweisen auf relevanten Internetseiten wurde ohne Erfolg nachgegangen; z.T. erwiesen sich Pressemeldungen über neuere Studien als komplette Fehlinformation. Eine Anfrage bei 6 Männerberatungsstellen in NRW ergab, dass sie wenig oder gar nicht mit dem Thema Ess-Störungen konfrontiert werden, sondern vorrangig mit Gewaltprävention und Beratung bei sexuellem Missbrauch zu tun haben. Auch die Veröffentlichung eines Artikels in der Männerzeitschrift „Switchboard“ in NRW blieb erfolglos. Über das Männer-Väter-Forum in Köln wurde das Anliegen ebenfalls in den Email-Verteiler aufgenommen, es kamen jedoch keine Rückmeldungen. Derzeit ist davon auszugehen, dass es für essgestörte Jungen und Männer keine nach außen hin erkennbare Anlaufstelle gibt. Diskussionsrunde mit Expertinnen und Experten Die Runde mit Expertinnen und Experten aus dem Gesundheitswesen und der Beratung im September 2004 hatte mehrere Funktionen. Sie erlaubte es einerseits, mögliche Empfehlungen bei kompetenten Akteuren zur Diskussion zu stellen und Hinweise für deren Zielgenauigkeit zu gewinnen, insofern handelte es sich um einen abschließenden empirischen Erhebungsschritt. Andererseits bot sie Anknüpfungspunkte für die mögliche Implementierung der Ergebnisse, insofern handelt es sich um eine strategische Aktion, die einen Schub in Richtung auf Vernetzung geben konnte. Etwa gleichgewichtig waren folgende Gruppen vertreten: Dachverbände, Landesarbeitskreise und Koordinierungsstellen in den unterschiedlichen Beratungsbereichen und der Selbsthilfe; Kommunal- bzw. regional- und gesundheitspolitische Akteure wie z.B. Landschaftsverbände, Krankenkassen; Engagierte Fachkräfte, die beträchtliche Erfahrung im Gebiet haben. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren aus der bisherigen empirischen Bearbeitung der Expertise bekannt oder wurden über das Gesundheitsministerium empfohlen. Den TeilnehmerInnen wurde die Studie vorgestellt und ein erster Überblick möglicher Empfehlungen für das Land Nordrhein-Westfalen zur Diskussion gestellt; im weiteren Verlauf wurden die Ideen in Arbeitsgruppen bewertet und über Akteure sowie eventuelle Umsetzungsstrategien diskutiert. Die Arbeitsgruppen vertieften die Themenbereiche Qualifikation, Vernetzung und Behebung von Defiziten sowie Stärkung guter Ansätze. Empfehlungsvorschläge wurden auf Dringlichkeit/Notwendigkeit, mittelfristige Auswirkungen, Potential zur Auslösung von weitergehenden Veränderungen und vermutete Widerstände geprüft. Im Anschluss folgte eine Diskussion über Umsetzungsmöglichkeiten der Vorschläge sowie gegebenenfalls Alternativen und deren Akteure. Im Plenum diskutierten die Beteiligten über verschiedene Präventionsmodelle sowie Anknüpfungspunkte für Primärprävention. Hiermit wurde der Bogen zu einer verbesserten Hilfestellung für essgestörte Menschen gespannt. Anforderungen an eine bedarfsdeckende Angebotsstruktur Im Folgenden werden Stärken und Schwächen der in der Bundesrepublik vorfindbaren Angebotsstruktur für Ess-Störungen analytisch aus den Experteninterviews herausgearbeitet, um sodann Anforderungen daraus abzuleiten, die bei der Gestaltung und Weiterentwicklung eines Hilfesystems zu berücksichtigen sind. Da die Rahmenbedingungen und Grundzüge der Bereitstellung von Hilfe, Beratung und Behandlung einerseits nicht länderspezifisch sind, andererseits eine Expertise von Lösungsansätze für typische Problembereiche in anderen Bundesländern profitieren kann, wurde die Analyse zunächst auf der Basis von bundesweit durchgeführten Gesprächen entworfen und sodann in den Workshops und qualitativen Interviews in NRW überprüft und verfeinert. Die empirische Basis der Problemanalyse sind daher die Experteninterviews, die Ergebnisse und Schlussfolgerungen sind jedoch im weiteren Verlauf mit den Erfahrungen der Praxis in NRW abgeglichen. Problemanalyse Aus einer Internetrecherche und aus den Expertengesprächen wurde deutlich, dass die Bundesrepublik insgesamt über eine gut entwickelte und ausdifferenzierte Kliniklandschaft für die stationäre Behandlung von Ess-Störungen verfügt, die auch wissenschaftliche Evaluationen einbezieht. Weder aus dem Klinikbereich selbst, noch aus dem Bereich von Beratung und Selbsthilfe gab es Klagen über fehlenden Zugang zur stationären Versorgung für Erwachsene; allerdings sind teilweise kritisch Einschätzungen der Therapiekonzepte zu hören. Es ist jedoch nicht Aufgabe dieser Expertise, Therapierichtungen zu bewerten. Ferner kann heute festgestellt werden, dass unter den verschiedenen Bereichen der professionellen Hilfe und zwischen ihnen und der Selbsthilfe wechselseitige Anerkennung vorherrscht. Zwar sind deutliche Unterschiede in den Konzepten und bevorzugten Herangehensweisen zu finden, aber grundsätzliche Forderungen nach Veränderungen in den Beratungs- oder Behandlungsmethoden treten in unserer Erhebung eher selten hervor. Kritisiert wird weniger das, was geleistet wird, als das, was zu oft unterbleibt, mit der Folge, dass die Beratung oder Behandlung zu spät einsetzt, zu früh abbricht, oder nicht im nötigen Ausmaß mit flankierenden Maßnahmen eingebettet wird, so dass vielen Betroffenen gar nicht oder nicht mit nachhaltigem Erfolgt geholfen wird. Im Folgenden werden die Lücken und Mängel im Hilfesystem, denen entgegengewirkt werden sollte, in der Reihenfolge der relativen Häufigkeit dargestellt, mit der sie genannt wurden. Dabei haben die Nennungen als solche keine quantitative Bedeutung im Sinne objektiver Gewichtung. Gerade weil die Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Praxisbereichen stammen kann jedoch angenommen werden, dass Defizite, die in verschiedenen Bereichen wiederholt auffallen, sich als Problemfeld auch für Nordrhein-Westfalen erweisen könnten. Tatsächlich hatten die hier genannten Mängel auch in unseren Workshops und qualitativen Interviews Bedeutung. Zusammen mit den Anregungen für Lösungswege dienen sie als Hilfsmittel für die Formulierung von Anforderungen an ein Hilfesystem. Fehlende Anschlüsse und Verbindungen Am häufigsten genannt wurde eine mangelnde oder nicht ausreichend gesicherte Verbindung zwischen verschiedenen Stufen oder Formen der Hilfe. Die befragten ExpertInnen hielten ein engmaschiges Hilfenetz, in dem die Anschlüsse gut funktionieren, für notwendig und beklagten oft dessen Fehlen. Umgekehrt ausgedrückt wird bei Ess-Störungen allgemein nicht von einer Alleinkompetenz ausgegangen. Dies ist nicht selbstverständlich; bei vielen Erkrankungen gilt eher eine eindeutige Zuständigkeit nach dem Facharztprinzip, ergänzt allenfalls um gesundheitspädagogische Bemühungen. Bei Ess-Störungen trafen wir hingegen regelmäßig auf Besorgnis, weil andere Kompetenzen, die zur Vervollständigung einer effektiven Hilfe nötig wären, nicht ausreichend verfügbar sind oder der Anschluss nicht gelingt. Kooperation, Übergänge und Verzahnung zwischen verschiedenartigen Einrichtungen und Hilfen sind oft brüchig oder fehlen, insb. sind die Verbindungen zwischen Beratung und Therapie, zwischen ambulant und stationär unzureichend, oft gelingt es nicht, die ambulante Nachsorge nach einem Klinikaufenthalt sicherzustellen. Von den 18 befragten Expertinnen und Experten haben 14 Defizite und praktische Schwierigkeiten in diesem Bereich genannt. Die Bruchstellen, die uns genannt wurden, sind vielfältig. Es fehlt an regional verfügbaren Adressenpools oder an Kontakten, die der einzelnen niedergelassenen Praxis oder der nicht fachkundigen Beratungsstelle eine Weitervermittlung erleichtern würden. Beratungsstellen mit spezifischer Kompetenz für essgestörte Frauen betonen die Wichtigkeit eines multidimensionalen Ansatzes in Zusammenarbeit mit verschiedenen Berufsgruppen, die mit einander kooperieren und nicht neben einander her arbeiten sollten. Kliniken bieten selten eine ambulante Nachsorge an, und es wird kritisch vermerkt, dass viele Kliniken sich um die Nachsorge nicht kümmern würden; andererseits gelingt der unmittelbare Abschluss der nachstationären Psychotherapie an den Klinikaufenthalt auch dort nicht, wo sich die Klinik nachdrücklich darum bemüht, weil der Therapieplatz erst gesucht und die Kostenübernahme beantragt werden muss. Vorstationäre und nachstationäre Selbsthilfegruppen werden zu wenig oder aber mit falschen Erwartungen berücksichtigt. Den Gesprächen in NRW war zu entnehmen, dass Vernetzungsansätze bereits bestehen, jedoch sind dies oft Kooperationswege innerhalb des eigenen Berufszweiges. Interprofessionelle Zusammenarbeit, z.B. von ambulanten und stationären Hilfeeinrichtungen, scheint es eher selten zu geben. Erschwerend kommt hinzu, dass Kooperationsstrukturen finanziell nicht abgesichert sind und eine Kompensation für Ausfälle der ambulanten Arbeit während der Vernetzungsaktivitäten kaum gegeben ist. Damit wird Vernetzung auf die Freizeit der Fachkräfte verwiesen. Mangelnde Angebote für Kinder und Jugendliche Die Mehrheit der Expertinnen und Experten bezeichnete die Hilfestruktur für Kinder und Jugendliche sowohl im klinischen als auch im ambulanten Bereich als defizitär, zum Teil gravierend. Diese Einschätzung wurde im Strategieworkshop und in den Interviews auch für NRW bekräftigt. Die Defizite werden in mehreren Hinsichten beschrieben. Zum einen würden Kliniken mit spezifischem Behandlungsangebot Jugendliche oft erst ab 14 Jahren aufnehmen, so dass die Altersgruppe der 12- bis 13-jährigen Mädchen massiv unterversorgt ist. Psychosomatische Kliniken scheinen teilweise Jugendliche an die psychiatrische Klinik zu verweisen. Zum anderen gibt es in der Psychiatrie selten entsprechende Fachstationen, so dass essgestörte Jugendliche mit solchen untergebracht werden, die andere psychiatrische Störungen haben; eine Wahlmöglichkeit für die bevorzugte Klinik gibt es in der Psychiatrie (Gebietsversorgung) nicht. Dies ist ein ausgesprochen paradoxer Zustand, denn es heißt, dass ein im Lebenslauf relativ früher Behandlungsbeginn in der Adoleszenz, bei dem noch die familiären und entwicklungsbedingten Aspekte im Vordergrund stehen könnten, gerade nicht störungsspezifisch und lebensweltnahe einsetzen kann, sondern gleich unter den relativ „härtesten“ Bedingungen beginnt. Bedenkt man zudem, dass Ess-Störungen im Pubertätsalter häufig mit einem Kampf um Autonomie und Kontrolle verbunden sind, so sind die kontrollierenden Rahmenbedingungen einer psychiatrischen Behandlung, wenn diese nicht speziell auf die Problematik abgestimmt werden kann, wenig geeignet, die Krankheitseinsicht zu fördern (vgl. Diebel-Braune 1993). Auch im Hinblick auf die ambulante Psychotherapie für Kinder und Jugendliche wurde Kritik geäußert. Aus Sicht einer Beratungsstelle für Ess-Störungen entsprechen die vorherrschenden Verfahren der Psychotherapie, die auf das Zuhören setzen, bei Kindern und Jugendlichen nicht deren Bedürfnis nach Auseinandersetzung und Diskussion. Auch ein psychologischer Psychotherapeut hielt es für geboten, die Jugendlichen stärker mit ihren aktuellen Bedürfnissen aufzufangen. Generell wird bemängelt, dass Therapien zu wenig mit den Eltern und den Familien arbeiten oder diese einbeziehen. Schließlich ist die Auswahl durch mangelnde Plätze begrenzt, und die Wartezeiten der Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen sind besonders lang. Für manche Jugendliche kann es wichtig sein, dass sie aus der familiären Umgebung zumindest eine Zeitlang ausziehen, ohne eine schützenden Umgebung zu entbehren; therapeutische Wohngruppen für Jugendliche mit Ess-Störungen sind bundesweit aber selten. Die existierenden Wohngruppenkonzepte werden als wichtiges Bindeglied zwischen ambulanter und stationärer Behandlung eingeschätzt. Beratungsstellen speziell für jugendliche Zielgruppen gibt es bundesweit zu wenig, so einige der Befragten. Dabei könnten gerade diese Einrichtungen dazu beitragen, der Entwicklung zur chronischen Erkrankungen durch frühzeitige Intervention entgegenzuwirken. Ein besonderes Problem entsteht aus der meist getrennten Zuständigkeit der zuständigen Ressorts für die Finanzierung der Beratung. Kaum verständlich in sachlicher Hinsicht sind Vorgaben an Beratungsstellen, sogar solche, die spezifische Hilfe für Ess-Störungen anbieten, keine Jugendliche unter 18 Jahren in ihre Beratung einzubeziehen, weil hierfür ein anderes Ressort verantwortlich zeichnet. Keine abgesicherten Konzepte für die Prävention Präventionskonzepte wurden von vielen Expertinnen und Experten gefordert (9 Aussagen). Die Befragten sind sich einig, dass Prävention schon früh ansetzen sollte z.B. im Kindergarten im Rahmen von gesunder Ernährung, methodisch verwirklicht mit Hilfe von spielerischen Lerninhalten. Allerdings gibt es, worauf ein Experte hinweist, derzeit keine Studien, die wissenschaftlich belegen, welche Auswirkungen die bisher erprobten Programme haben. Selbst vorliegende Evaluationen beziehen sich i.d.R. darauf, ob die Schülerinnen und Schüler die Information behalten haben, die ihnen vermittelt werden sollten, und ob ihnen das Programm zugesagt hat (vgl. Köster u.a. 2001). Gerade essgestörte Jugendliche sind jedoch meist sehr gut über Essen und Verhalten informiert. Franke (2002) gibt zu bedenken, dass die ständige Thematisierung von Essen und Ess-Störungen möglicherweise eher dazu geeignet ist, die Verbreitung von Ess-Störungen zu unterstützen. Der Bundesfachverband Ess-Störungen e.V. hat ebenfalls festgestellt, dass es nur wenig evaluierte schulische Interventionsprogramme gibt, daher sei die Weiterentwicklung auf diesem Gebiet elementar für die Verbesserung der Hilfe (BFE e.V. 1999). Bundesweit scheint es nach Aussagen der befragten ExpertInnen zwar Ansätze in der Prävention zu geben, jedoch scheinen diese noch keine differenzierte oder nachhaltige Anwendung zu finden. Es wurde von einigen Projekten berichtet, die effektiv waren, die aber aufgrund unzureichender Finanzierung wieder beendet werden mussten. Es scheint kaum Präventionsmodelle zu geben, die langfristig angelegt sind. Primär- und Sekundärprävention in Schulen ist eine Möglichkeit, früh auf problematisches Essverhalten aufmerksam zu werden, die Eltern einzubeziehen und Informationen über Hilfen zu vermitteln. Fehlende Qualitätsstandards im ambulanten Bereich Vor allem die ExpertInnen im ambulanten Bereich beklagten das Fehlen von Qualitätsstandards (8 Aussagen). Gewünscht werden Qualitätsstandards in der Beratung und Therapie im ambulanten Bereich, damit für Professionelle sofort erkennbar ist, an wen er/sie mit gutem Gewissen überweisen kann. Derzeit kann nur durch enge Kooperation und Urteil des/der PatientIn herausgestellt werden, wie kompetent die Hilfestellung war Der Bundesfachverband Ess-Störungen e.V. arbeitet derzeit an Qualitätsstandards in der Prävention, Beratung und Therapie. Ausschnitte der Ergebnisse wurden am 13. und 14. Mai 2004 auf einem Fachkongress in Kassel vorgestellt. Zur Zeit liegen jedoch noch keine schriftlichen Ergebnisse vor. Fehlende oder ungesicherte Anlaufstellen Gerade aus der Perspektive der Kliniken wird die „riesige“ Dunkelziffer derjenigen hervorgehoben, die gar nicht oder zu spät erreicht werden, sowie das späte Stadium der Erkrankung, bis eine klinische oder therapeutische Hilfe aufgesucht wird. Es gibt nicht genug niedrigschwellige Unter niedrigschwelliger Beratung fassen wir Anlaufstellen, die kostenlos und ohne vorherige Anmeldung unter hoher Professionalisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angeboten wird. Anlaufsstellen, um die Betroffenen früh zu erreichen. Dort, wo spezialisierte Stellen ein Beratungsangebot explizit für Ess-Störungen bereithalten, sind sie unzureichend oder unsicher finanziert (insgesamt 7 Aussagen); oft haben sie zu wenig Personalkapazität, um der Nachfrage zu entsprechen, und gehen zur termingebundenen Beratung über, die eine höher Zugangsschwelle hat. Niedrigschwellige Angebote haben für die Versorgung von Ess-Störungen eine herausragende Bedeutung. Eine Studie am Benjamin Franklin Universitätsklinikum in Berlin (2000) hat ergeben, das Patientinnen mit Ess-Störungen unterversorgt sind. Eine verspätete Therapie kann jedoch lebensbedrohlich sein. Betroffene sind oft in einem sehr schlechten körperlichen und seelischen Zustand, wenn sie in eine Klinik eingewiesen werden (Zipfel u.a. 2000). Zudem ist es problematisch, PatientInnen zu behandeln, die eine gestörte Krankheitswahrnehmung aufweisen. Zipfel u.a. führten eine Langzeitstudie mit 84 Anorexiepatientinnen (21 Jahre nach Beendigung der stationären Therapie Nachkontrolle) durch. Je länger es dauert, bis ein Patient stationär eingewiesen wird, desto negativer fällt demnach die Heilungsprognose aus. Daher ist es grundlegend, möglichst früh eine adäquate Diagnose zu stellen und Interventionsmaßnahmen anzubieten. (Zipfel u.a. 2000) Unterversorgung im ländlichen Raum Wiederholt wurde als Problem die unzulängliche Versorgung im ländlichen Raum benannt (7 Aussagen). Zwar können Fachkliniken für die stationäre Behandlung auch von weiter her aufgesucht werden, doch muss davor die Störung erkannt und benannt sowie die nötige Information und Unterstützung gegeben sein; dies wird ohne lokale und erreichbare Hilfe nur selten gelingen. Da spezialisierte Stellen und Zentren nicht in dünn besiedelten Räumen eingerichtet werden, impliziert dieses Defizit einen Bedarf an Qualifizierung für diejenigen gesundheitlichen und sozialen Dienste, die im ländlichen Raum zu finden sind. Fehlen des Themas in der Aus-, Fort- und Weiterbildung Mängel in der Qualifikation für das Problemfeld werden in Bezug auf unterschiedliche Berufsgruppen genannt. Schon die oft konstatierte und auch in wissenschaftlichen Studien bekräftigte Erkenntnis, dass Essgestörte meist erst spät zur Behandlung gelangen, weist darauf hin, dass das Problem in der allgemeinen ärztlichen Praxis nicht erkannt wird und infolgedessen keine adäquate Diagnosestellung erfolgt. Auch für die ambulante Behandlung mangelt es an Qualifikation; so wird aus der Sicht einer Fachklinik eingeschätzt, dass allenfalls ein Zehntel der niedergelassenen PsychotherapeutInnen für die Arbeit mit Essgestörten qualifiziert sei. Es bedarf mehr Fort- und Weiterbildung und das Thema muss in der Erstausbildung von Medizin und Therapie vermittelt werden (insgesamt 6 Aussagen). Medizinische Fachgesellschaften wie die AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Fachgesellschaften) stellen zwar im Internet Information zur Verfügung, jedoch gibt es keinerlei Verbindlichkeiten in der Anwendung (www.uni-duesseldorf.de (13.08.04)). Die Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren e.V. bietet ebenfalls kostenlos eine Broschüre für Ärztinnen und Ärzte an, die über die Definition verschiedener Formen von Ess-Störungen, Diagnosestellungen bis hin zu Behandlungsmöglichkeiten aufklärt (Brunner, Franke 1997). Über diese und andere Informationsmaterialien scheinen zu wenig ärztliche und psychologische Professionelle informiert zu sein. Auch deshalb wird der Fortbildungsbedarf als sehr hoch eingeschätzt. Ungeklärte Kostenträgerschaft Es gibt immer wieder Probleme mit der Kostenübernahme (6 Aussagen). Dabei geht es zum einen um die für Ess-Störungen bewährten kombinierten Therapieverfahren. Fachkliniken können nach Bedarf der individuellen Lage der Patientin mit Medikamenten, Verhaltenstherapie, psychoanalytischen Konzepten, Einbeziehung der Familie, sowie weiteren Methoden wie Körper- oder Kunsttherapie, Handpuppendrama u.a.m. arbeiten. Mit der Überleitung in die ambulante Behandlung wird es schwierig, die individuell passgerechte und gelungene Mischung fortzuführen und abzurechnen. Aber auch im stationären Bereich entstehen immer wieder Finanzierungsunsicherheiten, insbesondere deshalb, weil nicht klar geregelt ist, wann eine Krisenintervention bzw. Akutbehandlung stattfinden sollte und demnach die Krankenkassen die Kosten übernimmt, und wann die Krankheit als chronisch einzustufen ist und eine Rehabilitationsmaßnahme angefangen hat, mit Kostenträgerschaft der Rentenversicherung. Eine Kombination aus beidem ist vom Kostenträger her nicht vorgesehen, obwohl gerade bei Ess-Störungen nur dann ein nachhaltiger Erfolg bzw. eine Heilung erreicht werden kann, wenn im Anschluss an die Krise weiterbehandelt werden kann. Das typische Krankheitsbild bei Ess-Störungen ist ein chronischer Verlauf bei immer wieder auftretenden Krisen, die auch lebensgefährlich zugespitzt sein können. Beklagt wird insbesondere, dass jede Krankenkasse sich anders verhält und die Kostenträgerschaft von Fall zu Fall einzeln mühsam verhandelt werden muss; dies bindet unverhältnismäßig viel Zeit von hochqualifizierten Kräften, die besser in der Therapie eingesetzt wäre. Sinnvolle integrierte Versorgungskonzepte greifen nicht, wenn die Kostenträger sich nicht ausreichend flexibel zeigen. Wartezeiten für eine ambulante Psychotherapie Die Wartezeiten auf Therapieplätze und Beratungsmöglichkeiten sind, hier sind die Aussagen aus dem Klinikbereich ebenso wie aus den Beratungsstellen einhellig, in aller Regel sehr lang. Eine Lücke von einem halben Jahr nach der stationären Behandlung bis zum Beginn einer ambulanten Psychotherapie gefährdet jedoch den Behandlungserfolg. Die Ressource Beratung wird nicht effektiv eingesetzt, wenn es nicht möglich ist, eine zur Therapie nunmehr motivierte Klientin zeitnahe zu vermitteln, und deshalb wiederholte Gespräche über eine Zeit von vielleicht einem Jahr hinweg die Wartezeit überbrücken müssen. Auch wenn diese Gespräche therapeutisch qualifiziert geführt werden, finden sie an der medizinischen Indikation ihre Grenze. Zudem sind die Kapazitäten der Beratungsstellen nicht danach bemessen, Einzeltherapien zu gewährleisten. Wiederholt wiesen auch alle in NRW befragten Expertinnen darauf hin, dass ein Mangel an ambulanten Therapieplätzen zu langen Wartezeiten führt. Die Nachfrage steigt und viele spezialisierte Stellen können auf Grund mangelnder Kapazitäten nur noch weiter verweisen. Viele niedrigschwellige Beratungsstellen sind daher neuerdings mit der Thematik konfrontiert, können aber die Versorgungslücken nicht abdecken. Lange Wartezeiten können die Motivation bei den Betroffenen, das Hilfesystem in Anspruch zu nehmen, verringern. Die Ursachen der auch in anderen Bundesländern genannten langen Wartezeiten sind ungeklärt. Auch wenn eine geeignete Psychotherapeutin bekannt ist, bedingt das Antragsverfahren auf Kostenübernahme nach stationärer Behandlung eine Verzögerung. Oft ist jedoch die Suche nach einem Therapeuten oder einer Therapeutin langwierig, denn nicht alle übernehmen diese Fälle. Essgestörte gelten als schwierige Patientinnen mit schlechter Prognose, und es gibt Hinweise, dass solche Fälle ungern übernommen werden. In ihrer Ausbildung haben zwar niedergelassene Therapeuten Grundkenntnisse des Problemfeldes erworben, es wird jedoch von erfahrenen Expertinnen bezweifelt, ob diese Kenntnisse ohne spezielle Fortbildung ausreichen. Solche spezifischen Fachkompetenzen sind jedoch nicht, wie beim Facharzt, öffentlich ausgewiesen sondern müssen (mit oder ohne Insider-Wissen) gesucht werden. Für Betroffene und unterstützende Fachkräfte ist es daher schwierig, zu erkennen, welche/r PsychotherapeutIn eine passgerechte Behandlung anbietet. Gewünscht werden Listen bei den Kassen oder andere Kennzeichnungen, um das Finden der passenden Therapie zu erleichtern, und viele Beratungsstellen legen eigene Karteien zu diesem Zweck an. Dies ist aufwendig und trägt wahrscheinlich, da solche Karteien nie vollständig sein können, zu den Wartezeiten vieler Betroffenen auf zu wenig Plätze mit bei. Möglich ist allerdings auch, dass eine quantitative Unterversorgung herrscht, denn die Zulassungsquoten werden berechnet, als seien Niedergelassene ganztags tätig. Gerade die psychotherapeutische Praxis wird jedoch häufig teilzeit betrieben, aus Familiengründen oder neben einer anderen Tätigkeit (vgl. Ergebnisse unserer Fragebogenerhebung). Für die Betroffenen und diejenigen, die ihnen Unterstützung geben, bleibt das Problem der Wartezeiten, die übrigens ganz ähnlich berichtet wird für Frauen, die unter den Folgen von Gewalt leiden, ein große Belastung. Verbesserungsbedarf