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AWARISCH
Das awarische Personennamensystem
AWARISCH
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Madžid Šaripovič Chalilov und Zaira Madžidovna Chalilova (Leipzig)
1 EINFÜHRUNG. Die Awaren sind das
größte Volk in der Republik Dagestan. Sie besiedeln einen großen Teil
des Gebirgsteils von Dagestan, zum
Teil auch die Ebene. Außer in Dagestan leben sie in Tschetschenien, Kalmückien und in anderen Teilen der
Russischen Föderation, aber auch in
Aserbaidschan, Georgien (die kwarelischen Awaren) und der Türkei. Außerhalb Russlands ist die zahlreichste
awarische Diaspora die in der Türkei
(etwa 20 Siedlungen). Das Ursprungsgebiet der Awaren in Dagestan sind die
Stromgebiete der Flüsse Awarskoje
und Andijskoje Kojsu und Karakojsu.
Die Zahl der Awaren (2002) beträgt
etwa 800 000, davon 757 000 in Russland (mehr als 700 000 in Dagestan).
Zu den Awaren gehören Völkerschaften, die sprachlich verwandt sind (die
Artschinen und Ando-Zesen). Die awarische Sprache gehört zur nacho-dagestanischen Gruppe der nordkaukasischen Sprachfamilie. Die Dialekte
der awarischen Sprache gliedern sich
in zwei Gruppen: die nördliche Dialektgruppe – der westliche (salatawische), der östliche und der zentrale
(chunsachische) Dialekt; die südliche
Dialektgruppe – der andalalische, anzuchische, gidatlinische, karachische,
batluchische, sakatalische (dscharische)
Dialekt. Russisch ist eine offizielle
Sprache. Die awarische Schriftsprache
bedient sich des kyrillischen Alphabets.
2 ALLGEMEINES ZUM NAMENSYSTEM.
Die Namen stellen einen umfangreichen Teil des Wortschatzes der awarischen Sprache dar. Im Laufe der historischen Entwicklung der awarischen
Sprache formierte sich deren Onomastikon allmählich. Als Ergebnis des fortwährenden Gebrauchs der Namen bildete sich ihre Systematik heraus, es
entstanden Namenarten mit den ihnen
eigenen charakteristischen Gesetzmäßigkeiten. Die Mehrzahl der Namen
der Awaren und anderer dagestanischer Völker und Ethnien sind im Allgemeinen sowohl formal als auch semantisch eng verwandt. Das hängt mit
den historischen Wurzeln der dagestanischen Völker und ihrem gemeinsamen kulturellen Erbe zusammen.
3 RUFNAMEN (VORNAMEN). 3.1 Rufnamen awarischer Herkunft. Wie die
Sprache insgesamt, so spiegelt auch
der awarische Rufnamenschatz die
Epoche und den Zustand der Gesellschaft auf einer bestimmten Stufe ihrer Entwicklung wider. Tatsächlich trugen die Awaren auf einer früheren Entwicklungsstufe einheimische Rufnamen. Mit der Zeit beeinflussten Veränderungen des gesellschaftlichen Lebens den Rufnamenbestand. Zu den
einheimischen awarischen Rufnamen
gehören die Männernamen
/Becav ‘blind’,
/ albac ‘Löwe’,
І /HiWin (Kurzform von
І
/HiWinav [siehe den nächsten
AWARISCH
nachbarte Sprachen. In ferner Vergangenheit hatten die Awaren keine direkten Kontakte mit östlichen Völkern,
besonders mit den Arabern und iranischsprachigen Völkern, weshalb einige östliche Rufnamen über die aserbaidschanische, kumückische und teilweise georgische Sprache entlehnt wurden. Jedoch gibt es auch Rufnamen,
wo man zuverlässig konstatieren kann,
dass diese unmittelbar aus diesen Sprachen kommen. Die aus östlichen Sprachen entlehnten Rufnamen lassen sich
verschiedenen Perioden der awarischen
Geschichte zuordnen.
Über viele Jahrhunderte hindurch
spielte die arabische Kultur, besonders
die klassische arabische Sprache, eine große Rolle in der sprachlichen und
kulturellen Entwicklung der nordkaukasischen Völker. Die Verbreitung des
Islams und damit des arabisch-islamischen Rufnamenguts hatte grundlegende Veränderungen in den Personennamensystemen der Völker Dagestans,
darunter auch der Awaren, zur Folge.
