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Adolf Eichmanns Bibliothek in Jerusalem - Re:Levant
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YALLAH
GESELLSCHAFT / LITERATUR
Adolf Eichmanns Bibliothek
in Jerusalem
N AT H A N M A R C U S
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AUGUST 6, 2019
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Dieser Beitrag wurde von Nathan Marcus verfasst. Nathan Marcus ist Dozent
für moderne Europäische Geschichte an der Ben Gurion Universität in Beer
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der Buchhandlung Ludwig Mayer in Jerusalem.NACH
Sheva. Sein Vater ist Besitzer
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Hannah
Arendts «Eichmann in Jerusalem» bleibt auch heute, nach beinahe 60
Jahren, ein lesenswertes und umstrittenes Zeitdokument. Lesenswert weil es,
YALLAH
trotz aller schlauen Ironie und nicht nur sachlich formulierter Kritik, einen
einmaligen Einblick in den Verlauf des Prozesses und seiner damaligen
Wirksamkeit gibt.
Umstritten, weil eben die Schlüsse welche Hannah Arendt aus dem Prozess
zog – dass nämlich die Schergen der Nazis welche sechs Millionen Juden
ermordeten auf keinen Fall alles bösartige Ungeheuer gewesen sein mussten
(und konnten), sondern eben oft durchaus auch normale, eben banale, Täter
waren, Menschen wie Du und ich –nicht allen ge el.
Für Arendt war Eichmann vielleicht auch nur Modell einer philosophischen
Überlegung welche die Wichtigkeit von selbständigem Handeln und Denken
unterstreichen sollte. Auf jeden Fall war Eichmann bei weitem nicht der
einzige, welcher eine für die Nachwelt verdaulichere Persona konstruierte. Der
erfolgreichere Albert Speer schaffte es so sogar mit dem Leben davon
zukommen.
Zuletzt hatte im April diesen Jahres Gabriel Bach, der damalige
stellvertretende Ankläger im Eichmann Prozess, darauf hingewiesen, dass
seines Erachtens Arendt in ihrem Text dutzende Fakten falsch dargestellt
hätte. Grob gesagt, Arendt ging Eichmann auf den Leim.
Allerspätestens seit
Christopher Brownings «Ganz
normale Männer» wissen wir
natürlich nur zu gut wie aus
einfachen Ehemännern und
Familienvätern Massenmörder
wurden, die, ohne
Unmenschen zu sein, über
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Wochen hindurch unzählige
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unschuldige Frauen und
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Kinder hinrichten konnten.
Nichtsdestotrotz hatte bereits
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YALLAH
2011 die deutsche Philosophin
Bettina Stangneth in ihrem
Buch «Eichmann vor
Jerusalem» aufgezeigt, dass
Eichmann keineswegs der
unscheinbare Bürokrat
GABRIEL BACH – BILDQUELLE: WIKICOMMON
gewesen war, als den er sich in Jerusalem gab. Vielmehr war er ein fanatisch
von der nationalsozialistischen antisemitischen Ideologie getriebener
Karrierist gewesen. Die Persona des eingeschränkten Hanswurst war gespielt,
die Figur des gedankenlosen Schreibtischtäters blosse Aufmache zur
heuchlerischen Verteidigung.
Eines von Eichmanns Argumenten, bloss p ichtbewusster, gesetzestreuer
Staatsdiener gewesen zu sein, und kein ideologischer von verbrecherischen
Motiven getriebener Unmensch, war seine unwahre Behauptung er sei gar nie
wirklicher Anti-semit gewesen.
Das ganze Massenmorden sei ihm zuwider gewesen, eine grauenhafte Aufgabe
die er hatte tun müssen, aber nicht hatte tun wollen. In Wirklichkeit
sympathisiere er mit dem Zionismus und sei mit Theodor Herzl einig gewesen,
dass eben für die Juden Europa kein Zuhause darstelle, und deren Ausreise in
einen Judenstaat die beste Lösung sei.