aus der Sicht der Praxis in NRW Der Strategie-Workshop im April und die ExpertInnenrunde im September haben für die Expertise wichtige Hinweise gegeben, welche Ideen zur Verbesserung aus der Sicht der Praxis vertreten werden und auf welchen Wegen Maßnahmen der Verbesserung des Hilfesystems in Angriff zu nehmen wären. Die aus der ExpertInneninterviews herausgearbeiteten Defizite oder Hindernisse zur optimalen Versorgung wurden in beiden Gesprächsrunden bestätigt und mit zusätzlichem Anschauungsmaterial untermauert, so dass die Gewichtung der Probleme und der Lösungsansätze erleichtert wurde. Deutlich wurde zugleich, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß bei den beiden Veranstaltungen, dass es derzeit schwierig ist, offen und mit Zuversicht über Wege der Verbesserung zu reden. Der doppelte Druck von Kostenbegrenzungsmaßnahmen im Gesundheitswesen und Kürzung der Zuschüsse bei freiwilligen Maßnahmen auf Landes- wie auf kommunaler Ebene lastet auf den Gesprächsrunden und verschärft insbesondere die Konkurrenz unter Berufsgruppen, Trägern und Einrichtungen. Diese Entwicklung ist auch anderswo zu beobachten; sie war naturgemäß beim zweiten Workshop, als es um die mögliche Umsetzung von Empfehlungen ging, sehr viel deutlicher zu spüren. Die innovationshemmende Wirkung solcher Konkurrenzen und damit einhergehenden Ängste scheint geringer zu sein, wenn Kooperation auf der lokalen oder regionalen Ebene angestoßen wird. Ergebnisse Strategie-Workshop In dem „Strategieworkshop“ wurden 19 im Umgang mit Ess-Störungen erfahrene Experten aus den beraterischen, psychologischen, therapeutischen, ernährungswissenschaftlichen und medizinischen Arbeitsbereichen dazu eingeladen, im fokussierten Gesprächen Defizite und Lücken zu benennen und sinnvolle Veränderungen zu erarbeiten. Eingeladen wurden PraktikerInnen, die sowohl Probleme in der Versorgung wahrgenommen haben als auch gut über die gesundheitlichen Versorgungsstrukturen informiert sind. Die Arbeitsweise des Workshops war darauf angelegt, die bis dahin gehörten Unzufriedenheitsbekundungen zu wenden und daraus Verbesserungsgedanken zu gewinnen. Die Beteiligten sollten motiviert sein, über strukturelle Verbesserungen nachzudenken und wahrgenommene Mängel zu Vorschlägen zu kristallisieren, deren mögliche Implementation zu prüfen sein würde. Als Ergebnis wurde erwartet, dass Vernetzungsmöglichkeiten, Ideen und Konzepte sich ergeben und Akteure für die Umsetzung identifiziert werden. Der Workshop wurde mit Übernachtung in einer Tagungsstätte nahe bei Bielefeld ausgerichtet, um auch Raum für den informellen Austausch und Vernetzung zu geben, und professionell moderiert. Nach einer einleitenden Vorstellung der Ziele und Vorgehensweise der Expertise fokussierte ein erstes Impulsreferat zur therapeutischen Wohngruppe „ANNIE“ in Herford die Aufmerksamkeit auf zwei zentrale Themenfelder: die Vernetzung in der Versorgung und die Bedarfslage im Hinblick auf Kinder und Jugendlichen. Sodann wurde in zwei moderierten, ergebnisorientierte Arbeitsgruppen in diesen Bereichen Probleme identifiziert und Lösungsansätze dafür gesammelt. Als Ergänzung und zur Vertiefung über frauenspezifische Ansätze wurden in einem Abendvortrag von Kathrin Beyer die methodischen Grundlagen und verschiedene Praxiskonzepte der angeleiteten Selbsthilfe in der Hilfe bei Ess-Störungen dargestellt und diskutiert. Ein Schwerpunkt war der Übergang von Anleitung zur selbständigen Gruppenarbeit. Hierbei waren auch die Schnittmenge mit, und der Übergang zwischen verschiedenen Formen der Hilfe wichtig. So wird der Selbsthilfe eine klärende Einzelberatung vorgeschaltet und teilweise zu Einzeltherapie hin vermittelt; Teilnehmerinnen an der Gruppen kommen sowohl in ihrem ersten Schritt zur Hilfesuche dorthin, als auch im Sinne einer letzten Hoffnung nach vielen erfolglosen Therapien; die angeleitete Selbsthilfe kann auch nach stationärer Behandlung einen Übergang zur selbständigen Bewältigung der Essprobleme darstellen; Dr. Beyer bildet aber auch Moderatorinnen für Gruppen aus, die von der AOK ans Angebote der Prävention finanziert werden. Die Methode selbst ist im Grenzbereich zwischen fachlicher Beratung und Selbsthilfe angesiedelt; aufgrund der starken Zurückhaltung der Moderatorin kann von Therapie nicht gesprochen werden, obwohl Elemente der Gruppentherapie auch auszumachen sind. Am zweiten Tag gaben zwei Impulsreferate den Anstoß zum Nachdenken über Möglichkeiten der Innovation und der lokalen Kooperation. Die Geschäftsführerin des Frankfurter Zentrums für Ess-Störungen e.V., Sigrid Borse stellte die Präventionsarbeit in Schulen sowie das neue Angebot der On-line-Beratung für Jugendliche vor. Das Projekt Femina Vita stellte verwandte Ansätze in Herford vor, die auf der Basis des Aufbaus von Vernetzung im Landkreis aufgebaut werden konnten. Auf dem Hintergrund der beiden Referate wurde in der Gesamtrunde diskutiert, welche Wege der Prävention wirkungsvoll sein können. In einer letzten Runde der Gruppenarbeit wurden – zunächst getrennt für die Bereiche der Fort- und Weiterbildung, der Vernetzung und der Prävention – Anregungen und Einschätzungen zusammengetragen, welche Akteure für die Umsetzung der Vorschläge gewonnen oder einbezogen werden sollten. Nachdem die Gruppenergebnisse zusammengetragen und besprochen wurden gaben in einer abschließenden Runde die Beteiligten an, welche Erkenntnisse sie mitnehmen und welche Handlungsschritte sie sich für die nächste Zeit vorgenommen haben. Dabei wurde deutlich, dass der Workshop für die Beteiligten als verdichtete Bündelung von Anregungen für die Praxis, vor allem aber als Anstoß zur Vernetzung gewinnbringend beurteilt wurde. In der Auswertung des Workshops stellten sich folgende Ergebnisse heraus. Vernetzungsbedarf In allen Gesprächsrunden, selbst wenn das Thema eher anders ausgerichtet war, rückte der Bedarf an Vernetzung zwischen Professionen, Einrichtungen und Hilfsangeboten in den Vordergrund. Dies war auch in der Schlussrunde für die meisten das wichtigste Ergebnis. Es geht um Information, Austausch und Kooperation auf vielen Ebenen. Der vielfach geäußerte Wunsch nach leicht zugänglicher Information und guten regionalen Adressen-Pools für die Weitervermittlung wurde dahingehend ergänzt, dass die Selbstdarstellungen im Internet oft nicht ausreichen. Um passgerechte Hilfe für Betroffene zu finden, brauchen Fachkräfte genauere Auskunft über die Konzepte und Arbeitsweisen, und dies ja nach Zielgruppe. Der persönliche Kontakt in einem Arbeitskreis am Ort oder in der Region hat immer noch eine große Bedeutung, um einzuschätzen, welche Hilfe die richtige Adresse im Einzelfall ist. Neben formeller Fort- und Weiterbildung hat der informelle Austausch über Erfahrungen in der praktischen Hilfe einen großen Stellenwert bei der Optimierung von Hilfe; dieser kann, wie beim Workshop selbst festgestellt, zur erweiterten Kenntnis verschiedener Arbeitsmethoden beitragen, und damit die Chancen vergrößern, von Fall zu Fall eine passenden Hilfe zu vermitteln, die auch angenommen wird. Außerdem können die Anschlüsse zwischen stationärer und ambulanter Hilfe besser gewährleistet werden. So waren z.B. bei vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern am Workshop die Kenntnis der Arbeitsweisen und der Möglichkeiten der angeleiteten Selbsthilfe einerseits, der On-line-Beratung andererseits in dieser Konkretheit neu. Dies unterstreicht noch einmal den Bedarf an Austausch auch unter denen, die speziell engagiert sind. Regionale Treffen oder Arbeitskreise können die Basis dafür bilden, Versorgungslücken durch neue Angebote zu decken, die an bestehende Einrichtungen angelehnt oder auch in gemeinsamer Trägerschaft geschaffen werden können; es sind auch Absprachen möglich, die ein Ergänzungsverhältnis statt einer Konkurrenz zwischen Angeboten herstellen. Werden die Kenntnisse und Erfahrungen am Ort zusammengeführt, können Aktionen zur Aufklärung unternommen werden, z.B. Informationsfaltblätter für Hausärzte, gezielte Hinweise z.B. für Fachärzte, Physiotherapeuten, Hebammen, aber auch Informationsveranstaltungen für Vertrauenspersonen in Schulen oder Betrieben, wie dies z.T. schon im Suchtbereich geschieht. Öffentliche Aufklärung, ein Lobby für die Betroffenen oder Förderung des Problembewusstseins sind oft die Voraussetzung für Verbesserungen. Um Einfluss auf die Prioritäten zu nehmen bei den zahlreichen drängenden Aufgaben der Kommunen und des Gesundheitswesens ist Zusammenarbeit ein entscheidendes Mittel. Erweiterter Blick auf potentielle Akteure Der Kreis der relevanten Akteure für Vernetzung und Verbesserung der Hilfe lässt sich viel weiter ziehen, als gemeinhin zunächst angenommen. So wurden neben den Berufsorganisationen, der Kostenträgern, den Fachkliniken und den Weiterbildungsträgern auch Sportvereine genannt, deren Ausbildung für Übungs- und GruppenleiterInnen diesen Problemkreis einbeziehen könnte und sollte; bietet doch der Sport einerseits körpernahe Gelegenheiten zum informellen Gespräch, andererseits aber vielfach gefährliche Anregungen zur Überwachung von Figur und Gewicht und zum übermäßig gezügelten Essen. In der Erstausbildung an den Hochschulen, etwa für künftige LehrerInnen, PsychologInnen und MedizinerInnen, setzt sich gegenwärtig eine zunehmende Umstellung auf konsekutive Studiengänge durch, bei denen der Erstabschluss (B.A.) Anteile der Vermittlung von „Schlüsselqualifikationen“ enthalten wird; hier könnte fachübergreifend die Sensibilität gefördert und Wissen über grundlegende Aspekte vermittelt werden. Wie ist Prävention möglich? Angesichts der Ausbreitung gestörten Essverhaltens wird der Prävention unter Fachkräften aller Richtungen große Bedeutung zugeschrieben. In einer weitgesteckten Diskussion, die bei der Familienbildungsarbeit mit werdenden und neuen Eltern begann und sich über Kindergarten und Schule sich erstreckte, schälte sich heraus, dass grundsätzlich fraglich ist, inwiefern es sich um störungsspezifische Prävention handeln kann oder sollte. Zum einen kann eine Betonung der speziellen Problematik „falschen“ Essens auch die gegenteilige Wirkung haben, zumal die öffentliche Sorge um die Zunahme des Übergewichts bei Kindern und Jugendlichen sich damit vermischt. Die angestrebte Erziehung zum bewussten und gesunden Essen kann wie eine Aufforderung zur Beachtung der „guten“ und „schlechten“ Speisen wirken und damit dem gestörten Essverhalten indirekt zuarbeiten. Zum anderen weisen alle Anregungen für Ziele und Methoden einer breitenwirksamen Prävention erhebliche Überschneidungsbereiche mit denen, die etwa für eine geschlechtsspezifische Suchtprävention, für eine gewaltmindernde Pädagogik, oder bei Projekten und Strukturmaßnahmen im Sinne einer gesunden Schule diskutiert und erprobt werden. Der Präventionsgedanke muss, so das Fazit, viel weiter gefasst werden. Fazit Intensiv wurde im Workshop anhand bisheriger Erfahrungen diskutiert, welche Mittel und Wege zur besseren Vernetzung sinnvoll sein könnten. Es wäre optimal, so die gemeinsame Einschätzung, eine fachübergreifende Stelle in jeder Kommune oder Region zu haben, die in der Lage sei, das Thema „Ess-Störungen“ auf jeweils geeignete Weise in verschiedenen Handlungsfeldern zum Thema zu machen. Verschiedene Möglichkeiten wurde erwogen, wer diese Funktion übernehmen könnte. Es gab einige positive Erfahrungen mit kommunalen Gesundheitskonferenzen im Hinblick auf das Thema, aber auch sehr negative Erfahrungen im Zusammenstoß mit etablierten Interessen und mangelnder Aufgeschlossenheit für den Problemkreis. Beratungsstellen übernehmen z.T. solche Aufgaben aus Engagement für das Thema, müssen dies jedoch in Relation zu ihren eigentlichen Beratungsaufgaben abwägen. Eine solche zentrale Fach- oder Clearingstelle würde nicht allein für den Austausch unter denen wichtig, die Hilfe anbieten und über die Arbeitsweise und Angebot der jeweils anderen informiert sein sollten, sondern auch und gerade, um das Thema bei weiteren Kreisen, wie etwa den Familienbildungsstätten, den Sportvereinen, der Schule oder den Betrieben, einzubringen. Für eine bessere Versorgung betroffener Kinder und Jugendliche, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der frühen Hilfe, wurde ebenfalls die lokale Vernetzung als wichtiges Mittel gesehen; hervorgehoben wurde als Beispiel ein gemeinsames Qualitätszirkel von Kinder- und Jugendtherapeuten mit Kinderärzten in Mönchengladbach. Zugleich wurde festgestellt, dass es insgesamt zu wenige Kinder- und Jugendtherapeuten gibt, die Vermittlung daher immer wieder ein Problem ist. Die meist lange Vorgeschichte, bis Jugendliche tatsächlich in eine störungsbezogene Behandlung oder Therapie gelangen, weist darauf hin, dass sowohl Kinderärzte als auch Allgemeinärzte die Probleme oft nicht sehen; sie sind zumeist wenig für die spezifischen Probleme des Jugendalters sensibilisiert. Es sollte darüber nachgedacht werden, wie die Jugendhilfe stärker einbezogen werden kann. Insgesamt wurde der Workshop nicht nur sehr positiv aufgenommen; die meisten Beteiligten nannten zum Schluss Impulse, die sie anschließend in konkrete Handlungsabsichten persönlich umsetzen wollten. Ergebnisse ExpertInnenrunde Die Runde mit Expertinnen und Experten in Düsseldorf am Ende der empirischen Erhebungen verfolgte das Ziel, Anregungen für Empfehlungen auf ihre Umsetzbarkeit hin zu prüfen, sie zu ergänzen oder zu verändern. ExpertInnen verschiedener Einrichtungen diskutierten in Gruppen verschiedenen Empfehlungsvorschläge. Die Gruppen wurden eingeteilt entsprechend den drei Hauptfelder für Verbesserungsansätze (die auch in Landessuchtprogramm genannt sind): Vernetzung, Behebung von Defiziten/ Förderung guter Ansätze und Qualifikation/ Aus-, Fort- und Weiterbildung. Die Gruppen waren mit VertreterInnen folgender Einrichtungen besetzt: Vernetzung Defizite beheben/Förderung guter Anätze Qualifikation Gesundheitsamt Mönchengladbach K.I.S.S. Köln Mädchenhaus Köln e.V. Frauenberatungsstelle Münster e.V. K.I.S.S. Dortmund Psychotherapeutenkammer NRW Gesundheitsamt Dortmund Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein Elisabeth-Klinik Dortmund AOK Westfalen-Lippe Barmer Ersatzkasse Ärztekammer Westfalen-Lippe Koordinierungsstelle „Frauen und Gesundheit“ NRW Frauenberatungsstelle Oberhausen e.V. Bundespsychotherapeutenkammer Berlin Medusana Stiftung GmbH St. Vinzenzhospital für Psychiatrie, Rhede Landesfachstelle Frauen und Sucht NRW KOSA Düsseldorf Landesarbeitskreis Ehe-, Familien- und Lebensberatung, Lippische Landeskirche Landesfachstelle Ess-Störungen NRW Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst Suchthilfe direkt Essen gGmbH Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein Darüber hinaus nahmen Vertreterinnen des auftraggebenden Ministeriums an allen Arbeitsgruppen teil. Diese Gesprächsrunde erwies sich als ergiebig vor allem im Hinblick auf die Identifizierung von Hemmnissen zur Blockaden zur Verbesserung, die es zu umschiffen gilt. Im Rahmen des eintägigen Workshops rückten sehr oft Einwände und Vorbehalte in den Vordergrund, die bei der Ausarbeitung von Empfehlungen zu bedenken waren. Diese Bedenken lassen sich in zwei Hauptgruppen zusammenfassen: die Kapazitätsfrage, und die Zuständigkeitsfrage Die Kapazitätsfrage Verbesserungen jeder Art, selbst wenn ihre Auswirkungen eine ressourcenschonende Synergie versprechen, erfordern ausnahmslos eine gewisse Investition von Ressourcen. Dabei kann es sich um Arbeitszeit handeln, die investiert werden muss um gemeinsam Kooperationsmodelle zu entwickeln, um finanzielle Ressourcen für den Anschub neuer Ansätze, oder um informationelle Ressourcen, die Außenstehenden zugänglich gemacht werden. Ohne Investition von Ressourcen werden keine geplanten und zielführenden Veränderungen in Gang gesetzt. Auf allen Ebenen war in der ExpertInnenrunde eine ausgeprägt defensive Haltung zur Bereitstellung von Ressourcen zu spüren, bei der jede Stelle auf andere verweist. Es ist nicht auszuschließen, dass die Anwesenheit von Angehörigen des Ministeriums diese Haltung gefördert hat. Es gab Wortmeldungen zu nahezu jedem Vorschlag, die entweder darauf hinwiesen, dass weiterführende Ansätze nur mit zusätzlichen Ressourcen zu verwirklichen seien, oder aber sich dagegen verwahrten, dass das Begehren nach Ressourcen an die eigene Adresse gerichtet werden könnte. Auch wenn die Bedenken sehr maßvoll und als Mahnung zur Vorsicht formuliert wurden, reichten sie zumeist aus, eine Einigung über das Wünschenswerte zu erschweren oder zu verhindern. Einige Beispiele: Anforderungen an Träger von Beratung, Hilfe und Behandlung, neue Aktivitäten zu initiieren, warfen die Frage auf, was denn mit begrenzten Kapazitäten noch alles geleistet werden solle; Zusätzliche Aufgaben für die Kommunen oder neue Prioritäten für die kommunalen Gesundheitskonferenzen würden, so die Einschätzung, auf verständliche Abwehr stoßen; Vorschläge für ein Handeln der Landesregierung, die Geld kosten könnten, seien schon deshalb wahrscheinlich zum Scheitern verurteilt. Viele Analysen und Einschätzungen weisen auf Versorgungslücken hin. Besonders qualifiziert arbeitende Einrichtungen mit einem Angebot an Beratung und Therapie, wie z.B. die Frauenberatungsstellen, berichten, dass ihre Kapazitäten bei weitem den Bedarf nicht decken und sie zugleich in ihrem Bestand nicht gesichert sind. Fehlende Angebote für Kinder und Jugendliche werden von verschiedensten Seiten genannt. Einhellig berichten allen Stellen, von der Klinik bis zur Beratungsstelle, über unvertretbar lange Wartezeiten auf einen Platz für eine ambulante Psychotherapie. Es gab jedoch wenig Ideen dazu, wie die Kapazitäten zur Deckung der Lücken zu schaffen wären. Die Zuständigkeitsfrage Während in offenen interprofessionellen Gesprächsrunden wie im Strategieworkshop oft sehr schnell Einigkeit zustande kommt, dass ein Problem auf vielen Ebenen und in vielen Bereichen jeweils adäquat angepackt werden sollte, war die ExpertInnenrunde mit abgrenzenden Wortmeldungen durchsetzt, bei denen eine Profession oder eine Einrichtung sich gegen potentielle Übergriffe von anderen vorsorglich zu wehren schien. Es würde nicht weiterführen, diese Abgrenzungen hier zu wiederholen, denn es kann nicht um Festlegung einer Alleinzuständigkeit gehen. Das Hilfesystem ist insgesamt nicht so üppig ausgestattet, dass eine definitorisch begründete, festgelegte Arbeitsteilung generell in Betracht gezogen werden kann. Zweifellos gibt es eindeutige Fälle, die zwingend eine Überweisung oder Weitervermittlung erfordern; dies ist aber in den Einrichtungen bekannt, und kommt z.T. in explizit benannten Ausschlussgründen zum Ausdruck. Allerdings gibt es in allen Arten von Einrichtungen, auch Kliniken, Fälle, in denen selbst weiterbehandelt wird, weil kein Anschluss an eine andere angemessene Hilfe hergestellt werden konnte. Im ambulanten Bereich gibt es zudem zahlreiche Überschneidungen in den erworbenen fachlichen Kompetenzen sowie in den Methoden und Angeboten, die als Antwort auf einen konkreten lokalen Bedarf entstanden sind und durch Zuständigkeitsregeln nicht zu ersetzen wären. Entweder war die Nachfrage derer, die Hilfe suchten, groß oder es gab und gibt regional keine andere Einrichtung mit einem spezifischen Angebot zum Problemfeld. Zugleich sehen viele Fachkräfte einen Bedarf, gezielt weitervermitteln zu können, und empfinden es als Defizit, dass nicht klar ist, wer am Ort „zuständig“, d.h. zur angemessenen Hilfe in der Lage und bereit ist. Das kann so weit gehen, dass Klinikärzte den Wunsch äußern, niedergelassenen PsychotherapeutInnen zur unverzüglichen Weiterbehandlung verpflichten zu können, oder möchten, dass im Überweisungsfall der Antrag auf Kostenübernahme im Schnellverfahren genehmigt wird. Die Zuständigkeitsfrage ist auch der Rahmen für Abwehr von Konkurrenz. Bei jeder Art von Beratungsstelle wurde mindestens einmal in Frage gestellt, ob sie diese oder jene Zielgruppe bzw. Nachfrage „auch noch“ bedienen sollen. Die Fragen stellen sich aber auch an Mediziner und Psychotherapeuten. An welcher Stelle in der jeweiligen Aus, Fort- und Weiterbildung sollen die Angehörigen eines Berufsstandes von dem Erfahrungsschatz und dem Wissen eines anderen Berufs oder einer andersartigen Einrichtung profitieren? Müssen diejenigen, die nach Behandlung oder Beratung zu einer Selbsthilfegruppe raten, nicht gründlich über die Möglichkeiten und Grenzen der Selbsthilfe informiert sein? Sollen die Erträge der jahrelangen Arbeit der Frauenberatungsstellen und ihr Wissen über geschlechtsspezifischen Zusammenhänge nicht in die Arbeit aller anderen Einrichtungen einfließen? So einleuchtend solche Fragen auch sind, sie wecken offensichtlich Ängste, dass Grenzen der fachlichen Kompetenz ins Schwimmen geraten können, so dass z.B. Ärzte für allgemeine Lebensprobleme, Beratungsstellen für Diagnose und Therapie für zuständig erklärt werden. Schließlich stellt sich die Zuständigkeitsfrage bei dem Versuch, vorhandene Strukturen zu nutzen und Parallelarbeit zu vermeiden. Bei der Suche nach Möglichkeiten, Grundkenntnisse aus der Praxis weiterzuvermitteln, wurden im Strategieworkshop Qualitätszirkel genannt. Diese werden aber als eine Art kollegiale Supervision verstanden, mit der Folge, das eine gemeinsame Bearbeitung des Themas Ess-Störungen mit psychosozialen Berufen ausgeschlossen wird. Dürfen oder sollen Qualitätszirkel interprofessionell ausgeweitet werden, oder handelt es sich um einen geschützten Bereich? Bilanz Strategien zur Verbesserung des Hilfesystems sollten es vermeiden, in die Kapazitätsfalle oder die Zuständigkeitsfalle zu laufen, die ein konstruktives Vorgehen blockieren können. Bei der Zuständigkeitsfrage ist eine Betonung der Breite und Differenziertheit des Problems angeraten, die dafür spricht, vielfältige Beiträge zur Hilfe zu unterstützen und sie in einem Ergänzungsverhältnis zu sehen. Dies gelingt häufig am ehesten auf lokaler Ebene durch Vertrauensaufbau zwischen den Fachkräften. Bei der Kapazitätsfrage kann nur eine zuverlässige und transparente Politik von Landesregierung, Kommunen und Kostenträgern die Konkurrenz entschärfen, indem klar ist, womit gerechnet werden kann. Zusätzliche Fördermittel für innovative Ansätze, wo dies möglich ist, wirken sich dann motivierend aus. Anforderungen an das Hilfesystem Als übergreifendes Ergebnis der Experteninterviews und Workshops ist das Anliegen interprofessioneller Kooperation festzustellen, welche multiprofessionelle Hilfe und Behandlung ermöglicht. Ein engmaschiges Netz der Hilfe und ein ausdifferenziertes, vielfältiges Angebot für unterschiedliche Problemlagen und Stufen ist die allgemeinste Anforderung. Dabei gibt es keine einzige Einrichtung, die eine Schlüsselposition einnimmt, weil der Bedarf je nach Art und Grad der Störung, je nach Alter und Ressourcen, je nach Entstehungshintergrund und Dauer des Leidens differiert. Vernetzung stärken Eine zentrale Forderung an das Hilfesystem ist die Gewährleistung einer integrierten Versorgung, die je nach Bedarf Unterstützung zur Selbsthilfe, Beratung, ambulante und stationäre Therapie und verlässliche Hilfestrukturen im Anschluss an einen stationären Aufenthalt zugänglich macht. Vernetzung unter den verschiedenartigen Hilfsangeboten trägt dazu bei, einen lückenlosen Übergang zwischen einer Hilfemaßnahme in die nächste zu gewährleisten. So kann z.B. eine Verzahnung zwischen Rehabilitation und Akutbehandlung als Ansatzpunkt zur Optimierung der Versorgung essgestörter Menschen durch regionale Kontakte erleichtert werden. In der Kooperation kann man sich darüber verständigen, wann eine ambulante einer stationären Behandlung vorzuziehen ist. Im ambulanten Bereich werden Arbeitskreise und Runde Tische als Weg genannt, sich regional über Hilfestrukturen zu informieren und Erfahrungen gegenseitig auszutauschen. Sie können sehr unterschiedlich zusammengesetzt werden; die Initiative ergreifen meist themenbezogen besonders engagierte Personen oder Einrichtungen. Gesundheitskonferenzen werden ebenfalls genannt als möglicher Ansatzpunkt für Information und Erfahrungsaustausch nicht