Bekanntlich begann der Einfluss der
arabischen Sprache und des Islams im
Kaukasus im 7. Jahrhundert, und in
den Bergen Westdagestans etablierte
sich der Islam als Religion im 14. und
15. Jahrhundert. Einen bedeutenden
Platz unter den Lehnnamen nehmen
islamische kanonische Rufnamen arabischer Herkunft ein. Am häufigsten
findet man die männlichen Rufnamen
/Abakar,
/Abdulaziz,
/Abdulkarim,
/AbdulFadir,
/Abdulla,
І /AbdulaWip,
/AbdulmaZ id,
/AbdurazaF,
І
/Abdurasman, -
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Namen]),
І
/HiWinav ‘klein’,
/DenІ
/÷adalav ‘Narr’,
ga ‘Geld’,
/Dono o (ursprüngliche Bedeutung unbekannt),
І /ItarSo ‘Falke’,
І/Kverhe_
‘armlos’,
/Q̇urač (Kurzform
von
І
/Q̇uramusamad),
І
/Uodoči ‘alt’,
/Machač
(Kurzform von
І
/Musamad),
/Nucal ‘Fürst’,
/Turač (ursprüngliche Bedeutung unbekannt),
І
/taZ ijav ‘Pilger, Hadschi’,
І І
/tanSalav ‘Socken’,
/Čanaqan ‘Jäger’,
/
Čanqva ‘Wundschorf’, І І
/
ae÷erav ‘schwarz’, І І
/ae÷erči ‘schwarzer Mann’, І
/aurkanaj ‘prächtig’ und І І
/ausapav ‘stolz’ sowie die Frauennamen
/Bercinaj ‘schön’, І
/
÷arac ‘Geld’, І
/Uiłilaj ‘doppelt’,
/Mesedo ‘Gold’,
/Nucalaj ‘Fürstin’, І
/taZ ijaj ‘Pilgerin, Hadschika’ und І І /ausapaj ‘stolz’.
3.2 Rufnamen fremder Herkunft. Das
awarische Rufnamensystem bildete
sich im Laufe eines langen Zeitraums
unter besonderen historisch-geographischen und linguistischen Bedingungen heraus. Die sich historisch ergebenden ethnischen und ethno-kulturellen Kontakte der Awaren sowohl
mit den Nachbarn als auch mit weiter
entfernten Völkern fanden darin ihren
unmittelbaren Ausdruck.
Es gibt viele Rufnamen, die aus östlichen Sprachen entlehnt wurden: aus
dem Arabischen, aus iranischen und
Türksprachen. Einige davon wurden
unmittelbar aus der Quellsprache entlehnt, andere über verwandte und be-
4
5
/Majsarat,
/Malikat,
/MarZ anat,
/Marzijat,
/Marijam,
/Mu/ minat,
/Napisat,
/Nursijat,
І
/PaWimat,
/Ravzanat,
/
Rahimat,
/Razijat,
/
Raisat,
/Rašidat,
/
RuFijat,
/Sadijat,
/
Sakinat,
/Salimat,
/Suhajbat,
/Uzlipat, /Xalisat,
/XadiZ at,
/Xatimat, І
/tabibat, І
/talimat, І
/
tapsat,
/Šajmaat,
/Šamsijat,
/Šuajnat,
/Šumajsat.
Solche biblischen Rufnamen wie
І /÷isa (Jesus),
/Z abrail
(Gabriel),
/Musa (Moses),
/Ibragim (Abraham),
/Sulejman (Salomon),
/JaFup (Jakob),
/Junus
/Jusup (Josef),
/Junus (Jonas) verbreiteten sich unter den Awaren in
der durch die Araber transformierten
Form.
