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Merowingerzeitliche Tuffplattengräber und frühmittelalterliche Kirchenbauten – Zu den Anfängen der ehemaligen Pfarrkirche St. Benedikt in Starnberg Von Christian Later FUNDPLATZ UND FUNDGESCHICHTE Von 2007 bis 2009 konnten in drei jeweils mehrwöchigen Grabungskampagnen im Zentrum der Stadt Starnberg Teile der ehemaligen Pfarrkirche St. Benedikt mit einem großen Ausschnitt des zugehörigen Kirchhofes archäologisch untersucht werden. Während die „alte“ Starnberger Pfarrkirche St. Josef erst 1764–66 an ihrem heutigen Standort auf dem Schlossberg errichtet wurde, kann das 1220 erstmals archivalisch belegte und dem Hl. Benedikt, später zusätzlich noch Maria geweihte ältere Gotteshaus auf eine deutlich längere Geschichte zurückblicken, als bislang bekannt war. Das Landschaftsbild der Region wird bestimmt durch den Starnberger See, der in seiner heutigen Ausprägung in der letzten, der sog. Würmeiszeit als langgestreckter, Nord-Süd orientierter Gletschersee entstanden ist. Seine Ufer werden begrenzt durch stark relieierte Seitenund Endmoränen, den geologischen Untergrund bilden folglich Geschiebeschotter. Das aus mehreren Siedlungskernen im 19. Jahrhundert zusammengewachsene und 1912 zur Stadt erhobene Starnberg liegt am Nordwestende des gleichnamigen Sees, der bis weit ins 20. Jahrhundert hinein auch Würmsee genannt wurde. Rund 1100 m östlich des Altortbereichs ließt die Würm aus dem Starnberger See ab und bildete im Mittelalter die Grenze zwischen den Bistümern Freising und Augsburg. Die mittelalterliche Pfarrkirche, die im Ortsteil Achheim südlich der 1225/26 erstmals genannten und seit 1246 in wittelsbachischem Besitz beindlichen Burg Starnberg stand, lag auf einer nach Osten abfallenden, spornartigen Erweiterung einer breiteren Niederterrasse rund 5,5–7,0 m oberhalb des alten Seeufers (heutiger Seespiegel bei 584 m ü. NN). Die zugehörige Siedlung, das bereits 948/57 urkundlich genannte Fischerdorf Achheim, erstreckte sich unterhalb der Hangterrassenkante direkt am Seeufer nach Süden und zog im Nordwesten leicht den Hang hinauf. Die Kirche war hierbei eher im südlichen Ortsteil situiert, direkt nördlich eines frühneuzeitlichen Herrensitzes. Ab 1764 wurde der aus alten Ansichten bekannte spätgotische Kirchenbau von St. Benedikt zur Gewinnung von Baumaterial für St. Josef bis auf den Chor, der noch im frühen 19. Jahrhundert als Kapelle diente, abgetragen. Dieser ist noch auf dem Urkatasterplan von 1809 abgerückt von der Possenhofener Straße in einer leicht trapezförmigen, ca. 31 × 33 m großen Grundstücksparzelle dargestellt, die wohl weitgehend der Fläche des ehemaligen Kirchhofs entsprechen dürfte. Nachdem auch der Chor nach 1816 abgebrochen wurde, gerieten die genaue Lage von Kirche und zugehörigem Friedhof in Vergessenheit, zumal auf dem Kirchhofareal straßenseitig während des Ausbaus Starnbergs zur Münchner Sommerfrische in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Privatvilla errichtet wurde. Lediglich ein einfaches Wegkreuz erinnert seitdem an die einstige Pfarrkirche1. Als Ende Juli 2007 auf dem Grundstück Possenhofener Str. 3 mit dem Abbruch der „Pension Eder“ und dem Baugrubenaushub für ein mehrstöckiges Wohnhaus mit Tiefgarage begonnen wurde, traten in der Baugrube unvermittelt zahlreiche stark gestörte frühneuzeitliche Bestattungen und im Norden zunächst wenig speziische Mauerzüge zu Tage, weshalb die Arbeiten eingestellt und eine zunächst auf wenige Tage