Band 2
BES
Die Schriftenreihe
AEGYPTIACA KESTNERIANA
(AegKestner) würdigt August Kestner
(1777–1853) als ersten bedeutenden Privatsammler ägyptischer Kunst. Seine
Sammlung ist der Grundstock der berühmten, damals Deutschlands zweitgrößten Ägypten-Sammlung im 1889
eröffneten Kestner-Museum in Hannover. Anlass ist das 100jährige Jubiläum
des Ägyptologen Carl Küthmann (1885–
1968) als den ersten ägyptologischen
Museumsdirektor (1920–37 und 1945–
51). Sammeln, Erforschen und Ausstellen von Aegyptiaca ist Gegenstand der
Schriftenreihe, die sich nicht nur auf
das genannte Museum bezieht. Ganz
im Sinne von August Kestner, von dem
es heißt, seine „besondere Liebe galt
der Kunst des alten Ägyptens“, werden
Aegyptiaca in diversesten, auch internationalen Kontexten sowohl monographisch als auch als zusammengetragene
Einzelstudien veröffentlicht.
Der Herausgeber
Dr. Christian E. Loeben studierte
Ägyptologie und Kunstgeschichte in
Berlin und Paris, Abschluss mit einer
Arbeit über Tutanchamun. Bereits
während des Studiums mehrmonatige
Ägyptenaufenthalte mit Feldarbeiten in
Saqqara, Theben und Deir el-Haggar /
Oase Dachla. 1985–7 Anstellung an der
Universität Chicago. 1990–1 Dozent
am Institut Khéops, Paris. 1992–2003
Dozent für Ägyptologie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Dort 1999
Promotion zum Dr. phil. mit einer
Arbeit über das Statuenprogramm im
Amun-Tempel von Karnak. Außerhalb
Berlins Lehrtätigkeit auch an den Universitäten von Göttingen, Havanna,
Köln, Leiden, Leipzig, Leuven und Marburg sowie darüber hinaus auch Mitglied in Prüfungskommissionen an den
Universitäten von Melbourne, Montpellier, Paris, Straßburg und Sydney.
Seit 1993 ägyptologischer Fachberater
für die Antikensammlung des Kubanischen Nationalmuseums der Schönen
Künste in Havanna. Seit 2004 der für
diesen Sammlungsbereich verantwortliche Ägyptologe am Museum August Kestner, Hannover. Hier sowie in
Amsterdam, Basel, Bern, Edinburgh,
Havanna, Kopenhagen und Landshut
Realisierung von über einem Dutzend
eigen- bzw. kokuratierter Sonderausstellungen und derer Begleitpublikationen.
Christian E. Loeben
BES
AEGYPTIACA KESTNERIANA
BES
herausgegeben von
Christian E. Loeben
Christian E. Loeben
Band 2
Mit Beiträgen von
Tine Bagh, Kathelijne Eisses, Lena Höltkemeier, Wim M. H. Hupperetz,
Gertrud Hvidberg-Hansen, Olaf E. Kaper, Christian E. Loeben
AEGYPTIACA KESTNERIANA 2
Verlag Marie Leidorf GmbH • Rahden / Westf.
2020
80 Seiten mit 369 Abbildungen, 1 Karte und 1 Tabelle
Mit Unterstützung von:
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Loeben, Christian E.:
BES /
von Christian E. Loeben.
Rahden/Westf. : Leidorf, 2020
(AEGYPTIACA KESTNERIANA; Bd. 2)
ISBN 978-3-86757-186-9
Grußwort
Gertrud Hvidberg-Hansen, Wim M. H. Hupperetz
S. 06
Vorwort
Tine Bagh, Kathelijne Eisses, Olaf E. Kaper, Christian E. Loeben
S. 08
Impressionen aus der Ausstellung in Amsterdam
Studio Marleen Bos
S. 11
Impressionen aus dem Einführungsfilm
Mirjam Debets
S. 12
Rekonstruktion eines ägyptischen Geburtsbettes
S. 14
ÄGYPTISCHE SCHUTZGOTTHEITEN
Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie.
Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://ddb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten
© 2020
Verlag Marie Leidorf GmbH
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Tel.: +49/(0)5771/ 9510-74 – Fax: +49/(0)5771/ 9510-75
eMail: info@vml.de – Internet: www.vml.de
ISBN 978-3-86757-186-9
ISSN 2700-8568
Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, CD-ROM, DVD, Internet oder einem anderen
Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages Marie Leidorf GmbH reproduziert werden oder unter
Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Umschlaggestaltung, Satz und Layout: Sebastian Moock,
Grafikdesign + Art direction, Hannover
mail@sebastianmoock.de, www.sebastianmoock.de
Redaktion: Christian E. Loeben
Umschläge: Bes, Keramik bemalt, römische Zeit; Höhe: 36,7 cm; Kunst- und Kulturstiftung Hannover
(Dauerleihgabe im Museum August Kestner; Fotos: Christian Rose)
Frontispiz: Bes, Bronze mit Goldtauschierungen, Amarna-Zeit; Höhe: 3,6 cm; CHEPERI COLLECTION
(Foto: Christian Tepper)
Thoeris und Bes: dämonische Göttin und göttlicher Dämon?
Christian E. Loeben
S. 16
Zwei besondere Objekte im Museum August Kestner / Thoeris, Bes
Lena Höltkemeier, Christian E. Loeben
S. 46
BES IN BILDERN: Ausgewählte Objekte in der Ausstellung
Bes beschützt dich
Bes bei den Ägyptern zuhause
Mutter und Kind
Amulette
Verwendung in der Magie
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S.
S.
S.
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Woher kommt Bes?
Vorläufer
Darstellungsmerkmale
Bes, seine Freunde und Familie
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Bes, der „Partylöwe“
Musik
Tanz
Berauschende Getränke
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„Sexgott“ Bes
S. 67
Bes – unbesiegbar
S. 70
Bes-Pfeiler
Ausgrabungen im Sudan
S. 72
S. 74
Bes außerhalb Ägyptens
Persien, Griechenland
Etrurien (Italien), Rom
Phönizische Welt, Ibiza
S.
S.
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Die Sammlungen der ausgewählten Objekte S. 80
Grußwort
Gertrud Hvidberg-Hansen
Direktorin Ny Carlsberg Glyptotek, Kopenhagen
Wim M. H. Hupperetz
Direktor Allard Pierson, Amsterdam
EINE große Sonderausstellung an DREI Orten und mit DREI
Titeln: Als «Bes, kleine god in het Oude Egypte» wurde sie vom
18. Oktober 2019 und – Corona Covid-19 bedingt verlängert – bis
zum 30. August 2020 im Allard Pierson Museum in Amsterdam
mit großem Erfolg gezeigt und unter dem Titel «Bes. Dæmongud
– Ægyptens beskytter» wird sie vom 20. Mai bis 31. Oktober 2021
in der Ny Carlsberg Glyptotek in Kopenhagen zu sehen sein;
und jetzt also als «Guter Dämon Bes – Schutzgott der Ägypter»
im Museum August Kestner in Hannover (5. November 2020 –
11. April 2021).
Hier ist die Idee für eine weltweit erste „monographische“
Ausstellung über den Gott Bes bereits 2004 geboren worden und
wir sind dem ehemaligen Direktor des Allard Pierson Museums
Robert Lunsingh Scheurleer sehr dankbar, dass er bereits vor
vielen Jahren diese Idee aus Hannover mit Enthusiasmus aufgegriffen und sie an das Amsterdamer Museum weitervermittelt
hat. Dank des Museumsverbundes COBBRA mit den Museen
in Copenhagen, Oxford, Bonn, BRüssel und Amsterdam, die
jeweils auch bedeutende ägyptische Sammlungen beherbergen,
gelangte die Idee schließlich auch nach Kopenhagen und somit
zum dritten Kooperationspartner. Fortan gab es während der
letzten fünf Jahre regelmäßige Arbeitstreffen an allen drei Orten, aus denen der Kooperationsvertrag sowie – in Amsterdam
als der ersten Ausstellungsstation federführend – das Konzept
zur Ausstellung und die Objektauswahl entstanden sind.
Wir sind den drei Ägyptologen Tine Bagh (Kopenhagen), Olaf
E. Kaper (Universität Leiden für Amsterdam) und Christian E.
Loeben (Hannover) sowie Kathelijne Eisses als der Ausstellungskoordinatorin in Amsterdam sehr zu Dank verpflichtet. In
enger Zusammenarbeit haben alle Vier eine ganz besondere
Ausstellung erarbeitet, die unseres Erachtens aus den Mainstream-Ägypten-Ausstellungen herausragt und von der wir uns
sicher sind, dass sie auch von den Besuchern dankbar und mit
großer Begeisterung aufgenommen wird. Unser Dank gebührt
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Grußwort
aber auch nicht minder den großzügigen Leihgebern und Förderern der Ausstellung an allen drei Orten. Ferner sind wir den
über 30 Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt dankbar, die
Ergebnisse ihrer aktuellen Forschung zum Thema dem Projekt
nicht nur im Rahmen des wissenschaftlichen Colloquiums in
Amsterdam am 6. und 7. März 2020, sondern auch dem für 2021
vorgesehenen Bes-Buch zukommen ließen und lassen. Von diesem internationalen wissenschaftlichen Austausch durfte die
Ausstellung sehr profitieren, weshalb sie dem Publikum nun
auch aktuellste Forschungsergebnisse präsentieren kann.
Hannover wünschen wir jetzt viel Spaß und Erfolg mit einer GROSSEN Ausstellung über einen KLEINEN ägyptischen Gott,
der im Zeitraum von 2300 Jahren die bemerkenswerte „Karriere“
vom Hausdämon zum allseits hochverehrten Schutzgott in der
gesamten Mittelmeerwelt zurückgelegt hat.
Gertrud Hvidberg-Hansen
Wim M. H. Hupperetz
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Vorwort
Tine Bagh, Kathelijne Eisses,
Olaf E. Kaper, Christian E. Loeben
Band 2
Das links abgebildete hölzerne Möbelelement, wohl ein
Bein eines Fußschemels, war der Auslöser für eine Bes-Ausstellung in drei Städten. Es wurde 2004 für das Museum August
Kestner angekauft und war Anlass, den dortigen Bestand an
Bes-Darstellungen genauer und in Hinblick auf eine mögliche
Sonderausstellung anzuschauen. Sofort fiel dabei auf, dass bedeutende Stücke gerade der späteren, für die Beliebtheit von Bes
besonders wichtigen Epochen Ägyptens in Hannover fehlen. Das
ist darin begründet, dass beim Verkauf der einst wohl weltweit
größten Privatsammlung von Aegyptaica, nämlich derjenigen
des Ägyptologen Friedrich Wilhelm von Bissing (1873–1956), im
Wesentlichen die späteren Stücke nicht im großen Konvolut von
über 2000 Objekten nach Hannover, sondern nach Amsterdam
an die Universität verkauft wurden. An eine große Bes-Ausstellung war also nur mit den Beständen beider Sammlungen zu
denken. Auf eine entsprechende Kooperation angesprochen,
war der ehemalige Direktor des Allard Pierson Museums in
Amsterdam, Robert Lunsingh Scheurleer, der bereits auf die
Bedeutung der dortigen Bes-Sammlung im Mitteilungsblatt des
Museums aufmerksam gemacht hatte, angetan und empfahl das
Projekt an das Museum weiter. Es ist seinem Enthusiasmus zu
verdanken, dass es – beinahe zehn Jahre später! – letztendlich
zu einer Bes-Ausstellung gekommen ist … Gut Ding will Weile
haben.
Über Amsterdam konnte dann auch noch die Ny Carlsberg Glyptotek in Kopenhagen mit nicht minder beachtlichen
Bes-Objekten zur Kooperation gewonnen werden und wir sind
den Direktorinnen und Direktoren der drei Museen dankbar,
dass Sie großes Vertrauen in uns als Kuratorenteam gesetzt und
sich für das Ausstellungsprojekt engagiert haben: Christine
Buhl Andersen gefolgt von Gertrud Hvidberg-Hansen (Ny Carlsberg Glyptotek, Kopenhagen), Wim M. H. Hupperetz (Allard
Pierson, Amsterdam) und Thomas Schwark (Museum August
Kestner, Hannover). Sie waren auch die „Steuerungsgruppe“
des Kooperationsvertrags und die Gastgeber der vielen Arbeits-
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Vorwort
BES
treffen an den drei Orten. Allen weiteren Mitarbeitern der drei
Museen und deren auswärtigen Partnern sowie den großzügigen Leihgebern, die zum Gelingen der Ausstellung beigetragen
haben, sind wir ebenfalls zu großem Dank verpflichtet, genauso
wie den Sponsoren an allen drei Orten (für Hannover namentlich die Stiftung Niedersachsen sowie der Museumsfreundesund Förderkreis „Antike & Gegenwart e.V.“).