Viele Rufnamen arabischer Herkunft
sind verbunden mit Bezeichnungen für
Monate, Tage, Wochen und Jahreszeiten (zum Beispiel die Männernamen
/RadZ ab ‘siebenter Monat
des Mondkalenders’,
I /Ša÷ban
‘achter Monat des Mondkalenders’,
/Ramazan ‘neunter Monat
des Mondkalenders’), mit geographischen Bezeichnungen (
/Makka
‘Mekka’,
/Madina ‘Medina’),
mit dem Beruf und der Art der Beschäftigung (
/Alim ‘Gelehrter’,
I
/takim ‘Vorgesetzter’,
/Sultan ‘Herrscher’). Einige aus
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/Abdusupijan,
/Alchas,
/Amin,
/Amir,
/Anvar,
І
/Asmad,
/Bahaudin,
/Basir,
/Bašir,
/Bilal,
/Bakil,
/Bali,
/Harun, І
/÷aziz, І /÷ali,
/Z avatchan,
/Z alal,
/Z alil,
/Z amaludin,
/Zahid,
/Zapir,
/ZulpuFar,
/Idris,
/
Iljas,
/Iman,
/Islam,
/Israpil,
/Kamal,
/
Kamil,
/Karim,
/Q̇adir,
/Q̇asum,
/Latip,
/MaZ id,
/Malik,
/
Manap,
/Murad,
/Muslim,
/Muchtar,
І
/
Musamad,
/Nabi,
/Nasrulla,
/Nurulla,
/Pajzulla,
/Pachrudin,
/
Rasul,
/Rašid,
/Salim,
/Salman,
/SiraZ udin,
/Sultan,
/TaZ udin, І
/Yahir, І І /Yalsat,
/Ubajdulla,
/Uvajs,
/Umalat,
/XaliF,
/Xalil,
/Xalit, І
/tabib, І
/taZ i, І
/tamzat,
І
/tusen,
/Šamil,
/
Šapi,
/Šarip,
/Junus und
/Jusup sowie die weiblichen
Rufnamen
/Aminat,
/
Arapat,
/Asijat,
/Barijat,
/Basirat,
/Baxu, /Bazipat, І
/÷ajšat, a /Z avharat,
/Z amilat,
/Z annat,
/Zahidat,
/Zahra,
/Zaira,
/
Zaripat,
/ZubarZ at,
/
Zuhra,
/Zulpijat,
/
Kavsarat,
/Kalimat,
/Kumsijat,
/Madinat,
AWARISCH
AWARISCH
/PaWimat-saZ ijaj). Die Komponenten - І
/-saZ i ‘Pilger, Hadschi’ und
- І
/-saZ ijaj ‘Pilgerin, Hadschika’ werden an die Rufnamen von Pilgern angehängt, vor allem wenn der
Hadsch nach Mekka (Saudi-Arabien)
durchgeführt wurde, zum Beispiel
І І
/MaZ id saZ i,
/Zaira saZ ijaj. Danach werden
sie zu offiziellen Namen, die in offiziellen Dokumenten fixiert sind und
meistens zusammengesetzt geschrieben werden, vergleiche:
/MagomedgadZ i und
/RamazangadZ i.
Nach der Häufigkeit stehen unter
den Lehnnamen solche türksprachiger
Herkunft an zweiter Stelle. Sie traten
erstmals zu Beginn des 10. Jahrhunderts auf. Die Awaren hatten Kontakte zu den Kumücken und den Aserbaidschanern (zum Beispiel mit den
Sakatalen und Belokanen). Es ist anzunehmen, dass eine gewisse Menge
türksprachiger Rufnamen in einer
früheren Periode aus dem Aserbaidschanischen ins Awarische gelangte.
Rufnamen türksprachiger Herkunft in
der awarischen Sprache gliedern sich
in bolgarische wie
/Šamxal
(männlich), alttürkische wie
/Bike (weiblich),
/Bek (männlich),
/Xan (männlich), altkumückische
wie
/Kistaman (weiblich),
/Kalsin (männlich). Weitere Namen türksprachiger Herkunft sind die
männlichen Rufnamen
/A av,
/Ajgum,
/Arslan,
/Arslanbek,
/Ba atar,
/Bajram,
/Bektemir,
/Gerej,
/Lačin,
/Sungur,
/Temirbek, -
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dem Arabischen entlehnte Rufnamen
haben den formalen Anzeiger des Geschlechts konserviert, vergleiche: /Basir (männlich) –
/Basirat (weiblich),
/Malik (männlich) –
/Malikat (weiblich),
/Salim (männlich) –
/
Salimat (weiblich), І
/tabib
(männlich) – І
/tabibat (weiblich), І
/talim (männlich) – І /talimat (weiblich).