befristete Notgrabung angesetzt wurde, im Rahmen derer in den folgenden zwei Wochen unter enormem Zeitdruck 199 überwiegend frühneuzeitliche Bestattungen geborgen werden konnten. Nachdem sich die Stadt und der Eigentümer angesichts der geschichtlichen Bedeutung des Platzes im Februar 2008 zu einem Grundstückstausch entschlossen hatten, wurde der Friedhof unter nun veränderten Rahmenbedingungen und mit einem wissenschaftlichen Konzept im August und September 2008 sowie im April 2009 im Auftrag der Stadt Starnberg in enger Kooperation mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalplege weiter ausgegraben 2. 1 Historische Daten zur Kirche bei Rank/Schmid 2008, 158–164 mit Abb. 113–115; zum Ort Starnberg selbst vgl. Körner/ Schmid 2006, 787–788; zum ehem. Herrensitz Lochmannhaus vgl. Schober 1989, 296–298. Der Herrensitz, zu dem anfänglich fünf Hofstellen gehörten, befand sich 1554 im Besitz der Münchner Patrizierfamile Vendt und wurde 1640 mit Hofmarksrechten ausgestattet. Das heute bäuerlich wirkende Lochmannhaus stellt im Kern einen Neubau des späten 17. Jahrhunderts mit herrschaftlichen Räumlichkeiten im Obergeschoss dar, ein schlossartiger Ausbau erfolgte jedoch nicht. Ob die an diesem Anwesen hängenden Herrschaftsrechte bis ins Mittelalter zurückreichen, ist unklar. 2 Vgl. Kienzle 2008. Bereits bei Grabungsbeginn wurde von städtischer Seite erwogen, das Grundstück zu erwerben, um die Befunde dauerhaft erhalten zu können. Parallel hierzu wurde jedoch mit der Ausgrabung des Gräberfeldes begonnen, da eine rasche Einigung zwischen dem Besitzer und der Stadt Starnberg nicht absehbar war und an dem Bauvorhaben zunächst festgehalten wurde. Nachdem am 09. August 2007 der Erwerb des Grundstücks durch den Stadtrat beschlossen und Verhandlungen mit dem Eigentümer aufgenommen wurden, erfolgte eine Einstellung der Grabung bis zur Klärung der Frage nach der zukünftigen Nutzung des Areals. Dies war insofern wichtig, da aufgrund der für Kirchhöfe typischen dichten Belegung kein rasches Ende der Arbeiten absehbar war und ein Konzept für die weitere Vorgehensweise entwickelt werden musste. Nach einem am 29. Februar 2008 vollzogenen Grundstückstausch beschloss die Stadt Starnberg als neuer Besitzer, die mittlerweile in beträchtlichem Umfang freigelegten Fundamente der Kirche im Boden zu belassen und zukünftig museal zu präsentieren, während die Ausgrabung des Friedhofs fortgeführt werden sollte. Im September 2010 wurde auf dem 373 KURZER ÜBERBLICK ÜBER DIE GRABUNGSERGEBNISSE Während der Grabung konnten einerseits bedeutende Teile der spätgotischen Benediktskirche und wenigstens zweier Vorgängerbauten und andererseits weite Teile des zugehörigen Friedhofs erfasst werden (Abb. 1)3. Bei den Kirchenbauten 1 und 2 handelte es sich jeweils um einfache Saalkirchen mit rechteckigen bzw. trapezoiden Altarräumen. Der spätgotische Bau 3 besaß einen eingezogenen Polygonalchor, einen südlich angefügten Turm und eine Seitenkapelle, entspricht in seiner Grundstruktur damit aber dem regional üblichen Schema kleinerer Gemeindekirchen des 14./15. Jahrhunderts. Südlich der Kirche zeichnete sich die spätmittelalterliche Friedhofsmauer im Befund als schuttverfüllte Ausbruchgrube ab, der Bereich zwischen Mauer und Kirche zeigte die für mittelalterliche und frühneuzeitliche Friedhöfe typische dichte Belegung durch Bestattungen in mehreren Lagen. Die Nordhälfte von Kirche und Bestattungsplatz wurden hingegen bereits in den 1960er Jahren durch den Bau eines