Die Ausstellung konnte darüber hinaus auch ganz besonders
davon profitieren, dass sie offensichtlich einen „Forschungsnerv
der Zeit“ trifft. Einem Aufruf unter Kolleginnen und Kollegen
der Ägyptologie und ihrer Nachbardisziplinen, sich mit entsprechenden Beiträgen zum Thema an einem internationalen Colloquium und einem Buch zu beteiligen, brachte das erstaunliche,
wirklich nicht erwartete Ergebnis von über 30 Interessenten.
Von Ihnen waren dann zwölf aus sieben Nationen Referenten
des Colloquiums in Amsterdam am 6. und 7. März 2020, kurz
bevor es in vielen Ländern zum Corona Covid-19 bedingten
Shutdown kam. Für 2021 ist dann das Bes-Buch vorgesehen mit
nicht nur den Tagungs-Akten, sondern auch mit Beiträgen vieler
weiterer Kolleginnen und Kollegen, die nicht nach Amsterdam
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reisen konnten. Wir danken ihnen allen dafür, uns nicht nur mit
diesen konkreten Beiträgen, sondern auch bei Anfragen und
Diskussionen zur Verfügung gestanden und ihr Expertenwissen
mit uns geteilt zu haben, wodurch aktuelle Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung in die Ausstellung und ihre Begleitpublikationen einfließen konnten. Von den letztgenannten
wird es nicht nur Bücher zu den Ausstellungen in Hannover und
Kopenhagen geben. Das Sujet fand auch so großes populärwissenschaftliches Interesse, dass sowohl gleich zwei Ausgaben des
französischen Journals „Égypte Afrique & Orient“ (die Nr. 94
und die Jubiläumsausgabe 100) und der dänischen Zeitschrift
„Papyrus“ (Nr. 1/2020) als auch ein Heft der „Antiken Welt“
(Nr. 6/2020) Bes zum Titelthema haben. Dafür danken wir
den Herausgebern Thierry-Louis Bergerot, Lise Manniche und
Holger Kieburg sowie allen Autoren herzlichst, denn bessere
„Reklame“ für eine temporäre Sonderausstellung kann man sich
eigentlich nicht wünschen!
Museen, Sonderausstellungen und Begleitpublikationen
erweisen sich also auch in Sachen Bes wieder einmal als
„Schaufenster der Wissenschaft für die Öffentlichkeit“ und von
diesem Publikum erhoffen wir uns, dass es unser Angebot mit
der gleichen Begeisterung annehmen wird, mit der wir diese
Bes-Ausstellung konzipiert haben: als eine spannende Ausstellung für Alle, für Jung und Alt, für die ganze Familie …
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Impressionen aus der Ausstellung in Amsterdam
Impressionen aus der
Ausstellung in Amsterdam
Gestaltung: Studio Marleen Bos
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Impressionen aus
dem Einführungsfilm
Illustration: Mirjam Debets
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Impressionen aus dem Einführungsfilm
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Rekonstruktion eines
ägyptischen Geburtsbettes
Fachberatung: Olaf E. Kaper, Christian E. Loeben, Maarten Raven,
Karl Heinrich von Stülpnagel
Dekor und Kopfstütze: Andy Joosse
Konstruktion: Leen Brand, Koert Verberne
3D-Scans und CNC Servotechnologie: Ikalu Produktinnovation
(Hildesheim), Felix Ewald, Benedikt Linne
Hergestellt in Zusammenarbeit mit: HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst, Fakultät Gestaltung (Hildesheim)
Überarbeitung nach neuesten ägyptologischen Erkenntnissen:
Tina Roth (Hannover)
Während des Bes-Colloquiums in Amsterdam berichtete der „Bes-Bettfüße-Experte“ Maarten Raven
(Leiden) von seiner Beobachtung, dass die heute
dunkle Hautfarbe des Bes der Bettfüße in Hildesheim
eine Verfärbung der Pigmentoberfläche ist und an
einigen Stellen darunter strahlendes Ägyptisch Blau
erkennbar ist. In Hannover wurde daraufhin das
Bett auf diesen aktuellen Stand der ägyptologischen
Forschung umgearbeitet.
Oben: Zeichnung eines altägyptischen Geburtsbettes mit
Füßen in Bes-Gestalt (Neues Reich, um 1200 v. Chr.; Berlin:
Ägyptisches Museum, Inv.-Nr. 21451). Links außen: Originale
Geburtsbettfüße in Bes-Gestalt, die Vorbilder für die Rekonstruktion (ungefähr gleiche Datierung; Hildesheim: Roemerund Pelizaeus-Museum, Inv.-Nr. Sch 5 und 6).
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Rekonstruktion eines ägyptischen Geburtsbettes
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Thoeris und Bes:
dämonische Göttin und göttlicher Dämon?
Christian E. Loeben
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Thoeris und Bes
Zwei göttliche Wesen des altägyptischen Pantheons sind
dem gleichen Zuständigkeitsbereich zugeordnet: der engsten
häuslichen Umgebung der Ägypter und dort konkret der zuerst
schwangeren, dann gebärenden und schließlich ernährenden
Mutter und ihrem Säugling. Ihre Wurzeln reichen auch tief zu
den gleichen Quellen der ägyptischen Religion zurück, jedoch
ist die Genese, die sie dann genommen haben, ein so verschiedene, dass ihnen heutzutage zwei unterschiedliche Qualitäten
zugesprochen werden: Bei Thoeris (Abb. 1) wird von einer „Göttin“, bei Bes (Abb. 2) von einem „Dämon“ gesprochen. Das wird
zu einem gewissen Teil auch daran liegen, dass im Deutschen
„Dämonin“ eher seltsam klingt – Dämonen scheinen in unserem
Sprachgebrauch offensichtlich meist männlich zu sein …
Die Ägypter haben eine solche Unterscheidung bei diesen
beiden Mächten nicht vorgenommen. Obwohl nicht häufig in
ägyptischen Texten genannt, differenzieren sie allem Anschein
nach zwischen „Großen“ und „Kleinen Göttern“. Die erstgenannten sind auch die den am Alten Ägypten Interessierten besonders geläufigen, wie z.B. der Sonnengott Re, der Totengott Anubis oder die Götterfamilie Osiris, Isis und deren Sohn Horus. Sie
alle sind Götter, die sowohl einen lokalen (Haupt-)Kultort haben,
aber auch überregional in ganz Ägypten verehrt werden, weil sie
in Zusammenhang mit dem Funktionieren der von den Ägyptern Maat genannten Weltordnung stehen; so besonders Horus,
von dem jeder ägyptische Pharao eine irdische Inkarnation ist,
und der Ägypten ständig gegen Isfed, das Chaos und Gegenteil
von Maat, verteidigen muss. Zu den „Kleinen Göttern“ gehören
Thoeris und Bes. Sie haben nirgendwo in Ägypten eigene Tempel. Ihr Wirkungsbereich ist das private Leben der Ägypter, in
ihren Häusern und Gräbern. Später werden sie aber auch in den
Palästen und Gräbern der Pharaonen angetroffen, die verständlicherweise nicht auf ihr positives Wirken verzichten wollen (Abb.
3-4). Der Unterschied zwischen „Kleinen Göttern“ und Dämonen,
von denen es eine schier unermessliche Anzahl gibt, ist fließend
und nicht genau definierbar. Um aktiv Unheil zu bekämpfen halChristian E. Loeben
AEGYPTIACA KESTNERIANA 2
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ten Dämonen meist Messer in Händen oder Pfoten, genauso wie
Thoeris und Bes. Beide trifft man oft so vergesellschaftet an, dass
berechtigterweise die Frage zu stellen ist, ob sie sich über offensichtliche äußerliche Merkmale auch wirklich in der Qualität ihrer „Göttlichkeit“ unterscheiden. Dazu soll ganz am Ende dieses
Beitrags nochmals zurückgekommen werden, nachdem die zwei
mächtigen Wesen im Einzelnen vorgestellt worden sind, wobei
im Folgenden die Bezeichnungen „Göttin“ und „Gott“ sowie „Dämon“ allgemein für „göttlich-dämonisches Wesen“ also „Kleine
Gottheiten“ und Dämone verwendet werden.
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Ladies first: Thoeris
Der griechische Name stammt von altägyptisch Ta-Weret ab,
was keinen Eigennamen darstellt, sondern einfach „Die Große“
bedeutet, womit wohl – und damit sind wir eigentlich schon bei
einer modernen Interpretation – „Die große Göttin“ gemeint ist.
Wichtig ist, dass diese Bezeichnung recht jung, erst für das frühe
Neue Reich (um 1500 v. Chr.) belegt ist. Es scheint sich dabei um
den Versuch zu handeln, mit dieser äußerst unspezifischen Bezeichnung eine Reihe von schon aus älteren Zeiten her bekannten Göttinnen theologisch zusammenzufassen, die alle in der
Gestalt des Nilpferds – sicher das größte Tier im pharaonischen
Ägypten – wiedergegeben wurden, wie zum Beispiel Apet (wohl
„Die Amme“), Reret („Die Sau“), Hedjet („Die Weiße“), Schepset
(„Die Ehrwürdige“) oder Duat („Die Anbetende“). Erscheinen diese Göttinnen in ihrer Nilpferdgestalt ohne dazu gegebene Beischrift, so war damals und ist auch heute eine konkrete Identifizierung schlichtweg unmöglich. Aber offensichtlich war auch
schon damals gewollt, dass allein mit dem Bild des Nilpferds
generell (irgend)eine Schutzgöttin für die werdenden Mütter gemeint war und – bei der analphabetischen ägyptischen Bevölkerung – sowieso gar keine konkrete der vielen möglichen Göttinnen angesprochen werden sollte.
Äußerst selten sind Darstellungen aller dieser Göttinnen
in der normalen Haltung eines Nilpferds, nämlich auf allen vier
Beinen. Die Ägypter kreierten für sie ein davon frappierend abweichendes Bild: Das Nilpferd wurde wie ein Mensch auf die zwei
Hinterbeine gestellt, wodurch sein dicker Bau ganz besonders
gut zur Geltung kam (Abb. 5). Dieser Bauch sowie das furiose Verhalten weiblicher Nilpferde beim Beschützen ihres Nachwuchses
ließen dieses Tier zum hervorragendsten Symbol für schwangere, gebärende und säugende Mütter werden. Aus diesem Grund
wurden der Darstellung des aufrecht stehenden Nilpferds auch
große menschliche Frauenbrüste hinzugegeben sowie die sogenannte dreiteilige Perücke, die typischerweise menschengestaltige Göttinnen tragen. Diese Zutaten aus der Menschenwelt
sind jedoch nicht der einzige Beitrag zu einem bemerkenswerten Mischwesen. Ins direkte Lebensumfeld des Nilpferds gehört
auch das Krokodil, dessen kräftiger Schwanz für den Rücken der
Darstellung der Nilpferdgöttin benutzt wurde. Die Füße wurden
– einem weiteren mächtigen Tier entlehnt – als Löwentatzen gestaltet; wenn die Göttin mit den Vorderläufen agiert, manchmal
auch erkennbar als menschliche Hände.