Außer einfachen Wortstämmen in
den Rufnamen arabischer Herkunft ist
ein großer Teil von Rufnamen mit zusammengesetzten Wortstämmen vorhanden, welche folgende Komponenten beinhalten, und zwar in Männernamen:
/islam ‘Islam’ (
/Islamxan,
/Dinislam),
/-din ‘Religion’ (
/
/Sadrudin), - NaZ mudin,
/-ulla ‘bestehend; einzigartig’ (
/Xajrulla,
/Nasrulla),
-/abd- ‘Diener, Sklave’ (
/
Abdulla,
/Abdulkarim),
- /-nur ‘Licht, Schein’ (
І /Nurmusamad,
І /Nur÷ali),
/-dibir ‘Mullah’ ( І
/
÷alidibir,
/Ramazandibir), - І
/-saZ i ‘Hadschi’ ( ІІ
/AsmadsaZ i,
І
І
/Q̇ebedmusamadsaZ i),
-/alim- ‘Wissenschaftler’ (
/Alimxan,
/Alimpaša),
-/ilmu- ‘Wissenschaft’ (
/Ilmuxan,
/Ilmuxanum),
-/iman- ‘Glaube, Gewissen’
(
/Imanali,
/Imanpaša); in Frauennamen:
-/umm‘klein’ (
/Umsalimat,
/Umijat), - І
/-saZ ijaj ‘Pilgerin, Hadschika’ (
І
- І
-
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7
/Tidur. Diese Rufnamen gehören zur vorrevolutionären Periode. Es
ist schwer, die genaue Zeit ihrer Entlehnung festzustellen, obwohl man
voraussetzen kann, dass sie in der Periode der intensivsten Kontakte zwischen Awaren und Georgiern erstmals
auftraten. Ihr Erscheinen kann man
auch mit der Verbreitung der christlichen Religion in Dagestan verbinden.
Während des 20. Jahrhunderts traten erstmals neue georgische Rufnamen auf, die am weitesten unter den
Georgiern Kachetiens verbreitet waren.
Sie sind vor allem unter den Awaren
und anderen Völkerschaften vertreten,
die auf dem Territorium des kwarelischen Verwaltungsbezirks von Georgien leben, einige von ihnen auch unter den Awaren Dagestans, wie zum
Beispiel die männlichen Rufnamen
/Aznaur,
/Arsen,
/
Beri,
I /HereSli,
/Hiduri, I
I/÷aduniS, i
/÷aliskandi,
/Ivani,
/
Ilišu, I
I
I /UušSanWi,
/Majindur,
/Nesdur,
/Tejmur,
/Tidur,
I /
XariWun,
/Ceretil und
I /ŠanWuli sowie die weiblichen
Rufnamen
/Batuli,
I /
HarSuba,
I /HiliWa,
/Z ahdina,
/Z uari,
I /
IliWaj,
/Irma,
/Lali,
/
Lija,
/Lili,
/Mamija, /Tamari neben
/Tamaraj,
/Xatuna,
/Šorena,
/ leni,
/ rike und
/ teri.
Es gibt eine gewisse Anzahl armenischer Rufnamen (darunter solche griechischer Herkunft), die durch Vermitt-
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/Temirxan,
/Ullybij,
/Xangerej,
/Čupalav,
/Šamxal und
/ ldar sowie die weiblichen Rufnamen
/Ajbike,
/AZ aj,
/Kistaman und
/Pavxan.
Rufnamen iranischer Herkunft treten im Vergleich zu arabischen und
türksprachigen später auf. Im Allgemeinen gelangten sie in die awarische
und andere dagestanische Sprachen
über das Arabische sowie besonders
über das Aserbaidschanische. Zu ihnen gehören die männlichen Rufnamen
/Bulat,
/Dibir,
/Nabijul/Z anbulat,
la,
/Rizvan,
/Rustam
und
І
/Ša÷ban sowie die weiblichen Rufnamen
/GuZ ahan,
/Gulnara,
/Zumrud,
/Zuxra,
/Naida,
/Pari,
/Piradavs und
/Šamaj.