Wohnhauses undokumentiert zerstört. Im Westen und Osten sind die Grenzen des Gottesackers ebenfalls nicht erreicht, dürften aber dem Urkatasterplan und der topograischen Situation folgend nur wenig außerhalb der Grabungsläche gelegen haben. Das untersuchte Areal umfasst geschätzt etwas mehr als ein Drittel des Kirchhofes und erbrachte 365 Bestattungen, von denen ca. 30 % mit Beigaben und Belassungen vor allem des 17./18. Jahrhunderts ausgestattet waren. Den regionalen Geplogenheiten entsprechend sind die häuigsten Funde Rosenkränze bzw. deren Perlen – überwiegend aus Bein, seltener aus Holz und nur in Ausnahmefällen aus anderen Materialien wie Glas, Gagat, Zinn oder Bernstein. Zur Fundgattung der frühneuzeitlichen Gebetsketten gehörten regelhaft auch unterschiedliche Anhänger aus Buntmetall und vereinzelt Silber, vor allem Kreuze und religiöse Medaillen. Hinzu kommen weitere Religiosa in Form von kleinen Amulettbeuteln und einzeln an der Kleidung getragenen Medaillons mit Heiligen- und Gnadenbildern verschiedener Wallfahrtsorte. Von der Totentracht haben sich in der Regel nur wenige metallische Bestandteile, vor allem Gewandhafteln und -schließen, Nestelhülsen (Riemen bzw. Senkelenden), Knöpfe, Gürtel- oder Schuhschnallen erhalten, als Belassungen bzw. ech- 3 4 5 6 7 374 te Beigaben sind vereinzelt Fingerringe, ein Fingerhut oder Münzen anzusprechen. Kircheninnenbestattungen liegen nur aus dem jüngsten, spätgotischen Kirchenbau vor. Vier waren mit Blick nach Westen in einer Reihe vor dem ehemaligen Chorbogen beigesetzt worden (Grab 15, 16, 17, 551), eine fünfte Bestattung lag geostet unter diesen (Grab 519). Letztere dürfte aufgrund der Beigabenlosigkeit, der Armhaltung und der Orientierung noch dem Spätmittelalter oder der beginnenden frühen Neuzeit angehören, während die darüberliegenden Bestattungen über die Westung, metallene Kleidungsbestandteile und Beigaben bereits in das fortgeschrittene 17. und 18. Jahrhundert zu datieren sind4. Im ehemaligen Mittelgang fanden sich hintereinanderliegend zwei weitere Bestattungen mit Blick in Richtung Altar (Grab 552, 553), die über Rosenkränze und Heiligenmedaillen ebenfalls der jüngsten Phase der Kirchennutzung zugewiesen werden können. Aufgrund der teilweise metalldurchwirkten Kleidungsreste und der hervorgehobenen Grabposition im Kirchenschiff dürfte es sich bei diesen Toten überwiegend um Geistliche oder um sozial hochstehende Laien des 16.–18. Jahrhunderts handeln5. Etwas aus dem Rahmen fällt hingegen die isoliert in den südlichen Kapellenanbau eingebrachte Bestattung Grab 276. Zahlreiche eiserne Miederhäkchen und bronzene Nestelhülsen sowie verzinnte Stecknadeln, eventuell von einer Haube, legen aus archäologischer Sicht nahe, dass es sich um eine weibliche Person handelte6. Zudem konnten die schlecht erhaltenen Reste von hölzernen Perlen einer Gebetskette geborgen werden. Sowohl Nestelhülsen als auch Miederhäkchen sind Bestandteile der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Kleidung und chronologisch kaum schärfer einzugrenzen. Sie kommen im 15. Jahrhundert in Gebrauch, sind in Starnberg aber auch noch in Gräbern des 17./18. Jahrhunderts anzutreffen7. Das Fehlen metallischer Rosenkranzbestandteile könnte in diesem Fall für einen eher älteren Zeitansatz vielleicht noch im 15./16. Jahrhundert sprechen. Die älteren, hoch- bis spätmittelalterlichen Bestattungshorizonte des Kirchhofes sind ungleich schwerer zu fassen. Wenigstens 19 Bestattungen lassen sich jedoch