Während des Prozesses behauptete er daher auch mehrmals, seine
Umsiedlungspläne für Europas Juden nach Madagaskar seien inspiriert
gewesen von seiner beindruckenden Lektüre der zionistischen Schriftsteller
Theodor Herzl und Adolf Böhm. Er habe 1935 beim Reichssicherheits
Hauptamt deren Schriften für ein SS-Leitheft rezensiert. Nur ist eine solche
Rezension weder nachweisbar noch aufgetaucht.
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In Tonbandaufnahmen des Verhörs durch die
NACH
Hingegen wissen wir folgendes:
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israelische Polizei im Jahre 1960 (und vielleicht auch gegenüber Wilhelm
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Sassen in Argentinien) erwähnt Eichmann zwar eine Rezension von Theodor
Herzls «Der Judenstaat», aber nichtYALLAH
den Namen Adolf Böhm. In seinen eigenen
Aufzeichnungen während der Haft erinnert er sich jedoch fälschlicherweise an
Böhm und dessen «Judenstaat».
Indessen kamen zur selben Zeit ein höherer Polizeibeamter in die Bücherei
von Ludwig Mayer, unweit des Gerichtssaales im Zentrum Jerusalems, und bat
darum sechs deutsche Bücher ausleihen zu können, welche die Besitzerin
Esther Mayer frei aussuchen solle (die Buchhandlung betrieb auch eine
Leihbibliothek). Nach einer Woche lieh er sechs neue Bücher aus, und so ging
das weiter mehrere Wochen lang, ohne dass Esther Mayer Auskunft auf die
Frage bekam für wen die Bücher denn seien.
LUDWIG UND ESTHER MAYER VOR IHREM BUCHLADEN
Nach dreimonatigem Nachhacken bekam sie dann endlich die hochgeheime
Antwort: Die Bücher bekam kein anderer als Adolf Eichmann. Mayer versprach
weiter Bücher auszusuchen, wollte sie aber auf keinen Fall zurückhaben, und
lieferte dem Gefangenen von nun an nur noch Lektüre zur Geschichte der
Juden und des Zionismus. Darunter: Theodor Herzl und eben Adolf Böhm.
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Vertreter der Wiener Kultusgemeinde, darunterNACH
Als Eichmann im März 1938
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auch Adolf Böhm, vorlud und sie damit beindruckte dass er aus Böhms Werk
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auswendig zu zitieren wusste, da war dies wohl eine geplante Inszenierung,
behauptete er doch dabei auch, er sei
im palästinischen Sarona geboren und
YALLAH
spreche iessend Hebräisch, was beides ganz und gar nicht der Wahrheit
entsprach.
Ob er nun 1935 den „Judenstaat“ wirklich gelesen und auch noch rezensierte
bleibt weiterhin dahingestellt. Adolf Böhms Buch dürfte er aber damals,
entgegen seiner späteren Aussagen im Prozess, wohl eher nicht gelesen haben.
Zwar haben wir keine Unterlagen darüber, welche Bücher ihm Esther Mayer
ins Gefängnis schickte, jedoch wissen wir durch Zeugenaussagen, dass Herzl’s
«Judenstaat» und Böhm’s «Zionistische Bewegung» dazugehörten. Hat die
traditionsreiche Buchhandlung ihm unwissentlich geholfen, sein
Lügengebäude aufzubauen?
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GASTBEITRAG
NATHAN MARCUS
LETZTEN BEITRÄGE
Nathan Marcus unterrichtet moderne europäische
Geschichte an der Ben-Gurion-Universität des
Negev.
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JUNI
28,
2019
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Israel geö
net, vorübergehend
Diese Woche reiste Dan Lazar in Europa, und war wie die meisten Israelis bewegt bei der
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Der Doktor
Chaim Arlosoro wurde 1933 am Strand in Tel-Aviv ermordet. Auszug aus einem biographischen
Roman von Daniella
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Altneuland
Diese Woche stellt uns Dan Lazar einen typischen Anblick von Tel Aviv vor, ein Überbleibsel des
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Das Mandelbaumtor
Ein Roman über Jacqueline Cohn, eine ägyptisch-französisch-jüdische Intellektuelle, die einige Jahre
in Israel gelebt hat. Von
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Meer von Leuten
Diese Woche teilt Re:Levant Fotograf Dan Lazar mit uns den Charles Clore-Strand in Tel Aviv, der
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