Im Gegensatz zu den Rufnamen östlicher Herkunft sind die georgischen
Rufnamen im awarischen Rufnamengut verhältnismäßig selten, obwohl die
dagestanischen Völker, besonders die
des westlichen Dagestans, als nahe
Nachbarn alte, enge Verbindungen mit
den Georgiern hatten. Es ist möglich,
dass bis zur Verbreitung des Islams in
Dagestan einige an Georgien angrenzende Völker (die Zachuren, Rutulen,
Zesen und ein Teil der Awaren) georgische Rufnamen trugen. Beleg dafür
sind Rufnamen, die in einzelnen dagestanischen Sprachen erhalten geblieben sind und aus dem Georgischen
kommen, zum Beispiel
I /IliWaj,
/Tamaraj,
I /HiliWa,
/ leni,
I /HereSli und
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/Ludmila,
/Luiza,
/Maj,
/Natalija,
/Olga,
/
Roza,
/Sajxa,
/Sandro,
/Svetlana,
/Tamara,
/Tatjana,
/ leonora und
/ lmira.
3.3 Kurz- und Kosenamen. Außer den
vollständigen Rufnamen (Vollnamen)
finden sich bei den Awaren auch verkürzte Rufnamenvarianten (Kurznamen), obwohl sie sich nicht von allen
männlichen und weiblichen Rufnamen
bilden lassen. In einigen Fällen treten
die Kurznamen als offiziell angenommene und anerkannte Rufnamen auf.
Vergleiche die folgenden Voll- mit den
dazugehörigen Kurznamen, und zwar
die Männernamen:
/Abduraxman –
/Adu,
/Bahaudin –
/Badu,
/
Dibirmagomed –
/Dibir oder
/Magomed,
/
/Zaxo,
/MaDZ avatxan –
gomed –
/Maga,
- /Magomed-xabib –
/Magomed oder
/Xabib,
/NaZ mudin –
/NaZ u,
/Ramazan –
/Rama und /TaZ udin –
/TaZ u sowie
die Frauennamen:
/Ajzanat –
/Ajza,
/Aminat –
/
Ami,
/Z avharat –
/
Z aha,
/Karina –
/Kari,
/Madinat –
/Madi, І
/PaWimat –
І /PaWi,
/Ravzanat –
/Ravza,
/Raisat –
/Raja,
І
/
Rasmabika –
І /Rasma oder
auch
/Bika,
/Sakinat –
/Saki,
/XadiZ at –
/Xadi und
/Xatimat – /Xati.
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lung des Georgischen ins Awarische
gelangten, wie zum Beispiel
/
Xariton, І
/÷andronik (mit
der Kurzform
/Andro). Chronologisch gesehen sind sie älter, da georgisch-armenische Sprachkontakte
früher stattfanden als Kontakte mit den
östlichen Sprachen.
Historisch gesehen begannen die
sprachlich-kulturellen Kontakte zwischen Russen und Dagestanern, darunter auch den Awaren, etwa im 18.
Jahrhundert. Der große Einfluss der
russischen Sprache auf die Kultur der
autochthonen Bevölkerung Dagestans
wurde in der sowjetischen Periode
während des Übergangs der Awaren
vom arabischen und lateinischen Alphabet zur kyrillischen Schrift sowie
der Überführung der Nationalschulen
zur russischen Unterrichtssprache verstärkt. Demzufolge drangen in die awarische Sprache viele Russismen ein,
darunter auch Rufnamen. Über die russische Sprache kamen aber auch Rufnamen europäischer und asiatischer
Völker in die awarische Sprache, wie
zum Beispiel die männlichen Rufnamen
/Aleksander,
/Albert,
/Balšik (russisch
/Boľševik ‘Bolschewik’),
/Valadimir (russisch
/Vladimir),
/Gagarin,
/Kupec,
/Marat,
/
Robert,
/Ruben,
/Ruslan,
/Sergej und
/Eduard sowie die weiblichen Rufnamen
/Aza,
/Antanina,
/Venera,
/Vera,
/Gavri,
/Galina,
/Gita,
/Diana,
/
Zoja,
/Izabela,
/Indira,
/Inga,
/Larisa,
-
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Musamad-Šapi÷ oder
І/Musamadšapi÷,
І /Sultan-Musamad,
І /Junus-Musamad oder
І
/Junusmusamad sowie die
Frauennamen
/Marijam-Acijat,
/Marijam-Šamcijat oder
/Marijamšamcijat,
І
/PaWimat-Zindal oder
І /PaWimatzindal,
/Čakarmesedo. Zu diesen Rufnamen kann man die Komponenten
- І
/saZ i ‘Pilger, Hadschi’ und
- І
/saZ ijaj ‘Pilgerin, Hadschika’ hinzufügen, und dementsprechend
werden diese Rufnamen dann dreigliedrig, zum Beispiel
І
- І І
/Musamad-tabibsaZ i und
І
І
/PaWimatZindalsaZ ijaj.