über Paternosterketten und in einem Fall über die Beigabe von sechs Silbermünzen sicher dem 13. bis 16. Jahrhundert zuweisen. Auch das ansonsten beigabenlose Grab 8 östlich des Chores der gotischen Kirche, an dessen Schädel eine geöffnete Schere deponiert worden Fundplatz neben dem Museum Starnberger See eine Grünanlage mit den obertägig visualisierten Kirchengrundrissen und mehreren Informationstafeln eingeweiht. Later 2008b. Im sog. Rituale Romanum, 1614 als Zusammenfassung der Trienter Konzilsbeschlüsse durch Papst Paul V. erschienen, wird bestimmt, dass Laien mit den Füßen, Priester hingegen mit dem Kopf zum Altar hin zu bestatten seien. Diese Vorgaben wurden in der Folgezeit auch in die ofiziellen bayerischen Bistumsrituale aufgenommen und somit verbindlich (Freising 1625, Salzburg 1640, Augsburg 1656, Regensburg 1662, Würzburg 1671, Bamberg 1724, Passau 1774), vgl. Mittelstraß 2003, 139–143; Mittelstraß 2007, 22–24. Da Starnberg territorial seit dem frühen Mittelalter zur Diözese Augsburg gehört, sind die gewesteten Gräber vermutlich erst nach 1656 anzusetzen. Zu Grab 519 vgl. Later 2008b, 120 Abb. 170; zu katholischen Priesterbestattungen allgemein: Mittelstraß 2003. Eine anthropologische Bestimmung der geborgenen Skelette steht bislang noch aus. Zur Datierung vgl. Peine 1993, 192–194 Abb. 167–169; Vergesellschaftung mit Heiligenmedaillen des 17./18. Jahrhunderts z. B. in Grab 179, 237 oder 249. Abb. 1. Starnberg, St. Benedikt. Gesamtplan mit Mauer- und Erdbefunden (leere Signaturen). Von den 365 Bestattungen des Kirchhofs sind nur die Tuffplattengräber sowie baugeschichtlich relevante Erdgräber dargestellt. M. 1 : 150 (Plan: Ch. Later). war, könnte aufgrund der stratigraischen Gesamtsituation noch dem 15./16. Jahrhundert angehören8. Mehrere nur als Lesefund überlieferte Rechteck- und Ringschnallen aus Eisen und Bronze dürften aus zerstörten mittelalterlichen Gräbern stammen, im Fall von Grab 94 konnten noch zwei spätgotische Doppelschnallen in Befundlage außen an den Knien liegend dokumentiert werden, die wohl einst zur Beinkleidung gehört haben9. Am meisten Aufsehen erregte aber bereits während der Grabung eine kleine Gruppe von fünf Tuffplattengräbern, da diese einen Nutzungsbeginn des Bestat- tungsplatzes bereits im frühen Mittelalter belegten10. Da weder im ältesten Bestattungshorizont noch aus der Friedhofserde – von einer kleinen stempelverzierten Keramikscherbe (Abb. 10,13) abgesehen – gesichert Funde des 7. Jahrhunderts geborgen werden konnten und die Grabform des Steinplattengrabes in Süddeutschland vom 7. bis in das 9./10. Jahrhundert auftreten kann, wurde für die ältesten Bestattungen zunächst eine karolingisch-ottonische Zeitstellung erwogen11. Mit diesem chronologischen Ansatz war nach dem derzeitigen Forschungsstand für Bayern auch das Vorhandensein 8 Der Typ der Gelenkschere spricht für eine tendenziell eher jüngere Datierung; hierzu und kritisch zur von der Volkskunde geprägten gängigen Interpretation von Scherenbeigaben als Kennzeichen für Wöchnerinnen vgl. Mittermeier 2003, 226–228. 9 Paarig getragene Schnallen werden in der Regel je nach Lage als Schuhschnallen oder Verschlüsse von Beinlingen interpretiert. Obwohl die Position der Starnberger Schnallen an den Knien gegen Schuhschallen spricht, liegen sie für Beinlinge eigentlich zu niedrig; zu einzeln und paarig getragenen Ringschnallen in Gräbern des 13.–15. Jahrhunderts vgl. Eibl 2005, 237–238 Abb. 12. 