Im Rundbild wird die Göttin häufig so wiedergegeben, dass
sie sich mit den (löwenförmigen) Vorderläufen auf der Hieroglyphe für „Schutz“ abstützt, womit am eindrücklichsten ihre Funktion dargestellt wird, nämlich für den Schutz von Mutter und
Kind verantwortlich zu sein (Abb. 6, 9-10). In diesem Kontext ist
Thoeris und Bes
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Thoeris und Bes
die Nilpferdgöttin auch schon für frühere Zeiten gut belegt. Ihr
Bild schmückt Schlafmöbel, Kopfstützen, Kästen. Und sie gern
als Amulett um den Hals getragen zu haben, ist der Grund dafür, weshalb sie heutzutage in den Museen und Sammlungen der
Welt in schier unzähligen Exemplaren erhalten ist. Amulette und
kleine Skulpturen der Göttin wurden neben der für diese Objektgruppe üblichen ägyptischen Fayence auffälligerweise häufig
aus Bergkristall und Glas hergestellt. Aus letztgenanntem Material ist auch eine Reihe von Objekten bekannt, die aus den Häusern von Amarna stammen, der Hauptstadt von Pharao Echnaton
(18. Dynastie, 1353 – 1336 v. Chr.) (Abb.7). Echnaton ist eigentlich
für das Unterdrücken der Vielseitigkeit des ägyptischen Pantheons zugunsten seines neuen, einzelnen Sonnengottes Aton bekannt. Als dem Haushalt und dem privaten Leben der Höflinge
nahestehenden Gottheit, waren jedoch sowohl Nilpferd- als auch
Schlangengötter sowie andere Unheil abwehrenden Gottheiten
wie auch Bes-Wesen verständlicherweise nicht „verboten“, sodass sie von den Ausgräbern der Wohnhäuser von Amarna in
überraschend beträchtlicher Anzahl dort gefunden worden sind.
Eine herausragende Objektgruppe, die ganz besonders mit
der Nilpferdgöttin verbunden ist, sind die sogenannten „Zaubermesser“ (Abb. 8). Sie sind gewöhnlicherweise aus den großen
Nilpferdzähnen gefertigt und wurden im Zeitraum der mittleren
12. bis zur mittleren 18. Dynastie (ca. 1850 – 1450 v. Chr.) zum
Schutz von Mutter und Kind als Unheil abwehrende magische
Objekte unter die Betten gelegt bzw. konnte mit ihnen aller
Wahrscheinlichkeit nach auch ein Kreis um die Schützenden in
den Boden als magischer Schutzraum geritzt werden. Neben dem
Material selbst, ist das Nilpferd auch stets im Dekor dieser Instrumente präsent (Abb. 9-10). Hier kann die Göttin in ihren Vorderläufen auch Messer tragen oder auch Schlangen verschlingen,
womit sie sich äußerst aktiv bei der Verteidigung der ihr zum
Schutz Anbefohlenen beteiligen konnte. Im ägyptischen Totenbuch (Kap. 137B) wird sie deshalb auch als „Herrin der magischen
Schutzkräfte“ bezeichnet. Damit wurde sie natürlich in unmittelbare Nähe zu Isis, der „großen Zauberreichen“ gerückt, deren
wesentliche Rolle es war, den Sohn Horus – die Inkarnation jedes
ägyptischen Pharaos – posthum von ihrem Brudergatten Osiris
zu empfangen, zu gebären und im Schutz des Papyrusdickichts
im Nildelta großzuziehen. Wohl aus diesem Grund gibt es Darstellungen der Nilpferdgöttin mit menschlichem Gesicht (Abb.
11). Dass es jedoch nur auffällig wenige Beispiele solcher Darstellungen gibt, wird sicherlich daran liegen, dass sich der Erzfeind
von Isis und Horus sowie dessen Vater Osiris, nämlich der Wüstengott Seth im (männlichen) Nilpferd manifestiert. Horus wird
in späteren Epochen häufig dargestellt, wie er den das Chaos der
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Welt verkörpernden Gott Seth in Gestalt eines Nilpferds mit einer Harpune tötet (Abb. 12). Diese enge Assoziation des Nilpferds
mit dem „bösen“ Gott Seth gibt der Nilpferdgöttin natürlich auch
einen negativen, sogar zerstörerischen Aspekt, der verwundern
mag. Aber im zyklischen Denken der Ägypter war fest verankert,
dass einer Zerstörung, einem Tod, stets die Überwindung folgt
und damit neues Leben entspringt. Und dafür war dann wieder
der fürsorgliche, freundliche Aspekt der Nilpferdgöttin zuständig.
Das Nilpferd und seine zwischen Chaos und Fürsorge chargierende Ambivalenz wird auch der Grund dafür gewesen sein,
dass aus keiner der Nilpferdgöttinnen jemals eine der „Großen
Gottheiten“ des ägyptischen Pantheons geworden ist. Sie blieben
dem häuslichen Umfeld verwachsen und genossen die weitestgehend persönliche Verehrung des Volkes. Aus diesem Grund
gibt es auch keine größeren Tempel, die ihnen gewidmet waren. Kleinere Heiligtümer sind erst aus römischer Zeit für den
Fayyum und nur aus schriftlichen Quellen, aber nicht archäologisch nachweisbar. Nur der ältesten Nilpferdgöttin, der schon
in den aus dem Alten Reich (um 2300 v. Chr.) stammenden Pyramidentexten, den ältesten religiösen Texten der Menschheit,
genannten Apet (Spruch 381, modern auch Opet genannt) wurde
jemals ein bedeutender Tempelbau, sogar an aller prominentester Stelle errichtet. Innerhalb der aus der 30. Dynastie und damit
spätestens Zeit des pharaonischen Ägyptens stammenden Umfassungsmauer des großen Amun-Tempels von Karnak befindet sich in dessen Südwest-Ecke der sogenannte Opet-Tempel.
Der bestehende Bau stammt aus ptolemäischer Zeit (um 150 v.
Chr.), aber jüngste archäologische Arbeiten konnten nicht nur
nachweisen, dass ein bedeutender Vorgängerbau bereits in der
25. Dynastie (um 700 v. Chr.) existierte, sondern lieferten auch
einen schriftlichen Beweis für die Errichtung eines Opet-Tempels bereits unter Pharao Thutmosis III. (18. Dynastie, 1479 – 1425
v. Chr.), der jedoch den späteren Bauten weichen musste und
somit nicht einmal in den Grundmauern nachweisbar ist. Dass
hier der Göttin eine solche Verehrung zuteilwurde, mag nicht
unwesentlichen daran gelegen haben, dass ihr Name annähernd
gleichlautend ist mit verschiedenen Toponymen in Theben, die
– ganz geläufig im Alten Ägypten – personifiziert und vergöttlicht wurden. Eine „Göttin Ipet/Theben“ konnte somit zur Gattin des bedeutenden Gottes Amun werden; und es war nicht zufällig in Theben, wo die Nilpferdgöttin Apet als „Diejenige, die
die Neunheit (Familie des Sonnengottes) gebar, Herrin des Himmels, Herrscherin von Ober- und Unterägypten“ verehrt wurde
und somit nicht nur Amun, dem „König der Götter“ als Königin
beigeordnet, sondern auch der Himmelsgöttin Nut gleichgesetzt
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wurde. So wie sich im Körper der Nut der abendliche Sonnengott Atum in der Nacht zum morgentlichen Chepri verjüngt, so
soll sich im Leib der himmlischen Nilpferdgöttin Osiris als toter
Sonnengott zum Mondgott Chonsu (Sohn von Amun und Mut)
wandeln, dessen Tempel sich – nicht aus Zufall – direkt am OpetTempel in Karnak befindet. Im Dekor des Opet-Tempels ist aus
diesem Grund auch die Göttin Isis in der typischen Gestalt der
Nilpferdgöttin zu sehen, wie sie mit Messern in den Händen den
Falken-Gott, ihren Sohn Horus (alias jeder ägyptische Pharao),
aktiv gegen Ungemach verteidigt (Abb. 13).
Diese nicht unwichtige kosmische und vor allem regenerative Rolle verbindet die Nilpferdgöttin mit der „Großen Göttin“
Hathor. Wie diese wurde Thoeris damit unter anderem auch
eine Schutzgöttin der thebanischen Nekropole und ist häufig
zusammen mit der Hathor-Kuh abgebildet. Hier begegnen sich
wiederum zwei himmlische Wesen, denn auch die Kuh ist nach
ägyptischer Vorstellung eine Verkörperung des Himmels. Aus
der Ikonographie der Hathor wurde schließlich das eine Sonnenscheibe umschließende Kuhgehörn, manchmal noch mit hohen
Straußenfedern kombiniert, als Bekrönung der Nilpferdgöttin
übernommen (Abb. 14, 6). Spätestens mit diesem Attribut war
die Nilpferdgöttin für jeden Betrachter unmissverständlich von
einer „häuslich-privaten“ zu einer kosmischen Universalgottheit
geworden. Aus diesem Grund ist es nicht unberechtigt, darüber
zu spekulieren, ob es vielleicht dieser Anlass gewesen war, zu
dem sich die damaligen „Theologen“ Ägyptens entschlossen haben, nämlich der Nilpferdgöttin mit all ihren unterschiedlichen
Aspekten und Bezeichnungen den neuen einheitlichen Universalnamen Ta-Weret, „Die Große“, zu geben.
13
Bes
Noch einiges komplizierter als bei Thoeris ist es, dem Namen Bes („Der Schützer“), den die Griechen Besa(s) nannten, auf
den Grund zu gehen (Abb. 15). Während Ta-Weret wenigstens
schon im Neuen Reich, also um 1500 v. Chr., ein (Universal-)
Name für die eine, alle vormaligen einschließende Nilpferdgöttin war, scheint Bes erst um 500 Jahre später, in der 21. Dynastie, als Name nachweisbar zu sein. Geläufig wird er dann ab der
25./26. Dynastie (ab ca. 700 v. Chr.) und weit verbreitete Verwendung fand dieser Name erst noch viel später, nämlich in der ptolemäisch-römischen Zeit Ägyptens (ca. 300 v. Chr. – 200 n. Chr.).
Es ist höchst bemerkenswert, dass mit dem später als Bes bekannten Gesicht in der frühen Zeit Ägyptens vergleichbare Personen offensichtlich Tänzer sind, die fratzenhafte Masken tragen.
Die älteste solcher Darstellungen stammt aus dem Alten Reich,
aus dem in Abusir befindlichen Pyramidenkomplex von Pharao
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Sahure (5. Dynastie, 2428 – 2416 v. Chr.). Schon hier ist die getragene Maske dem Löwengesicht entlehnt mit deutlich erkennbarer Mähne und Löwenohren (Abb. 16). Trägerin der Maske ist
eine an ihren Brüsten eindeutig erkennbare weibliche Gottheit.
Leider ist der einstige Kontext des heute in Leipzig aufbewahren
Relieffragments nicht ganz eindeutig. Vielleicht handelt es sich
um eine Göttin, die im Rahmen des königlichen Erneuerungsfestes (Heb-Sed) eine gewisse Rolle spielte. Ihr rechter erhobener
Arm deutet an, dass sie tanzt, was dann in einer späteren Darstellung vom Beginn der 6. Dynastie mit einem männlichen,
eine Löwenmaske tragenden Tänzer ganz eindeutig gezeigt wird.
Entsprechend eindeutige Tanz-Kontexte für Maskenträger sind
auch für das Mittlere und Neue Reich durch Abbildungen belegt.
Bemerkenswert ist, dass eine reale Maske, an der sogar eindeutige Benutzungsspuren zu sehen sind, bei der Ausgrabung eines
Wohnhauses in Kahun (Flussoase Fayyum) tatsächlich gefunden wurde (heute im Manchester Museum). Sie datiert aus dem
Mittleren Reich. Dies zeigt eindeutig, dass Personen durch das
Tragen solcher Masken in die Rolle eines Bes-Wesens geschlüpft
sind, um mit entsprechend wilder Gestik und sicher begleitet
von entsprechendem Geräusch Unheil von (s)einem neugeborenen Kind zu vertreiben. Sich als Mensch in ein löwenartiges Wesen zu verwandeln geschah offensichtlich, um einen dem in der
Maat lebenden Ägypter völlig untypischen ungezähmten, wilden
Charakter anzunehmen. Ein solcher war schon immer mit dem
„wilden/chaotischen“ Ausland, in konkreten Fall Nubien, assoziiert, aus dem auch die Zwergengestalt stammt.
Auf den schon bei Thoeris erwähnten Zaubermessern sind
ganz ähnlich aussehende Gestalten, nun um einen Tierschwanz
ergänzt, abgebildet (Abb. 17-18). Die hier evidente Vergesellschaftung mit anderen mächtigen Wesen entfernt sie natürlich
von Masken tragenden Menschen und rückt sie in die Sphäre
von mythologischen Figuren. Seltenen zu findende Beischriften
nennen sie Aha, „Der Kämpfer“, womit sicher sein Kampf gegen
Unheil bringende Kräfte gemeint ist. Dafür wird er auch mit von
ihm bezwungenen Schlangen in den Händen dargestellt. Auf
den Zaubermessern finden sich auch an ihren Brüsten eindeutig als weiblich erkennbare Varianten dieser unheilabwehrenden Gottheit mit ebenfalls frontal gezeigtem, löwenartigem Kopf
(Abb. 19). Sie hält seltener Schlangen, dafür meist Hasen oder
Eidechsen in den Händen, was sie ebenfalls von ihrem männlichen Pendant deutlich unterscheidbar macht. Leider ist für sie
kein Eigenname überliefert.