3.5 Namengebungsbräuche. Die Rufnamengebung eines neugeborenen
Jungen oder Mädchens ist ein großer
Feiertag für die awarischen Familien.
Traditionell wird er in jedem Dorf auf
eigene Weise begangen, wobei religiöse Rituale der Namengebung beachtet werden. Außerdem werden für
Geburtstage und Namenstage köstliche Speisen und verschiedene Getränke zubereitet.
Bei den Awaren gibt es seit alter
Zeit den Brauch, Rufnamen zu Ehren
der Vorfahren, der Großmütter und
Großväter, der Eltern, der Brüder und
Schwestern zu geben. Rufnamen wurden sowohl auf Mädchen als auch auf
Jungen übertragen. Die Ehre und das
Recht, seinen Kindern den Rufnamen
des Vaters oder der Mutter zu geben,
war dem ältesten Sohn oder dem Sohn
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Im Awarischen gibt es auch Kosenamen, mit denen sich enge Verwandte an ihre Kinder wenden. Praktisch
alle Kurznamen treten als Kosenamen
auf. Außerdem gibt es spezielle Kosenamen, wie zum Beispiel
І /PaWimat –
І /PaWuč (weiblich),
/Ramazan –
/Roma (männlich),
І
/Musamad
–
І /Masa oder
І /Masač
(männlich),
/Šaxrudin –
/Šaxa (männlich). In letzter Zeit
lässt sich im Awarischen der Prozess
der Bildung von Kosenamen nach russischem Vorbild unter Anfügung der
Suffixe - /-ka, - /-ik und - /-čik
beobachten (besonders im städtischen
Umfeld), zum Beispiel bei Männernamen wie
/Magomed –
/
Maga oder
/Magamedik,
/Rizvan –
/Riza oder
/Rizvančik sowie die Frauennamen
/Ajšat –
/Ajka,
/Aminat –
/Ami oder
/Aminka,
/Diana –
/
Dianka,
/Zaira –
/Zajka
oder
/Zaja,
/Madinat –
/Madi oder
/Madinka,
/Sultanat –
/Sultaška.
3.4 Doppelnamen. Neben den Kurznamen gibt es auch Doppelnamen, die
aus zwei selbständigen Rufnamen bestehen. Sie werden gewöhnlich zusammengeschrieben, manchmal auch mit
Bindestrich. Ihre Anzahl ist bedeutend
geringer. Beispiele sind die Männernamen
І
/Q̇ebed-Musamad oder
І
/ Q̇ebedmusamad,
І
- І
/Musamad-tabib oder
І
І
/
Musamadsabib,
І
І/
AWARISCH
AWARISCH
ter durch die Nachfahren in Dagestan, darunter auch bei den Awaren,
weit verbreitet ist und entsprechend
tiefe Wurzeln hat.
Bei den Awaren gibt es eine alte Tradition, bei der der Rufname eines Kindes bis zum zweiten oder dritten Lebensjahr geändert wird. Das passiert
in einem außerordentlichen Fall – bei
langanhaltender Krankheit des Kindes
über ein Jahr oder länger. Da die Eltern die Krankheit des Sohnes oder
der Tochter mit dem Rufnamen des
Kindes verbinden, sehen sie in der
Namenänderung die Hoffnung, dass
das Kind danach wieder gesund wird.
Deshalb ändern sie mit dem Einverständnis enger Verwandter den bisherigen Rufnamen in einen neuen.
4 SPITZNAMEN. Spitznamen sind bei
den Awaren weit verbreitet, besonders
bei den Vertretern der älteren Generation. Awarische Spitznamen kann man
zwei Gruppen zuordnen: (1) Spitznamen, die den Menschen als inoffizielle Namen anhaften (dazu gehören auch
Spitznamen, die ihrem Charakter nach
beleidigend sind und daher nicht verwendet werden, wenn man sich an die
Träger dieser Spitznamen wendet); (2)
Spitznamen, die unter der Jugend und
unter Studenten verbreitet sind. Diese
tragen temporären Charakter.