10 Ausführlich zu dieser Befundgattung Scholz 2002; zu den Starnberger Befunden vgl. Scholz 2008, 51–55. 11 Vgl. auch Later 2008b, 110 mit Abb. 117. 375 eines steinernen Kirchenbaus direkt nördlich der Gräber gut in Einklang zu bringen. Um aber die orts- und regionalgeschichtlich relevante Frage nach dem Belegungsbeginn und der Kirchengründung detaillierter beantworten zu können, bewilligte die Stadt Starnberg eine 14C-Untersuchung von zwölf nach stratigraischen Gesichtspunkten ausgewählten Bestattungen. Durch die teilweise überraschenden Ergebnisse lässt sich die Bauentwicklung der Kirche St. Benedikt nun einerseits chronologisch präzisieren und bis in das 7. Jahrhundert zurückverfolgen, es werden gleichzeitig aber auch neue Fragen von überregionaler Bedeutung aufgeworfen, die andere Fundplätze betreffen. DIE BAUBEFUNDE DER KIRCHEN Spuren einer hölzernen Vorgängerbebauung Bereits vor der Errichtung der ältesten Kirche war der topograisch exponierte, immer hochwasserfreie Platz oberhalb des Seeufers besiedelt, wie zahlreiche leider nicht genauer datierbare Siedlungsspuren und Grubenreste belegen (Abb. 1)12. Die meisten Befunde sind aufgrund ihrer Größe als Pfostengruben anzusprechen und unterschreiten einen Durchmesser von 0,90 m. Die starke Störung des Geländes durch Gräber erlaubt keine Rekonstruktion von Hausgrundrissen, und selbst eine mögliche Zusammengehörigkeit von Befunden ist ohne detaillierte Gesamtauswertung kaum auszumachen, zumal einige Befunde nachweislich erst während der Nutzungszeit des Kirchhofes angelegt wurden. Vor diesem Hintergrund ist nicht gänzlich auszuschließen, dass wenigstens ein Teil der Pfostenspuren unter den Mauerbefunden M 403, 407 und 409 vielleicht als Reste eines vorausgegangenen hölzernen Kirchenbaus anzusprechen sind. Hierfür könnten vor allem drei in einer Reihe unterhalb der Außenseite der Südwand von Bau 1 liegende Grubenbefunde in Anspruch genommen werden (Befund 362, 363, 364). Unter Berücksichtigung des Befundes 351, der von der Innenkante der Langhausostwand von Bau 1 geschnitten wird, ließen sich Teile der Süd- und Ostwand eines rechteckigen Mehrpfostenbaus rekonstruieren, der eindeutig älter als Kirche 1 einzustufen ist (Abb. 2A). Die dünne Befundlage reicht jedoch nicht aus, um anhand dieser Indizien bereits sicher von einer Holzkirche ausgehen zu können, zumal gerade im 7. und 8. Jahrhundert auch Profanbauten norma- lerweise eine West-Ost-Orientierung aufweisen13. Zudem zeigt sich im Planum zwischen den Befunden 363 und 364 eine Lücke; ein an dieser Stelle für ein Gebäude zwingend notwendiger Pfosten konnte nicht nachgewiesen werden. Daher ist zwar möglich, dass der steinernen Bau 1 bereits einen hölzernen Vorgänger besaß, methodisch korrekt lässt sich dies jedoch nicht beweisen14. Deshalb muss diese Frage offen bleiben. Bau 1 Zu einem durch Fundmaterial nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt wurde an der Stelle der älteren Holzgebäude ein erster Kirchenbau aus Stein errichtet (Abb. 2A). Es handelt es sich um eine außen 13 m lange Saalkirche mit stark eingezogenem Rechteckchor, die sich aus den Befunden M 407, 411, 414, 415, 416 und 417 zusammensetzt. Ausgehend von der Grundannahme eines annähernd quadratischen Chorraums und der Mittelachse der gotischen Kirche lässt sich für das Langhaus eine äußere Breite von 8 m mit einer lichten Weite von knapp 6 m rekonstruieren. Dessen Konturen zeichneten sich im Befund lediglich als mit graugelbem Mörtelschutt verfüllte Mauerausbruchgruben ab. Nur partiell war