allein unter Professionellen, sondern unter Einbeziehung der Sicht von Betroffenen. Vernetzung kann auch zur Entstehung eines Kompetenzzentrums führen, wo unterschiedliche Professionen „unter einem Dach“ oder in verbindlicher Kooperation arbeiten und direkt verweisen können. Ein gutes Hilfesystem wird flächendeckend den örtlichen Gegebenheiten angepasste Vernetzungsformen anregen, unterstützen und zur Nachhaltigkeit verhelfen. Niedrigschwellige und flächendeckend zugängliche Beratung Der Hilfebedarf essgestörter Menschen ist bei weitem nicht gedeckt. Dabei belegt die nationale und internationale wissenschaftliche Literatur, dass frühzeitige Intervention die Heilungschancen erhöht. Die Maßnahmen sollten individuell an den Bedürfnissen Betroffener ausgerichtet sein, da die Hintergründe sehr variabel sind. Eine frühzeitige Diagnose schafft die Grundlage hierfür (www.stuaff.niu.edu (1.12.03); www.innovationsreport.de (4.12.04)). Auf dem 16. Weltkongress für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Berlin (2004) wurde nach einer Pressemitteilung der Marburger Bund Zeitung vertreten, dass 40 % der Erkrankten geheilt werden können, bei vielen werden andere Symptome deutlich gelindert, wenn sie frühzeitig behandelt werden. (www.marburger-bund-zeitung.de (4.10.04)). Eine differenzierte Beratungslandschaft ist Voraussetzung für eine flächendeckende Hilfe. Angesichts der Geschlechtsspezifik der Krankheitsbilder haben Frauen- und Mädchenberatungsstellen eine herausgehobene Bedeutung, jedoch können alle anderen Beratungsstellen ebenfalls als Anlaufstellen für bestimmte Gruppen von Essgestörten fungieren, wenn sie sich qualifizieren und engagieren. Im ländlichen Raum muss an die sozialen Dienste und die Jugendhilfe gedacht werden; ein Kompetenzzentrum mit Einbindung verschiedener Berufsgruppen kann ebenfalls eine Möglichkeit sein, zu gewährleisten, dass Betroffene, aber auch z.B. aufmerksam gewordene Lehrer oder Ärzte eine Ansprechperson finden, um den Bedarf zu klären und den Weg zur adäquaten Hilfe anzubahnen. Ein gutes Hilfesystem wird die Breite und Vielfalt der Beratungslandschaft in ein Konzept für flächendeckende, gut informierte Erstberatung einbinden. Lückenlose Finanzierung störungsspezifisch adäquater Hilfe Unsicherheiten in den Finanzierungszuständigkeiten erschweren eine optimale Hilfestellung im stationären wie im ambulanten Bereich. Es wäre laut Expertenaussagen wichtig zu wissen, welche finanziellen Träger, welche Hilfemaßnahmen unterstützen. Modelle in der Beratung, Behandlung und Finanzierung sind von der Landesstelle für Suchtfragen in Baden Württemberg (1997) ausgearbeitet worden. Es wurden die Bereiche Vermittlung, Krisenintervention, ambulante Therapie und Nachsorge differenziert und die dementsprechenden Finanzierungsträger in einer Broschüre vorgestellt. Ein solcher Wegweiser würde zumindest Unklarheiten beseitigen, räumt aber die Schwierigkeit nicht aus, dass die Kostenträger in manchen Hinsichten flexibler werden müssen, wenn eine wirksame, der Störung entsprechende Behandlung gelingen soll. Es gilt z.B. Möglichkeiten zu finden, auch ambulant multidimensionale Behandlungen zu finanzieren, die je nach dem Bedarf des konkreten Falles Gesprächstherapie, Verhaltenstherapie, Körpertherapie, Ernährungsberatung, Gestalttherapie, systemische Familientherapie, Einzel- und Gruppentherapie einbeziehen. Altersgrenzen, die niedrigschwellige und frühzeitige Hilfe für Jugendlichen verhindern, sollten überprüft werden. Fachkliniken und psychosomatische Stationen müssen die Möglichkeit haben, die Akuthilfe bruchlos in eine Behandlung der chronischen Ess-Störung überzuleiten sowie chronisch erkrankte zur Akutbehandlung aufzunehmen, wenn der Krankheitsverlauf dies erfordert. In einem guten Hilfesystem werden Konsensgespräche mit den Kostenträgern unter Einbeziehung der Expertise stationärer und ambulanter Behandlung von Ess-Störungen die Unstimmigkeiten in der Praxis der Kostenübernahme abbauen. Schließung von Versorgungslücken Ein bedarfsdeckendes Angebot der Hilfe muss auf eine differenzierte Palette von Einrichtungen und Angeboten zurückgreifen können. Es gibt einige besonders defizitäre Bereiche. Eine psychosomatische Tagesklinik z.B. stellt eine Alternative zu einer vollstationären Behandlung dar, sofern es die soziale und häusliche Situation ermöglicht. Die tagesklinische Behandlung ist mit der vollstationären vergleichbar. Ziel ist die Minderung der Beschwerden, um eine ambulante Weiterbehandlung zu ermöglichen. Die Problematik der überlangen Wartezeiten auf ambulante Psychotherapie können nicht auf Dauer hingenommen werden. Dem oft geäußerten Wunsch nach ausgewiesener Kennzeichnung der Angebote wird allerdings aus den Reihen der Psychotherapie eher ablehnend begegnet, mit der Begründung, jede Therapeutin oder Therapeut behandele viele verschiedene psychische Störungen, und dies sei für die Qualität der Therapie insgesamt auch notwendig. Aus der Sicht derjenigen, die spezifisch qualifiziert zu Ess-Störungen arbeiten, wird die Gefahr gesehen, in einem besonders belastenden Gebiet mit dem Behandlungsbedarf einseitig beansprucht zu werden. Aus der Sicht derer ohne spezielle Fortbildung wird es als beruflich hochproblematisch eingeschätzt, durch das Fehlen auf einer solchen Liste dem Anschein nach disqualifiziert zu werden. Das Recht der Patientin auf eine störungsspezifische Psychotherapie auf bestmöglichem Niveau steht zum Selbstverständnis des Berufs als vielseitig und prinzipiell umfassend kompetent in einem Spannungsverhältnis. Hinzu kommt, dass in der Psychotherapie aus guten Gründen, weil die behandelnde Person selbst das Instrument der Heilung sein muss, keine Verpflichtung zur Annahme eines Falles gelten kann; eine „Zuweisung“ etwas zur Sicherung des Anschlusses nach stationärer Behandlung kommt nicht in Frage. Auf diesem sehr heiklen Gebiet ist es dringend notwendig, Lösungswege zu finden, die weder auf Kosten der Profession noch auf Kosten der PatientInnen gehen. Es besteht im übrigen die gleiche angespannte Lage für Frauen, die unter den Folgen von Gewalt leiden. Regionale Kooperation könnte einen Weg darstellen, den Zugang zur Therapie zu erleichtern und zu verkürzen, ohne bürokratisch Zuordnungen zu erzwingen. Die Praxis vieler Beratungsstellen, informelle Listen zu führen, kann dadurch erleichtert werden. Inwieweit die Einigung über Qualitätsstandards ein geeignetes Mittel hierfür ist, wäre zu prüfen. Längerfristig sind jedoch die beruflichen Organisationen der Psychotherapie gefragt, Wege zu einer Verbesserung zu finden. Angesichts der ausgeprägten Geschlechtsspezifik des Leidens stellt der gegenwärtig erschwerte Zugang zur therapeutischen Hilfe auch eine Form indirekter Diskriminierung dar. In einem guten Hilfesystem werden in Kooperation mit den Berufsverbänden und Kammern praktikable Wege erschlossen, die Zusatzqualifikation und Bereitschaft zur Behandlung geschlechtsspezifisch ausgeprägter Leiden auszuweisen oder zur Kenntnis zu geben. Bessere Hilfen für Kinder und Jugendliche Die Einbeziehung von Familien in die therapeutische und stationäre Arbeit wird den Expertenaussagen zufolge zu wenig in der Praxis durchgeführt. Ess-Störungen können wesentlich durch familiäre Beziehungen verursacht werden, vor allem bei Jugendlichen mit Anorexie oder Bulimie. Auch wenn diese nicht ursächlich sind, können sie Konfliktpotentiale verstärken. Familienbeziehungen haben z.B. Einfluss auf die eigene Einstellung zu Diäten, Ernährung und zum Umgang mit Suchtmitteln; sie prägen auch spezifische Konflikte um Autonomie, die der Störung zugrunde liegen können. Daher sollten familiäre Strukturen, die zur Entwicklung gestörten Essverhaltens beitragen können, nicht außer Acht gelassen werden; dies sollte bei der Regelung der Kostenübernahme berücksichtigt werden. Ess-Störungen setzen zu einem großen Anteil während der Jugendphase ein, die heute mit der Altersspanne von 12 bis 18 Jahren anzusetzen ist, es wird aber auch von einer verlängerten Adoleszenz bis etwa 21 oder älter gesprochen. Die jugendspezifischen Probleme junger Menschen richten sich nicht nach den formellen Zuständigkeitsgrenzen. Sie sind oft nicht mehr bei der Kinderarztpraxis „passend“, aber noch nicht eigenständig in einer haus- oder allgemeinärztlichen Betreuung, und gerade im Hinblick auf Themen, die mit der Abgrenzung von den Eltern zusammenhängen, wäre die Eigenständigkeit Voraussetzung für das offene Gespräch. So sind es oft Einrichtungen der Jugendhilfe, die sich mit Aufgaben der gesundheitlichen Prävention und Früherkennung betraut sehen. Sie können aber nicht die für Jugendliche spezifisch angemessene Aufgabe der Behandlung einer schon vorhandenen Störung übernehmen. Dieses Dilemma betrifft nicht allein Ess-Störungen, sondern alle Formen der Suchtgefährdung und der Gefährdung durch Gewalt in Familien, in der Schule und in jugendlichen Lebenszusammenhängen. Frühe Aufmerksamkeit für solche psychosozial begründeten Probleme und präventive Verantwortung werden dem Gesundheitswesen eher selten zugeordnet (vgl. die Erhebung bei Projekten geschlechtsspezifischer Suchtprävention, Franzkowiak u.a. 1998). Ein gutes Hilfesystem wird sicherstellen, das Früherkennung von Ess-Störungen und die alters- bzw. entwicklungsangemessene stationäre und ambulante Behandlung für Jugendliche im Alter von 12 bis 21 verfügbar sind und die Kostenübernahme verlässlich geregelt ist. Qualifikation aller mit Ess-Störungen befassten Berufsgruppen Die Zeichen und Erscheinungsformen von Ess-Störungen springen nicht ins Auge, und die Betroffenen suchen oft erst dann aktiv und explizit Hilfe, wenn das Leiden weit fortgeschritten ist. Viele Professionelle scheinen derzeit wenig sensibilisiert zu sein, um eine Ess-Störung frühzeitig wahrzunehmen und adäquate Hilfestellungen anzubieten. Obwohl Richtlinien zur Diagnosestellung und Behandlung existieren, scheinen sie in der Praxis doch selten Anwendung zu finden. Eine verbesserte Diagnosestellung könnte den Weg ins Hilfesystem ebnen und ist daher grundlegend für eine passgerechte Versorgung essgestörter Menschen. In einem guten Hilfesystem wird Grundwissen über Ess-Störungen und deren Alters- und geschlechtsspezifischen Hintergründe den Angehörigen aller Gesundheitsberufen vermittelt und das Wissen regelmäßig aktualisiert. Prävention Prävention wird derzeit breit gestreut in Form von kleinen, oft zeitlich sehr begrenzten Projekten von zweifelhafter Wirksamkeit betrieben. Sinnvoll ist Prävention nur, wenn sie langfristig angelegt ist. Hilfreich wäre zumindest exemplarische eine wissenschaftliche Evaluation der Auswirkungen der Programme; derzeit existieren keine Longitudinalstudien. Differenzierte Konzepte zu primär- und sekundärpräventiven Maßnahmen für unterschiedliche Alterzielgruppen wurden in den USA entwickelt und basieren auf jahrelangen Erfahrungen (Piran u.a. 1999); hier sind zahlreiche Anregungen zu finden. Besonderes Gewicht sollte darauf gelegt werden, nicht allein Ernährung und Essen zu fokussieren, sondern auch protektive Faktoren zu fördern (Köster u.a. 2001). Dafür sind Ansätze zur Stärkung des Selbstbewusstseins sowie geschlechtsspezifisch reflektierte Vorgehensweisen wesentlich. Eine eingehende Diskussion von Prävention im Strategieworkshop ergab die Einschätzung, dass eine spezifische Prävention bezogen auf Ess-Störungen möglicherweise ungeeignet ist. Denn die protektiven Faktoren sind im wesentlichen die gleichen, die im Bereich der Suchtprävention und der Gewaltprävention sowie in der neueren Diskussion um die gesunde Schule hervorgehoben werden: es geht um Persönlichkeitsstärkung, um die Förderung eines Gesunden Bezugs zum Körper und um konstruktive Bewältigungsstrategien bei Konflikten und Entwicklungsstreß, und dabei um die Berücksichtigung des Geschlechts. Zu einem guten Hilfesystem gehört die Förderung einer breit angelegten Präventionsarbeit in allen öffentlichen Einrichtungen der Erziehung und Bildung sowie in der Elternbildung. Hilfestrukturen in Nordrhein-Westfalen Fragebogenerhebung in NRW Da die Bandbreite der Einrichtungen und Professionen, die zum Hilfesystem gezählt werden können, sehr groß ist, zielte die Fragebogenerhebung darauf ab, einen Einblick zu gewinnen, wer in NRW mit dem Tätigkeitsfeld Ess-Störungen im beruflichen Alltag konfrontiert ist oder sich engagiert. Ferner sollte Kontakt mit Fachkräften ermöglicht werden, die über spezielles Wissen und Kompetenzen in diesem Bereich verfügen. Auch mögliche Vernetzungswege sollten ansatzweise aufgespürt werden. Die Fragebögen bildeten auch einen Pool zur Gewinnung von ExpertInnen für die weiteren Erhebungsschritte (Workshop und Interviews). Bis Ende Juni 2004 sind insgesamt 163 beantwortete Fragebögen aus NRW eingegangen. Im Anhang findet sich eine detaillierte Aufschlüsselung des Rücklaufes in die unterschiedlichen Regierungsbezirke Nordrhein-Westfalens. Differenziert wurde zwischen den Regionen Nordrhein und Westfalen-Lippe, da sich die infrastrukturellen Gegebenheiten erheblich unterscheiden. Da der Rücklauf von Kooperation bei der Verteilung des Bogens abhing, ergibt die regionale Verteilung der Beantwortung keine Aussage über die räumliche Dichte der existierenden Hilfsangebote. Rücklauf nach Beruf und Einrichtung Eine erste Übersicht der Antwortenden gibt Auskunft darüber, welche Berufsgruppen und Einrichtungen mit der Thematik in Berührung kommen. Nur eine Befragte machte keine Angabe zu Einrichtung oder Beruf. Die meisten Antworten kommen aus dem Bereich der Beratungsstellen (45); diese wurden über die jeweiligen Dachverbände relativ gut erreicht. Eine gezielte Verteilung der Fragebögen an vermutlich Interessierte war auch im Bereich der Psychotherapie über Kammer, Berufsverband und AOK möglich; aus diesem Bereich kam die zweitgrößte Gruppe der Antworten (35). Zur Veranschaulichung dient die folgende Tabelle: Einrichtungen Davon: Anzahl der Nennungen Gesamtzahl der Nennungen Beratungsstellen 45 Frauenberatungsstellen 30 Nicht näher spezifizierte Beratungsstellen 5 Mädchenberatungsstellen 4 Suchtberatungsstellen 3 Ehe- und 2 Familienberatungsstellen Patientenberatungsstelle 1 Niedergelassen ärztliche und psychologische PsychotherapeutInnen 35 MedizinerInnen 28 Kliniken 11 FachärztInnen 10 AllgemeinmedizinerInnen 7 Selbsthilfe 17 Krankenkassen 15 OecotrophologInnen 11 Reha- und Kureinrichtungen 3 ErnährungsberaterInnen 2 Universitäre Einrichtungen 2 Kreisverwaltung, Frauenbüro, Verbraucherzentrale, Diätassistentin (jeweils 1x ) 4 Summe 162 Um die Ärzteschaft in niedergelassenen Praxis zu erreichen wurden Artikel in medizinischen Zeitschriften veröffentlicht: Die kassenärztlichen Vereinigungen in Nordrhein und Westfalen-Lippe veröffentlichten Anfang März einen Artikel in der KVNO - aktuell (Rheinland) und im Punktum (Westfalen-Lippe). Ferner wurden zur Studie und zur Fragebogenerhebung Artikel im rheinischen und westfälischen Ärzteblatt, dem Presseorgan der Ärztekammer, sowie in der „bundesweiten Ärztezeitung“, einem kommerziellen Presseorgan, veröffentlicht. 10 niedergelassene FachärztInnen und 7 AllgemeinmedizinerInnen haben daraufhin den Fragebogen beantwortet. Die Graphik gibt einen Überblick über den Rücklauf, wobei nur die Einrichtungen mit mindestens vier Nennungen einbezogen wurden. N = 165 Nennungen, Mehrfachnennungen waren Grundlage (vier Nennungen und mehr) Ausprägungen von Ess-Störungen Die Befragten wurden gebeten zu schätzen, welchen Anteil unter denen, die bei ihnen Rat, Hilfe, Weitervermittlung oder Behandlung suchen, unter den verschiedenen Störungstypen leiden. Insgesamt lag bei allen Ess-Störungen der größte Anteil bei höchstens 10 Prozent, wobei die weniger bekannten Diagnosen seltener überhaupt genannt wurden. Bei Anorexie, Bulimie und Adipositas fehlt auf ca. 35 Bögen die Angabe oder der Anteil wird mit null angegeben. Bei der Binge Eating Disorder und der Mischform oder unklaren Diagnose sind es 68 bzw. 76 Bögen. Für die einzelnen Formen der Ess-Störungen ergibt sich folgendes Bild: N = 128, auf 35 Bögen keine Angaben Altersspektrum Die Frage, welche Altersgruppe die Befragten am häufigsten sehen, wurde offen gestellt, und es ließen sich keine trennscharfe Altersspannen herausfiltern. Im Folgenden können Tendenzen mit begrenzter Aussagekraft dargestellt werden. Auf 36 Bögen wurde dazu keine Angabe gemacht. Die anderen Altersangaben wurden sehr unterschiedlich gewählt; sie sind hier der Übersicht halber zusammengefasst. Dazu wurden fünf Altersgruppen Obwohl sich die gebildeten Altersgruppen überschneiden, wurde jeder Fragebogen nur einmal gezählt, d.h. er wurde entsprechend seiner Angaben entweder zu der einen oder zu der anderen Gruppe sortiert. gebildet. Danach ergibt sich folgende Struktur: Für einen etwas genaueren Eindruck können die Gruppen weiter unterteilt werden. In der ersten Gruppe (0-25 Jahre) geben 4 Antwortende an, unter 10jährige am häufigsten zu sehen. Die zweite Gruppe (18-30) ist sehr homogen. Bei der dritten und größten Gruppe (18-40) wird 4 mal angegeben, nur 30 bis 40 Jahre alte Menschen am häufigsten zu sehen. Zwei zusätzliche Untergruppen können für die vierte Gruppe (18-50) gebildet werden, nämlich 30-50 (9) und 40-50 (1). Ähnliches gilt für die letzte Gruppe (18-60). Dort gibt es die Untergruppe 30 bis 60 Jahre (5) und 40 bis 60 (3). Die Ergebnisse deuten daraufhin, dass sich eher erwachsene Menschen mit Ess-Störungen an das Hilfesystem wenden. Dies scheinen häufig Personen mit Adipositas oder Bulimie zu sein, die im Alter zwischen 18 und 40 Jahren sind. N = 127, keine Angabe auf 36 Angabe Zugangswege Die Frage nach dem Begegnungsort (Praxis oder Einrichtung) wurde gestellt, um einen Anknüpfungspunkt über Zugangswege essgestörter Menschen zu erhalten. 27 TeilnehmerInnen gaben in der Erhebung mehr als einen Ort an. 22 nannten 2 Orte, 3 nannten 2 und 2 nannten 4 Orte oder mehr. Die Mehrfachnennungen bedeutet, ist, dass die jeweiligen Person in mehreren Einrichtungen tätig ist, wo die mit Essgestörten arbeiten; dies kommt insbesondere bei PsychotherapeutInnen vor. Es wird 13 Mal die eigene psychotherapeutische Praxis neben einem weiteren Tätigkeitsort angegeben. Insgesamt stellt sich folgendes Bild inklusiv der Mehrfachnennungen dar; wobei auf 2 Bögen keine Angabe zu der Frage gemacht wurde. Die Zugangwege gestalten sich folgendermaßen: Zugangswege Davon: Anzahl der Nennungen Gesamtzahl der Nennungen Beratungsstellen 98 Psychologische und psychotherapeutische Praxen 43 Frauenberatungsstellen 30 Nicht näher spezifizierter Beratungsstellen 20 Suchtberatungsstellen 3 Ehe- und Familienberatungsstellen 2 Medizinische Einrichtungen 31 FachärztInnen/AllgemeinmedizinerInnen 17 Kliniken 8 Psychiatrische Einrichtungen 2 Ambulanzen und Polikliniken 4 Selbsthilfe 19 Selbsthilfekontaktstellen 12 Selbsthilfeorganisationen 5 Selbsthilfegruppen 2 ErnährungsberaterInnen 6 Reha- und Kureinrichtungen 5 Einrichtungen für Kinder und Jugendliche 2 Medizinisches Service-Zentrum, Praxis ohne KV-Zulassung, niedergelassene Ausdruckstherapeutin, Bundesarbeitsgemeinschaft für Patientenberatungsstellen e.V., telefonische Beratung, Schule (jeweils 1x) 6 Summe 167 Begegnungshäufigkeit Der größte Teil der Antwortenden kommt häufig (99) oder gelegentlich (52) mit Essgestörten in Kontakt; nur sehr wenige geben dies mit selten (7) oder fast nie (2) an. So ist zu vermuten, dass Einrichtungen, die mit dem Thema dem Ess-Störungen wenig zu tun haben oder die nicht ihren Schwerpunkt dort haben, mit der Fragebogenerhebung nicht erreicht wurden. Interessant ist eine nähere Aufschlüsselung der Einrichtungen bzw. Personen, die angeben, häufig Essgestörten zu begegnen. So geben von den 30 Frauenberatungsstellen, die sich an der Erhebung beteiligten 24 an, häufig Kontakt mit Essgestörten zu haben; dies ist auch bei allen 4 Mädchenberatungsstellen der Fall. Daraus wird deutlich, dass Frauenberatungsstellen einen ihrer Tätigkeitsschwerpunkte auf Ess-Störungen gelegt haben und zu einer wichtigen Anlaufstelle für Betroffene geworden sind. Von den 35 PsychotherapeutInnen wählen 18 die Kategorie „häufig“. Die Vermutung, dass mit diesem Fragebogen vor allem Einrichtungen und Personen erreicht wurden, die einen Schwerpunkt im Bereich Ess-Störungen haben zeigen Antworten aus dem medizinischen Bereich. So begegnen 4 der 7 AllgemedizinerInnen, 9 der 10 niedergelassenen FachärztInnen und 8 der 11 Kliniken Essgestörten häufig. Weitere Einrichtungen, die häufig mit Essgestörten zu tun haben sind: Oecotrophologen (7), Beratungsstellen (3), Krankenkassen (3), Suchtberatungsstellen (3), Universitätskliniken (2) und Diätassistentin (1). Fortbildung und Erfahrung An der Erhebung haben sich überwiegend Professionelle beteiligt, die auf dem Gebiet auch fachinhaltlich engagiert sind. Der Anteil, der sich fortgebildet bzw. spezielle Erfahrungen zum Thema gesammelt hat, ist mit N=99 genau so hoch wie der Anteil, denen häufig Essgestörte begegnen. 