Ahas unverkennbaren Merkmale sind die kurzbeinige Zwergengestalt und der beschriebene, einem Löwen ähnliche Kopf,
der fast immer in Frontalansicht wiedergegeben ist. Die VorderChristian E. Loeben
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ansicht des Gesichtes wird bis zum Ende der ägyptischen Religion typisch für diese, später Bes genannten Wesen bleiben.
Diese Frontalität ist höchst bemerkenswert, denn sie ist für die
ägyptische Kunst etwas ganz Außergewöhnliches. Normalerweise werden Köpfe nur in Seitenansicht und somit Gesichter nur im
Profil wiedergegeben. Die Vorderansicht von Gesichtern wurde
in der ägyptischen Kunst eigentlich nur für Wesen angewandt,
die außerhalb der ägyptischen Gesellschaft standen, wie zum
Beispiel bei Darstellungen von Ausländern oder auch aus dem
Ausland übernommene Gottheiten und vor allem bei Dämonen.
Weil die später Bes genannten Wesen nur ganz selten diese Frontalität des Kopfes verlieren, bleiben sie für das ägyptische Pantheon stets außerhalb der Norm befindliche Gottheiten und damit wohl stets eine Art von „Dämonen“.
Bis in die jüngsten Epochen Ägyptens hinein bleibt neben
dieser „Erinnerung“ an die Maske als Ursprung von Bes auch der
Tanz mit Bes in Verbindung und damit die Musik (Abb. 20). Häufig wird er Harfe oder Leier spielend dargestellt oder mit einem
Tamburin oder einer Trommel in den Händen (Abb. 21-22). Das
letztgenannte Musikinstrument ist recht selten in ägyptischen
Darstellungen zu finden und wird dann meist von Nubiern gespielt. Diese Assoziation mit den südlichen Nachbarn der Ägypter ist keine zufällige, denn Bes ist nicht nur Zwerg – und die
meisten am Hofe Pharaos beliebten Tanzzwerge stammten aus
Nubien –, sondern wohlbekannter Begleiter der Göttin Hathor.
Ein berühmter ägyptischer Mythos besagt, dass diese Tochter des
Sonnengottes Re (auch als Tefnut oder Mut bezeichnet) in der
Gestalt einer wilden Löwin Ägypten verließ und sich nach Nubien zurückzog, woher sie mit List zurück nach Ägypten geholt
werden musste. Ursprünglich spielte die Rolle desjenigen, der
die „Ferne Göttin“ bzw. das „Auge des Sonnengottes Re“ zurück
nach Ägypten holte, eine Gottheit in Affengestalt: der „BotenGott“ Thot. Unzählige Bilder zeigen Thot wie er ein Auge in den
Händen hält (Abb. 23-24), was darin begründet ist, dass „Er holt
es (das Auge) zurück“ im Ägyptischen genauso klingt wie das
Wort „König“. Spätestens mit der 25. Dynastie (722 – 655 v. Chr.),
als Nubier die Pharaonen Ägyptens waren, wird schließlich dem
Zwergengott Bes die Rolle des Besänftigers der „Fernen Göttin“
zugewiesen. Aus diesem Grund ist er in vielen Tempeln für weibliche Gottheiten in Nubien ein bestimmendes Element der Tempelarchitektur: Riesige Pfeiler in Gestalt von Bes sind bis heute
das Imposanteste im Mut-Tempel von Gebel Barkal / Napata
(Abb. 25-26) von Pharao Taharqo (690 – 664 v. Chr.). Vergleichbare Pfeiler waren im 19. Jahrhundert bis zu ihrer Zerstörung quasi
das „Touristenmagnet“ des 700 km flussaufwärts gelegenen und
700 Jahre jüngeren, von dem merotischen König Nakatamani
und seiner Gattin Amanitore errichteten Tempels von Wad Ben
Naga (Abb. 27-28).
Das ungebändigte Wesen der wilden „Fernen Göttin“ – in
Nubien übrigens stets die Göttin Mut, Gattin des „Reichsgottes“
Amun – musste im fernen Nubien durch Musik und Tanz ständig gebändigt werden. So besänftigen kann natürlich am besten
jemand, der selber wild und ungezügelt ist: der eng nicht nur
mit Musik und Tanz, sondern auch mit berauschenden, alkoholischen Getränken in Verbindung stehende Bes. In Blut gemischtes Bier hatte einst die rasende Göttin so betrunken gemacht,
dass sie ihren Plan vergaß, das gesamte Menschengeschlecht
aufzufressen. Nach dem erfolgreichen Zurückholen der Göttin
nach Ägypten wurde Bes ihr Diener.
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Ausgelassener Tanz und generell Musik sowie der enthemmende Konsum von Alkohol sind – nicht nur in Ägypten – auch
stets mit Sexualität verbunden. Kleinwüchsige Männer sind
nicht selten mit einem auffällig großen Penis ausgestattet, was in
Ägypten zu völlig übertriebenen Bildnissen führte (Abb. 29-30).
Wahrscheinlich war es unter anderem auch dieser Aspekt der
Zwergengestalt, der sie ganz besonders zum Schützer von Haushalt, Schwangerschaft, Geburt und früher Kindheit werden ließ
(Abb. 31). Damit ist der Zwerg eng mit Thoeris assoziiert worden,
bildlich bereits früh, nämlich auf den schon mehrfach genannten Zaubermessern. Diese Verbindung erscheint als so eng, dass
manche Ägyptologen in Bes sogar das männliche Pendant bzw.
den männlichen Begleiter der Thoeris sehen (Abb. 32). Dies ist
jedoch unwahrscheinlich, was durch den Umstand nahegelegt
wird, dass schon früh auf den Zaubermessern neben der männlichen auch noch die eindeutig weibliche Variante der Zwergengestalt existiert. Ihr wurde in späteren Zeiten der Name Beset,
grammatikalisch die weibliche Form von Bes, gegeben und sie
ihm als Gattin (manchmal auch als Mutter) zur Seite gestellt. Sie
unterscheidet sich von ihm im Wesentlichen nur durch deutlich
erkennbare Frauenbrüste (Abb. 33) und in griechisch-römischer
Zeit durch ihr Tragen von Frauenkleidung.
Mit Thoeris ist Bes auf alle Fälle allein dadurch eng verknüpft, weil er quasi in allen Kontexten erscheint, in denen
Thoeris auch zu finden ist, nämlich in der häuslich-privaten
Sphäre der Ägypter, wo er durch sein ungestümes Wesen Unheil
abwehrt und die Bewohner schützt. Wie auch Thoeris wird er
somit hauptsächlich durch das Volk als Schutzgottheit verehrt,
weshalb er unerwarteterweise – wie Thoeris auch schon – in den
Häusern von Amarna präsent war. Wie sie besitzt er ebenso keine
großen Tempel. Dafür sind kleinere Verehrungsstätten für Bes
bekannt, zum Beispiel in Saqqara sowie – erst jüngst entdeckt beziehungsweise erforscht – in der Oase Bahariya in der Westwüste
Ägyptens. Es ist bemerkenswert, dass uns diese vom Niltal und
somit vom ägyptischen Kernland weitentfernte Region auch einmalige Tempel anderer Volksgottheiten erhalten hat, wie zum
Beispiel in Kellis (Oase Dachla) den einzigen bekannten Tempel
für den in Gestalt eines schreitenden Sphinxes erscheinenden
Schutzgott Tutu (Abb. 34).
Der auch erst in den jüngeren Epochen der ägyptischen Religionsgeschichte zu gewisser Bedeutung gelangte Tutu ist ebenfalls ein vom Volk verehrter Schutzgott und wird nicht selten zusammen mit Bes dargestellt. Anders als Bes wurde Tutu jedoch
von den ägyptischen „Theologen“ in das offizielle Pantheon eingebunden, indem er zum Sohn der Schutzgöttin Neith gemacht
wurde, die ihr großes Heiligtum in Sais im Nildelta besaß und zu
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den ältesten der „Großen Gottheiten“ des ägyptischen Pantheons
gehört. Aus diesem Grund erscheint Tutu in vielen der späten
Tempel Ägyptens und seine Popularität als Schutzgott unter den
„Großen Göttern“ reicht so weit, dass er sogar auf römischen
Münzen abgebildet ist.
Für die jüngeren Epochen der ägyptischen Religionsgeschichte ist eindeutig zu konstatieren, dass Bes – zum Beispiel
auch gegenüber Thoeris – enorm an Popularität gewinnt. Offensichtlich wurde die Fähigkeit des effizienten Schützens eher
einem männlichen Wesen, das zumal noch aus Mensch und Löwen bestand, zugetraut als einer weiblichen Nilpferdgöttin. Aus
diesem Grund sind unzählige Darstellungen von ihm bekannt, so
z.B. in römischer Zeit auch als Soldat in der typisch römischen
Offizierskleidung mit über dem Kopf geschwungenem Schwert
(Abb. 35). In absoluter Großzahl sind es auch wieder Amulette,
die ihre Träger schützen sollten. Neben dem Udjat („das Heile“) genannten Sonnen-/Horus-Auge sind Bes-Amulette die am
meist erhaltenen aus Ägypten (Abb. 36). Dabei kann Bes ganz
verschiedene Gestalten annehmen, bleibt aber stets durch sein
fratzenhaftes, von der Löwenmähne gerahmtes Gesicht eindeutig erkennbar, wobei die zusammengeknifften Augen, die breite,
flache Nase und der breite Mund sowie der manchmal gezeigte
extrem fette Körper an Pygmäen erinnern (Abb. 37). Der dicke
Körper lässt ausgehölte Skulpturen des Bes idealerweise als
Gefäße verwenden, die dann die gesamte Bandbreite der Darstellungsformen aufweisen. Neben dieser der Abschreckung
dienenden Gestalt wird durch eine herausgestreckte Zunge und
sein wildes Wesen durch die Beigabe eines Löwenfells als Umhang unterstrichen. Als Kopfschmuck weist er häufig eine hohe
aus mehreren Straußenfedern bestehende Krone auf (Abb. 38).
Eine vergleichbare Krone ist Ikonographie der Göttin Anuket,
die zusammen mit dem Widder- und Schöpfergott Chnum und
der Göttin Sothis, der die ägyptische Zeitberechnung wesentlich
bestimmende Hundsstern, zur Triade von Elephantine (Assuan)
gehört. Mit Elephantine sind wir einmal mehr im Süden Ägyptens, nämlich an der Grenze zu Nubien.
Jedoch das Bes absolut bestimmende Element ist sein immer
in Frontalansicht gezeigter Kopf bzw. sein Gesicht. Es ist so markant und unterscheidet ihn grundlegend von allen anderen Göttern, dass Bes schon früh allein damit abgebildet wird (Abb. 39).
Schon im Neuen Reich wurden Kopfstützen nur mit seinem Kopf
dekoriert – als KopfSTÜTZER sollte er die Schlafenden auch vor
schlechten Träumen bewahren (Abb. 40). Als Kopf ohne Körper
wurde Bes zur Maske, die auch andere Götter tragen konnten,
die dadurch entweder zu erweiterter Macht oder zu besonderer
Beliebtheit gelangen sollten. Schon immer war der junge Horus
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als Schutzgott besonders beliebt. Hier spielt die Ambivalenz eine
besondere Rolle, dass Horus, der Sohn von Isis und dem toten
Gott Osiris, als Kind/Jugendlicher die enorme Macht hat, seinen
bösen Onkel Seth, Mörder seines Vaters, im Zweikampf zu besiegen. In diesem Kampf verliert Seth seine Hoden, was einem totalen Männlichkeits- und somit Machtverlust gleichkommt, und
Horus sein linkes Auge. Seth verkörpert generell das Böse und
Üble und seine Bezwingung beschützt die gesamte Menschheit
davor. Im Gott Horus verkörpert sich jeder ägyptische Pharao,
weshalb der junge Horus/Pharao die Macht hat, die Bewohner
Ägyptens generell vor Unheil zu bewahren.