Unter den awarischen Spitznamen
gibt es einige einheimische Männerund Frauennamen, denn früher wurden
viele awarische Spitznamen als Rufnamen gebraucht. Spitznamen wurden
aus verschiedenen Gründen vergeben:
(1) aufgrund physischer Unzulänglichkeiten (
І/Kverhe_ ‘der keine
Hand hat’, І
/talaFav ‘der
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in der Familie vorbehalten. Dabei wurden und werden die Rufnamen unabhängig davon vergeben, ob die engen
Verwandten verstorben oder am Leben sind. In letzter Zeit setzte sich die
Praxis durch, dass ein und derselbe
Rufname, zum Beispiel der Name der
Mutter, sowohl vom Sohn an seine
Tochter als auch von der Tochter an
ihre Tochter vergeben werden kann.
Noch ein charakteristisches Merkmal der awarischen Rufnamengebung
ist erwähnenswert. So wird, wenn man
sich an ein Kind wendet, das den Rufnamen eines verstorbenen Vorfahren
trägt, dieses mit dem Rufnamen des
Vorfahren angesprochen, an den jeweils die Verwandtschaftsbezeichnung
/ men ‘Vater’,
/dada ‘Papa’
oder
/daci ‘Papi’,
/ bel ‘Mutter’ oder
/baba ‘Mama’ angefügt
wird, zum Beispiel
/Xalil
daci ‘Vater Xalil’,
/
XadiZ at baba ‘Mama XadiZat’. Häufig
bekommen Kinder die Rufnamen ihrer verstorbenen Brüder, Schwestern,
Onkel, Tanten und anderer Verwandter. Tabus beim Gebrauch von Rufnamen gibt es bei den Awaren nicht.
Einem Neugeborenen den Rufnamen
eines verstorbenen engen Verwandten
zu geben, ist mit der Achtung, mitunter sogar Ehrerbietung, verbunden, die
die Verwandten einem solchen Kind
entgegenbringen. Dank der Tatsache,
dass sie die Rufnamen ihrer Vorfahren angenommen haben, erfreuen sich
diese Kinder in der Familie allgemeiner Fürsorge und Aufmerksamkeit.
Beispiele zeugen davon, dass die Tradition der Fortführung von Rufnamen
der Vorfahren und anderer Verwand-
10
11
tung ‘großer Holzkrug’) oder
/Gamo Šamiľ (
ist ein
Sippenname ungeklärter Bedeutung).
5 FAMILIENNAMEN. Bei den dagestanischen Völkern, darunter auch bei den
Awaren, war es früher nicht üblich, die
Menschen mit Familiennamen, Rufnamen und Vatersnamen anzusprechen. Unter dem Einfluss des russischen Personennamensystems wird bei
den Awaren, wie auch bei den anderen
Völkern der Russischen Föderation,
das dreiteilige anthroponymische Modell „Familienname + Rufname + Vatersname“ für den offiziellen russischsprachigen und dann auch awarischsprachigen Gebrauch übernommen:
/
Paxrudinov Ramazan Magomedovič
oder
/Šaxbanova Patimat Ibragimovna. Familiennamen werden bei
den Awaren, wie bei allen Völkern
Dagestans, nach der väterlichen Linie
vergeben. Familiennamen, Rufnamen
und Vatersnamen, die nach diesem
Modell gebildet wurden, verwendet
man in Ausweisen und anderen offiziellen Dokumenten, in der Presse,
im Fernsehen, in der juristischen Praxis und so weiter. Das oben genannte
System bildete sich seit den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts heraus und setzt sich in der
Gegenwart fort. Im Awarischen werden auf diese Art praktisch aus allen
männlichen Rufnamen Familien- und
Vatersnamen gebildet.