64 Fachkräfte haben sich nicht fortgebildet bzw. sind nicht auf die Frage eingegangen. Allerdings sind die Gewichtungen nicht identisch. Die größte Gruppe stellen hier die PsychotherapeutInnen (26) im Bereich der Fortbildungen dar, es haben sich offenbar nicht nur diejenigen, die häufig damit zu tun haben, sondern auch ein Teil der gelegentlich damit Befassten für diese Arbeit zusätzlich qualifiziert. Danach folgen die Frauenberatungsstellen (24), die sowohl häufig damit zu tun haben, als sich auch sehr intensiv mit der Thematik befassen. Bei anderen Einrichtungen zeigen die Antworten auf diese Frage, dass es vorrangig die spezialisierten Einrichtungen sind, die von der Erhebungen angesprochen wurden. So liegen bei den Kliniken und OecotrophologInnen jeweils in 9 Fällen besondere Erfahrungen bzw. Fortbildungen vor. Auch von den vier Mädchenberatungsstellen bejahen 3 diese Frage. Sehr deutlich wird die Spezialisierung auch bei den Reha- und Kureinrichtungen und Suchtberatungsstellen, die alle die Frage nach Fortbildung bejahen (jeweils 3). Weitere Einrichtungen bzw. Berufsgruppen, die in diesem Bereich fortgebildet sind: Niedergelassene FachärztInnen (4), AllgemeinärztInnen (3), Selbsthilfekontaktstellen (3), Beratungsstellen (5), Krankenkassen (3), ErnährungsberaterInnen (2), Diätassistentin (1) und Universitätsklinik (1). Anteil der spezifisch Fortgebildeten N = 99 Insgesamt 65 Personen waren zudem bereit, Informationen zu ihrem Arbeitskonzept bereitzustellen. Diese Personen weisen eine spezialisierte Qualifikation im Bereich Ess-Störungen auf. Vernetzungswege Der Fragebogen war darauf angelegt, einerseits spezialisierte Zentren zu erfassen, die über ihren direkten Zulauf hinaus auch Überweisungen von anderen Fachkräften erhalten, andererseits auf Professionelle einzugehen, die Ess-Störungen als Problem in ihrer Praxis wahrnehmen, aber nicht selbst behandeln (können) sondern weiterverweisen. Die Fragen wurden in einer Form gestellt, die eine Wahl der einen oder der anderen Möglichkeit nahe legte. Tatsächlich erwiesen sich die Verhältnisse als komplex, wie im weiteren Kontakt mit den befragten Fachkräften und Einrichtungen deutlich wurde. In der Praxis gibt es diejenigen Personen, die selber behandeln und nicht verweisen, aber auch die Gruppe an Professionellen die selber behandeln, aber trotzdem überweisen, z.B. weil sie überlastet sind. Diese Praxis (selber behandeln und außerdem überweisen) fand in den Daten der Fragebogenerhebung kaum Niederschlag, wird aber im qualitativen Untersuchungsteil beleuchtet. Insgesamt 76 Befragte behandeln selbst, und sie haben in aller Regel Angaben dazu gemacht, auf welchem Wege (durch wen an sie überwiesen) ihre Klientel zu ihnen gelangt. (Selbstmelder sind durch die Anlage des Fragebogens nicht erfasst, es ging hier darum, die Kooperationsstrukturen innerhalb des Hilfesystems abzubilden). Es gibt nur einen geringen Prozentsatz, der selbst behandelt und keine andere Professionellen nennt, an die sie überweisen. Wer verweist weiter? Es gibt 60 Professionelle in unserer Erhebung, die sich als nicht kompetent in diesem Bereich einschätzen und daher an Fachkräfte überweisen. Davon ordnen sich 50 nur einer Einrichtung zu: Berufsgruppen, die nicht behandeln Anzahl der Nennungen Beratungsstellen 15 Selbsthilfe 11 Krankenkassen 10 ÄrztInnen 7 PsychotherapeutInnen 4 Kliniken 3 Summe 50 10 Personen, die weiter verweisen, machten zwei Angaben zu ihrem Tätigkeitsfeld: Berufsgruppen mit Mehrfachnennungen Anzahl der Nennungen Beratungsstellen 8 Selbsthilfe 3 MedizinerInnen 3 Sonstiges 6 Summe 20 Von wem erhalten die kompetenten Stellen Überweisungen? Insgesamt 76 Fragebögen gaben an, ein spezialisiertes Zentrum zu sein, an das Betroffene verwiesen werden. Die Tätigkeitsfelder müssen in zwei Durchgängen ausgewertet werden, da ein Teil der Fachkräfte an zwei Stellen tätig ist. Stellen, die Überweisungen erhalten, verteilen sich wie folgt: Berufsgruppen Anzahl der Nennungen Beratungsstellen 31 Kliniken 14 PsychotherapeutInnen 10 ÄrztInnen 3 Krankenkassen 3 OecotrophologInnen 2 Sonstiges 2 Summe 65 11 Personen machen Mehrfachnennungen und müssen daher gesondert ausgewertet werden: Berufsgruppen mit Mehrfachnennungen Anzahl der Nennungen Beratungsstellen 9 PsychotherapeutInnen 6 Kliniken 5 Selbsthilfe 2 OecotrophologInnen 2 Sonstiges 3 Summe 27 Beratungsstellen sind mit insgesamt 40 Nennungen hier führend; es folgen mit 19 Nennungen Kliniken und mit 16 Nennungen PsychotherapeutInnen. Dies ist in Relation zu den Gesamtzahlen des Rücklaufs frappierend: dort rangierte die Psychotherapie mit 35 Bögen gleich nach den Beratungsstellen als Gruppe derer, denen Ess-Störungen in ihrer Praxis begegnen. Diese Zahlen bestätigen den Eindruck der Expertengespräche, dass die Weitervermittlung in eine Psychotherapie eine Bruchstelle im Hilfesystem ist. Auf die Frage, von welchen Anlaufstellen oder Praxen eine Überweisung an sie erfolgt, waren Mehrfachnennungen möglich. In den insgesamt 76 Bögen nannten 18 TeilnehmerInnen zwei Stellen, von denen sie Überweisungen entgegennehmen, 22 nannten drei Stellen und 24 TeilnehmerInnen nannten vier oder mehr Überweisungseinrichtungen. Sehr häufig stammen die Überweisungen aus dem medizinischen Bereich (insgesamt 92 mal). Am zweithäufigsten waren Beratungsstellen angeführt, es folgen Schulen und Psychotherapeutinnen. Überweisungen von folgenden Berufsgruppen Davon: Anzahl der Nennungen Gesamtzahl der Nennungen Beratungsstellen 41 Nicht näher spezifizierte Beratungsstellen 22 Psychosoziale Einrichtungen 7 Frauenberatungsstellen 6 Mädchenberatungsstellen 3 Suchtberatungsstellen 2 Telefonische Beratungseinrichtung 1 MedizinerInnen 92 AllgemeinmedizinerInnen 39 Kliniken 21 Niedergelassene FachärztInnen 19 KinderärztInnen 6 Gesundheitsamt/Medizinischer Dienst (jeweils 2x) 4 FrauenärztInnen, Reha-Einrichtung, Fachambulanz für Sucht (jeweils 1x) 3 PsychotherapeutInnen 20 LehrerInnen/Schulen 20 Internet und andere Medien 8 OecotrophologInnen 5 Selbsthilfegrupen/ Selbsthilfekontaktstellen 4 Facheinrichtungen für Jugendliche (Jugendamt 2x; Wohneinrichtung 2x) 4 Angehörige 4 Mundpropaganda 4 HeilpraktikerInnen, Kassenärztliche Vereinigung, Gleichstellungsbeauftragte, Wohlfahrtsverband, sozialpsychiatrischer Dienst, Berufsintegrationsmaßnahme (Jeweils 1x) 6 Summe 208 Zur Veranschaulichung dient die folgende graphische Darstellung. N = 208 Nennungen, Mehrfachnennungen waren möglich Um die Vernetzungstrukturen zu beleuchten, wurde ausgewertet, von welchen Einrichtungen Frauenberatungsstellen, Psychotherapeuten, Kliniken und OecotrophologInnen ihre Überweisungen erhalten. Dies sind die Einrichtungen, die häufig angeben Überweisungen zu erhalten. Einrichtung/ Personen Anzahl der Überweisungen Frauenberatungsstellen 21 Psychotherapeuten 14 Kliniken 9 Oecotrophologen 7 Summe 51 Einrichtung/ Personen Überweisungen von Kliniken Überweisung von ÄrztInnen Summe der Überweisungen Frauenberatungsstellen 8 15 23 Psychotherapeuten 7 7 14 Kliniken 2 7 9 Oecotrophologen 0 4 4 Gesamtzahl 17 33 50 Die größte Gruppe bei den Überweisenden sind auch hier jeweils die MedizinerInnen bzw. Kliniken. Dies liegt auf der Hand, da diese insgesamt am häufigsten überweisen. Auffällig ist die Verteilung bei den anderen Überweisenden. So vermitteln häufig andere, nicht näher spezifizierte Beratungsstellen (10) und Schulen (8) an die Frauenberatungsstellen. Dies wird bei den anderen nicht so häufig angegeben. Die OecotrophologInnen erhalten laut ihren Angaben keine Überweisungen von Beratungsstellen, Kliniken geben diese 2mal und die TherapeutInnen 4mal an. PsychotherapeutInnen erhalten sehr häufig KlientInnen von KollegInnen aus der Psychotherapie (7). Die PsychotherapeutInnen vermitteln wiederum ihre KlientInnen (4) oft an die Kliniken; also knapp die Hälfte der Kliniken erhalten von dieser Berufsgruppe Überweisungen. Die Frauenberatungsstellen geben zwar ebenfalls die TherapeutInnen auf vier Bögen als überweisende Personen an; dies ist aber verglichen mit anderen Angaben in Bezug auf die Frauenberatungsstellen eher wenig. Nur eine Ernährungswissenschaftlerin gibt an, Überweisungen von PsychotherapeutInnen zu erhalten. Die ErnährungswissenschaftlerInnen erhalten ihre Überweisung sehr oft von Krankenkassen (4), die sonst nur noch von den Frauenberatungsstellen (2) genannt werden. Von der Tendenz her scheint es also Kooperationen zwischen bestimmte Berufs- und Einrichtungsgruppen zu geben. Allerdings vermitteln verwandte Einrichtung und Berufe KlientInnen auch gerne untereinander; so erhalten Frauenberatungsstellen häufig Überweisungen von Beratungsstellen und PsychotherapeutInnen und Kliniken oft von PsychotherapeutInnen. An wen werden Betroffene verwiesen? Diejenigen Fachkräfte, die nicht behandeln sondern weiter verweisen, vermitteln an viele verschiedenen Stellen, wie die folgende Tabelle zeigt: Berufsgruppen, an die überwiesen wird Davon: Anzahl der Nennungen Gesamtzahl Medizinisch-Therapeutischer Bereich 47 PsychotherapeutInnen 29 Kliniken 18 Beratungsstellen 33 Nicht näher spezifizierte Beratungsstellen 9 Beratungsstellen für Ess-Störungen 8 Mädchen- und Frauenberatungsstellen 9 Suchtberatungsstellen 7 Selbsthilfe 23 Selbsthilfekontaktstellen 20 Selbsthilfegruppen 3 Kinder- und Jugendpsychiatrie 3 Frauengesundheitszentrum 2 Gesundheitsamt, Schulungszentrum für Kids, Universität, Ernährungsberatung (jeweils 1x) 4 Summe 112 Die Weitervermittlung geschieht am häufigsten (47 Angaben bei 60 verweisenden Fachkräften) mit dem Ziel einer medizinische oder therapeutische Behandlung: 29 mal wird an psychologische und ärztliche PsychotherapeutInnen und 18 mal an eine Klinik überwiesen. Andere medizinische Einrichtungen werden eher am Rande erwähnt; so wird nur einmal an eine/n Allgemeinmediziner/in überwiesen und andere wie FachärztInnen werden gar nicht erwähnt. Sehr oft wird auch an Beratungsstellen (32) überwiesen, wobei die Angaben sich wie folgt auf die verschiedenen Beratungsstellen verteilen: 9 nicht näher spezifizierte Beratungsstellen, 8 Beratungsstellen für Ess-Störungen, 7 Suchtberatungsstellen, 6 Frauenberatungsstellen und 2 Mädchenberatungsstellen. Dann gibt es noch den Bereich der Selbsthilfe, an den häufig überwiesen wird, und zwar zumeist direkt an Selbsthilfegruppen (20) und eher selten an Kontakt- und Informationsstellen für Selbsthilfegruppen (3). Relativ selten werden die Kinder- und Jugendpsychiatrie (3) und Frauengesundheitszentren (2) in diesem Zusammenhang angegeben. Insgesamt werden bei diesen Fragen wenig Einrichtungen für Kinder- und Jugendliche angegeben. Dies entspricht der geringen Beteiligung von Personen und Einrichtungen, die speziell mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Nur einmal werden jeweils ein Schulungszentrum für Kids, die Universität, Ernährungsberatung und das Gesundheitsamt genannt. Insgesamt fällt auf, dass viele der Antworten Mehrfachnennungen sind (33), wobei auf 16 Fragebögen 2 Stellen, auf 9 Bögen 3 Stellen und auf weiteren 8 Bögen 4 und mehr Stellen genannt werden, an die überwiesen wird. Auch hier wurde ausgewertet, welche Einrichtung bzw. Personen wohin überweisen. Ebenfalls wurden die Gruppen hier ausgewählt, die am häufigsten Angaben dazu machen: Einrichtungen/Personen Anzahl der Überweisungen Selbsthilfekontaktstelle 15 Krankenkassen 13 MedizinerInnen 10 Frauenberatungsstellen 8 Summe 46 Einrichtungen/ Personen Verweis an Kliniken Verweis an TherapeutInnen Verweis an Beratungsstellen Verweis an Selbsthilfegruppen Summe der Verweise Selbsthilfekontaktstelle 2 3 7 11 23 Krankenkassen 4 10 13 6 33 MedizinerInnen 6 6 0 2 14 Frauenberatungsstellen 5 5 6 1 17 Gesamtzahl 17 24 26 20 87 Auch hier gibt es Einrichtungen, an die insgesamt sehr oft verwiesen wird. Allerdings machen die Kliniken und TherapeutInnen nur bei den MedizinerInnen die größte Gruppe aus. Bei den anderen, hier genauer ausgewerteten Bögen sind oft Beratungsstellen angegeben. Insgesamt werden verschiedenste Beratungsstellen angeben wie z.B. Suchtberatungsstellen, Frauenberatungsstellen, Mädchenberatungsstellen. Dabei geben die Krankenkassen neben nicht näher spezifizierten Beratungsstellen (5) oft Ernährungsberatungsstellen (4) an. Dies stimmt mit der Tendenz des oben dargestellten Ergebnis überein, dass OecotrophologInnen, die oft Ernährungsberatung anbieten, eher Überweisungen von Krankenkassen erhalten. Auffällig ist noch, dass insgesamt relativ häufig an Selbsthilfegruppen verwiesen wird. Dies machen insbesondere die Selbsthilfekontaktstellen; dies ist nicht überraschend, da dies ihre Aufgabe ist. Krankenkassen nennen mehrere Einrichtungen, an die sie verweisen, darunter relativ häufig an Selbsthilfegruppen. Bei den MedizinerInnen werden neben Kliniken und TherapeutInnen auch die Selbsthilfegruppen und eine Einrichtung für Kinder und Jugendliche genannt. Insgesamt kann festgehalten werden, dass es mehrere Einrichtungen oder Personen gibt, an die verwiesen wird. Dies zeigen auch die häufigen Mehrfachnennungen. Für die meisten Einrichtungen ergibt sich ein recht buntes Bild; so werden die verschiedensten Beratungsstellen genannt. Vermutlich ist es von den Strukturen vor Ort, bzw. wer sich dort auf Ess-Störungen spezialisiert hat, abhängig, wohin verwiesen wird. Defizitstrukturen Gefragt wurde ferner, ob es bestimmte Gruppen gibt, für die es in erreichbarer Nähe keine entsprechende Stelle gibt, an die überwiesen werden könnte. Nur 31 Befragte machten Angaben zur Zielgruppe, für die es kein Angebot gibt; 132 machten keine Angabe dazu. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass mit der Erhebung vor allem spezialisierte Einrichtungen erreicht wurden. Offen bleibt also die Frage, ob es für weniger spezialisierte Personen bzw. Einrichtung, schwieriger ist, Essgestörte weiterzuvermitteln. N = 17 Nennungen Die größte Gruppe ohne passendes Angebot sind den Angaben zufolge Kinder und Jugendliche; insgesamt 10mal werden sie als unterversorgte Zielgruppe angegeben. Dann wurden häufig verschiedene Formen der Essgestörten als schlecht versorgt benannt. 2mal wird geäußert, dass es allgemein schwierig sei, für Essstörungen passende Angebote zu finden, wobei dies auf einem Fragebogen damit begründet wird, dass die Nachfrage größer als das Angebot sei. Ein ähnliches Problem klingt auf zwei weiteren Bögen an. Eine weitere Lücke sei der Mangel an kassenärztlichen TherapeutInnen (1), die unmittelbar einen Therapieplatz zur Verfügung stellen, um lange Wartezeiten zu vermeiden. Auf einem anderen Fragebogen werden Personen, die sich keine Therapie leisten können oder wollen, erwähnt. Bei den konkreten Formen werden 3mal Adipöse als unterversorgte Zielgruppe und jeweils einmal massiv übergewichtige Kinder und Binge Eating Disorder genannt. Genannt werden ferner Frauen mit kleinen Kindern, weibliche Jugendliche mit traumatischen Erfahrungen, Frauen im ländlichen Bereich und Klientinnen in lebensbedrohlichen Zustand. Ferner fehlen Angaben zufolge bestimmte Therapien, nämlich Kunst- und Körpertherapie (1), betreutes Wohnen (1) und ambulante Pychotherapie (2). Auch für Angehörige, die Beratung oder Hilfe suchen, gibt es manchmal kein passgerechtes Angebot (2). Einmal werden Personen aus dem betreuten Wohnen als unterversorgte Zielgruppe angegeben. Die Befragten hatten auch die Frage, ob ihnen Essgestörte begegnen, die für Hilfe nicht zugänglich sind. Die meisten von ihnen hatten solche Erfahrungen, es überwogen jedoch die Antworten „gelegentlich“ und „selten“. N = 163 Nennungen Mehrheitlich wurde keine Antwort auf die Frage gegeben, welche Klientel für Hilfe nicht zugänglich ist. Dabei ist keine Beziehung festzustellen zwischen der Häufigkeit, mit der die Befragten insgesamt mit dem Problem zu tun haben, und ihrer Bereitschaft, die Gruppe der schwer Zugänglichen näher zu beschreiben. Anscheinend werden die Fälle, in denen Hilfe die Betroffenen nicht erreicht, als individuelle Problemfälle wahrgenommen und nicht einem Typus oder einer Gruppe zugeordnet. Schwierige Zielgruppen Anzahl der Nennungen Essgestörte Menschen 5 Adipöse 6 AnorektikerInnen 11 Frauen mit psychischen Störungen 10 Mangelnde Motivation/Krankheitseinsicht 12 Frauen 6 Anorexie-, BulimiepatientInnen 4 Jungen/Männer 4 Chronisch erkrankte Magersüchtige 2 Frauen mit stoffgebundenen Abhängigkeiten (Alkoholsucht) 2 Frauen aus sozial schwachen Verhältnissen 2 Karrierefrauen 1 Noch nicht chronisch erkrankte Frauen 1 Eltern von essgestörten Jugendlichen, Angehörige, Ängstliche und Selbstunsichere, Nahrungsmittelallergiker, Intellektuell benachteiligte und unterschiedliche Personen (jeweils 1x) 7 Summe 73 Die Angaben stammen aus Mehrfachnennungen. Landesgeförderte Einrichtungen: Möglichkeiten und Grenzen der Hilfe Im Folgenden werden Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen dargestellt, deren Arbeitsweisen, Möglichkeiten und Grenzen durch qualitative Interviews (Einzel- oder. Gruppengespräche) näher ausgeleuchtet wurden. Interviews wurden geführt mit Mädchenberatungsstellen, Frauenberatungsstellen, Suchtberatungsstellen, Ehe-, Familien- und Erziehungsberatungsstellen sowie Selbsthilfekontaktstellen und zwei Kliniken. Mädchenberatungsstellen Die Fragebogenerhebung zeigte auf, dass Mädchenberatungsstellen häufig mit dem Thema Ess-Störungen konfrontiert sind. In die Interviews wurden Mitarbeiterinnen aus drei Einrichtungen einbezogen. Nach deren Einschätzung stehen ca. 40 % aller Beratungsanfragen mit Ess-Störungen in Zusammenhang. Die Kontaktaufnahme erfolgt jeweils zu 1/3 seitens der betroffenen Mädchen, durch Freunde sowie über Angehörige (Mädchenhaus Düsseldorf e.V.). Erfahrungen zeigen, dass junge Mädchen (13-15 Jahre) oft von ihren Eltern zur Beratung geschickt werden (Mädchenhaus Gelsenkirchen e.V.). Die Zielgruppe der befragten Beratungsstellen sind Mädchen und junge Frauen im Alter von 11 bis 27 Jahren, wobei die Altersgrenze in den Beratungsstellen oft individuell gesetzt wird. Angehörige werden nur in Ausnahmefällen beraten, und nur wenn es nicht den Bedürfnissen des Mädchens widerspricht. Die Mädchenberatungsstellen betrachten ihr Hilfsangebot als niedrigschwellig und dienen auch als Anlaufpunkt im Anschluss an einen stationären Aufenthalt. Eine Kooperation der sechs Mädchenberatungsstellen erfolgt über die „Landesarbeitsgemeinschaft autonomer Mädchenhäuser/feministischer Mädchenarbeit NRW e.V.“. Die LAG vertritt die einzelnen Mädchenhäuser auf Landesebene und hat zum Ziel, im Bereich Mädchenpolitik, Fortbildungen und Fachveranstaltungen sich für die Interessen von Mädchen einzusetzen. Teilweise nehmen die Mitglieder an regionalen Arbeitskreisen zu Ess-Störungen oder verwandten Themen teil. In psychosozialen Arbeitsgemeinschaften sind Ess-Störungen als eigenständiger Arbeitsbereich kaum repräsentiert (www.frauennrw.de <9.06.04>). Möglichkeiten und Grenzen der Hilfe Mädchenberatungsstellen bieten vielfältige Hilfestellungen für Mädchen und junge Frauen an. Die Angebote umfassen die Einzel- und Gruppenberatung, Therapie, Gruppenarbeit mit therapeutischer Anleitung, kostenlose Telefon-Hotline und Online-Beratung sowie die Durchführung von Präventionskonzepten an Schulen. Therapeutische Hilfen werden nur in den Einrichtungen angeboten, die dem Bereich der Kinder- und Jugendhilfe zugeordnet sind. Die Mädchenberatungsstellen können Krisenintervention anbieten, eine langfristige Beratung ist aufgrund mangelnder Ressourcen selten durchführbar. Die Beratung wird so niedrigschwellig wie möglich gestaltet. Termine werden telefonisch vereinbart wobei die Anruferinnen anonym bleiben können. Der Erstkontakt soll so unkompliziert wie möglich organisiert werden, es können auch weibliche Bezugs- oder Vertrauenspersonen mitgebracht werden. Die Mädchenberatungsstellen arbeiten auf der Basis von geschlechtsspezifischen Arbeitsansätzen und ihre Angebote werden sehr gut angenommen. Die Öffentlichkeitsarbeit ist grundlegende Voraussetzung für die Annahme von Hilfsangeboten und wird von den Mädchenberatungsstellen geleistet. Den Beraterinnen zufolge werden therapeutisch angeleitete Gruppenangebote sehr gut angenommen, allerdings sind die Angebote auf Grund fehlender Kapazitäten beschränkt. Die Aufnahme setzt keine medizinische Diagnose voraus, Gruppenangebote sind für alle „Anorektikerinnen“ und „Bulimikerinnen“ offen. Traditionelle Selbsthilfegruppen sind ihrer Erfahrung nach für jüngere Mädchen nicht effektiv, da die Instabilität der Gruppen zu hoch ist. Für jüngere Zielgruppen sollte eine therapeutische Anleitung in Gruppen gewährleistet sein und die Gruppengröße nicht zu groß gewählt werden, damit auch individuelle Unterstützung möglich ist. Fachfrauen betonen, dass insbesondere adipösen Klientinnen weitaus seltener eine Beratungsstelle aufsuchen als andere Zielgruppen, was besonders in den Gruppenangeboten ein Problem zu sein scheint, die alle Formen der Ess-Störungen vereinen. Adipöse Mädchen bevorzugen eher homogene Gruppenzusammensetzungen. Erfahrungen zeigen aber, dass bei gelingender Integration der verschiedenen Ess-Störungsbilder die Arbeit sehr fruchtbar sein kann. Gemeinsamkeiten und Unterschiede können zusammen diskutiert werden. Besonders Mädchen und junge Frauen mit Klinikerfahrungen können sich gut in Gruppensituationen einfügen, was daran liegen kann, dass sie durch den stationären Aufenthalt schon mit Funktion und Struktur von Gruppenarbeit vertraut sind. Über mögliche Zusammenhänge zwischen sexuellem Missbrauch und der Entstehung einer Ess-Störung sind sich die Expertinnen bewusst, allerdings liegen in den befragten Mädchenberatungsstellen keine Auffälligkeiten bzgl. eines Zusammenhangs vor. Defizite und Handlungsbedarf Die Mädchenberatungsstellen sind nach eigener Meinung mit lediglich 6 Einrichtungen in ganz NRW nicht genügend und flächendeckend präsent. Während die Landeszuschüsse gekürzt werden, nimmt die Nachfrage weiter zu. Insbesondere mangelt es an Kapazitäten, den Anfragen von Schulen und Angehörigen gerecht zu werden Auf der Beratungs-Hotline für Ess-Störungen gab es einige Anfragen von Jungen; die Beratungsstellen kennen keine geschlechtspezifischen Angebote für Jungen und Männer, an die weiter verwiesen werden kann; am ehesten werden Familienberatungsstellen empfohlen. Die Expertinnen äußerten auch, dass migrationsbedingte Hintergründe in der Beratung bislang zu wenig Beachtung finden. Themenbereiche wie die Funktion des Essens, die Rolle der Frau, familiäre Bindungen und interkulturelle Konflikte sind grundlegend für eine adäquate Hilfe, werden laut Pädagoginnen in der praktischen Beratung aber kaum berücksichtigt. Die stationären Versorgungsangebote wurden von den Befragten als ausreichend eingeschätzt, es mangelt jedoch an therapeutischen Wohngruppen für Jugendliche. Diese wären besonders sinnvoll, wenn das Wohnumfeld zur Verschlechterung des Krankheitsverlaufes beiträgt. Als gravierend werden der Mangel an störungs- und alterspezifischer Psychotherapie und die sehr lange Wartezeiten auf einen Therapieplatz hervorgehoben. Ein großes Problemfeld ist nach Aussagen der befragten Mädchenberatungsstellen die Undurchsichtigkeit der Zuständigkeiten. Es bedarf der Definition klarer Aufgabenbereiche. Mangelnde Transparenz wirkt sich negativ auf die Versorgungslandschaft aus. Oft ist auch für Professionelle unklar, welche Beratungsstellen bei welchen Problemfeldern unterstützend agieren können. Es wurde der Wunsch nach einer kompetenten Anlaufstelle für Betroffene geäußert, in denen professionelle Fachkräfte zur Verfügung stehen und Hilfestellungen anbieten können, die den Bedürfnissen der Ratsuchenden entsprechen. Um eine Vernetzungsstruktur zu schaffen, erscheint es notwendig, die Grundsteine zu legen. Diese wären z.B. die Aufstockung personeller und finanzieller Ressourcen. Regelmäßige Fortbildungen sind notwendig, um eine akute Versorgung zu gewährleisten. Als weitere defizitäre Bereiche werden unzureichende Präventionsangebote und Begleitung der Angehörigen benannt. Durch Präventionsmaßnahmen könnten auch Angehörige erreicht werden. Eine Mädchenberatungsstelle hat ihren Fokus auf die Prävention gelegt, musste dafür aber das Beratungsangebot für Mädchen einschränken. Es mangelt keineswegs an qualifiziertem Personal und guten Arbeitskonzepten, es scheinen eher strukturelle Probleme und mangelnde Finanzierung die ursächlichen Schwierigkeiten im Hilfesystem zu sein. Fazit Mädchenberatung Die befragten Mädchenberatungsstellen sind in dem Bereich Ess-Störungen engagiert tätig, können aber die Defizite im Hilfesystem für Kinder und Jugendliche nicht beseitigen. Es gibt kaum Therapieplätze für jüngere Klientinnen. Mehrfach wurde der Wunsch nach einer kompetenten Anlaufstelle für Betroffene angesprochen, die regional über Hilfestrukturen informiert ist. Die Undurchsichtigkeit der Zuständigkeiten erschwert es, sich in der Versorgungslandschaft zu Recht zu finden. Präventionsangebote und Angehörigenbegleitung werden für sehr wichtig gehalten, können derzeit jedoch nur rudimentär stattfinden. Therapeutisch angeleitete Gruppenangebote werden als effektiv eingeschätzt. Frauenberatungsstellen Um die Arbeit der Frauenberatungsstellen von verschiedenen Seiten zu beleuchten, wurde ein Gruppeninterview mit Mitarbeiterinnen aus sechs Einrichtungen durchgeführt. Alle interviewten Expertinnen sind Mitglieder im Fachausschuss Ess-Störungen. In Nordhrein-Westfalen fungiert die „Landesarbeitsgemeinschaft der autonomen Frauenberatungsstellen NRW e.V.