Ab dem Ende des Neuen Reiches (um 1000 v. Chr.) kommt
eine Objektgruppe auf, die als „Horus-Stelen“ bezeichnet wird
und die lange, bis in die römische Zeit (1. Jh. n. Chr.) hinein beliebt bleibt. Fast alle ca. 400 erhaltenen Exemplare zeigen den
– typisch für Kinderdarstellungen – nackten Gott Horus, der gefährliche Tiere wie Schlangen und Skorpione in den Händen hält
und triumphierend auf Krokodilen steht (Abb. 41). Neben der
Nacktheit ist auch die sog. Jugendlocke ein eindeutiges Merkmal,
dass es sich um einen Kindgott handelt. Oft sind diese Stelen auf
allen Seiten, manchmal sogar auf der Bodenfläche mit hieroglyphischen Inschriften dekoriert. Ägyptologen gehen davon aus,
dass die unheilabwehrenden Darstellungen und die Inhalte der
magischen Inschriften dadurch „aktiviert“ wurden, dass Wasser
über sie gegossen wurde, das die „Inhalte“ der Darstellungen und
Inschriften aufnehmen und dem Trinkenden weitergeben würde.
Das sollte ihn generell beschützen beziehungsweise von Krankheiten heilen. Ähnliches ist auch aus neueren Zeiten Ägyptens
bekannt: In mit arabischen Schutzformeln beschriftete Schalen
schwenken Ägypter bis heute Flüssigkeiten, die sie danach trinken und fest daran glauben, sie besäßen die Kraft der Inhalte der
geschriebenen Texte ...
Die „Horus-Stelen“ zeigen meist das Kind Horus mit einem
darüber befindlichen Bes-Kopf. Obwohl nicht von allen Forschern
dahingehend interpretiert – es ist meist von einem Bes-Kopf die
Rede, der über dem Horuskind schwebt – handelt es sich bei diesen Köpfen aber tatsächlich um Bes-Masken, die der junge Horus
eigentlich über seinem Kopf gestülpt trägt. Kaum eine der vielen
Stele stellt Horus wirklich die übergestülpte Maske tragend dar.
Aber der Umstand, dass einige Stelen seinen kindgerecht bis auf
die Jugendlocke kahlgeschoren Kopf nicht unter dem Bes-Kopf,
sondern deutlich davor beziehungsweise leicht davor und eben
nicht darunter abbilden, zeigt folgendes eindeutig. Mit der Darstellung ist gemeint: Horus trägt die Bes-Maske wirklich über seinem Kopf. Aber warum wird der kindliche Horus nicht eindeutig
so gezeigt, dass er die Maske des Gottes Bes über seinem Kopf trägt?
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Das wiederum klärt die ägyptische Darstellungskonvention, die
immer auf absolute Eindeutigkeit abzielt. Würde Horus mit der
Bes-Maske über dem Kopf gezeigt werden, wäre ein wesentliches
Merkmal seines Kind-Seins verdeckt: die Jugendlocke. Sie war
den Ägyptern als Erkennungsmerkmal „Kind-Gott“ offensichtlich so wichtig, dass sie stets eindeutig sichtbar sein sollte. Für
ihren Hang nicht Realität, sondern bevorzugt Eindeutigkeit zu
zeigen, kann die ägyptische Darstellungsform unkompliziert
gleichzeitig „Verpackung“ und „Inhalt“ zur Abbildung kommen
lassen. Bei Darstellungen z.B. von Gaben tragenden Männern
können ägyptische Künstler unproblematisch zeigen, wie Kästen
in ein Grab getragen werden und auf den Kästen ist ihr Inhalt,
z.B. stehende Stäbe und Kleidungsstücke, zu sehen, die in Realität natürlich unmöglich auf den getragenen Kästen stehen konnten. Um als Kind Macht nicht nur demonstrieren, sondern auch
ausführen zu können, musste der junge Gott Horus die Maske
des Gottes Bes tragen. Jedoch verwandelt er sich damit nicht in
einen allseits bekannten und beliebten Dämon mit Fratzengesicht, dessen wesentliche Aufgabe es war, die Menschen Ägyptens vor Unheil zu schützen. In dieser Rolle war der Universalgott
Horus natürlich viel mächtiger als Bes.
Was kann aber der Grund dafür sein, dass der gewaltige
Horus eine Bes-Maske trägt? Wie wir anhand der einen erhaltenen Bes-Maske schon erfahren haben, können nicht nur Götter,
sondern offensichtlich auch ganz normale Menschen Bes-Masken tragen. Die Maske würde beim Tragen dann ja nicht nur die
durch das Ritual begünstigten Mutter und Kind, sondern auch
den Maskenträger selbst beschützen. Aus diesem Grund werden
in späteren Zeiten Amulette besonders beliebt, die den Kopf des
Bes bzw. die Bes-Maske zeigen und ihre Träger entsprechend
schützen sollen. Warum aber sind für solche Schutzamulette
gerade der Gott Bes beliebt, es gab ja noch viele anderen Götter, die als Amulette getragen werden konnten? Dies lässt sich
zum einen durch seinen Zuständigkeitsbereich im Rahmen der
Privatsphäre der Ägypter erklären, wo er nicht nur beliebt, sondern besonders nützlich war und allseits hilfreich sein konnte.
Zum anderen ist es aber auch genau der Umstand, dass er eben
nicht zu den „Großen Göttern“ gehörte. Zu diesen Göttern hatte nur der ägyptische Pharao Zugang, nur über ihn konnte mit
den mächtigen Göttern, die sich um das Funktionieren der Maat
genannten Weltordnung kümmern mussten, kommuniziert werden. Um sich an Bes zu wenden, brauchte kein Ägypter den „Umweg“ über Pharao bzw. dessen Priester nehmen; an Bes konnte
man sich direkt wenden. Wenn jetzt der Gott Horus – alias jeder
ägyptische Pharao – die Bes-Maske über dem Kopf trägt, wurde
aus einem unnahbaren Universal- ein zugänglicher Volksgott.
Wie eng der junge Horus und der kindlich wirkende Zwergendämon mit einander assoziiert waren zeigen schließlich die synkretistischen Bezeichnungen Hor-Bes und Bes-Harpokrates, die
natürlich nur aus den jüngsten Zeiten der ägyptischen Religionsgeschichte stammen, aber eine späte Einbindung von Bes in den
kosmischen Regenerationszyklus gut bezeugen. In dieser Rolle
bekommt Bes schließlich auch vier Flügel – aus einer sehr dem
Boden der häuslichen-pragmatischen Bedürfnisse der Ägypter
eng verwurzelten Gottheit wurde dadurch schließlich ein Himmelsgott.
Mit einer Maske ist ferner ja auch nicht erkennbar, um welchen „edlen“ Gott des ägyptischen Pantheons es sich eigentlich
unter der Maske handelt, es könnte ja jeder unter der Maske stecken. Dies ist auch der Grund, warum dasjenige Wesen, in dem
die Ägypter der späteren Epochen gern alle ägyptischen Gottheiten angebetet haben – denn zu einem, statt hunderten zu
beten, ist eindeutig einfacher – eine Bes-Maske trägt (Abb. 42).
Ägyptologen nennen diesen Gott unpräzise „Bes-Pantheos“, DerAllgott-Bes. Aber der Gott ist kein Bes, sondern der alle ägyptischen Götter beinhaltende All-Gott. Die Bes-Maske trägt diese
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wegen ihrer Vielfalt gewaltigste aller Gottheiten nur dafür, um
über das Vehikel der Bes-Maske ein auch für alle Menschen ansprechbarer Volksgott zu sein. Eine heute im Brooklyn Museum
aufbewahrte Papyruszeichnung zeigt diesen Gott und ihre Beischrift nennt ihn: „Mensch mit neun Köpfen auf einem einzigen
Hals, und zwar ein Bes-Gesicht, ein Widderkopf, ein Falkenkopf,
ein Krokodilkopf, ein Nilpferdkopf, ein Löwenkopf, ein Stierkopf,
ein Affenkopf und ein Katzenkopf“. Dass die Zahl Neun gewählt
wurde, liegt an ihrem Wert „Drei mal Drei“, denn drei Striche
unter einem mit Hieroglyphen geschriebenen Wort bezeichnet
den Plural und der Plural des Plurals (3 x 3) ist somit die absolute,
unzählbare Gesamtheit – vergleichbar mit der Zahl Sieben z.B.
in unseren Märchen: Sieben Berge oder sieben Meilen bedeutet
nicht diese konkrete Anzahl, sondern drückt „viele“ aus.
Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass nicht der
Gott Bes selbst es war, der eine Karriere vom gutmütigen Hausdämon zum kosmischen All-Gott zurückgelegt hat, sondern
„nur“ sein so typischer, unverkennbar unheilabwehrender Kopf,
und zwar in der Form einer, für die Funktion der unmittelbaren
Volksnähe aller ägyptischen Gottheiten überstülpbaren Maske.
Spätestens dadurch scheint Bes bzw. sein Gesicht zu einem
annähernd „echten“ Gott geworden zu sein. Jedoch bleiben seine dämonischen Züge – allein durch die außerhalb des ägyptischen Darstellungskanons stehende Vorderansicht des Gesichtes
– stets deutlich erkennbar. Bes bleibt deshalb von den Zeiten als
er noch nicht Bes hieß (Abb. 43) über die Blütezeit (Abb. 44) bis
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zu den spätesten Zeiten Ägyptens (Abb. 45-46) ein sehr geschätzter, weit verbreiteter „göttlicher Dämon“, dessen nicht-göttlicher
Status ihn offensichtlich bei der Bevölkerung ganz besonders
beliebt machte, während die später weniger verbreitete Thoeris,
tatsächlich als „dämonische Göttin“ betrachtet werden kann, die
niemals die Beliebtheit und weite Verbreitung von Bes erreichte.
Aus diesem Grund erlebte Bes auch eine enorme „Karriere“
außerhalb Ägyptens. Bes-Darstellungen wurde rund um das Mittelmeer gefunden, vom Vorderen Orient über das Hethiter-Reich
in Kleinasien (Abb. 47) bis zur Insel Ibiza, die ihren Namen Bes
verdankt (Abb. 48). In der römischen Welt war Bes meist in den
beinahe überall zu findenden Heiligtümern der ägyptischen Göttin Isis präsent (Abb. 49). Selbst in der aktuellen Populärliteratur
scheint er sich einen festen Platz gesichert zu haben (Abb. 50-52).