Der Gebrauch des Vatersnamens ist
bei den Awaren in offiziellen Geschäftsbeziehungen und Dokumenten
obligatorisch. Sie werden aus männ-
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n
Schmächtige’), (2) aufgrund moralischethischer Unzulänglichkeiten (
/Hersuqan ‘Lügner’, І І
/
ausarav ‘der Hochmütige’), (3) nach
dem Beruf oder einer Beschäftigung
(
/Čanaqan ‘Jäger’,
/Paluhan ‘Seiltänzer’), (4) aufgrund positiver Eigenschaften des
Menschen ( І
/]odorav ‘der
Taktvolle, der Vorsichtige’, І
/
÷aFil oder І
/÷aFilav ‘der
Kluge’), (5) nach Tierbezeichnungen
(
І/Ba[ ‘der Wolf’ für einen aggressiven Menschen,
/Cer ‘der Fuchs’
für einen listigen Menschen). Im Awarischen werden Personenbezeichnungen gebildet, die sich aus Spitznamen
und Rufnamen zusammensetzen, zum
Beispiel
І
/taZ imurad ‘der hinkende vaZimurad’,
ІІ
/Ba[-Musamad ‘WolfMuuamad’.
Mit zunehmender Bevölkerungszahl
in einer Siedlung steigt die Zahl der
Menschen, die den gleichen Rufnamen tragen, zum Beispiel je 20 bis 30
Leute, die etwa folgendermaßen heißen:
/Šamiľ,
І
/Musamad,
/Ramazan,
/Rasul,
/Karim. Deshalb wird bei
der Bestimmung, welcher Sippe, welchem Geschlecht oder welcher Familie ein Mensch angehört, vor den Rufnamen ein Spitzname oder ein Sippenname gesetzt, der zur Abgrenzung
dient, zum Beispiel
/NuFuš Šamiľ (
ist ein
Spitzname ungeklärter Bedeutung),
/Ada Šamiľ (
ist ein
Spitzname ungeklärter Bedeutung),
І
/÷orto Šamiľ ( І ist ein Spitzname mit der Bedeu-
AWARISCH
AWARISCH
dagestanischen Völkern, ein Personennamensystem, bei dem der Mensch
nach dem Herkunfts- oder Wohnort
benannt wurde, vergleiche:
/Ru Z asa ldarilav ‘Ėldarilav aus RuhZasa’,
І І
/Inxosa ÷alisaZ i ‘÷aliuaZi aus
Inchosa’, І
І
/]adasa
tamzat ‘vamzat aus \adasa’,
І
І
/Qasab rosuła
Masmud ‘Maumud aus dem Dorf Qauab’.
6 THEMATISCHE LITERATURAUSWAHL.
6.1 Einführungen. Safaralieva (1987).
6.2 Rufnamenstudien. Garunova (1991).
6.3 Spitznamenstudien. Mikailov (1976).
K
or
re
kt
ur
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rs
io
n
lichen Rufnamen gebildet und haben
entweder die männlichen Endungen
/-ovič, /-evič oder die weiblichen Endungen /-ovna, /evna, zum Beispiel
/Gasan Magomedovič,
/Šamiľevič,
/Abdulatip Pataxovič,
/Patimat Šaxbanovna,
/Raisat Xangereevna,
/Razijat Mallamagomedovna. Offizielle Familiennamen, Rufnamen und Vatersnamen werden auch
aus Spitznamen gebildet, zum Beispiel
/Abdalov Magomed Isakovič (Familienname aus dem Spitznamen
/Abdal
‘Narr’),
/Jusunova Čakara Saidovna (Rufname aus dem Spitznamen
/
Čakar ‘Zucker’),
/Ramazanov Robert Paltoevič (Vatersname aus dem Spitznamen
/Palto [russisch
/
paľto ‘Mantel’]).
Vor dem dreinamigen System existierte bei den Awaren ein zweinamiges System, bei dem anstelle des Familiennamens der Name des Vaters im
Genitiv (Suffix - /-il) genannt wurde, gefolgt vom Vornamen des Sohnes
oder der Tochter, zum Beispiel І І
/tamzatil taZ i ‘des
vamzats Sohn vaZi’,
І
/Rasulil PaWimat ‘des Rasuls
Tochter PaVimat’. Solche Formen der
Bildung von Familiennamen werden
auch in der Gegenwart beobachtet,
wenn auch nur in begrenzter Anzahl.
In noch früherer Zeit existierte bei
den Awaren, ebenso wie bei anderen
12
LITERATUR
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Übersetzt von Sabine Bergk und Andreas Bergk (Nossen)