“ als Bindeglied zwischen den insgesamt 53 Beratungsstellen. Der Ausschuss Ess-Störungen besteht aus ca. 10 Frauenberatungsstellen. Die Vernetzungswege sind breit gestreut: sie reichen von Arbeitskreisen (AK) der Beratungsstellen, AKen psychogener Ess-Störungen, AK Sucht, AK Suchtvorbeugung, AK sexueller Missbrauch, Runder Tisch gegen häusliche Gewalt bis hin zu AKs, die Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit fokussieren. Die befragten Fachfrauen der spezialisierten Frauenberatungsstellen nehmen regelmäßig an Fortbildungen zum Thema Ess-Störungen teil und haben therapeutische Zusatzqualifikationen. Zielgruppe der spezifischen Angebote sind vorrangig erwachsene Frauen, einige Beratungsstellen beraten ebenfalls Mädchen, insbesondere wenn am Ort keine spezifischen Hilfsangebote für diese Zielgruppe zur Verfügung stehen. Die Angebote reichen von Informationsveranstaltungen, Kriseninterventionen, Einzel- und Gruppenberatung bis hin zu therapeutischen Hilfen für Frauen mit Ess-Störungen. In einigen Beratungsstellen wird auch mit Angehörigen gearbeitet sowie mit MultiplikatorInnen. Möglichkeiten und Grenzen der Hilfe Frauen wenden sich sowohl nach klinischen Aufenthalten als auch im früheren Stadium des Leidens an die Frauenberatungsstelle. Die Zugangswege sind flexibel; niedrigschwellige Angebote wie z.B. offene Abende, Selbsthilfegruppen und Informationsveranstaltungen tragen dazu bei, die Hemmschwellen zu verringern. Einige Frauen informieren sich dort über Arbeitskonzepte verschiedener Kliniken oder welche ambulanten Therapieformen für sie passgerecht sind. In einer ersten Beratung wird zunächst der Bedarf der Mädchen und Frauen abgeklärt, um zu erfahren, welche Hilfsangebote sinnvoll und effektiv sein können. Kann kein entsprechendes Angebot durch die Beratungsstelle zur Verfügung gestellt werden, wird die Weitervermittlung versucht. Fast alle befragten Frauenberatungsstellen bieten die angeleitete Selbsthilfe an; dies sind Gruppen, die zunächst angeleitet werden und dann eigenständig weiterarbeiten. Die Gruppen integrieren alle Formen von Ess-Störungen; nach den Erfahrungen einiger Fachfrauen gelingt diese Verbindung gut. Andere Einrichtungen haben eher negative Erfahrungen mit der Mischung gemacht und berichten von großer Fluktuation. Wie in den Mädchenberatungsstellen werden ebenfalls Schwierigkeiten mit adipösen Zielgruppen beschrieben. Die Kooperation zwischen anorektischen und bulimischen Mädchen und Frauen scheint in der Regel unproblematisch zu sein. Eine Frauenberatungsstelle hat auf Grund der vielfältigen Anfragen von Mädchen ein Konzept für ein spezifisches, therapeutisch angeleitetes Gruppenangebot erstellt; die notwendigen Mittel wurden jedoch vom Jugendamt abgelehnt. Die Vertreterinnen der Frauenberatungsstellen haben die Erfahrungen gemacht, dass zwei Drittel der essgestörten Frauen, die Hilfe bei ihnen aufsuchen, sexuelle Grenzverletzungen erlebt haben. Dieser Zusammenhang muss sensibel berücksichtig werden. Defizite und Handlungsbedarf Trotz der hohen therapeutischer Qualifikation der Mitarbeiterinnen und ihres spezifischen Wissens, müssen sie Frauen mit Ess-Störungen aufgrund mangelnder Kapazität oft an niedergelassene TherapeutInnen weiter vermitteln. Allerdings verfügen die Frauenberatungsstellen oft nur über begrenzte Informationen darüber, welche weiteren Fachkräfte in dem Bereich spezialisiert sind. Als negativ wurden auch von den hier befragten Expertinnen die langen Wartezeiten auf einen Therapieplatz beurteilt. Gerade für junge Mädchen ist es schwierig, adäquate Hilfe zu finden, da ein Mangel an Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen herrscht. Männliche Angehörige, die eine Beratung wünschen, werden zumeist an andere Stellen verwiesen. Betont wird aber, dass die Hilfsangebote für Angehörige unzureichend sind. Derzeit mangelt es im Hilfesystem nach Einschätzung der Expertinnen an therapeutischen Wohngruppen und Tageskliniken, die eine Brücke zwischen ambulanten und stationären Angeboten darstellen. Im ambulanten Bereich wird zu wenig der Umgang mit dem Essen beachtet und demnach können auch keine Veränderungen erzielt werden, schätzt eine Pädagogin. Auch sprechen zu wenig Professionelle mit den Frauen über ihre Erwartungshaltungen an eine Beratung oder eine Therapie. Dies könnte laut Expertinnen frühzeitig Missverständnisse in Bezug auf Erwartungshaltungen, Möglichkeiten und Grenzen der Hilfe vermeiden. In der Kooperation mit niedergelassenen ÄrztInnen gibt es positive und negative Erfahrungen. Eine Frauenberatungsstelle in Oberhausen hat in ihrer Region 150 Ärztinnen und Ärzte aus dem Bereich innere Medizin und Gynäkologie angeschrieben, um sie über ein Fortbildungsangebot zu Ess-Störungen zu informieren. Insgesamt 16 Personen zeigten sich interessiert und meldeten sich zu der Fortbildungsveranstaltung an. Von einigen Beratungsstellen wurde die geringe Anzahl damit erklärt, dass Mediziner Fortbildungen aus der eigenen Berufsgruppe bevorzugen, zumal Fortbildungen durch Nicht-Medizinerinnen selten durch die Ärztekammern mit Weiterbildungspunkten zertifiziert werden. Frauenberatungsstellen würden gerne genauer über verschiedene Arbeitskonzepte der Kliniken informiert sein, um Empfehlungen aussprechen zu können. Unter den Befragten bestand allerdings auch Konsens, dass der Klinikaufenthalt alleine nicht ausreicht, sondern die Begleitung nach einem stationären Aufenthalt grundlegend für den langfristigen Erfolg ist. Die befragten Fachfrauen unterstreichen die Notwendigkeit von Präventionsarbeit in Schulen, die besser gefördert werden sollte. Mehr Aufklärungsarbeit würde dazu beitragen, dass Mädchen und junge Frauen eher eine Beratungsstelle aufsuchen. Präventionsstrategien könnten junge Mädchen vor einer chronischen Erkrankung bewahren. Gezielte Information und niedrigschwellige Kontaktaufnahmen senken die Hemmschwellen, die Beratung zu nutzen. Fazit Frauenberatung Frauenberatungsstellen in NRW sind gut strukturiert und organisiert. Die Frauenberatungsstellen, die im Ausschuss Ess-Störungen vertreten sind, weisen eine Vielzahl spezialisierter Angebote auf. Die angeleitete Selbsthilfe mit einer gemischten Teilnahme im Bereich anorektischer und bulimischer Störungen hat sich dort bewährt. Aufgrund mangelnder Ressourcen können sie allerdings den Bedarf nicht decken und beklagen einen Mangel an ambulanten Therapieplätzen und Defiziten in den Hilfestrukturen. Die befragten Frauenberatungsstellen möchten sich gerne im Präventionsbereich engagieren, sofern die Beratungsarbeit nicht darunter leidet und eingeschränkt werden muss. Teilweise gibt es Angebote für Mädchen, da in nur wenige Mädchenberatungsstellen in NRW existieren. Die Mitarbeiterinnen sind hoch qualifiziert und durchaus bereit, sich in dem Bereich mehr zu engagieren, wenn sie dementsprechend finanziell unterstützt werden. Suchtberatungsstellen Die Adressliste der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Nordrhein-Westfalen weist ca. 270 Suchtberatungsstellen mit unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkten aus. Ziel der Gespräche war es, zu beleuchten, welche Rolle die Suchthilfe bei Ess-Störungen spielt oder spielen kann. Im Rahmen der Expertise wurden in vier Suchtberatungsstellen Interviews geführt. Hierbei wurde darauf geachtet, dass sowohl der Bereich illegale Drogen (Drogenberatungsstelle Hamm) als auch der Bereich legale Drogen (Suchtberatungsstelle Diakonie Minden, Alexianer Bürgerhaus Duisburg, Fachambulanz für Suchthilfe in Neuss) vertreten ist. Die Kontaktpersonen wurden über die Landeskoordination Integration vermittelt und aus der Fragebogenerhebung recherchiert. Möglichkeiten und Grenzen der Hilfe Für die Suchthilfe ist der niedrigschwellige Zugang fundamental, der den KlientInnen auch eine Orientierung bietet. Die Erstgespräche sind grundlegend für Anamnese und Diagnose, um die geeignete Hilfe zu sondieren. Generell wird in den Suchtberatungsstellen eher selten ein spezialisiertes Angebot für Menschen mit Ess-Störungen bereitgestellt. Primär stehen stoffgebundene Süchte im Vordergrund. Das Thema Ess-Störungen ist den Experten durchaus präsent, jedoch sind meist andere Gesundheitsprobleme akut, während Ess-Störungen als zweitrangig erscheinen. Die Problematik von Ess-Störungen tritt insbesondere im Bereich illegaler Drogen auf. Wenn Frauen sich einer Substitutionstherapie unterziehen, geht dies oftmals mit einer Gewichtszunahme einher, was bei vielen Frauen eine Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper auslöst. Auch Missbraucherfahrungen stellen in der Suchthilfe eher ein Randthema dar. In der Regel wird in den Suchtberatungsstellen auch zu diesen Problematiken Beratung angeboten und anschließend an entsprechende Fachstellen weiter verwiesen. Neben dieser allgemeinen Praxis unterscheiden sich die hier befragten Suchtberatungsstellen in einigen speziellen Angeboten. So wird in Minden eine angeleitete Selbsthilfegruppe zum Thema Ess-Störungen angeboten. Andere Angebote stehen in der Region Minden nicht zur Verfügung, auch spezielle Angebote für Jugendliche fehlen dort (Suchtberatungsstelle Diakonie Minden). Die Suchtberatungsstelle in Duisburg stellt vielfältige therapeutische Hilfemöglichkeiten zur Verfügung, um den eklatanten Mangel an ambulanten Therapieplätzen zumindest ansatzweise auszugleichen. Insbesondere eine Kombination aus Einzel- und Gruppentherapie hat sich nach Aussage des hier arbeitenden Psychoanalytikers als effektiv erwiesen, um den Klienten/ der Klientin ein wohlwollendes und stärkendes Selbstkonzept zu vermitteln. Dieser Mitarbeiter aus Duisburg versucht, gemeinsam mit dem/der Jugendlichen einen Hilfeplan zu erstellen und heraus zu finden, wo die spezifischen Bedürfnisse liegen. Dementsprechend versucht er, dem Klienten/ der Klientin einen Weg durch die Angebotsvielfalt aufzuzeigen. Diese Methode erscheint außerordentlich wichtig zu sein, da so die Motivation des Betroffenen, Hilfe in Anspruch zu nehmen, weiter stabilisiert wird. Die Drogenberatungsstelle in Hamm hat ein frauenspezifisches Angebot eingerichtet. Einmal wöchentlich können sich Frauen im „Frauencafé“ untereinander austauschen oder von SozialarbeiterInnen beraten werden. Besonders in engerer Zusammenarbeit wie z.B. beim betreuten Wohnen fallen Probleme wie Ess-Störungen eher auf als in den ambulanten Beratungsgesprächen. In diesen Fällen wird zunächst einmal geschaut, ob die Ess-Störung das primäre Problem ist. Viele der Frauen sind in erster Linie drogenabhängig und Ess-Störung ist eher Folgeerscheinung des Drogenmissbrauchs. So sind Ess-Störungen in der Drogenberatungsstelle permanentes Thema und wird oberflächlich angesprochen, jedoch fehlt die Motivation an diesem Punkt, sich zu verändern. Die Fachambulanz für Suchtkranke bietet ein Therapieangebot für Frauen mit Ess-Störungen in Kombination mit Frauen, die unter stoffgebundenen Süchten (Alkoholmissbrauch) leiden. Vorteile der gemeinsamen Behandlung dieser Störungsbilder sehen die Mitarbeiterinnen darin, dass Frauen mit Ess-Störungen sich in dieser Umgebung nicht so sehr über das Symptom definieren. Die Frauen profitieren von einigen Übereinstimmungen der Krankheitsbilder wie Kontrollverlust oder Ausdruck von Gefühlen. Ein wichtiges Anliegen ist die Auseinandersetzung mit der weiblichen Identität und der Rolle der Frau. Allerdings wird dieses Angebot vom Reha-Träger für essgestörte PatientInnen nicht finanziert, da sie im ambulanten Bereich nicht zuständig sind. Eine Suchtberatungsstelle für legale Drogen bietet seit 1986 angeleitete Gruppen für essgestörte Frauen an, nachdem die Anfragen kontinuierlich zunahmen. Die Frauen nehmen es sehr gut an und es gib bereits überregionale Anfragen. Einige der Frauen sind mehrfachabhängig, andere haben „nur“ eine Ess-Störungen, dies sei individuell sehr unterschiedlich. Weitere Hilfen für essgestörte Menschen gäbe es in der Region bislang nicht. Zusammenhänge zwischen dem Missbrauch legaler bzw. illegaler Drogen und Ess-Störungen werden von allen befragten Beratungsstellen häufig festgestellt. Für die Beratung ist es wichtig, das primäre Problem zu erkennen, und das sei meist nicht die Ess-Störung. Defizite und Handlungsbedarf Die Landesfachstelle Frauen & Sucht NRW hat zusammen mit Anna Conda (Fachstelle für Ess-Störungen) Fortbildungen zum Thema „suchtartige Ess-Störungen“ speziell für Mitarbeiterinnen der Drogen- und Suchtkrankenhilfe und der Frauenberatungsstellen durchgeführt. Grundlagenwissen, Diagnostik und praktische Arbeitsansätze sind zentrale Themen. Die Nachfrage war weit größer als das Angebot. Eine bessere Kooperation von Beratungsdiensten und medizinischer Hilfe wird für eine optimale Hilfestellung gefordert, wobei sich jeder seiner professionellen Grenzen bewusst sein und sich an den Bedürfnissen Betroffener orientieren sollte. Die Angebote der Suchtberatungsstellen richten sich in erster Linie an erwachsene Männer und Frauen. Während häufiger Männer diese Einrichtungen aufsuchen, sind es doch eher Frauen, die auffälliges Essverhalten aufweisen. Hilfen für Jugendliche können die Stellen nicht anbieten und es scheint sehr wenig Möglichkeiten zu geben, entsprechende Einrichtungen zu empfehlen. Strukturelle Barrieren werden auch bei der Kennzeichnung eines Angebotes sichtbar. So wirbt eine Drogenberatungsstelle mit dem Titel AK Jugendhilfe, ohne dass deutlich wird, wie die Bezeichnung entstanden ist. In den Interviews wurde deutlich, dass für Jugendliche keine Beratungsangebote vorhanden sind. Einige Suchtberatungsstellen sind sehr gut mit weiteren Einrichtungen vernetzt, andere eher weniger. Dies hängt wahrscheinlich auch mit dem jeweiligen regionalen Hilfestrukturen zusammen. In größeren Städten gibt es meist mehr Auswahlmöglichkeiten als in kleineren Orten mit ländlicher Infrastruktur. Fazit Suchtberatung Die Suchtberatungsstellen sind mit Ess-Störungen als Einzelerkrankung eher selten konfrontiert; es liegen meist Mehrfacherkrankungen vor und die Professionellen versuchen zu klären, welche Erkrankung ursächlich ist. Sie sehen Ess-Störungen oft als Folgeerkrankungen von z.B. Drogenmissbrauch. Es gibt jedoch auch gute Erfahrungen mit gemeinsamer Gruppentherapie für essgestörte Frauen und Frauen, die von legalen Drogen abhängig sind. Es wurde der Wunsch nach einer besseren Kooperation zwischen medizinischen und psychosozialen Arbeitsbereich geäußert; Zuständigkeiten sollten transparent werden. Die Suchtberatungsstellen zeigen großes Interesse, sich in dem Problembereich Ess-Störungen fortzubilden. Ein gesondertes Hilfekonzept existiert derzeit in Suchtberatungsstellen nicht, wäre jedoch empfehlenswert. Ess-Störungen weisen Parallelen zu Suchterkrankungen auf, sind aber besser als eine psychosomatische Erkrankung mit Suchtcharakter einzuordnen. Die Suchtberatung scheint am ehesten dort auf diesem Gebiet erfolgreich zu arbeiten, wenn andere spezialisierte, niedrigschwellige Hilfen fehlen, und wenn sie in ihrer Arbeit geschlechtsspezifische Faktoren berücksichtigen. Ehe-, Familien- und Erziehungsberatungsstellen Insgesamt gibt es 1098 Familien- und Erziehungsberatungsstellen bundesweit. In Nordrhein-Westfalen liegt das Angebot bei ca. 230 Einrichtungen, wobei sich die meisten in Ballungsräumen befinden. Die Erziehungsberatungsstellen arbeiten in der Regel in multiprofessionellen Teams. Die Analyse dieser Beratungsstellen war schwierig, da die Trägerschaften sehr unterschiedlich sind und damit das Angebot sehr variiert. Erziehungsberatungsstellen mit Zuschüssen aus Landesmitteln sind an das Jugendamt der jeweiligen Kommune angegliedert. Integrierte Ehe-, Familien- und Erziehungsberatungsstellen sind in Trägerschaft der Diakonie. Bei katholischen Trägerschaften findet die Erziehungsberatung örtlich abgegrenzt von der Ehe- und Familienberatung statt. Freie Träger wie die AWO bieten Erziehungsberatung, jedoch keine Ehe- und Familienberatung an. Es wurden 25 Beratungsstellen in unterschiedlicher Trägerschaft telefonisch kontaktiert, wovon 10 Interesse an dem Thema zeigten und zu einem längeren Gespräch bereit waren. Mit drei Mitarbeiterinnen unterschiedlicher Einrichtungen wurden Interviews geführt. Die telefonische Umfrage ergab, dass die Mehrzahl der Beratungsstellen eher selten mit dem Thema Ess-Störungen konfrontiert zu sein scheinen. Nehmen essgestörte Frauen ein Beratungsangebot in Anspruch, werden sie an andere Einrichtungen verwiesen. Allerdings gibt es einige Einrichtungen, die sich sehr intensiv mit dem Thema beschäftigen und je nach Bedarf Informationsangebote zur Verfügung stellen oder therapeutische Behandlung mit heilpädagogischer Zielrichtung anbieten, sofern eine ambulante Therapie bei Niedergelassenen nicht möglich ist. Derzeit scheint die Erziehungsberatung diesbezüglich in einer Umbruchphase zu sein. Die Bundeskonferenz für Erziehungsberatung etabliert Online-Beratungsangebote für Jugendliche und Eltern u.a. auch in NRW. Hier wird die Problematik Ess-Störung weitaus häufiger als in persönlichen Gesprächen thematisiert. Die meisten Beratungsstellen führen keine Fall- sondern Interventionsstatistiken, aus denen die Häufigkeit des Themas Es-Störungen nicht abzuleiten ist. Die Erziehungs-, Familien- und Lebensberatung des Bistums Aachen hat allerdings eine solche Statistik der Fälle erstellt, in der Ess-Störungen als Anlass zur Hilfesuche oder Problemfeld erfragt wurde: Jahr Fälle Prozentsatz aller Fälle 1999 3 0,9 % 2000 5 1,5 % 2001 4 1,1 % 2002 3 0,8 % 2003 4 1,0 % Quelle: Erziehungs-, Familien- und Lebensberatung, Caritas Aachen Bei Bewertung dieser Zahlen müssen regionale Gegebenheiten berücksichtigen werden: z.B. hat die Beratungsstelle Anna Conda e.V. mit Schwerpunkt Ess-Störungen die meisten Anfragen in Aachen und das Universitätsklinikum bietet ein spezifisches Behandlungs- und Therapieangebot für essgestörte Menschen an. Ess-Störungen scheinen bislang eher als Randproblem in der Erziehungsberatung aufzutauchen und Angebote der spezialisierten Stellen, sofern diese vorhanden sind, werden zur Weitervermittlung häufig genutzt. Möglichkeiten und Grenzen der Hilfe Auch bei der Erziehungsberatung muss im Rahmen des Erstkontaktes zunächst versucht werden, die zentrale Problematik zu klären. Da die Ausbildung und regelmäßige Fort- und Weiterbildung der MitarbeiterInnen vielfältig ausgerichtet sind, ist es möglich, die weitere Hilfe individuell auf die spezifischen Bedürfnisse auszurichten. Dennoch haben diese Beratungsstellen eher am Rande mit der Thematik Ess-Störungen zu tun. Beratungsstellen haben die Möglichkeit, ohne Diagnosestellungen zu arbeiten. Sie können somit eine hilfreiche, von Etikettierung freie, aber nicht laienhafte Unterstützung anbieten, so der Leiter der Beratungsstelle in Detmold. Die AWO in Düsseldorf hat ein Präventionskonzept für Kindergärten entwickelt, um die Eltern zu stärken und Kinder vor einer chronischen Entwicklung der Ess-Störung zu schützen. In einem Video-Home-Training Angebot werden Familien beim Essen gefilmt. Probleme treten meist beim Einhalten von Regeln während des Essens und beim Durchbrechen konflikthafter Kommunikationsmuster auf. Teilweise werden in Beratungsstellen offene Sprechstunden für Jugendliche angeboten, die ohne Anmeldung nutzbar sind. Alle anderen Gespräche finden mit telefonischer Anmeldung statt und es werden Stammdaten abgefragt wie Name, Adresse und Thematik, zu der die Beratung aufgesucht wird. Eine Anonymität kann in diesem Rahmen nicht gewährleistet werden; dies dürfte als strukturelle Barriere dazu beitragen, dass die schambesetzte Ess-Störung eher selten von den Betroffenen direkt eingebracht wird. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des jugendpsychologischen Instituts in Essen sind in unterschiedlichen Arbeitskreisen vertreten, um die Vernetzung vor Ort voran zu treiben. Sie kooperieren mit einer therapeutisches Tagesstätte, sind in die Stadtteilarbeit von Sozialpädagoginnen in Sozialpädagogen eingebunden, vernetzen sich mit der Essener Klinik (Leiterin des Instituts ist ebenfalls Stationsleiterin der Klinik) und den Rheinischen Landeskliniken. Als Hindernis für Kooperation sehen sie gestiegene Konkurrenzängste aufgrund knapper werdender Finanzierung. Über die Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e.V., die sich aus mehreren Landesverbänden zusammen setzt, wurde vor kurzem eine Projektkonzeption einer Erziehungs- und Familienberatung im Internet vorgestellt, die sich gerade in der Anlaufphase befindet. Seit 2004 wird das Angebot auf Bundesebene durchgeführt. Eine Mitarbeiterin des jugendpsychologischen Institutes in Essen, welches in die online-Beratung eingebunden ist, weist auf den hohen Anteil an Beratungsbedarf von essgestörten Menschen in der online-Beratung hin mit zunehmenden Problematiken wie Depressionen, selbst verletzendem Verhalten und Kontaktarmut. Die online - Beratung richtet sich an Jugendliche und an Eltern, die sich in getrennten „Chatrooms“ Ratschläge und Tipps holen können. Jede(r) Teilnehmer(in) hat die Möglichkeit, zehn Antwortmails der BeraterInnen in Anspruch zu nehmen. Die BeraterInnen erstellen mit den Jugendlichen zusammen einen individuellen Hilfeplan und ermutigen sie, vor Ort eine Hilfe in Anspruch zu nehmen. Diese Vorgehensweise soll verhindern, dass sich Jugendliche zu sehr von der Außenwelt isolieren. Angebote der online – Beratung sind: Forum: Diskussion mit fachlicher Anleitung zu verschiedenen Themenbereichen Einzelberatung: Anfrage und Antwort per e-mail von ModeratorInnen Gruppenberatung/Gruppenchat: umfasst einen Zeitrahmen von maximal 3 Stunden inklusive fachlicher Moderation Themenrunde mit ExpertInnen auf höherer Ebene Es wurden Qualitätsstandards entwickelt und die MitarbeiterInnen werden regelmäßig mit Supervisionen fortgebildet. Die Entwicklung eines hohen Sicherheitsschlüssels dient der Gewährleistung von Sicherheit und Qualität. Ziel ist die Schaffung einer vertrauensvollen Atmosphäre. Persönliche Nachrichten sollten persönlich bleiben und nicht für jeden einsehbar sein, der sich im Chatraum befindet. Die Fachkräfte geben sich Kodenamen und sind am Kürzel bke zu erkennen. Die Jugendlichen können sich ebenfalls Kodenamen ihrer Wahl geben, können sich aber auch umbenennen. Es befinden sich ca. 15 Stammnutzer täglich im Chat, einige „schnuppern“ erst einmal hinein. Die Adresse für Jugendliche lautet: www.bke-jugendberatung.de. Viele Missbrauchsopfer wenden sich an die Internetberatung, da dieses Angebot sehr niedrigschwellig ist. Es besteht die Regel, dass das Missbrauchserlebnis nicht ängstigend oder nachahmend beschrieben werden darf, ansonsten würde diese Nachricht aus dem Gruppenchat herausgenommen, da sie eine Gefahr für andere Jugendliche darstellt. Die Jugendschutzrichtlinien werden streng geachtet. Für Missbrauchsopfer steht eine Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin zur Verfügung. Angeboten wird zusätzlich eine Elternberatung, die bei schwierigen Fragen erste Anlaufstelle ist. Die Adresse lautet: www.bke-elternberatung.de. Bis 2005 ist das Projekt mit einer Fachberaterin pro 1 Million Bewohner abgesichert. Viele Menschen, die sich über Internet Beratung holen, würden nicht persönlich eine Beratungsstelle aufsuchen. Mütter nehmen häufig Kontakt auf, wenn die Kinder abends im Bett sind und Väter vom Arbeitsplatz. Die Internetberatung basiert auf einer Software, die bundesweit gesteuert und seit März 2004 verwendet wird. Vorteil ist, dass die Qualitätsstandards an einer Stelle zusammenlaufen; es wird auch gemeinsame Statistiken und Auswertungen geben. Es kann regional analysiert werden, welche Angebote wichtig sind. Gefördert wird das Modellprojekt vom Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend für eine Laufzeit von zwei Jahren. Die BeraterInnen werden prozentual zur Einwohnerzahl vom jeweiligen Bundesland finanziert. Dies ist eine sehr neue positive Entwicklung und die Ergebnisse werden wissenschaftlich evaluiert. Defizite und Handlungsbedarf Die Erziehungsberatungsstellen bedauern den Mangel an Präventionsmaßnahmen in Schulen. Ferner ist die Reichweite der Hilfe durch das Gebot der Bereitstellung von Hilfe in dringenden Notfällen begrenzt. Die Professionellen müssen je nach Bedürfnislage entscheiden, wie dringend der Hilfebedarf ist. Derzeit wird oft die Therapiedauer verkürzt, um mehr Fälle bearbeiten zu können. Diese Tendenz orientiert sich nicht an den Bedürfnissen Betroffener, sondern an der Ressourcenökonomie. Männer werden als Zielgruppe weniger erreicht. Sie wenden sich eher auf ärztlichen Hinweis an eine Beratungsstelle. Nach Einschätzung eines Psychotherapeuten wenden sich Männer bei psychosomatischen Beschwerden eher an Mediziner und Frauen nehmen eher die Beratungsstrukturen in Anspruch, selbst wenn medizinische Interventionen in manchen Fällen angebrachter wären. Als eine große Versorgungslücke wird auch von diesen ExpertInnen die langen Wartezeiten auf einen Therapieplatz benannt. Dies wurde bei allen Interviews thematisiert. Die Erziehungsberatungsstellen sind diesbezüglich sehr qualifiziert, da alle BeraterInnen über Zusatzqualifikationen unterschiedlicher Therapierichtungen verfügen. Durch die Arbeit in multiprofessionellen Teams mit vielfältigen Ausbildungsrichtungen können sie teilweise den Mangel an Therapieplätzen für Jugendliche, die sich selbst bei der Beratungsstelle melden, ausgleichen und die Jugendlichen erhalten unverzüglich einen Termin, da es sich dann meist um gravierende Probleme handelt (Erziehungsberatung Bonn). Fazit Erziehungsberatung Ess-Störungen sind in den meisten Erziehungsberatungsstellen eher ein Randthema. Derzeit befindet sich die Erziehungsberatung jedoch in einer Umbruchphase; in der neu eingerichteten Online-Beratung für Eltern und Jugendliche wird das Thema Ess-Störungen fast doppelt so häufig angesprochen wie in einer persönlichen Beratung. Online-Beratung, durchgeführt durch die Bundeskonferenz