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Abbildungen
1. Thoeris. Hannover: Museum August Kestner (Inv.-Nr. 1935.200.125)
2. Bes. Privatsammlung
3. Fußbrett eines Bettes aus dem Grab des Juya und der Tuya. Kairo: Ägyptisches Museum
(Inv.-Nr. 51110). Foto: Lise Manniche
4. Fußbrett eines Bettes aus dem Grab des Tutanchamun. Kairo: Ägyptisches Museum
(Carter-Fundnummer 47). Foto: Lise Manniche
5. Thoeris. Hannover: Stiftung Niedersachsen / Sammlung Pelling – Zarnitz (Dauerleihgabe im
Museum August Kestner, Hannover)
6. Thoeris mit Kuhgehörn, Sonnenscheibe und Straußenfedern auf dem Kopf sowie die
„Schutz“-Hieroglyphe unter ihrem Bauch. Hannover: Stiftung Niedersachsen / Sammlung
Pelling – Zarnitz (Dauerleihgabe im Museum August Kestner, Hannover)
7. Drei Thoeris-Figuren aus Glas, wohl aus Amarna. Sammlung Groppi
8. Zaubermesser. Basel: Antikenmuseum und Sammlung Ludwig (Inv.-Nr. BSAe 991)
9. Detail aus 8: Thoeris mit Krokodil als Rücken, Messer in den auf die „Schutz“-Hieroglyphe
abgestützten Vorderläufen
10. Fragment eines Zaubermessers mit Thoeris und „Schutz“-Hieroglyphe. Privatsammlung
11 Thoeris mit Menschenkopf. Hannover: Museum August Kestner (Inv.-Nr. 1935.200.499)
12. Horus harpuniert den „bösen“ Gott Seth in Nilpferdgestalt. Hannover: Museum August
Kestner (Inv.-Nr. 1935.200.767)
13. Relief im Opet-Tempel von Karnak mit dem Horus-Falken, beschützt von seiner Mutter Isis
in Nilpferdgestalt (links) und in Löwengestalt (rechts). Foto: Christian E. Loeben
14. Thoeris mit Kuhgehörn, Sonnenscheibe und Straußenfedern auf dem Kopf. Hannover:
Stiftung Niedersachsen / Sammlung Pelling – Zarnitz (Dauerleihgabe im Museum August
Kestner, Hannover)
15 Bes, eine Gazelle in den Händen haltend und von Äffchen begleitet. Sammlung Groppi
16. Relief aus dem Pyramidentempel des Pharaos Sahure. Leipzig: Ägyptisches Museum –
Georg Steindorff – der Universität Leipzig (Inv.-Nr. 2095)
17. Detail aus 8: männliches Wesen in Bes-Gestalt, Schlangen in den Händen haltend
18. Detail aus einem Fragment eines Zaubermessers mit männlichem Wesen in Bes-Gestalt,
Schlangen in den Händen haltend. Leipzig: Ägyptisches Museum – Georg Steindorff – der
Universität Leipzig (Inv.-Nr. 1948-1391)
19. Detail aus 8: weibliches Wesen in Beset-Gestalt, Schlangen in den Händen haltend
20. Kosmetiklöffel mit tanzendem Bes. Privatsammlung
21. Der Harfe spielende Gott Hayt in Bes-Gestallt auf einer Säule des Hathor-Tempels auf der
Nilinsel Philae. Foto: Lise Manniche
22. Armlehne des Stuhls der Prinzessin Satamun aus dem Grab des Yuya und der Tuya. Kairo:
Ägyptisches Museum (Inv.-Nr. 51113). Foto: Lise Manniche
23. Fragment eines Zaubermessers mit Udjat-Auge haltendem Affen. Privatbesitz
24. Amulett in Gestalt eines Udjat-Auge haltenden Affens. Hannover: Museum August Kestner
(Inv.-Nr. 1929.377)
25. Innenansicht des Mut-Tempels von Gebel Barkal mit Bes-Pfeilern (Nubien/Kusch). Nach:
Frédéric Caillaud, Voyage à Méroé, … (1826–27)
26. Bes-Pfeiler im Mut-Tempel von Gebel Barkal (Nubien/Kusch). Nach: Carl Richard Lepsius,
Denkmäler aus Aegypten und Aethiopien (1849–1859)
27. Bes-Pfeiler im Mut-Tempel von Wad Ben Naga (Nubien/Kusch). Nach: Frédéric Caillaud,
Voyages … (1826–27)
28. Bes-Pfeiler im Mut-Tempel von Wad Ben Naga (Nubien/Kusch). Nach: Carl Richard Lepsius,
Denkmäler aus Aegypten und Aethiopien (1849–1859)
29. Phallus-Figur. Basel: Antikenmuseum und Sammlung Ludwig (Leihgabe)
30. Phallus-Figur. Basel: Antikenmuseum und Sammlung Ludwig (Leihgabe)
31. Zwergenhaftes göttliches Wesen, vielleicht Vorläufer von Bes. Basel: Antikenmuseum und
Sammlung Ludwig (Leihgabe)
32. Kopfstütze mit eingeschnitztem Dekor: Zwei Bes-Wesen in Vorder- und Seitenansicht und
Thoeris. Prag: Tschechisches Nationalmuseum - Náprstkovo muzeum asijských, afrických a
amerických kultur (Inv.-Nr. P 57)
33. Bildostrakon mit Zeichnung einer zwei Bes-Figuren säugenden Beset.
Basel: Antikenmuseum und Sammlung Ludwig (Inv.-Nr. BSAe 1007)
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34. Tutu (oben rechts) sowie Anubis und Bes (unten) jeweils in Gesellschaft des «Sonnenauges
des Re» in einer Wandmalerei im Grab des Petubastis, el-Muzawwaqa, Oase Dachla,
West-Wüste Ägyptens. Foto: Olaf E. Kaper
35. Bes als römischer Soldat mit Schwert. Prag: Tschechisches Nationalmuseum - Náprstkovo
muzeum asijských, afrických a amerických kultur (Inv.-Nr. 9495)
36. Amulett in Gestalt von Bes. Sammlung Groppi
37. Griff in Gestalt von Bes. Basel: Antikenmuseum und Sammlung Ludwig (Leihgabe)
38. Bes. Basel: Antikenmuseum und Sammlung Ludwig (Inv.-Nr. BSAe 1212)
39. Amulett mit Kopf des Bes. Sammlung Groppi
40. Amulett in Gestalt einer Kopfstütze mit Kopf des Bes. Sammlung Groppi
41. Horus-Stele. Hannover: Museum August Kestner (Inv.-Nr. 1935.200.691)
42. Magische Stele mit Pantheos (All-Gott) mit Bes-Maske aus der acht Köpfe ragen. Museum
August Kestner (Inv.-Nr. 1935.200.688)
43. Salblöffel mit Bes. Karlsruhe: Badisches Landesmuseum (Inv.-Nr. H 49)
44. Bes in der äußerst seltenen Pose: auf einem Hocker sitzend. Privatsammlung
45. Säulenrelief mit Bes im Chnum-Tempel von Esna, dem spätesten der großen Tempel Ägyptens, vollendet unter dem römischen Kaiser Decius (249–251). Foto: Daniel von Recklinghausen
46. Bes und nackte Frau vom Wanddekor der „Bes-Kammern“ im Anubis-Tempel von Saqqara.
Kairo: Ägyptisches Museum. Foto: Lise Manniche
47. Bes-Relief im neohethitischen Tempel von Azatiwataya (Karatepe, Südanatolien),
wohl 8. Jh. v. Chr.. Freilichtmuseum von Karatepe-Arslantaş
47. Titelseite des Katalogs aus dem Archäologischen Museum Ibiza „Der Gott Bes: von Ägypten
nach Ibiza“ von Francisca Velázquez Brieva (Treballs del Museu Arqueològic d‘Eivissa i
Formentera, 60. Ibiza: Eivissa Museu Arqueològic d‘Eivissa i Formentera, 2007)
49. Fresko mit Bes aus dem Isis-Tempel von Pompeji, zwischen 62 und 79 n. Chr.
Archäologisches Nationalmuseum Neapel.
50. Titelseite des Buches „Bes antiker Schützer & Alptraum-Vertreiber“ von Shelli Wright
Johnson, Illustrationen von Scotty Roberts (Portage, IN / USA: BesPress, 2017)
51. Titelseite des Buches „Die Geschichte von Bes – Altägyptischer Miniatur-Held “ von Shelli
Wright Johnson, Cover-Illustrationen von Richard Koranda (Portage, IN / USA: BesPress,
2017)
52. Titelblatt des Buches „Reise zur Insel des Bes oder die wunderbare Geschichte von Petra auf
Ibiza“ von Valérie Gevers (Brüssel: T.H.E.P. AAM Junior, 1996)
Für die freundliche Bereitstellung der Abbildungen gebührt großer Dank allen Privatsammlern
und Museen sowie den unten genannten Kolleginnen und Kollegen, auch den folgenden, die
unten namentlich nicht genannt sind: Pavel Onderka (Prag), Lars Petersen (Karlsruhe), Kerstin
Seidel und Dietrich Raue (Leipzig), André Wiese (Basel).
Fotos
1, 11, 12, 24, 41: Christian Tepper (Museum August Kestner, Hannover); 2, 20: Fotos der Museen
und Privatsammlungen; 3, 4, 21, 22, 46: Lise Manniche (Svaneke/Dänemark); 5, 6, 10, 14, 23, 42,
44, 48, 50, 51: Christian Rose (Museum August Kestner, Hannover); 7, 8, 9, 15, 17, 19, 29, 30, 31, 33,
36-40: Andreas F. Voegelin (Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig); 13, 16, 52: Christian
E. Loeben (Hannover); 25, 27, 32, 35: Tschechisches Nationalmuseum - Náprstkovo muzeum
asijských, afrických a amerických kultur, Prag; 26, 28: Rijksmuseum van Oudheden, Leiden;
33: Zeichnung von Susanne Dürr (Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig); 34: Olaf. E.
Kaper (Leiden); 43: Thomas Goldschmidt (Badisches Landesmuseum Karlsruhe); 45: Daniel von
Recklinghausen (Tübingen); 47, 49: WikiCommons
N.B. Dieser Beitrag ist eine stark erweiterte und mit neuen Abbildungen versehene Version von:
C. E. Loeben: Thouéris et Bès: déesse démoniaque et démon divin? In: A. Quertinmont (Hrsg.),
Dieux, génies et démons en Égypte ancienne: à la rencontre d‘Osiris, Anubis, Isis, Hathor, Rê et
les autres … (Ausstellungsbegleitpublikation: Musée royal de Mariemont, Morlanwelz / Belgien;
21. Mai – 20. November 2016). Paris: Somogy éditions d‘art, 2016, 46–53.
Christian E. Loeben
AEGYPTIACA KESTNERIANA 2
45
Zwei besondere Objekte im
Museum August Kestner
Fragment einer Glas-Statuette der Göttin Thoeris
Neues Reich, 18. Dynastie, Regierungszeit von
Pharao Amenhotep II. (1425–1400 v. Chr.)
Blaues, gelbes und weißes Glas
H. 3,3 cm
Inv.-Nr. 2616
Thoeris
Christian E. Loeben
Mit diesem auf den ersten Blick nicht außergewöhnlich
scheinenden Objekt hat August Kestner seiner Heimatstadt Hannover jedoch in zweierlei Hinsicht ein einmaliges Stück beschert.
Wie eine ausführliche Studie jüngst zeigen konnte, handelt es
sich dank der Kartusche mit dem Pharaonennamen Amenhotep
II. auf der rechten Schulter um die bis dato älteste bekannte, aus
dem Werkstoff Glas gefertigte Skulptur der Menschheit! Zum
anderen ist es die bisher einzige bekannte Statuette der Geburtsgöttin Thoeris, in deren Kopf die drei, sonst gewöhnlicherweise
im Körper der Göttin kombinierten Tiere zusammengestellt sind:
die Schnauze ist die eines Löwen, die Zähne sind ein Krokodilgebiss und die Ohren Nilpferdohren. Es spricht sehr für die künstlerische Leistung der Ägypter, dass trotz der seltsamen Kombination dieser drei gefährlichen Tiere eigentlich kein völlig abstrus
aussehendes Wesen oder gar ein Monster dabei herausgekommen ist. Eine naturwissenschaftliche Untersuchung der beiden
Glasbestandteile dieses sicher aus einer königlichen Werkstatt
stammenden Stückes konnte zeigen, dass für das blaue Glas ein
Rohstoff aus der ägyptischen West- und für das Gelbe einer aus
der Ost-Wüste von den Ägyptern herbeigeschafft werden musste.
Dies illustriert bestens den enormen Aufwand, der für die Herstellung des kleinen Stückes betrieben worden ist.
Literatur
C. E. Loeben – B. Schlick-Nolte – R. Werthmann: An Outstanding Glass Statuette Owned by Pharaoh Amenhotep II and Other
Early Egyptian Glass Inscribed with Royal Names. In: Journal of
Glass Studies 53 (2011) 11–44
46
Thoeris
Christian E. Loeben
AEGYPTIACA KESTNERIANA 2
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Bes
Lena Höltkemeier, Christian E. Loeben
Flasche in Gestalt eines sitzenden Bes
25. / 26. Dynastie, 7.–6. Jh. v. Chr.