Erziehungsberatung e.V., hat kürzlich erst begonnen und wird als Modellprojekt vom BMFSFJ gefördert. Es ist ein sehr guter Ansatzpunkt, um auch Zielgruppen zu erreichen, deren Hemmschwelle hoch ist, eine Beratungsstelle zu betreten. Es wäre wichtig, gerade beim Thema Ess-Störungen die Erziehungsberatungsstellen stärker einzubeziehen, denn die Professionellen verfügen über hohe Ausbildungs- und Weiterbildungsstandards und können damit flexibel auf die Bedürfnisse essgestörter Menschen reagieren. Selbsthilfe Nach einer Übersicht von KOSKON gab es im November 2003 zu Ess-Störungen 27 Selbsthilfegruppen in NRW; in 9 Kreisen in NRW gab es keine Gruppen zu diesem Thema. Einbezogen in die Umfrage waren nur Selbsthilfekontaktstellen, die Mitglieder im Paritätischen sind. Ingesamt 8 Kontaktstellen wurden telefonisch über die Studie informiert mit der Bitte, sich an einem Interview zu beteiligen; vier Interviews wurden durchgeführt. Die Selbsthilfekontaktstellen unterscheiden zwei unterschiedliche Formen der Selbsthilfe bei Ess-Störungen: die Overeaters Anonymous (OA) und die traditionellen Selbsthilfegruppen. Die traditionellen Gruppen werden kurz angeleitet und werden dann autonom weitergeführt. Die OA Gruppen sind vorstrukturiert, habe klare Regeln und werden in jeder Sitzung angeleitet. Das Konzept wurde von der Arbeitsweise der Anonymen Alkoholiker abgleitet. Die spezifische Form der angeleiteten Selbsthilfe, bei der eine ausgebildete Moderatorin mit thematischen Kenntnissen die Gruppe über mehrere Monate begleitet, wird nicht praktiziert. Die Selbsthilfegruppen bei Ess-Störungen weisen eine sehr hohe Fluktuation auf. Derzeit gibt es eine landesweite Diskussion darüber, bei welchen Themenbereichen die traditionelle Selbsthilfe empfehlenswert ist. Unter Anleitung scheinen die Gruppen besser zu funktionieren. Eine Selektion der Teilnehmer in Bezug auf die Tragfähigkeit einer Gruppe scheint ebenfalls sinnvoll zu sein, da oft nicht klar ist, was Aufgaben und Grenzen der Selbsthilfe sind. Auch Professionelle haben oft falsche Vorstellungen darüber, was Selbsthilfe leisten kann. Die Selbsthilfekontaktstelle in Münster hat die Erfahrung gemacht, dass die meisten Frauen, die eine Selbsthilfegruppen aufsuchen, klinische Vorerfahrungen in Bezug auf Funktion und Struktur der Gruppe haben und daher kaum Probleme haben, sich in eine neue Gruppe einzufinden. Für die Zielgruppen, die bislang keine Gruppenerfahrung gemacht haben, ist nach Einschätzung der Mitarbeiterin eine Integration weitaus schwieriger. Um zu überprüfen, ob die Selbsthilfe passend ist, hat die AOK einen Ratgeber veröffentlicht, der 10 Fragen beinhaltet, die sich Betroffene vor Gruppenbeginn fragen sollten (KISS Köln). Vernetzungswege sind individuell abhängig von den regionalen Hilfestrukturen. Einige Kontaktstellen sind Mitglied in Arbeitskreisen, andere haben informelle Kooperationen mit z.B. Krankenkassen und Gesundheitsämtern aufgebaut. Die Finanzierung übernehmen kommunale und freie Träger. Die Selbsthilfekontaktstellen des Paritätischen sind Mitglied in der Koordination für Selbsthilfekontaktstellen in NRW (KOSKON). Die Finanzierung erfolgt über das Land NRW. Möglichkeiten und Grenzen der Hilfe Der Zugang zur Selbsthilfegruppe bei Ess-Störungen der Caritas in Gütersloh wird durch ein Vorgespräch mit dem therapeutischen Leiter der Suchtberatung vorgeklärt; dabei geht es darum, ob die Person für die Gruppe tragbar ist. Ausgeschlossen werden Menschen mit Mehrfacherkrankungen sowie Personen, die sich in einem chronisch erkrankten und nicht stabilen Gesundheitszustand befinden. Die Gruppe wird regelmäßig angeleitet von einem Betroffenen, der sich um organisatorische Dinge kümmert. Sollten Schwierigkeiten in der Gruppe auftreten, so ist der therapeutische Leiter Ansprechpartner. Die anderen befragten Selbsthilfekontaktstellen führen ein Gruppengründungstreffen durch, zu dem sie alle Interessierten einladen und über die Arbeitsweise einer Selbsthilfegruppe aufklären und den TeilnehmerInnen einige Methoden an die Hand geben. Danach ist die Gruppe auf sich allein gestellt. Einige Gruppen werden zusätzlich einige Stunden angeleitet, dies ist jedoch abhängig von der Gruppe und der Thematik. Männer sind eher selten in Selbsthilfegruppen vertreten. KISS Dortmund verfügt über drei Gruppen der Overeaters Anonymous (OA). In diesen Gruppen befinden sich häufiger männliche Klienten. Ähnlich sind die Erfahrungen der Selbsthilfekontaktstelle in Köln. Nach stationären Aufenthalten werden nach Einschätzung der Münsteraner Kontakt- und Informationsstelle (MIKS) häufig Selbsthilfegruppen empfohlen. Dies ersetzt jedoch keinen ambulanten Therapieplatz. Die Grenzen der Selbsthilfe sollten auch im medizinischen Bereich deutlicher gesehen werden. Selbsthilfe ist eine Ergänzung zum therapeutischen Angebot (KISS Köln). Angehörigengruppen werden als wichtig erachtet. Eine gut funktionierende Gruppe befindet sich seit 10 Jahren in Köln und wurde von engagierten Eltern betroffener Mädchen gegründet. Diese Gruppe dient der Information und Weiterbildung, Kontakte zu Kliniken werden aufgebaut, Rückmeldungen von Hilfen für Betroffene diskutiert, um gezielte Empfehlungen geben zu können (KISS Köln). Alle 2 Wochen findet ein Treffen statt und ReferentInnen werden regelmäßig zu Vorträgen eingeladen. Angedacht ist nun eine Gruppe für Partner, Freundinnen und Freunde. Prävention wird in allen interviewten Selbsthilfekontaktstellen thematisiert und für sehr wichtig erachtet. Der Arbeitskreis Ess-Störungen in Heinsberg hat einen Methodenkoffer für Schulen entwickelt. In diesem Rahmen wurden BeratungslehrerInnen kontaktiert und Arbeitshandreichungen für LehrerInnen erarbeitet. Die Präventionsbausteine, die entwickelt wurden, können in den Freistunden als Materialien eingesetzt werden. Die anderen befragten Stellen hielten Prävention in Schulen ebenfalls für ein wichtiges Mittel, um über Hilfestrukturen aufzuklären und Warnsignale frühzeitig zu erkennen. Defizite und Handlungsbedarf Der Organisator einer Selbsthilfekontaktstelle in Gütersloh äußert, dass viele Gruppenmitglieder nicht ausreichend über die Funktion einer Selbsthilfegruppe informiert sind. Sie wissen nicht, was sie erwartet und gehen daher mit Verunsicherung in die Gruppe. Auf den ersten Blick wird so eine große Gruppe erreicht, aber die Fluktuation ist hoch. Die Kontaktstelle in Köln und Heinsberg äußerte den Wunsch, eine Stelle zu schaffen, in der vernünftige Informationen und Adressen weitervermittelt werden. Derzeit fehlen solche Grundinformationen aufgrund mangelnder Transparenz der Hilfestrukturen. Gruppenangebote für jüngere Zielgruppen erweisen sich als äußerst schwierig, da sie eine besonders intensive Anleitung benötigen. Diese Erfahrung hat die Selbsthilfekontaktstelle in Köln gemacht. Die Gruppe hat über einen längeren Zeitraum bestanden, jedoch gab es eine große Fluktuation. Es besteht die Annahme, dass peer-groups in diesem Alter einen höheren Stellenwert einnehmen. Im Selbsthilfebereich wird zunehmend über die Erfordernis professioneller Anleitung diskutiert. Es gäbe die Optionen, eine ambulante Therapie als Grundlage für die Selbsthilfe zu verpflichten oder die Kontaktstellen besser in die Arbeit mit bestimmten Themengruppen einzubinden. Verbreitet ist eine festgefahrene Auffassung von Selbsthilfe, die eine Verknüpfung mit Anleitung ausschließt; dies ist allerdings auf dem Hintergrund der Förderrichtlinien der Selbsthilfekontaktstellen zu sehen. Fazit Selbsthilfe Derzeit gibt es eine landesweite Diskussion darüber, ob Selbsthilfe in einigen Themenbereichen u.a. Ess-Störungen nicht empfehlenswert ist. Die Fluktuation in den Gruppen ist sehr hoch, daher werden Überlegungen angestellt, ob eine ambulante Therapie Grundlage für die Aufnahme in die Selbsthilfe sein sollte oder ob die MitarbeiterInnen in den KISS-Stellen eine intensivere Anleitung bereitstellen sollten. Die Erfahrungen mit angeleiteter Selbsthilfe in anderen Einrichtungen werden dem Anschein nach nicht zur Kenntnis genommen, da eine strenge Abgrenzung dessen, was „wirkliche“ Selbsthilfe sei, dies verhindert. Bei anderen Stellen scheint es Unsicherheiten zu geben, was Selbsthilfe leisten kann und wo die Grenzen in der Arbeit liegen. Sowohl Professionelle als auch Betroffene haben erhöhte Erwartungen, die oft nicht erfüllt werden können. Zusammenfassung Beratung und Selbsthilfe Die qualitative Untersuchung hat gezeigt, dass in der Beratungslandschaft Nordrhein-Westfalens eine Vielfalt von potentiellen und schon aktivierten Ressourcen vorhanden ist, die für die Hilfe bei Ess-Störungen strategisch und praktisch eine wichtige Rolle übernehmen. Ob eine Beratungsstelle zu einer hilfreichen Ressource wird, hängt weniger davon ab, wie deren Auftrag primär definiert ist. Auch Geschlossenheit für die Wahrnehmung des Problemkreises in der jeweiligen Klientel, Bereitschaft zur Fortbildung und Qualifikation und Engagement für die Bedürfnisse der Betroffenen haben eine größere Bedeutung als formelle Zuständigkeiten. Eine wichtige Rolle spielt auch, inwiefern andere Einrichtungen am jeweiligen Ort oder in der Region eine qualifizierte Beratung zum Thema anbieten. Diese Vielfalt mag auf den ersten Blick verwirrend sein, ist jedoch in der Sache angemessen, zumal in den nächsten Jahren kaum davon auszugehen ist, dass ein eigenständiges flächendeckendes Netz der Beratung speziell für Ess-Störungen geschaffen werden kann. Ess-Störungen sind im Alltäglichen angesiedelt; die multifaktoriellen Ursachenzusammenhänge, die in der Literatur vielfältig belegt sind, bedeuten, dass Ess-Störungen im Zusammenhang mit allen anderen Lebensproblemen relevant werden könnten, mit denen Menschen zur Beratung gehen. Darüber hinaus ist zu beachten, dass es oft einfacher ist, dem äußeren Anlass nach eine Beratung für weniger schambesetzte Probleme zu suchen. Als geschlechtsspezifisch ausgeprägte Problematik stehen Ess-Störungen in vielfältiger Verbindung mit den sozialen und individuellen Problemen von Mädchen und Frauen und können bei vielen Betroffenen am ehesten in diesem Zusammenhang als Konfliktlösung anerkannt und bearbeitet werden. Als Störung mit teilweise stark ausgeprägten Suchtaspekten können Ess-Störungen auch fruchtbar im Zusammenhang mit stoffgebundenen Abhängigkeiten behandelt werden; da Ess-Störungen nicht selten gleichzeitig mit Suchtproblemen vorkommen, können Beratungsstellen mit gutem Zugang zu Suchtmilieus Betroffene dort erreichen. Wenn Familien bereit sind, sich für eine Beratung zu öffnen, oder wenn Kinder aus Problem beladenen Familien zu essgestörten Jugendlichen heranwachsen und den Weg zur Familien- oder Erziehungsberatungsstelle finden, kann diese als Ansprechpartner für qualifizierte Hilfe fungieren. Eine wesentliche Anforderung an alle niedrigschwellige Beratungsstellen ist daher ein Fortbildungsstand, der sie befähigt, die Grenzen ihrer Möglichkeiten einzuschätzen und zu erkennen, wann eine Klientin spezialisierte Hilfe oder medizinische Betreuung benötigt. Darin unterscheiden sich jedoch Ess-Störungen nicht von zahlreichen anderen Problemen, die in der niedrigschwelligen Beratung vorkommen. Unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung von Parallelstrukturen wirken sich ressortgebundene Auflagen bei der Finanzierung von Beratungsstellen ausgesprochen negativ aus. Vielmehr muss dazu ermutigt und Unterstützung gegeben werden, dass die unterschiedlichen Beratungsstellen und die Selbsthilfekontaktstellen wechselseitig von den Erfahrungen der anderen lernen und die gesamte Bandbreite der verfügbaren Methoden einbeziehen. Hier muss die Vernetzung zwischen den als Ressource aktivierten Beratungsstellen ergänzt werden durch Aufgeschlossenheit und Flexibilität in den Richtlinien ihrer Förderung. Ansätze im Gesundheitswesen Die Ansätze im Gesundheitswesen standen nicht im Zentrum der Expertise und werden daher punktuell unter dem Blickwinkel der Vernetzung verschiedenartiger Hilfen dargestellt. Es wurde eine Mitarbeiterin einer Klinik mit Schwerpunkt Ess-Störungen persönlich befragt und ein weiterer Experte aus dem klinischen Bereich telefonisch interviewt. Gegenstand der qualitativen Erhebung sind ebenfalls zwei Arbeitsgruppen zum Thema Ess-Störungen, die aus einer kommunalen Gesundheitskonferenz entstanden sind. Kommunale Gesundheitskonferenzen Als einziges Bundesland hat Nordrhein-Westfalen flächendeckende Strukturen für die Koordination, Vernetzung und Optimierung der gesundheitlichen Versorgung geschaffen. Seit 1998 verfügt jeder Kreis und jede kreisfreie Stadt in NRW über Mittel für die Koordination von Gesundheitskonferenzen. Die Mitglieder dieser Gesundheitskonferenzen sind Entscheidungsträger (Kassen, ÄrztInnen, Kammern) und psychosoziale Einrichtungen, die in der Praxis tätig sind. Aus der kommunalen Gesundheitskonferenz heraus entstehen Arbeitsgruppen zu spezifischen Themen, die aktiv an Verbesserungsstrategien arbeiten. Diese werden in der kommunalen Gesundheitskonferenz vorgestellt und im Plenum wird entschieden, ob diese Maßnahmen umzusetzen sind. Über das Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (lögd) wurde recherchiert, ob in Nordrhein-Westfalen Arbeitsgruppen zum Thema Ess-Störungen existieren. Des Weiteren wurden die Kontakte der Landesfachstelle für weitere Informationen genutzt. Zwei Arbeitsgruppen wurden identifiziert: die Arbeitsgruppe „Suchtfaktor weiblich“ und die Gruppe „Frauen und Gesundheit“. AG „Frauen und Gesundheit“ Die Arbeitsgruppe „Frauen und Gesundheit“ ist durch die defizitäre Versorgungssituation in Leverkusen auf das Thema Ess-Störungen gestoßen. Die Wartezeiten auf einen ambulanten Therapieplatz sind auch dort sehr lang. Die Arbeitsgruppe wurde gemeinsam vom Frauenbüro und von der Suchthilfe initiiert. Probleme der Kooperation scheint es mit MedizinerInnen zu geben. Eine weitere Schwierigkeit ist darin zu sehen, dass nach medizinischer Versorgung keine psychosozialen Hilfen weiterempfohlen werden, obwohl diese wichtig sind, so die Leiterin des Frauenbüros. Der Sportbund Leverkusen hat eine Kampagne finanziert und unterstützt, die einen gesunden Lebensstil propagiert. Die Arbeitsgruppe hat erst begonnen, sich mit dem Thema Ess-Störungen auseinander zu setzen, daher ist noch keine nähere Beschreibung möglich. AG „Suchtfaktor weiblich“ Die Arbeitsgruppe „Suchtfaktor weiblich“ ist aus der kommunalen Gesundheitskonferenz in Mönchengladbach entstanden und erarbeitete ein Konzept für den Aufbau eines ambulanten Beratungsangebotes für essgestörte Mädchen und Frauen. Es gab sehr viele Anfragen zum Problembereich Ess-Störungen, sei es von besorgten Eltern oder auch Professionellen, die sich Vernetzungsmöglichkeiten wünschten. Die schuf die Grundlage dafür, dass Problem in der kommunalen Gesundheitskonferenz zur Sprache zu bringen und ein niedrigschwelliges Beratungsangebot einzurichten. Es sollte zwei Ansprechpartnerinnen zum Thema „Frauen und Gesundheit“ in der Region Mönchengladbach geben. Damit entstanden im Gesundheitsamt niedrigschwellige Anlaufstellen, welche auf die Bedürfnisse der Mädchen und Frauen eingehen, indem psychosoziale Umstände mitberücksichtig werden. Kontrovers wird die Frage der fachlichen Besetzung diskutiert. Die geplante Beschäftigung einer Ärztin mit ABM-Mitteln konnte nicht umgesetzt werden. Über den Einsatz einer Sozialarbeiterin wurden Bedenken geäußert, ob diese in der Lage sei, eine medizinische Gefährdung richtig einzuschätzen. Derzeit übernimmt eine Psychologin die Verantwortung für die Anlaufstelle, die Sozialarbeiterin ist für Vernetzung, Koordinierung und Fortbildung zuständig. Trotz der erst kurzen Laufzeit der Anlaufstelle zeichnen sich bereits einige Tendenzen ab. Es gibt sehr viele Anfragen, doch erweist sich die Schaffung einer kontinuierlichen Bindung als schwierig. Kooperation mit der Landesklinik ist geplant, um bei Krisensituationen eine Ansprechperson als so genannte „Konzilärztin“ zu haben. Geplant ist neben niedrigschwelligen Anlaufstellen ebenfalls die Förderung einer Schnittstelle nach stationären Behandlungen. Die Psychologin besucht die Klientinnen bereits während des Klinikaufenthaltes und stellt verschiedene Hilfsangebote der Region, wie z.B. die Anlaufstelle vor. Ist der Kontakt geknüpft, fällt es Betroffenen oft leichter, diese Einrichtung aufzusuchen. Für dieses Modellkonzept stehen keine zusätzlichen Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung, die Anlaufstelle wird ausschließlich im Rahmen der alltäglichen Arbeit im Gesundheitsamt gefördert. Das Modellprojekt läuft zunächst für zwei Jahre. Ziel ist die Schaffung einer Versorgungsschnittstelle im öffentlichen Bereich. Eine neutrale Instanz hat eine hohe politische Wirksamkeit. Es wurde der Wunsch nach mehr Kommunikation geäußert, denn die Erfahrung der Sozialarbeiterin in dieser Gesundheitskonferenz ist eher gegenteilig. Fazit Gesundheitskonferenzen Kommunale Gesundheitskonferenzen können sich als effektives Vernetzungsgremium eignen. Derzeit scheint das Thema Ess-Störungen dort kaum Priorität zu genießen. Schwierigkeiten entstehen besonders in der Kooperation mit Kliniken aufgrund des Zeitmangels der ÄrztInnen und mit niedergelassenen Professionen, die ehrenamtlich im Kooperationsbereich tätig sind. Auf politischer Ebene kann die Arbeit in Gesundheitskonferenzen viel bewegen, wenn sie effektiv gestaltet wird. Voraussetzung ist allerdings zum einen, dass Beteiligte die Initiative zu einer entsprechenden Arbeitsgruppe entwickeln, zum anderen, dass die Konferenz insgesamt dem Problemfeld eine ausreichend hohe Bedeutung einräumt. Hier scheint noch viel Vorarbeit erforderlich; nach den Aussagen aus verschiedensten Praxisbereichen sind kommunale Gesundheitskonferenzen sehr unterschiedlich hinsichtlich ihrer Aufgeschlossenheit und der Qualität der Kooperation. Kliniken In den Fokus der Untersuchung wurden spezialisierte Konzepte einer psychosomatischen Abteilung einer Klinik und einer Privatklinik aufgenommen. Behandlungsmöglichkeiten Privatklinik Die Privatklinik in Münster stellt ein stationäres Angebot für PatientInnen mit Magersucht und Bulimie zur Verfügung. Viele KlientInnen kommen aus der Umgebung und werden ebenfalls im Anschluss an eine stationäre Therapie weiter betreut, wenn kein ambulanter Therapieplatz zur Verfügung steht. Die Klinik arbeitet auf Grundlage der Verhaltenstherapie. Die Therapieformen werden nach 1,3 und 6 Jahren wissenschaftlich evaluiert. An alle PatientInnen werden Fragebögen versandt, die dann statistisch ausgewertet werden. Die PatientInnen erhalten eine sehr intensive Verhaltenstherapie, bei der die Angehörigen von Zeit zu Zeit einbezogen werden. Elemente dieser Therapie sind unter anderem ein sogenanntes Ess-Training, sowie Videokonfrontationen. Darüber hinaus werden Selbstwert- und Hintergrundkonflikte bearbeitet. Das Angebot reicht über Kochgruppen, Gesprächsgruppen bis hin zu Körpertherapiegruppen. Der Aufenthalt bulimischer PatientInnen dauert in der Regel vier Wochen. Nach dem stationären Aufenthalt erhält die/der PatientIn die Möglichkeit, zu Hause das neu Erlernte zu erproben und dann gegebenenfalls noch einmal stationär aufgenommen zu werden. Für Kriseninterventionen gibt es einen Notfallplan. Das Anorexiekonzept gestaltet sich etwas anders, da die Gewichtszunahme Priorität hat. Gruppen- und Einzeltherapie sind graduell aufsteigend miteinander verbunden. Alle beginnen mit der Gruppentherapie und wechseln in die intensive Einzeltherapie. Es gibt Vorgaben für wöchentliche Gewichtszunahme. Obwohl der Druck relativ hoch ist, kommt es nach Angaben der psychologischen Leiterin selten vor, dass eine Therapie abgebrochen wird. Auffällig sind nach Einschätzung der Psychologin Begleiterkrankungen wie Depressionen, Zwänge und Persönlichkeitsstörungen. In erster Linie richtet sich das Konzept an Mädchen und Frauen. In den letzten Jahren wurden erhöhte Anfragen von Jungen und Männer verzeichnet. Bislang können geschlechtsspezifische Unterschiede nur insofern berücksichtigt werden, indem ein männlicher Patient von einem männlichen Therapeuten behandelt wird. In Bezug auf die Geschlechtsspezifik des Behandlungskonzeptes werden zunächst Erfahrungen gesammelt. Abteilung für Psychosomatik und Psychotherapie in einer Klinik Die Abteilung für psychosomatische Medizin an der westfälischen Universität in Dortmund gehört zur Ruhr-Universität Bochum. Bis 2004 wurde ein generelles Konzept angewandt und störungsunabhängig behandelt. Die PatientInnen wurden nach Aussage des Interviewten mehr oder minder einheitlich versorgt. Ab dem 1.01.2004 wurde eine Ess-Störungseinheit für 8 bis 10 AnorektikerInnen und BulimikerInnen eingerichtet. Angebote umfassen Einzel- und Gruppentherapie in Form von verbaler Gruppentherapie, konzentrativer Bewegungstherapie, Gestaltungstherapie und weitere Methoden. Essgestörte KlientInnen werden während der Mahlzeiten vom weiblichen Pflegepersonal begleitet. Die Station hat eine Einkaufs- und eine Kochgruppe eingerichtet. Angehörige werden in den therapeutischen Prozess mit einbezogen. Von InterviewpartnerInnen wurden häufig Begleiterkrankungen wie Depressionen im Zusammenhang mit Bulimie beobachtet. Bei AnorektikerInnen treten häufig Zwangsstörungen (40-45 %) auf, so die Einschätzung des Experten. Zu 99,9 % werden Mädchen und Frauen in der Klinik behandelt. Defizite und Handlungsbedarf Als große Versorgungslücke wird von beiden Kliniken die ambulante Weiterversorgung nach einem stationären Aufenthalt angesprochen. Besonders bei Ess-Störungen ist es sehr wichtig, die ambulante Therapie zu gewährleisten, betont die psychologische Leiterin der Klinik in Münster. Von dieser Stelle wurde der Wunsch nach einem Netzwerk mit ÄrztInnen, Therapeutinnen und Kliniken, die zu dem Thema spezialisiert sind und sich gegenseitig in ihrer Arbeit unterstützen, geäußert. Eine weitere große Lücke ist nach Aussage der Klinik in Münster die mangelnde Arbeit mit Angehörigen. In der Klinik gibt es viele Beratungsanfragen von Angehörigen. Die Kliniken sind in keinen festen Netzwerken organisiert, verfügen jedoch über zahlreiche informelle Kontakte. Die Angehörigenbegleitung ist ebenfalls ein Thema in Dortmund. Die Angehörigen werden zum Erstgespräch eingeladen. Sollte sich ein familientherapeutisches Problem herausstellen werden 2 bis 3 weitere Sitzungen angeboten. Lange Wartezeiten auf ambulante Therapieplätze erhöhen die Rückfallquote, daher wäre es nach Dortmunder Einschätzung wichtig, eine Überbrückung zu ermöglichen, damit Rückfalle verhindert werden. Die Vernetzungswege in dieser Klinik sind sehr vielfältig durch großes Engagement in verschiedenen Arbeitsbereichen. Fazit klinische Versorgung Die spezifische klinische Behandlung bei Ess-Störungen ist in den zwei befragten Kliniken klar geregelt. Die Konzepte werden kontinuierlich wissenschaftlich evaluiert und spezifiziert, um zu einer passgerechten Versorgung zu gelangen. Das größte Defizit aus der Sicht der Kliniken scheint die ambulante Weiterversorgung nach einem stationären Aufenthalt zu sein. Lange Wartezeiten können den stationären Therapieerfolg verringern und Rückfälle in alte Verhaltensmuster fördern. Geschlechtsspezifische Arbeitskonzepte für männliche Patienten gibt es noch nicht, da Erfahrungswerte fehlen; ganz überwiegend sind Mädchen und Frauen in Behandlung. Die Privatklinik hat mehr Möglichkeiten, aktuelle Forschungsergebnisse einzubeziehen, da sie besser finanziert wird; deren Behandlung ist jedoch in der Regel ausschließlich für PrivatpatientInnen zugänglich. Behandlungswege sind zeit- und kostenintensiver als eine Behandlung in einer Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie. Modelle guter Praxis In diesem Abschnitt werden zunächst Angebote beschrieben, die im Zuge der Datenerhebung in Nordrhein-Westfalen als mögliche Anknüpfungspunkte für eine Weiterentwicklung der Hilfestrukturen aufgefallen sind. Richtschnur der Auswahl waren zum einen die Einbeziehung verschiedener Angebotstypen und Arbeitsansätze, zum anderen die Suche nach Ansätzen, die geeignet scheinen, den im 4. Kapitel festgestellten typischen Defiziten in Hilfesystem zu begegnen; ein besonderes Augenmerk galt dabei der Vernetzung. Anschließend werden einige Modelle aus anderen Bundesländern sowie aus dem Ausland dargestellt, die Ansatzpunkte für eine bedürfnisadäquatere Hilfe für essgestörte Menschen bieten könnten. Nordrhein-Westfalen Dargestellt wird im Folgenden das Arbeitskonzept der Klinik am Korso, bundesweit das einzige Fachzentrum für gestörtes Essverhalten; die therapeutische Wohngruppe des evangelischen Kinderheims im Herne; die Mädchenberatungsstelle Femina Vita in Herford mit online-Beratung; und das Projekt MediPäds der Medusana Stiftung gGmbH in der schulischen Präventionsarbeit. Beratungsstellen wurden im 5. Kapitel dargestellt. Klinik am Korso – Ein Beispiel multidisziplinärer Kooperation und Vernetzung Die Klinik in Bad Oeynhausen besteht seit 1985 als Einrichtung für Menschen mit gestörtem Essverhalten. Seit 1997 steht außerdem eine spezialisierte Abteilung für Jugendliche zur Verfügung (www.klinik-am-korso.de (3.11.04)). Die Notwendigkeit einer speziellen klinischen Konzeption wird mit den als ungünstig eingeschätzten Erfolgsaussichten der Behandlung in Kliniken ohne spezialisierten Stationen begründet sowie mit Verweis auf die kostenintensive, aber nicht problemspezifische Kinder- und Jugendpsychiatrie. Aufgrund dieser defizitären Versorgungslage hat die Klinik ihr Behandlungskonzept gezielt um eine problemzentrierte stationäre Therapie erweitert. Die symptombezogene therapeutische Arbeit berücksichtigt zudem psychosoziale Lebensumstände. Die Klinik nimmt PatientInnen mit allen Formen von Ess-Störungen auf Die Darstellung folgt der Broschüre: Therapiekonzept Klinik am Korso; darüber hinaus nahmen zwei Fachkräfte aus der Klinik am Strategieworkshop teil.. Die untere Altersgrenze liegt bei 14 Jahren. Aufnahmebedingung ist der eigene Wunsch nach Veränderung; es werden keine PatientInnen aufgenommen, die auf Druck der Angehörigen die Klinik aufsuchen. Ausschlusskriterien sind ferner Suchtmittelabhängigkeit (Drogen, Alkohol), kritischer körperlicher Allgemeinzustand und eine Suizidgefährdung. Ein Aufenthalt von mindestens 6 Wochen wird für notwendig gehalten, um die erlernten Veränderungen anzunehmen und in den Alltag umsetzen zu können. Darüber hinaus gehört es jedoch zum Konzept, dass der stationäre Aufenthalt Teil in einer langen Behandlungskette sein muss. Infolge der Kooperationsbezüge im Feld von Selbsthilfe, Ärzteschaft, Therapie und Beratungsstellen kommen einerseits Patientinnen und Patienten, die zuvor schon Kontakt mit Ressourcen hatten, an die sich im Anschluss wenden können. Die Klinik stellt aber auch durch NachsorgetherapeutInnen die für den Einzelfall geeigneten Kontakte her. Therapiekonzept Die Therapieangebote umfassen medizinische Betreuung, Gruppentherapie, Einzelgespräche, Familientherapie und Angehörigenseminare, Körper- und Bewegungstherapie, Trainings- und Bewegungsprogramme, Physiotherapie, Ernährungstherapie und -beratung, Gestaltungstherapie, Sozialarbeit, Nachsorge und Selbsthilfe und Psychoedukation. Zum therapeutischen Team gehören ÄrztInnen verschiedener Fachrichtungen, PsychologInnen, SozialpädagogInnen, KunstpädagogInnen, OecotrophologInnen und ErzieherInnen. Die Gruppentherapie wird mit offenen Gruppen gestaltet, die jederzeit neue PatientInnen aufnehmen können. So können sich die TeilnehmerInnen mit den unterschiedlichen Entwicklungsständen auseinandersetzen bzw. erkennen einzelne Einsichten wieder und können im Lernprozess voneinander profitieren. Methodisch wird mit klientenzentrierter Gesprächspsychotherapie, Gestaltungstherapie und systemischer Therapie gearbeitet. Einzelgespräche finden parallel zur Gruppentherapie statt und ermöglichen die Festlegung individueller Therapieschwerpunkte und Behandlungsziele. Die Einbeziehung der Familie wird besonders bei Jugendlichen für grundlegend gehalten. Es wird ein zweitägiges Seminar angeboten, das Einblick in das jeweilige Beziehungsgeflecht geben soll. Die Ressourcen sollen erkannt und gestärkt werden, um den Gesundungsprozess ihres Kindes positiv beeinflussen zu können. Familiengespräche werden bei jugendlichen PatientInnen, die noch bei den Eltern leben, fortwährend in Form von Seminaren gegeben. Körpertherapie soll eine bessere Wahrnehmung des eigenen Körpers und den körperlichen Ausdruck von Gefühlen fördern. Es werden Übungen aus den Bereichen konzentrative Bewegungstherapie, Tanztherapie und Spiegelübungen eingesetzt. Die PatientInnen sollen allmählich lernen, das verzerrte Körperbild abzustreifen und sich wieder anzunehmen. In der Ernährungstherapie und -beratung werden Hintergründe und Zusammenhänge des gestörten Essverhaltens verdeutlicht und versucht, physiologischen von psychischem Hunger abzugrenzen. Ein natürliches und angstfreies Verhältnis zum Essen soll vermittelt werden. Die Gestaltungstherapie dient zur Förderung der Kreativität des Patienten/der Patientin während die Sozialarbeit versucht, auf das jeweilige häusliche Milieu nach der stationären Therapie vorzubereiten. Nachsorgeinformationsgruppen bieten die Auseinandersetzung mit lebenspraktischen Fragen und Problemen. Die Umsetzung erworbener Kenntnisse in Bezug auf Beruf, Wohnraum, Finanzen etc. sind Bestandteil dieser zielorientierten Arbeitsweise Im Rahmen der Psychoedukation wird den PatientInnen ein gesunde, suchtfreie Lebensweise nahegelegt. Es wird regelmäßig über körperliche Folgen essgestörten Verhaltens informiert und psychosomatische Zusammenhänge verdeutlicht. Behandlungsschritte Nach den internistischen, psychiatrischen und tiefenpsychologischen Untersuchungen zu Beginn wird die stationäre Behandlung in drei Phasen eingeteilt: In der Eingangsphase, den ersten zwei Wochen, sind die Kontakte zur Außenwelt beschränkt, wobei es individuelle Regelungen gibt. Dies soll helfen, aus den Alltagsmechanismen und krankmachenden Interaktionsmustern herauszufinden und in eine neue Gemeinschaft hineinzuwachsen; schrittweise wird gelernt, das eigene Essverhalten unter Kontrolle zu bringen Die Phase der Konfliktbearbeitung ist gekennzeichnet durch intensive Gruppentherapie und Einzelgespräche. Spezifische Konflikte werden aufgedeckt und bearbeitet. Ziel ist die Entwicklung neuer Verhaltensweisen. Die Belastbarkeit und Eigenverantwortung werden Stück für Stück gestärkt. Während der Ablösephase wird die/der PatientIn auf die Entlassung aus der Klinik vorbereitet. Das sogenannte Realitätstraining dient vor allem der Erprobung neuerworbener Verhaltensweisen. Relevanz für die Verbesserung von Hilfestrukturen Von der Klinik gehen wichtige Impulse für die Verwirklichung des „engmaschigen Hilfenetzes“ aus, indem einerseits multidimensional gearbeitet, andererseits Kontakte zu einer Vielfalt vorstationärer und nachstationäre Hilfen gehalten wird. Ferner ist es gelungen, zumindest für Jugendliche ab 14 Jahren eine eigene, spezialisierte Hilfe zu etablieren und damit der Unterversorgung in diesem Bereich entgegenzuwirken. Spezialisierte Hilfe für „Drehtür-Patientinnen“ Die Arbeit der pädagogisch-therapeutischen Wohngruppe in Herne mit dem Namen ANNIE (seit 2003) wird unterstützt vom evangelischen Kinderheim in Trägerschaft der Jugendhilfe Herne & und Wanne-Eickel gGmbH. Sie hat eine Mischfinanzierung aus Landeszuschuss, kommunalen Zuwendungen, Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Als Zielgruppe dieses Projektes werden „Mädchen (in Ausnahmefällen Jungen) mit Ess-Störungen auf dem Weg zu einem gesunden und selbst bestimmten Essverhalten“ benannt. Empfohlen wird die pädagogisch-therapeutische Wohngruppe besonders im Anschluss an einen stationären Aufenthalt. Besonders geeignet sind nach Aussage einer Mitarbeiterin „Drehtürpatientinnen“, die mehrere stationäre Aufenthalte hinter sich gebracht haben, bei denen aber aufgrund schwieriger sozialer Voraussetzungen es häufig zu Rückfällen gekommen ist. Die folgende Darstellung beruht auf einer vorliegenden Konzeption der pädagogisch-therapeutischen Wohngemeinschaft für junge Menschen mit Ess-Störungen sowie dem Flyer: Wohnprojekt für Mädchen mit Ess-Störungen; eine Vertreterin des Projekts hielt einen Impulsreferat mit Diskussion im Strategieworkshop. Für die Wohngruppe wurden spezifische Aufnahmekriterien entwickelt, die eine bedürfnisadäquate Hilfe sicherstellen sollen. Eine Voraussetzung ist stabiles Essverhalten, d.h. das Körpergewicht darf keinen stationären Aufenthalt indizieren. Bei Aufnahme sollte eine klinische Diagnostik vorliegen, oder es wird der psychologische Fachdienst des Kinderheims damit beauftragt. Ausschlusskriterien liegen vor, wenn akuter Bedarf für eine stationäre Behandlung besteht oder z.B. andere Störungsbilder vorrangig sind. Es besteht eine enge Kooperation mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Marl-Sinsen, niedergelassenen HausärztInnen, Gynäkologinnen, und PsychotherapeutInnen. Ferner wird mit einer Selbsthilfegruppe, allen Schulformen der Stadt Herne, Zentren der beruflichen Förderung, Sportvereinen, Jugendzentren, Kirchengemeinden und anderen Anbietern von Jugendhilfe zusammen gearbeitet. Therapiekonzept Ein Team aus fünf pädagogischen Fachkräften und einer Ernährungswissenschaftlerin begleitet die Mädchen und berät bei Problemen in Familie, Schule und Beruf. Kontinuierliche Fachberatungen, Teamgespräche und Coaching werden durch die pädagogische Leitung des Kinderheimes gewährleistet. Der interdisziplinäre therapeutische Dienst stellt Diagnostik, Therapie und Kriseninterventionen sicher. Wöchentlich finden eine Psychotherapiegruppe und soziale Gruppenarbeit statt. Genutzt werden Methoden der Heil- und Motopädagogik sowie Elemente der Psychotherapie und Medizin. Es steht ein therapeutisch-medizinisches Netzwerk zur Verfügung, das je nach individuellem Bedarf genutzt werden kann. Die Mädchen sind zwischen 12 und 18 Jahren alt und lernen in der Wohngruppe, ihren Alltag eigenverantwortlich zu gestalten. Durch das Leben in Wohngemeinschaften sollen auch die gegenseitige Fürsorge, Akzeptanz unterschiedlicher Lebensmodelle und Konfliktbewältigung gefördert werden. Der Austausch miteinander ermöglicht es, die Stärken des Anderen anzuerkennen und gegebenenfalls zu übernehmen. Innerhalb der pädagogisch-therapeutischen Wohngruppe werden zwei Wohnbereiche differenziert: der Regelbereich und der Verselbständigungsbereich. Der Regelbereich umfasst 6-7 Jugendliche, wohingegen im Verselbständigungsbereich 2-3 Jugendliche begleitet werden. Beide Bereiche sind offen gestaltet, d.h. es ist zu jeder Zeit möglich, zu wechseln, wenn z.B. Überforderungen eingetreten sind. Im Rahmen eines Hilfeplangespräches wird ermittelt, welche Form der Wohngruppe passgerecht ist. Der Verselbständigungsbereich setzt ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit voraus. Relevanz für die Verbesserung von Hilfestrukturen Die therapeutische Wohngruppe trägt an einer anderen Stelle als die Klinik dazu bei, die Verbindung zwischen verschiedenen Formen und Stufen der Hilfe enger zu knüpfen. Speziell für betroffenen Mädchen aus schwierigen sozialen Verhältnissen, oder bei denen der familiäre Hintergrund nicht tragfähig ist, wird hier eine Lücke geschlossen. Die Einbeziehung der Jugendhilfe ist eine wichtige Ergänzung zu den Möglichkeiten des Gesundheitswesens, die oft gerade bei der Alltagsbewältigung von Jugendkrisen nicht ausreichen. Die Vernetzung mit einer Vielfalt von anderen Einrichtungen hat die positive Kehrseite, dass diese auch für einen konstruktiven helfenden Umgang mit Ess-Störungen qualifiziert werden; dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass andere Jugendliche, die noch keine „Patientinnenkarriere“ begonnen haben, in Schulen, Jugendeinrichtungen oder Sportvereinen früher angesprochen werden. Vielfältige Hilfen für Mädchen Die Mädchenberatungsstelle Femina Vita e.V. in Herford ist ein Verein in autonomer Trägerschaft und bietet seit 1991 für Betroffene (0-27 Jahre, entsprechend dem KJHG) sowie für Angehörige Beratung und Therapie an. Regelmäßig führen sie Informationsveranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit zu Ess-Störungen an. Die Präventionsarbeit erfolgt nach geschlechtsspezifischen Grundsätzen. Anlass für das Angebot waren die Erfahrungen der Mädchenberatungsstelle, die sich immer häufiger mit dem Thema Ess-Störungen konfrontiert sah. Die Darstellung beruht auf dem Jahresbericht 2003 sowie den Informationen, die bei dem Strategieworkshop in einem Impulsreferat gegeben wurden. 2003 entschied sich Femina Vita, intensiver in das Thema einzusteigen. In Zusammenarbeit mit dem katholischen Bildungswerk „In Via“ wurde ein Informationsabend für Interessierte und Professionelle angeboten, anschließend wurde das Thema in lokalen Berufsgruppen und Arbeitskreisen behandelt, um Institutionen-übergreifend eine Basis zu schaffen. Im Rahmen der landesweiten Woche zur Suchtprophylaxe folgte eine Fachtagung „Suchtartige Ess-Störungen bei Mädchen und jungen Frauen“ unter Kooperation der Volkshochschule Herford, Medusana gGmbH, Stiftung für Gesundheitsförderung und der Fachstelle für Suchtprophylaxe und dem Diakonischen Werk Herford. Praxiskonzept Das Projekt „Ein Biss-chen Miss Sixty – mädchenspezifische Prävention von Ess-Störungen“ zielt darauf, die Ressourcen der Mädchen zu stärken, damit sie hilfreiche Alternativen zum problematischen Essverhalten entwickeln können. Aufgrund hoher Nachfragen würden mehrere Termine angeboten. Zielgruppe waren 14 bis 18 jährige Mädchen verschiedener Schulformen. Die Präventionsveranstaltungen finden in der Beratungsstelle statt, um Kontakt zu ermöglichen und Schwellenängste zu verringern. Als Erfolgt zeigt sich, dass deutlich mehr Mädchen die Beratung aufsuchen, seitdem Präventionsveranstaltungen angeboten werden (vgl. Jahresbericht 2003). Seit Anfang 2004 stellt nun Femina Vita ein Online-Beratungsangebot für Mädchen zur Verfügung. Die Online-Beratung ist für jeden offen und bietet die Möglichkeit anonym in Erstkontakt zu treten. Die Mitarbeiterin berichtet, dass auf diese Weise die „Gespräche“ persönlicher werden, da keine Barrieren überwunden werden müssen. Die Angebote reichen von Einzel- und Gruppen-Chats bis hin zur persönlichen E-Mail Beratung. Die Erfahrungen der Beratungsstelle zeigen, dass es so leichter ist, Kontakte aufrecht zu erhalten als bei persönlichen Gesprächen. Das Fachpersonal wird regelmäßig fortgebildet. Grundlage ist die Kooperation mit der dort ansässigen Volkshochschule. Relevanz für die Verbesserung von Hilfestrukturen Die Entwicklung dieses Ansatzes zeigt, wie eine eingagierte Einrichtung breite themenbezogene Kooperation unter den lokalen Institutionen und Akteuren anstoßen kann, um essgestörte Jugendliche früher und flexibler zu erreichen und damit die Chancen zu vergrößern, einer Chronifizierung vorzubeugen. „Die MediPäds“ – ein Ansatz in der Gesundheitsförderung Die Medusana Stiftung in Bünde organisiert und vermittelt die Kooperation von LehrerInnen und ÄrztInnen in Schulen in gemeinsamer Präventionsarbeit. Das Modellprojekt läuft seit 1997 in Kooperation mit der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Seit Juli 2004 wurde die Kooperation um den BKK-Landesverband NRW und das Opus Netzwerk (Netzwerk für Bildung und Gesundheit) in NRW erweitert Ausführliche Darstellung in Meier 2002; eine Vertreterin von Medusana nahm ferner an der Expertenrunde teil.. Medusana fordert, Gesundheitsberatung in den Schulen an den Bedürfnissen von Kindern zu orientieren. Ihr Konzept setzt nicht beim Symptom an, sondern fördert mit ihren schulischen Interventionen gesunde Lebensweisen. Dies ist ein Ansatzpunkt, der in der internationalen Literatur als effektiv eingeschätzt wird (vgl. Piran u.a. 1999) Lehrerinnen und Lehrer aller Schulformen berichten häufig, dass Kinder ohne Frühstück in die Schule kommen und dann schnell müde und unkonzentriert werden. Am Kiosk in der Schule werden ungesunde Lebensmittel verkauft und Kinder und Jugendliche nehmen sich immer weniger Zeit zum Essen. Neben einem Verlust an Esskultur haben die Medien, die ein Schlankheitsideal als Normalität vorgaukeln, einen schädlichen Einfluss auf Körperbild, Körperbewusstsein und Selbstvertrauen Vgl. eine hochinteressante Studie auf einer der Fidji-Inseln kurz vor und drei Jahre nach der Einführung des Fernsehens mit amerikanischen Sendern (Becker u.a. 2002): Die enorme Suggestionswirkung des Mediums tritt bei diesem „natürlichen Experiment“ in bedrückender Eindeutigkeit hervor. Im Zentrum der Projektarbeit von Medusana stehen das gemeinsames Essen, die Geschmackssensibilisierung und Genussfähigkeit. Praxiskonzept Medusana organisiert Teams, die jeweils in der eigenen Schule (Lehrkräfte) bzw. in fester Kooperation mit einer Schule (ÄrztInnen) Unterrichtsprojekte entwickeln und durchführen, wobei die Stiftung sie berät und unterstützt. So wird vermieden, isolierte Projekttage oder Unterrichtsstunden von außen in die Schule hineinzutragen. Die Arbeit ist auf Nachhaltigkeit angelegt und geschlechtsspezifisch differenziert (wobei im Sinne des Gender Mainstreaming sowohl geschlechtshomogene als auch heterogene Gruppenarbeit stattfindet). Das Angebot muss vom Kollegium, Elternschaft und SchülerInnen angenommen und soll in das pädagogische Gesamtkonzept der Schule einbezogen werden. Ziele sind die Vermittlung des Ernährungskreises und der Ernährungspyramide, Information über gesunde und vollwertige Ernährung und der Vergleich mit dem alltäglichen Ernährungsverhalten. Die SchülerInnen lernen bewusstes und genussvolles Essen kennen und feiern zum Abschluss ein gemeinsames Frühstück. Zur Umsetzung wurden Materialien entwickelt, die altergemäß aufbereitet sind und z.B. in den Biologieunterricht integriert werden können. Relevanz für die Verbesserung von Hilfestrukturen Das Projekt „MediPäds“ gehört bundesweit zu den wenigen Ansätzen in der Präventionsarbeit, die eine langfristige Verankerung in den Schulen leistet. Zugleich kann dieser Ansatz es vermeiden, gestörtes Ess-Verhalten als solches zum beachteten Thema zu machen. Damit wirkt er der Tendenz vieler Präventionsbemühungen entgegen, die in ihrer Sorge um die Gefahren der Ess-Störung eine erhöhte Aufmerksamkeit für, und oft auch untergründige Faszination mit, das Außergewöhnliche und Abwegige der Anorexie und der Bulimie verstärken können. Fazit Alle hier vorgestellten Modelle guter Praxis in NRW weisen wichtige Aspekte der Vernetzung auf, die im 4. Kapitel der Expertise als größtes Desiderat einer Verbesserung der Hilfe aufgezeigt wurde. Sie haben auch gemeinsam, dass sie vorrangig oder unter anderem die Defizite in der Versorgung für Kinder und Jugendliche zu verringern helfen. Zur Vollständigkeit fehlt hier der Bereich der niedrigschwelligen Beratung für Erwachsene, die ebenfalls dazu beitragen kann, Betroffene früher zu erreichen und Kontinuität in den Übergängen zwischen verschiedenen Formen und Stufen der Hilfe zu vermitteln. Dieser Bereich erhielt im 5. Kapitel auf der Grundlage von Interviews eine ausführliche Darstellung und muss hier nicht wiederholt werden. Bundesweite Modelle guter Praxis Bundesweit existieren ebenfalls einige Modelle guter Praxis, die ergänzende Hinweise für die Entwicklung in NRW geben könnten. Im folgenden werden das Anregungen für den Ausbau von Prävention, das Konzept der angeleiteten Selbsthilfe von Dick und Dünn e.V., verschiedene teilstationäre Einrichtungen, das stationäres Angebot der Parkland Klinik in Bad Wildungen und die Online-Beratung des Frankfurter Zentrums für Ess-Störungen beschrieben. Anknüpfungspunkte im Präventionsbereich Die Bemühungen um Prävention sind insgesamt unübersichtlich und wenig davon ist sorgfältig dokumentiert, noch seltener evaluiert. Ein Präventionsprogramm für Kinder und Jugendliche wird in einer aktuellen Kampagne der Landesregierung vom Staatsministerium in Sachsen unterstützt (Scholz 2003). Inhalte sind Aufklärung, Gesundheitsbildung in den Schulen, Ermöglichung einer frühzeitigen Behandlung, MultiplikatorInnenschulungen. Faltblätter wurden konzipiert und ein Beratungstelefon eingerichtet. Ein Baustein des Projektes ist die Vermittlung aktueller Erkenntnisse aus Früherkennung und Therapie. Das Frankfurter Zentrum für Ess-Störungen e.V. hat ein Modellprojekt an Frankfurter Schulen durchgeführt und wissenschaftlich evaluiert. Es trägt den Namen „Jugend mit Biss“ und hat sich zum Ziel gesetzt, eine gesundheitsfördernde Umgebung zu schaffen. Das Projekt hat sich bewährt und findet heute noch in abgewandelter, aktualisierter Form Anwendung (Schlevogt 2002). Im Bundesfachverband Essstörungen e.V. werden für den schulischen Bereich spezielle Curricula entwickelt, die Information, Handlungs- und Bewältigungsstrategien miteinander verquicken. Hierbei werden der Lebensalltag und geschlechtsspezifische Unterschiede berücksichtigt. Angeleitete Selbsthilfe Der Verein Dick und Dünn e.V. wurde 1993 in Hannover als Ableger des gleichnamigen Vereins in Berlin (ab 1985) gegründet. Dort hatte sich im Zuge der Selbsthilfebewegung rasch herausgestellt, dass die „klassische“ Selbsthilfe bei Frauen mit Ess-Störungen nicht tragfähig ist. Offenbar hat die zugrundeliegende spezifische Problematik der Ess-Störungen zur Folge, dass auf sich selbst gestellte Gruppen oft überfordert bzw. instabil sind oder auseinanderbrechen, oder sogar zum Ort des Austausches über „Tricks und Tipps“ für den Kampf gegen die Kalorien entwickeln, wie man dies inzwischen auch bei den „Pro-Ana“ –Internetseiten kennt. Die Interviews bei der Bearbeitung dieser Expertise bestätigten diese Einschätzung. Auf diesem Hintergrund wurde ein Konzept der fachlich angeleiteten oder moderierten Selbsthilfe speziell für essgestörte Frauen entwickelt (vgl. Beyer 2000, Verbundprojekt 2001). Ein niedrigschwelliges Beratungsangebot hilft Frauen dabei, selbst einzuschätzen, ob sie essgestört sind, und klärt ihre Eignung für die Gruppe; z.B. wird bei akut zugespitzter Belastung möglicherweise eine individuelle Therapie erforderlich sein. Selbsthilfegruppen werden in den ersten Monaten von Moderatorinnen auf der Grundlage klientenzentrierter Gesprächsführung angeleitet. In dieser Phase wird die Gruppenarbeit strukturiert und es werden Regeln vermittelt. Nach dieser Anfangsphase zieht sich die Moderatorin schrittweise aus der Gruppe zurück, bleibt aber verfügbar, falls die Gruppe in Schwierigkeiten gerät. Die Moderation ist mit-wissend, mit-lernend, voneinander-lernend und sich-selbst-beratend. Die Moderatorin strukturiert und organisiert und schafft somit eine Sicherheit und Kontinuität, die für die Arbeit notwendig ist. Dadurch entsteht ein vertrauensvolles Klima, das durch die Einhaltung spezifischer Kommunikationsregeln ermöglicht wird. Die Moderatorin ist über Ess-Störungen und das Hilfesystem informiert und setzt Methoden oder Übungen als Hilfsmittel ein. Die „angeleitete Selbsthilfe“ gibt so viel Hilfe wie nötig, aber so wenig wie möglich. (Beyer 2000). In Berlin wird diese abgestufte Anleitung in der Regel auf drei Monate begrenzt. Ab der 6. Woche nimmt die Moderatorin alle 2 Wochen teil; ab der 12. Woche kann die Gruppe für sich entscheiden, ob sie weiterhin eine Moderation hinzuziehen möchten oder nicht. In Hannover wurde dieses Konzept hingegen verändert und eine insgesamt längere Moderation für notwendig gehalten Diese Streckung der Moderationsbereitschaft geht mit einer bewussten Zurücknahme des Ausmaßes der Strukturierung einher.. Inzwischen vertritt die Gründerin Kathrin Beyer ein Konzept, wonach die Gruppen anfangs vier Monate lang wöchentlich moderiert werden, bis zum 8. Monat im 14-tägigen Rhythmus, danach bis zum 12. Monat einmal monatlich. Beide Konzepte können auf den Erfolg verweisen, dass Selbsthilfegruppen die auf diese Weise zu Anfang unterstützt werden, z.T. lange eigenständig weiterarbeiten. In Niedersachsen werden nach diesem Konzept Moderatorinnen für die Selbsthilfegruppen der AOK ausgebildet Dieses modifizierte Konzept stellt Dr. Beyer beim Strategieworkshop im Vortrag vor; die beteiligten ExpertInnen haben den Ansatz sehr positiv aufgenommen. Angeleitete Selbsthilfegruppen