Mehrfarbig glasierte Kieselkeramik
(ägyptische Fayence)
H. 15,3 cm
Inv.-Nr. 1993.3
Ein dicker Bauch spricht für viel Inhalt … Für ein Salbgefäß
eignet sich der hockende Bes mit auf die Knie gestellten Fäusten,
deren Bohrungen sicher Stäbchen oder Löffelchen aufnehmen
sollten, bestens. Obwohl seine rechte Gesichtshälfte eine moderne
Rekonstruktion ist, darf sein Erhaltungszustand und die Modellierung der Details als hervorragend angesehen werden. In die beige
Glasur ist das Muster des Pantherfells mit alternierenden Punkten in Blau und Gelb gezeichnet. Das Gefäß gehört zu einer Gruppe vergleichbarer, die heute in den folgenden ägyptischen Sammlungen aufbewahrt werden: Museo Egizio, Turin; Louvre, Paris
(2 Stücke); Metropolitan Museum of Art, New York; Verginia
Museum of Fine Arts, Richmond; Cleveland Museum of Art;
Miho Museum, Koka (bei Kyoto) - in den zwei zuletzt genannten Museen ganz außergewöhnliche Stücke aus dem besonderen
Material Ägyptisch Blau. In Hannover gab es einst ein Fragment
eines weiteren solchen Gefäßes aus der 1935 angekauften Sammlung von Friedrich Wilhelm Freiherr von Bissing, das jedoch
1945 verloren gegangen ist (rechte Seite unten). Das Objekt im
Metropolitan Museum besitzt noch seinen Verschluss-Stopfen
in Form der für Bes typischen hohen Federkrone. Ein solches
Stück ist die Inv.-Nr. 1935.200.642 im Museum August Kestner,
das auch aus der Bissingschen Sammlung stammt (Höhe: 7 cm;
links). Obwohl es natürlich nicht zum hannoverschen Gefäß gehört, gibt die rechts zu sehende Zusammenstellung einen Eindruck des einstigen Ensembles. Eine Besonderheit vieler dieser
erhaltenen Gefäße ist der Umstand, dass Bes – deutlich erkennbar – seinen Gürtel erst sekundär eingeschnitten bekam. Das
lässt auf ein Ritual schließen, bei dem nach Fertigstellung des
Gefäßes sein Besitzer den wilden Bes „gebändigt“ hat. Als Objekt der unmittelbaren Privatsphäre wollte man wahrscheinlich
sicher gehen, sich nur den friedfertigen Aspekt von Bes ins Haus
geholt zu haben …
Literatur
L. Höltkemeier: Ein Kosmetikgefäß in Gestalt des Gottes
Bes im Museum August Kestner und sein Umfeld. B.A.-Arbeit
im Fach Ägyptologie und Koptologie an der Georg-AugustUniversität Göttingen, 2013 (unveröffentlicht)
C. E. Loeben: Bes bändigen (in Vorbereitung)
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Bes
Lena Höltkemeier, Christian E. Loeben
AEGYPTIACA KESTNERIANA 2
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BES IN BILDERN
Ausgewählte Objekte in der Ausstellung
Bes beschützt dich
Bes bei den Ägyptern zuhause
Ein „Kleiner Gott“ wie Bes wurde nicht im Tempel angebetet. Dafür war Bes fast in jedem Haus zu finden, vom Palast des
Pharaos bis zu den Hütten der einfachen Bauern. Zahlreiche
Bildnisse von Bes sind erhalten geblieben, einige aus wertvollen
Edelsteinen, andere aus einfacher Keramik. Sein Abbild findet
sich häufig auch auf allen möglichen Haushaltsgegenständen
wie Möbeln und Öllampen.
Der Alltag im Alten Ägypten steckte voller Gefahren. Man
musste sich vor gefährlichen Tieren wie Skorpionen, Giftschlangen und Krokodilen in Acht nehmen. Es drohten auch unsichtbare Gefahren wie Krankheiten. Die Ägypter dachten, dass
Krankheiten von Dämonen verursacht werden. Bes sah selbst
wie ein Dämon aus, weshalb er sie gut vor Dämonen beschützen
konnte.
Aus diesem Grund waren Abbildungen von Bes sehr beliebt.
Die Ägypter trugen Bes-Anhänger und anderen Bes-Schmuck,
und sie dekorierten ihre Töpfe, Betten und andere Haushaltsgegenstände mit seinem Gesicht. Sein wildes, lustiges Löwengesicht sollte die Dämonen vertreiben.
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Bes beschützt dich
AEGYPTIACA KESTNERIANA 2
51
52
Bes beschützt dich
AEGYPTIACA KESTNERIANA 2
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Mutter und Kind
Bes war Schutzgott der Schwangeren und Neugeborenen.
Die Geburt eines Kindes war im Alten Ägypten nicht ungefährlich. Mutter und Kind konnten während der Geburt sterben oder
schwer erkranken. Deswegen findet man Abbildungen von Bes
häufig an Wochenbetten. Wenn er auf den Bettfüßen abgebildet
wurde, war Bes für die Mütter im wahrsten Sinne des Wortes eine
Stütze.
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Bes beschützt dich
Amulette
Die Ägypter trugen gerne Amulette mit dem Abbild von Bes,
die sie immer und überall vor Krankheiten und Unglück schützen
sollten. Wie beliebt Bes war, erkennt man an den vielen gefundenen Bes-Amuletten und -Statuetten. Es ist erstaunlich, wie viele
Gussformen erhalten geblieben sind. Bes-Amulette gehören zu
den frühesten bekannten Beispielen für Massenproduktion.
AEGYPTIACA KESTNERIANA 2
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Verwendung in der Magie
In Ägypten gab es kleine Stelen, die den Gott Horus als nacktes Kind zeigen, wie er wilde Tiere beherrscht. Eine Bes-Maaske
über seinem Kopf zeigt, dass er sie eigentlich trägt. Diese Stelen
waren zur Verwendung in der häuslichen Magie gedacht. Ihre
Oberfläche ist oft abgenutzt, was darauf hindeutet, dass an ihnen
herumgerieben wurde. Im Alten Ägypten wurde Magie immer
zum Schutz gegen das unsichtbare Böse eingesetzt, zum Beispiel
gegen Krankheiten und anderes Unglück. Sie wurde nie genutzt,
um anderen zu schaden.
Woher kommt Bes?
Die Geschichte des Alten Ägyptens umspannt einen Zeitraum von etwa 3000 Jahren. Bes wie wir ihn heute kennen,
trat etwa 1500 Jahre vor unserer Zeitrechnung in Erscheinung.
Davor gab es aber schon andere Götter mit ähnlichen Eigenschaften. Das Erscheinungsbild von Bes und die Art und Weise,
wie er seine Kräfte einsetzte, veränderten sich mit der Zeit.
Ägyptische Götter sind oft Mischwesen aus Mensch und
Tier. Ihre Bestandteile sagen etwas über ihre Eigenschaften aus.
Sie werden auch mit bestimmten Gegenständen gezeigt, die uns
etwas über ihre Kräfte verraten. Wenn Götter gemeinsam dargestellt werden, verstärkt dies ihre jeweiligen Kräfte. Außerdem
wird daraus ersichtlich, wie sie zueinander stehen.
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Bes beschützt dich
AEGYPTIACA KESTNERIANA 2
57
Vorläufer
Schon vor viertausend Jahren gab es Götter, die Bes ähnelten. Sie wurden mit nacktem menschlichen Körper, angewinkelten Beinen und dem Kopf und Schwanz eines Löwen dargestellt,
um zu zeigen, dass sie sehr mächtig waren. Der männliche Gott
wurde Aha, „Der Kämpfer“, genannt und hielt Schlangen in den
Händen. Das weibliche Gegenstück dieses Gottes hielt Eidechsen
oder Hasen. Ihr Name ist leider nicht überliefert.
58
Woher kommt Bes?
Darstellungsmerkmale
Von Anfang an wurde Bes mit den Merkmalen eines Löwen
abgebildet, die als Symbol für körperliche Stärke galten. Dass er
dabei häufig nackt war, spielt auf seine Verbindung zu Kindern an,
denn Kinder wurden immer nackt dargestellt. Das änderte sich
mit der Zeit: Ab dem Neuen Reich war Bes bekleidet und trug ab
der Spätzeit einen struppigen Bart.
AEGYPTIACA KESTNERIANA 2
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Bes, seine Freunde und Familie
Bes war nicht der einzige „Kleine Gott“, der dem Volk nahestand. Das dickbäuchige Nilpferd Thoeris galt als Schutzgöttin der
schwangeren Frauen und Neugeborenen. Der Sphinx Tutu, ein
Mischwesen mit Löwenkörper und Menschenkopf, bot genauso
wie Bes Schutz vor Dämonen, die Krankheit und Unheil brachten.
Beset ist das weibliche Gegenstück zu Bes, sowohl was ihr Aussehen als auch ihre Eigenschaften betrifft. Beide werden oft zusammen dargestellt.
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Woher kommt Bes?
AEGYPTIACA KESTNERIANA 2
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Bes, der „Partylöwe“
Keine Feier ohne Bes – und das hat einen Grund. Eine zentrale Geschichte der ägyptischen Mythologie dreht sich darum,
wie sich der Sonnengott Ra und seine Tochter Hathor entfremden und wieder versöhnen. Hathor war die Göttin der Schönheit,
Sexualität und Fruchtbarkeit. Sie liebte Musik, alkoholische Getränke und Partys. Nach einem Streit mit ihrem Vater floh Hathor nach Nubien. Bes wurde beauftragt, sie zurückzubringen.
Mit Tanz und Musik brachte er sie dazu, nach Ägypten zurückzukehren und sich mit ihrem Vater zu versöhnen. Danach wurde
Bes zum Diener der Göttin.
62
Bes, der „Partylöwe“
Musik
Bes wird oft mit Musikinstrumenten wie Flöte, Tamburin oder
Harfe dargestellt. Musik diente der Geselligkeit und dem Tempelkult, um die Götter zu erfreuen. Das Musikinstrument in seinen
Händen bezieht sich oft auf seine Aufgabe als Diener der Hathor
und anderer Göttinnen.
AEGYPTIACA KESTNERIANA 2
63
Tanz
Wenn Bes tanzt, geht die Post ab! Tanz nahm im Alten Ägypten eine besondere Stellung ein. Vor allem kleinwüchsige Tänzer
erfreuten sich am Hof des Pharao großer Beliebtheit. Bes, der
als Zwergengott dargestellt wurde, war ebenfalls ein guter Tänzer. In der ägyptischen Mythologie besänftigt er Hathor durch
seinen Tanz. Manche Tänzerinnen hatten sogar Bes-Tattoos auf
ihren Schenkeln. Das hatte allerdings vor allem auch erotische
Bedeutung.
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Bes, der „Partylöwe“
AEGYPTIACA KESTNERIANA 2
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Berauschende Getränke
Das Gesicht von Bes war häufig auf Flaschen und Gefäßen
abgebildet, in denen alkoholische Getränke aufbewahrt wurden.
Das deutet darauf hin, dass Bes bei festlichen Anlässen für Wein
und Bier zuständig war. Auch dies könnte einen religiösen Bezug
haben, denn nach der ägyptischen Mythologie wurde die wütende Göttin Hathor durch ihren Diener Bes mit Bier betrunken
gemacht. Dadurch besänftigt vergaß sie, dass sie eigentlich alle
Menschen auffressen wollte.
„Sexgott“ Bes
Bes wurde nicht nur bei der Geburt angerufen, um Mutter
und Kind zu beschützen, sondern auch schon vorher – bei der
Zeugung. Man wendete sich an die Götter, vor allem an die „Kleinen Götter“, wenn sich kein Nachwuchs einstellen wollte. Männer und Frauen, die Kinder haben wollten, baten Bes und Beset
um Hilfe. Bes als Fruchtbarkeitsgott ist an seinem übergroßen
Penis zu erkennen.
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Bes, der „Partylöwe“
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„Sexgott“ Bes
AEGYPTIACA KESTNERIANA 2
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Bes – unbesiegbar!
Bes ist vor allem ein
Schutzgott vor bösen Mächten, deshalb wird er oft mit einer Schlange und einer Waffe
in seinen Händen dargestellt.
Als Ägypten zu einem Teil des
Römischen Reiches wurde,
trugen Götter wie Anubis,
Horus und Bes manchmal
die Uniform eines römischen
Hauptmanns. Das Aussehen
eines Mitglieds der quasi unbesiegbaren römischen Armee machte Bes zu einem
noch mächtigeren Schutzgott.
70
AEGYPTIACA KESTNERIANA 2
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Bes-Pfeiler
In Nubien – das heute größtenteils im Sudan liegt – wurden Tempel von Göttinnen wie Hathor oder Mut (Frau des Gottes Amun) gefunden, deren Stützpfeiler mit
riesigen Bes-Darstellungen geschmückt sind. Bes stützt das Dach des Tempels der
Göttin, die er mit Tanz und Musik unterhält. Als UnterSTÜTZER der Menschen wie
der Götter hat Bes hier die Funktion des Vermittlers zwischen der Welt der Götter
und der Welt der Menschen. Bes ist auch auf Tempel-Pfeilern und -Säulen in Ägypten zu sehen, allerdings nur in Tempeln, die der Geburt von Göttern gewidmet sind.
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AEGYPTIACA KESTNERIANA 2
73
Ausgrabungen im Sudan
Vor einigen Jahren haben tschechische Ägyptologen bei Ausgrabungen in einem Tempel in Wad Ben Naga im Sudan bedeutende Funde gemacht: Pfeilerfragmente mit einer großen Bes-Figur.
Der Pfeiler war Teil eines berühmten Tempels aus dem späten
ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung, der höchstwahrscheinlich der Göttin Mut gewidmet war. Zeichnungen aus dem 19. Jahrhundert zeigen diese heute nicht mehr erhaltenen Tempel-Pfeiler
vollständiger. Weitere wichtige Funde, die Bes zeigen, wurden
auch in der legendären Königsstadt Meroe ausgegraben. Sie
zeigen, dass offenkundig auch dort Bes – wie an vielen Orten in
Nubien – präsent war.
Bes außerhalb Ägyptens
Die altägyptische Kultur hatte maßgeblichen Einfluss auf
andere Kulturen. Bes wurde daher auch bald im Ausland bekannt. In Syrien und auf Kreta wurden Bes-Abbildungen aus der
Zeit des Neuen Reiches gefunden. Später tauchte er auch im Persischen Reich, in Griechenland und in Etrurien (Mittelitalien)
auf. In römischer Zeit verbreitete sich sein Name gemeinsam
mit dem besonders populären Kult der ägyptischen Göttin
Isis. So wurden bei Ausgrabungen in Isis-Tempeln in Rom und
Pompeji Bes-Statuen gefunden. Schließlich erreichte Bes sogar
die berühmte Mittelmeer-Insel Ibiza, die nach ihm benannt ist.
Das weiß kaum jemand, aber hinter „BIZ“ im Inselnamen verbirgt sich niemand anderes als unser Freund „BES“ …
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Bes-Pfeiler
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Persien
Etrurien (Italien)
Griechenland
Rom
Bes außerhalb Ägyptens
AEGYPTIACA KESTNERIANA 2
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Phönizische Welt
Ibiza
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Bes außerhalb Ägyptens
AEGYPTIACA KESTNERIANA 2
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Die Sammlungen der ausgewählten
Objekte (Fotos der S. 50-79)
Texte: Kathelijne Eisses, Olaf E. Kaper, Christian E. Loeben (Übersetzungen: Irving Wolther)
Die Leihgeber zur Ausstellung (Kürzel)
Aberdeen: Museums and Special Collections, University of Aberdeen (ABDUA)
Amsterdam: Allard Pierson – de Collecties van de Universiteit van Amsterdam (AP)
Bröhsen / Grimma: Alexander Gatzsche (AG)
CHEPERI COLLECTION (CC)
Hannover: Kunst- und Kulturstiftung Hannover (KKSH)*
Hannover: Museum August Kestner (MusAK)
Hannover: Stiftung Niedersachsen / Sammlung Pelling – Zarnitz (StNds/SPZ)*
Hannover: Thorsten Bartnicki (TB)*
Hannover: Rolf Pötschke (RP)*
Hildesheim: Roemer- und Pelizaeus-Museum (RPM)
Kopenhagen: Ny Carlsberg Glyptotek (NCG)
Leipzig: Ägyptisches Museum – Georg Steindorff – der Universität Leipzig (ÄMUL)
Prag: Tschechisches Nationalmuseum – Náprstkovo muzeum asijských,
afrických a amerických kultur (NM)
* Diese Objekte sind Dauerleihgaben im Museum August Kestner, Hannover
Die Objekte werden in der Reihenfolge der Abbildungen auf den jeweiligen Seiten benannt
(in waagerechten, durch / beendeten Reihen, von oben links nach unten rechts). Wenn Inv.-Nr.
vorhanden sind, stehen sie direkt hinter dem Sammlungskürzel. Alle Fotos wurden von den
Museen und Sammlungen zur Verfügung gestellt.
S. 50 – MusAK 2890 S. 51 – RPM 943 / RPM 945 / MusAK 2004.415 / MusAK 1950.20
S. 52 – AP 4577; AP 7596 / AP 7265; AP 7259 / KKSH S. 53 – NCG ÆIN 319; NCG ÆIN 465 /
NCG ÆIN 467; MusAK 1935.200.851 / AP 14415; MusAK 1925.183
S. 54 – MusAK 1935.200.532 / MusAK 2889; MusAK 2890 / MusAK 2859; RPM 1026; RPM Sch 3;
RPM Sch 5 und Sch 6 / KKSH; NCG ÆIN 517 S. 55 – KKSH; MusAK 2008.320; AP 7260 / KKSH;
MusAK 1983.21; NCG ÆIN 224; MusAK 2019.16 / CC 103; TB / MusAK 1951.179; NCG ÆIN 1150;
MusAK 1949.278; MusAK 1950.52 S. 56 - NCG ÆIN 1594 / MusAK 1935.200.6; MusAK 1951.35 /
MusAK 1935.200.689; AP Dortmond 146 / MusAK 1935.200.688; RPM 5887
S. 57 - NCG ÆIN 220 S. 58 – MusAK 1935.200.722 / NCG ÆIN 220; NCG ÆIN 1380; RPM 5268 /
ÄMUL 5001; ÄMUL 2095 / AP 3796; RPM 426 S. 59 – KKSH; MusAK 2553; MusAK 1987.53 / AP
7792; AP 7338; AP 7418 / AP 7762; MusAK 1983.24; AP 7299 / NCG ÆIN 221; AP 7152
S. 60 – AP 7274; NCG ÆIN 219 / KKSH; AP 7568; AP 13290 / KKSH
S. 61 – KKSH; ABDUA 21516 / NCG ÆIN 1646; NCG ÆIN 1689; NCG ÆIN 314; RPM 248 / AP 7757;
RPM 664; MusAK 2019.17 / NCG ÆIN 1722; AP 5229; MusAK 1929.616 S. 62 – KKSH
S. 63 – MusAK 1935.200.726 / MusAK 1951.24 / NCG ÆIN 226; NCG ÆIN 624; NCG ÆIN 625;
MusAK 1950.159 S. 64 – NCG ÆIN 626; MusAK 2019.1; StNds/SPZ / MusAK 2019.2; AP 7559;
AP 14404 / AP 8965; AP 7395; NCG ÆIN 1742; KKSH / MusAK 1935.157; AP 7149; NCG ÆIN 225
S. 65 – NCG ÆIN 466 / KKSH / StNds/SPZ / AP 4156; AP 7151; AP 7947
S. 66 – KKSH / MusAK 1925.230a und b sowie moderne Ausformung / AP 7681; AP 7683; RPM
4887 S. 67 – AP 7967 S. 68 – AP 13155; MusAK 2010.371 / MusAK 1935.200.332; AP 7250 /
KKSH und Auswahl aus dem MusAK S. 69 – NCG ÆIN 1772; AP 7469; NCG ÆIN 1771 / NCG
ÆIN 1757 / NCG ÆIN 983; NCG ÆIN 520; MusAK 2019.6a / MusAK 2019.6b (beide: Schenkung
des Freundes- und Förderkreises „Antike & Gegenwart e.V.“) S. 70 – AP 7267
S. 71 – NCG ÆIN 1715 / NCG ÆIN 223; KKSH; NCG ÆIN 222; AP 7261 / NCG ÆIN 1688; AP 7631;
NCG ÆIN 726; KKSH / RPM 6162; NCG ÆIN 464; AP 7150; AP 201 S. 72 – KKSH
S. 73 – MusAK 1935.200.645 / KKSH; MusAK 1935.200.705 S. 74 – linke SPALTE - NCG ÆIN
1333; NCG ÆIN 1320 / rechte SPALTE – Objekte: Sudanesisches Nationalmuseums Khartum, als
Leihgaben im NM; Grafik: AG S. 75 – MusAK 2019.11 (Schenkung des Freundes- und Förderkreises „Antike & Gegenwart e.V.“) S. 76 – MusAK 2013.10 (Schenkung des Freundes- und
Förderkreises „Antike & Gegenwart e.V.“); MusAK 1950.59; MusAK 2019.11 (Schenkung des
Freundes- und Förderkreises „Antike & Gegenwart e.V.“) / MusAK 1949.315 / linke SPALTE:
MusAK 1966.74; AP 1103; AP 1325 S. 77 – MusAK 2066 / Dokumente, die zeigen, dass der
Skarabäus im etruskischen Cerveteri gefunden worden ist / AP 938 / AP 7095; AP 3592
S. 78 – MusAK 1396 / AP 7558; MusAK 1396 / MusAK 1935.200.529; AP 7399; AP 7551 / AP
13330 S. 79 – AP 7893; AP 7896 / MusAK 2135 / vier Münzen: RP
80
Epochen Ägyptens
Jahresangaben vor der Römischen Zeit sind „v. Chr.“ danach „n. Chr.“; bis zum Mittleren Reich sind die
Angaben eher unsicher, danach recht sicher und ab der Spätzeit sicher.
Vordynastische Zeit
Unterägypten:
Merimde
Fayumian
Buto-Maadi-Kultur
Oberägypten:
Badari
Negade I
Ober- und Unterägypten:
Negade II
Negade III
ca. 6000–3100
Frühdynastische Zeit
0. Dynastie
1. Dynastie
2. Dynastie
ca. 3100–2593
ca. 3100–2900
ca. 2900–2730
ca. 2730–2593
Altes Reich
3. Dynastie
4. Dynastie
5. Dynastie
6. Dynastie
8. Dynastie
ca. 2592–2118
ca. 2592–2544
ca. 2543–2436
ca. 2435–2306
ca. 2305–2152
ca. 2150–2118
ca. 6000–4000
ca. 5800–4000
ca. 3900–3000
ca. 5000–4000
ca. 3800–3600
ca. 3600–3300
ca. 3300–3100
Spätzeit
26. Dynastie (Sais)
27. Dynastie
(1. Perserzeit)
28. Dynastie
29. Dynastie
30. Dynastie
31. Dynastie
(2. Perserzeit)
655–332
664–525
525–404
Argeaden
332–310
Ptolemäische Zeit
306–30
Römische Zeit
30 v. Chr. – 363 n. Chr.
Byzantinische Zeit
Erste Zwischenzeit
ca. 2118–1980
9./10. Dynastie (Herakleopolis)
11. Dynastie (Theben)
ca. 2080–1940
Mittleres Reich
11. Dynastie
12. Dynastie
ca. 1980–1760
1980–1940
1939–1760
Zweite Zwischenzeit
1759–1540
13. bis 16. Dynastie (15. Dyn.: Hyksos)
17. Dynastie (Theben)
Neues Reich
18. Dynastie
19. Dynastie
20. Dynastie
1539–1077
1539–1292
1292–1191
1190–1077
Dritte Zwischenzeit
21. Dynastie (Tanis)
22. Dynastie (Bubastis)
23. / 24. Dynastie
25. Dynastie
(Nubier / Kuschiten)
1076–655
1076–944
943–746
845–723
722–655
404–399
399–380
380–343
343–332
364–1056
Koptische Zeit (Ägypten) 284–heute
Konzil von Chalkedon und
Abspaltung der
koptischen Kirche
451
Islamische Eroberung
Ägyptens
640–642
Islamische Zeit
in Ägypten
642–heute
Nubien / Reich von Kusch:
Napatanische Herrscher
25. Dynastie (s. o.) – ca. 270 v. Chr.
Meroitische Herrscher
ca. 270 v. Chr. – Mitte 4. Jh. n. Chr.
Zusammenstellung aus:
– Eder, W. / Renger, J. (Hrsg.): Herrscherchronologien der antiken Welt – Namen,
Daten, Dynastien. Der Neue Pauly, Supplement Band 1 (2004)
– Hornung, E. / Krauss, R. / Warburton, D.A.:
Ancient Egyptian Chronology. Handbook of
Oriental Studies, Section One: The Near and
Middle East 83 (2006)
– Loeben, C. E. / Kappel, S.: Die Pflanzen im
altägyptischen Garten – Ein Bestandskatalog
der ägyptischen Sammlung im Museum
August Kestner (2009); s. auch: AIDA 1-4
(2011–16)
Mit Dank an Robert Kuhn für die aktuellen
Daten der Vordynastischen Zeit.
Mit Beiträgen von:
Tine Bagh, Kathelijne Eisses, Lena Höltkemeier, Wim M. H. Hupperetz,
Gertrud Hvidberg-Hansen, Olaf E. Kaper, Christian E. Loeben
www.aegyptiaca-kestneriana.de
ISBN 978-3-86757-186-9
ISSN 2700-8568