können, den inzwischen zwanzigjährigen Erfahrungen nach, mit einer Mischung aus anorektischen und bulimischen Frauen gut arbeiten; die Zusammenarbeit mit Adipösen kann schwierig sein, so dass in Berlin eine Trennung dieser beiden Richtungen bevorzugt wird. Es ist jedoch davon auszugehen, dass Veränderungen im Symptombild und im Erkenntnisstand etwa zu Binge Eating hier zu verschiedenen Entscheidungen führen kann. So ist der amerikanische Experte Fairburn (1995) aufgrund langjähriger Forschung und klinischer Praxis zu dem Schluß gekommen, dass angeleitete Selbsthilfe Fairburn bietet die Anleitung als „guided self-help“ in der angloamerikanischen Tradition als Selbsthilfebuch für individuelle Umsetzung an, wobei die mögliche Verbindung mit einer geeigneten Gruppe oder einer therapeutischen Beratung genannt wird (Fairburn 1995); dies ist auf dem Hintergrund stark individualisierter sozialer Systeme zu verstehen. Die Gruppe ohne entsprechendes Konzept sieht auch er als problematisch an. vorrangig ist, um der zunehmenden Ausbreitung von Binge Eating entgegenzuwirken. Vervollständigung der therapeutischen Kette Tageskliniken oder therapeutische Wohngruppen, die als Alternative zu einer vollstationären Behandlung oder als nachstationärer Übergang fungieren können, sind derzeit sehr selten für essgestörte Menschen verfügbar. In Potsdam befindet sich eine der wenigen psychosomatischen Tageskliniken. Ziel ist die Minderung der Beschwerden, um eine ambulante Weiterbehandlung zu ermöglichen. In Einzelgesprächen werden persönliche Probleme und Erfahrungen mit der Behandlung angesprochen; Gruppengesprächen dienen dem Austausch mit Mitpatienten und -patientinnen. Kreative Methoden in der Gestaltungs- und Kunsttherapie können dazu beitragen, ein neues Selbstvertrauen zu gewinnen. Die Körpertherapie soll dazu dienen, ein positives Körpergefühl zu entwickeln. (www.argora.de (10.3.04)). Ein ähnliches Konzept hat die Tagesklinik für psychotherapeutische Medizin in Röhe. Die Parkklinik GmbH ist eine private Klinik mit Fokus auf systemische Familientherapie in der Behandlung von Ess-Störungen. Es wird mit einem integrativen Konzept gearbeitet, das sowohl tiefenpsychologische, verhaltenstherapeutische und kreativtherapeutische Themen umfasst. Behandlungsverträge sind Grundlage der Hilfe. Das Arbeitskonzept basiert auf den Erfahrungen der Universitätsklinik Essen (www.roeher-parkklinik.de (10.3.04). Die technische Universität Dresden hat ebenfalls eine Tagesklinik u.a. für essgestörte Jugendliche, auf Basis der „Klinischen Psychologie und Psychotherapie“, eingerichtet. Problemlösungsorientierte Behandlungsstrategien werden mit Hilfe von Gruppen- und Einzeltherapien transparent vermittelt. Es werden dort ebenfalls Menschen mit Mehrfacherkrankungen behandelt. Die wissenschaftliche Dokumentation der einzelnen Fälle gibt Aufschluss über die Effektivität des Behandlungsansatzes (www.psylux.psych.tu-dresden.de (10.3.04)). Es gibt mehrere Modelle für ambulante Unterstützung vor oder nach einer stationären Therapie. Das Institut und die Poliklinik für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie und Medizinische Psychologie an der Technischen Universität München hat spezifisch für essgestörte Patienten und Patientinnen eine Therapievorbereitungsgruppe eingerichtet. In der Ambulanz werden keine medizinische Untersuchungen oder Therapien durchgeführt, sondern gemeinsam mit der/dem Betroffenen ermittelt, welche Hilfe passend ist. Kooperation mit ÄrztInnen, TherapeutInnen, Beratungsstellen, Kliniken, Selbsthilfegruppen und therapeutischen Wohngemeinschaften ist grundlegend. Die Vorbereitungsgruppe richtet sich an untergewichtige Mädchen und junge Frauen, die unterstützt werden sollen, die richtige Therapie zum richtigen Zeitpunkt zu wählen (www.psychosom.med.tum.de (10.3.04)). Chemnitz bietet ein Modell an, das sehr eng an die vorangegangene stationäre Therapie anknüpft. Die therapeutische Wohngruppe frischt die erlernten Therapie- und Verhaltensweisen auf. Die Gruppe arbeitet eng mit der Therapiegruppe für Mädchen mit Gewalterfahrungen zusammen (http://cjd.gateway-server.de <10.3.04>). ANAD pathways verfügt über ein bundesweit einzigartiges Therapiekonzept. Frauen und Mädchen mit Ess-Störungen leben zusammen in Wohngruppen, die intensiv von einem Team aus PsychotherapeutInnen, SozialpädagogInnen und Ernährungsberaterinnen betreut werden. Die soziale Integration wird nicht aufgehoben, sondern die Berufstätigkeit oder Ausbildung kann fortgesetzt werden. Zudem kann das Erlernte sofort im Alltag angewandt werden. Ziel ist es, Alternativen zum Symptom Ess-Störungen zu finden (www.anad-pathways.de <27.2.04>). Teilstationäre Hilfen sind eine Möglichkeit, sich vorübergehend aus belastenden Familienmustern zu lösen und somit Faktoren, die zur Verschlechterung des Gesundheitszustandes beitragen könnten, zu minimieren. Teilstationäre Hilfen können Selbständigkeit und Autonomie fördern, anders als dies im „Schonraum“ Klinik mit festgelegtem Tagesablauf möglich ist. Mit dieser Brücke zwischen ambulanter und stationärer Hilfe können Jugendliche und Erwachsene ihrem beruflichen und schulischen Alltag nachgehen und die Erkenntnisse in die Praxis umsetzen. Zielgruppendifferenzierte Hilfestellungen Die Parkland-Klinik in Bad Wildungen ist eine Rehabilitationsfachklinik für Psychosomatik und Psychotherapie und hat einen Schwerpunkt bei Ess-Störungen. Behandelt werden Anorexie, Bulimie und die Binge Eating Disorder. Die Behandlung orientiert sich an tiefenpsychologischen und verhaltenstherapeutischen Elementen. Es werden differenzierte Konzepte für essgestörte Jugendliche (14-17 Jahre), essgestörte junge Frauen (meist 18-25 Jahre), Frauen über 35 Jahren mit chronischen Ess-Störungen, traumatisierte Frauen mit Ess-Störungen und essgestörte Männer angeboten; es gibt auch eine Ambulanz Die Darstellung beruht auf der Broschüre der Parkland Klinik und deren Flyer: Ess-Störungen bei Jugendlichen sowie einem, Experteninterview mit dem Oberarzt Dr. Imgart.. Zusätzlich gibt es ein spezialisiertes Angebot für türkische und griechische MigrantInnen. Sie werden durch muttersprachliche TherapeutInnen behandelt, wobei die kulturellen und religiösen Zusammenhänge ebenfalls Berücksichtigung finden. Hauptziele der Therapie sind Stärkung des Selbstwertgefühls, Normalisierung des Essverhaltens und eine bessere soziale Einbindung. Es werden verbindliche Gewichtsgrenzen vereinbart. Besteht die Notwendigkeit einer Krankenhausaufnahme, so wird in die Stadtklinik Bad Wildungen überwiesen. Schulpflichtige Jugendliche erhalten während der stationären Therapie individuellen Privatunterricht, der auf den Stand der Heimatschule abgestimmt ist. In psychotherapeutischen Gesprächsgruppen können aktuelle Beziehungsprobleme angesprochen und aufgearbeitet werden. Die konzentrative Bewegungstherapie dient zur Verbesserung der körperlichen Selbstwahrnehmung. Weitere Angebote sind eine Ernährungsgruppe, Kreativtherapie, motologische Therapie und Sozialberatung; Angehörige und Familien werden durch Seminar und Familiengespräche in die Behandlung eingebunden. Seit 1997 bietet die Parkland-Klinik ein spezielle Behandlungsprogramm für weibliche Jugendliche an. In der Fachabteilung werden Anorexie, Bulimie und psychogene Adipositas behandelt. Die Klinik führt geschlossene Therapien durch, d.h. die Jugendlichen beginnen und beenden die Therapie gemeinsam. Diese Methode dient der Förderung einer vertrauensvollen Atmosphäre. In individuellen Gesprächen wird der jeweilige Bedarf geklärt und zusammen mit der Patientin besprochen. Ein Mindestgewicht gibt es nicht, dennoch wird bei schlechtem körperlichen Gesundheitszustand eine Behandlung im Krankenhaus vor Ort vermittelt. Für jüngere Frauen mit Ess-Störungen gibt es in der Ambulanz Gruppentherapie mit der Möglichkeit zum Austausch und Auseinandersetzung mit verschiedenen Konfliktfeldern. Das Angebot für seit langem chronisch erkrankte Frauen wird davon abgegrenzt; die Arbeit mit dieser Zielgruppe ist vorrangig darauf ausgerichtet, etwas Bewegung in die Symptomatik zu bringen und die soziale Integration zu fördern. Die Behandlung traumatisierter Frauen ist an den ressourcenorientierten Ansatz und Methoden der Traumaforschung geknüpft. Bausteine der Behandlung sind individuelle Einzelsitzungen und eine Gruppe für traumatisierte Frauen. Seit 2001 werden essgestörte Männer in einer spezifischen Gruppentherapie behandelt, in der sie sich mit anderen männlichen Leitbildern auseinander setzen können. Die Männer sind in der Tendenz schwerer erkrankt als Frauen, bis sie Hilfe annehmen. Die Therapie wird verknüpft mit Freizeitaktivitäten. Die PatientInnen können jeder Zeit besucht werden und müssen keine Kontaktsperre einhalten. Um insbesondere Jugendliche als Zielgruppe zu erreichen, können sie mit einem Mitarbeiter der Fachabteilung chatten und fachkompetenten Rat einholen (www.parkland-klinik.de <4.12.03>). Die Parkland-Klinik bietet Hilfe für unterschiedliche Zielgruppen geschlechtspezifisch differenziert an. Bemerkenswert ist zudem der Ansatz, der sich in keiner anderen Klinik gefunden hat, dass MigrantInnen von TherapeutInnen in der Muttersprache behandelt werden. In dieser Klinik besteht eine sehr gute Möglichkeit, herauszufinden, welche Hilfe für das jeweilige Individuum passgerecht ist. Passgerechte Hilfen für Jugendliche Seit mittlerweile 18 Jahren ist das Frankfurter Zentrum für Ess-Störungen bundesweit anerkannt in der Beratung, Behandlung und Prävention von Ess-Störungen tätig. Das Konzept basiert auf der feministischen Psychoanalyse und bezieht geschlechtsspezifische Faktoren und den gesellschaftlichen Kontext als grundlegend mit ein. Die Leitlinien der Beratung und Therapie richten sich nach den Prinzipien der humanistischen Psychologie. Dieser Ansatz geht von der Auffassung aus, dass jede Person ein Produktives und schöpferisches Selbst hat, das eine aktive Rolle bei der Lebensgestaltung spielt. Die Ganzheitlichkeit von Körper, Geist und Seele wird in den historischen und soziokulturellen Kontext eingebunden. Ess-Störungen stellen nach dem Arbeitsverständnis des Zentrums ein Warnsignal für einen Bewältigungsprozess bzw. eine Konfliktlösungsstrategie dar. Verdrängte Gefühle, Bedürfnisse und ungelöste Lebenskonflikte werden schrittweise erarbeitet. Rückfälle haben eine Signalfunktion und weisen darauf hin, dass etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist. Die Darstellkung berücksicht u.a. das Programm und die Internetseite des Zentrums sowie das Impulsreferat der Geschäftsführerin im Strategie-Workshop und einen Tagungsvortrag derselben Expertin in Kassel. In Kooperation mit Magersucht.De, einem Selbsthilfeverein bei Ess-Störungen und der BKK Hessen sowie einigen Sponsoren aus der Wirtschaft bietet das Frankfurter Zentrum seit ca. einem Jahr Online-Hilfe an. Dazu gehören ein Online-Forum, eine Online-Sprechstunde, ein Gruppen-Chat und die E-Mail Sprechstunde. Die Online-Sprechstunde findet zu festen Terminen statt und dauert in der Regel 50 Minuten. In einem Jahr wurden insgesamt 960 Personen im Rahmen des Online-Angebotes erreicht. Vorteil dieser Form der Kommunikation ist nach Angaben der Geschäftsführung, dass 80 % der Termine wahrgenommen werden, wohingegen persönliche Beratungstermine häufiger abgesagt werden. Durch die Anonymität werden Schwellenängste niedrig gehalten. Der Gruppen-Chat wird professionell moderiert und es gibt klare Regeln, an die sich die TeilnehmerInnen halten müssen. Kontraproduktive Beiträge werden ausgeschlossen, um negative Einflüsse zu vermeiden. Zielsetzungen sind: gesundheitliche Aufklärung durch Information und Beratung für Betroffene und Angehörige, Enttabuisierung des Themas, Förderung des Austausches untereinander und somit die Förderung des Austritts aus der Isolation, Stärkung und Förderung der Ressourcen und Selbsthilfepotentiale der Betroffenen und ein niedrigschwelliger Zugang zum Hilfesystem. Die Intervention per Internet ist rasch möglich und dies ist eng verknüpft mit persönlichen Beratungs- und Therapieangeboten. Ein weiterer Vorteil ist ebenfalls, das unterversorgte Regionen per Internet gut erreicht werden können (www.EssFrust.de (24.04.04)). Die Anforderungen an die Internet-Beratung sind sehr hoch. Präzise und unmissverständliche Formulierungen sind wichtig. Die Sätze müssen kurz sein, da eine rasche Reaktion erforderlich ist. Es werden spezielle Anforderungen an die Kommunikation gestellt. Der isolierte und anonyme Zugangsweg führt oft zu emotionaleren Gesprächen als diese in persönlichem Kontakt entstehen. Weiterhin muss bedacht werden, dass die Arbeit öffentlich und unbegrenzt ist; es kann jeder einem Codenamen im Chat sein. Für diese Art von Arbeit ist eine spezifische Ausbildung und regelmäßige Schulung grundlegend; die Durchführung wird mit Honorarkräften verwirklicht. Zielgruppen sind zu 95 % Jugendliche und junge Frauen. Für 34 % ist das Internet der erste Kontakt in einer Kette von differenzierten Hilfen (www.EssFrust.de (24.04.04)). Angehörige interessieren sich vorrangig für Möglichkeiten der Hilfe, Umgang mit Ess-Störungen und sensibles Ansprechen des Themas. Diese neue Form der Beratung gibt die Möglichkeit, selbst zu bestimmen, wie weit man sich preisgeben möchte. Jede(r) hat die Möglichkeit, Grenzen zu setzen. Der Erfolg der Online-Beratung macht deutlich, dass sich von dieser Form der Hilfe besonders Jugendliche angesprochen fühlen. Die Anonymität scheint in der Online-Beratung einen hohen Stellenwert zu haben. Kritisch ist dabei zu vermerken, dass die Isolation der Betroffenen nicht durchbrochen und der Konfliktstoff in persönliche Beziehungen ausgeklammert bleibt. So ist zu erwägen, nach einer gewissen Anzahle von virtuellen Gesprächen einen persönlichen Kontakt einzufordern. Deutlich wird aber: je niedrigschwelliger die Hilfe ist, desto eher wird sie angenommen. Internationale Modelle guter Praxis Zwei Modelle sind bei der Recherche aufgefallen, da sie den derzeitigen nationalen Stand übertreffen und Lücken im Hilfesystem verdeutlichen. Im folgenden werden Empfehlungen des „National Institutes for Clinical Excellence“ und US-amerikanische Konzepte zur Primärprävention in Grundschulen vorgestellt. Anknüpfungspunkte im Präventionsbereich Im internationalen Raum sind detailliert ausgearbeitete Konzepte zur Prävention zu finden. Dr. Greta Noordenbos an der Universität Leiden betont die Verbindung informativer und pädagogischer Module denn die Methode der Selbsteinschätzung ist als Screening für Ess-Störungen nicht zuverlässig. Um möglichst früh auf Betroffene aufmerksam zu werden, sollten LehrerInnen und SchülerInnen über mögliche Risikofaktoren wie ständiges Diät halten, negative Einstellungen gegenüber dem eigenen Körpergewicht, kulturelle Faktoren, Einfluss der Medien, negatives Körperbild und die gesundheitlichen Folgen von Ess-Störungen informiert werden. Leitlinien sollen Fachkräften helfen; Professionelle sollten an kompetente Adressen weitervermitteln können (Noordenbos 2002). Die Studie von Piran (1998) hat ergeben, dass Prävention auch bei Ess-Störungen nicht sinnvoll ist, wenn lediglich auf schädliche Folgen aufmerksam gemacht wird; vielmehr sind gesunde Verhaltensweisen und Einstellungen zu vermitteln. Ein amerikanisches Präventionsmodell trägt den Titel „Teaching Kids to Eat and Love Their Bodies Too“. Ziel ist es, sein Wohlfühlgewicht zu entdecken. Das Äußerliche ist nur ein Teil der Persönlichkeit, welcher nicht überwiegen sollte. Ein adäquater Umgang mit Stress und Konflikten zur Ausbildung eines gesunden Selbstwertgefühls ist grundlegend. Das Modell ist kurzfristig angesetzt und wurde auf Effektivität überprüft, eine längerfristige Erforschung der Wirksamkeit bleibt jedoch aus (Kater 2000: www.bodyimagehealth.org (27.11.03)). In Seattle (USA) wurde 1987 die „Eating Disorder Awareness and Prevention Inc.“ (EDAP) eingerichtet. Die erste „National Awareness Week“ fand 1988 statt und war eine Informationskampagne in der Öffentlichkeit. Die gemeinnützige Organisation wurde eingerichtet, um den kontinuierlichen Anstieg betroffener Menschen zu verringern. Die KoordinatorInnen der „Awareness Week“ haben darüber informiert, dass Präventionsanstrengungen scheitern, wenn sie lediglich auf Aufklärung der Öffentlichkeit, Warnsignale und Gefahren fokussieren. Ebenso wichtig ist die Aufklärung über Schlankheitsideale, die Rollen von Frauen und Männern in unserer Gesellschaft sowie die Entwicklung von Selbstbewusstsein und Selbstrespekt an der Schule, am Arbeitslatz und im sozialen Umfeld, welche über das körperliche Aussehen hinausgehen (www.stuaff.niu.edu (18.11.03)). Angesichts der Tendenz, dass viele Grundschüler und Grundschülerinnen unzufrieden mit ihrem Körper sind und dünner sein möchten, wurde ferner ein Präventionskonzept entwickelt. Botschaften dieses Programms sind vollwertiges Essen und ein gesundes Körperbild. Die Präventionsfachkräfte arbeiten in einem multiprofessionellen Team. Methodisch verwenden sie lebensgroße Puppen, die über die Akzeptanz ihres Körpers, emotionale Stresssituationen in einer und Weise sprechen, die Kinder verstehen. Die Puppen charakterisieren Persönlichkeiten, mit denen sich Kinder identifizieren können. Nach dem Puppenspiel werden Handouts ausgeteilt und Diskussionen angeregt, zu denen auch Eltern eingeladen werden. Ziel ist es, den Kindern so früh wie möglich zu vermitteln, dass die inneren Werte wichtiger sind als die äußere Erscheinung. Das „Prevention Puppet Programme“ wird in Teilen der USA und Kanada angeboten (www.nationaleatingdisorders.org (18.11.03); Piran u.a. 1999). Die gemeinnützige Organisation bietet erzieherische Programme für Jugendliche auf nationaler Ebene an, führt Öffentlichkeitskampagnen durch, ermöglicht für jeden erschwingliche Behandlungsangebote und fördert mehr Forschung, um effektive Präventions- und Behandlungsangebote zu implementieren (www.nationaleatingdisorders.org (18.11.03); Piran u.a. 1999) Im Dezember 2001 veröffentlichen Ciliska u.a. (Kanada: www.city.hamilton.on.ca (18.11.03) einen Forschungsüberblick zur Effektivität von Primärinterventionen bei Ess-Störungen Ausgewertet wurden Dokumentationen schulischer Interventionen von 1990 bis 2001 und Präventionscurricula für unterschiedliche Altersstufen. Die Studie bestätigte, dass langfristige Kurse im Vergleich zu kurzfristigen Interventionen effektiver sind; Interventionen, die ausschließlich gesundes Essen propagieren, haben nur eine kurzfristige Wirkung. Je jünger die Zielgruppe ist, desto erfolgreicher scheinen sich die Interventionen zu erweisen. Als Defizit wurde festgestellt, dass die Diagnose und die Hilfemöglichkeiten bislang in keinem Präventionsprogramm erfasst werden. (www.city.hamilton.on.ca (18.11.03). Es gibt eine Vielzahl von Präventionsprojekten, dennoch gibt es Unsicherheiten bezüglich der Effektivität solcher Programme. Prävention sollte langfristig angelegt sein; eine wissenschaftliche Evaluation der Auswirkungen fehlt. Zentrale Information und Richtlinien NICE (National Institute for Clinical Excellence) ist Teil des „National Health Systems (NHS)“ in Großbritannien, Schottland und Wales. Es ist eine unabhängige Einrichtung, die Richtlinien für die Behandlung und Betreuung von Menschen konzipieren, die das nationale Gesundheitssystem in Anspruch nehmen. Zielgruppen der Richtlinien sind Professionelle, PatientInnen und Angehörige. Die Aufgaben von dem Institut sind: Bewertung neuer technologischer Entwicklungen: Richtlinien zur Benutzung neuer und alter Methoden innerhalb des englischen Gesundheitssystems Klinische Richtlinien: Empfehlungen zur adäquaten Behandlung und Versorgung von PatientInnen Überprüfung der Umsetzung von Maßnahmen: Konzeption von Richtlinien, die beurteilen, ob Behandlungs- oder Diagnoserichtlinien die Standards erfüllen, um in England und Wales flächendeckend durchgeführt zu werden (www.nice.org.uk (12.08.04). Das „National Institute for Clinical Excellence“ hat die Aufgabe, unter Auswertung wissenschaftlicher und klinischer Forschung nationale Qualitätsstandards für Hilfestrukturen im Gesundheitssystem zu erstellen. Ziel ist gute Versorgungsqualität. (www.nice.org.uk (12.08.04)). Klinische Richtlinien bei Ess-Störungen Das Institut hat Richtlinien entwickelt, die Maßstäbe für die Behandlung von Anorexie, Bulimie und den verwandten Ess-Störungen setzen. Dabei werden Voraussetzungen für den Einsatz verschiedener Maßnahmen genannt; und es wird differenziert zwischen verschiedenen Zugangswegen und Vernetzung der Hilfen, Gewährleistung guter Information und Unterstützung, frühzeitige Intervention, Behandlung körperlicher Schädigungen und besondere Maßnahmen für Kinder und Jugendliche. Damit liegen mit wissenschaftlicher Evidenz fundierte Leitlinien sowohl für Professionelle als auch für Betroffene und deren Angehörigezur Diagnosestellung und Screening vor, die sowohl im Rahmen der Erstversorgung als auch in nicht-medizinischen Arbeitsbereichen zu verwenden sind (www.nice.org.uk (12.08.04). Weitere Screening- Fragebögen für essgestörten Menschen sind zu finden unter www.caringonline.com (18.11.04). Die Empfehlungen werden für die unterschiedlichen Formen von Ess-Störungen dargestellt und bewertet. Dabei ist die Basis der Aussagen unterschiedlich: Es gibt Empfehlungen, die im Rahmen klinischer Studien oder randomisierter Untersuchungen mit Kontrollgruppen wissenschaftlich belegt sind, andere beruhen auf Einschätzungen von ExpertInnen und deren Erfahrungen und Berichte (www.nice.org.uk (12.08.04): Eating disorders, 1/2004). Ferner hat NICE einen Leitfaden für Betroffene, Angehörige und Interessierte entwickelt, in denen für jeden verständlich verschiedene Hilfe- und Behandlungsmethoden erklärt werden. Darin werden verschiedene Behandlungsschritte bei unterschiedlichen Ess-Störungen erläutert und Schwierigkeiten geschildert, wenn die/der Betroffene die Hilfe nicht annehmen möchte, aber eine Gesundheitsgefährdung vorliegt. (www.nice.org (12.08.04): Eating disorders: anorexia nervosa, bulimia nervosa and related eating disorders, 1/2004). Empfehlungen für Nordrhein-Westfalen Die Empfehlungen für das Land Nordrhein-Westfalen richten sich, dem Auftrag gemäß, in erster Linie auf Handlungsfelder, die einem Einfluss auf Landesebene zugänglich sind. Dazu gehören neben direkten Zuständigkeiten des Landes auch solche Aktivitäten, die von der Landesregierung oder von der Landesfachstelle für Ess-Störungen angeregt oder unterstützt werden können. Sie bündeln noch einmal die im 4. Kapitel herausgearbeiteten Anforderungen an ein gutes Hilfesystem, da strukturelle Probleme an mehreren Stellen auftreten und sinnvoll zusammen betrachtet werden. Vernetzung stärken Eine konstruktive Zusammenarbeit der unterschiedlich mit Ess-Störungen befassten Berufen und Einrichtungen steht bei den Verbesserungen oben auf der Wunschliste der ExpertInnen und Fachkräfte, die im Zuge der Expertise befragt wurden oder mit einander ins Gespräch kamen. Separates Zuständigkeitsdenken ist hier kontraproduktiv. Bedarfsdeckende Angebotsvielfalt Grundsätzlich stellt das Netz der öffentlich geförderten Beratungsstellen und Selbsthilfekontaktstellen, der niedergelassenen Medizin und Psychotherapie und der Kliniken in Nordrhein-Westfalen, als Ganzes betrachtet, eine Fülle von Ressourcen zur Verfügung, um Abgestufte Förderung der Qualifikation Literatur Altgeld, Thomas (Hg.) (2004): Männergesundheit – Neue Herausforderungen für Gesundheitsförderung und Prävention. Weinheim und München Appel, Christa (1993): Familie + Sucht + Suchtkrankenhilfe = vom Symptom zum System? In: Deutsche Hauptstelle gegen Suchtgefahren (Hg.): Sucht und Familie. Freiburg im Breisgau, S.15-26 Bange, Dirk; Deegener, Günther (1996): Sexueller Mißbrauch an Kindern: Ausmaß, Hintergründe, Folgen. Weinheim Becker, Anne E.; Burwell, Rebecca A.; Herzog, David B.; Hamburg, Paul; Gilman, Stephen E. (2002): Eating behaviours and attitudes following prolonged exposure to television among ethnic Fijian adolescent girls. 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