auf deren Sohle noch die unterste Lage der unregelmäßigen, 0,90–1,10 m breiten Fundamentrollierung anzutreffen, während die Ausbrüche selbst noch breiter sein konnten (Abb. 3). Die Südwand des ehemaligen Chores war hingegen auf der vollen Länge als Fundamentstückung erhalten. Während die Langhauswände aufgrund der Befundbreite anscheinend sehr massiv ausgeführt waren, wies das Altarhaus eine deutlich geringere Mauerstärke von nur 0,70–0,80 m auf. Dieser Umstand sowie eine um wenigstens zwei Lagen geringere Fundamenttiefe und eine klare Baufuge zwischen Langhaus und Presbyterium deuten an, dass der 3,70 m lange Chor erst nachträglich an einen älteren Bau angefügt wurde. Das Langhaus, ein 9,30 × 8,00 m großer und fast quadratischer Rechtecksaal, wäre dann als eigentlicher Gründungsbau der Starnberger Kirche anzusprechen (Bau 1a), während die Saalkirche mit dem Rechteckchor erst eine jüngere Ausbauphase darstellen würde (Bau 1b). Es ist jedoch nicht ganz auszuschließen, dass der Chor nur einen separaten Bauabschnitt innerhalb derselben Baumaßnahme darstellt, zumal sich im Baumaterial keine Unterschiede abzeichnen, die auf eine größere zeitliche Differenz bei der Errichtung von 12 Als verlagerte Funde liegen auch zwei ältereisenzeitliche Randbruchstücke und einige römische Scherben vor und deuten eine Nutzung des Geländes bereits in vorgeschichtlicher oder römischer Zeit an. 13 Oftmals werden auch geringste Spuren von Holzbauten an der Stelle späterer Kirchen allein anhand der angenommenen Kultkontinuität als Sakralbauten gedeutet und gelegentlich sogar zu komplexen Grundrissen ergänzt, wie im Fall der Holzkirche von Aschheim (Dannheimer 1988, 62–69 Abb. 11). Gerade dort wäre jedoch Vorsicht geboten, da sich im Grabungsbereich auch noch weitere Hinweise auf eine Bebauung des Geländes vor Beginn der Nutzung als Bestattungsplatz inden (insgesamt 17 Pfostengruben und zwei Gräbchen, vgl. Dannheimer 1988, 62 Beil. 1). Die unterschiedlichen Sohlniveaus und die stark variierenden Grubenform (Dannheimer 1988, 51–52 Abb. 10) sprechen eher gegen eine Gleichzeitigkeit der ältesten Befunde und für eine Differenzierung in wenigstens zwei weitere Bauphasen. Die aus sich heraus bereits unsichere Rekonstruktion der Aschheimer Kirche 1 ist daher grundsätzlich kritisch zu hinterfragen. Dies gilt auch für die funktionale Zuweisung: Sakral- oder Profanbau? – Zur Identiizierungsproblematik hölzerner Kirchenbauten vgl. auch Later 2008a, 17–21. 14 Da Fundamente und Teile von Laufhorizonten im Kircheninnenraum aus konservatorischen Gründen im Boden verblieben, könnten sich im Bereich der Kirche noch weitere Erdbefunde und Bestattungen verbergen. 376 Abb. 2. Starnberg, St. Benedikt. Grundrissrekonstruktionen der Bauphasen 1–3 mit 14C-datierten, im Text erwähnten oder baugeschichtlich relevanten Gräbern. Bei Bau 3 sind auch zugehörige Innenbestattungen berücksichtigt. M. 1 : 200 (Plan: Ch. Later). 377 Abb. 3. Starnberg, St. Benedikt. Fundamentrollierung der Langhausostwand (M 417) von Bau 1 mit Ansatz des Altarhauses (M 411), Ansicht von Westen (Foto: Ch. Later). Abb. 4. Starnberg, St. Benedikt. Südostecke des Langhauses (M 403) von Bau 2, Ansicht von Süden (Foto: Ch. Later). Kirchenschiff und Presbyterium hinweisen würden15. Aufgrund der Zusammensetzung dürfte dieses zusammen mit einigen römischen Lesefunden in der Friedhofserde überwiegend aus einer in der näheren Umgebung zu suchenden römischen villa rustica stammen, deren Bausubstanz zur Errichtung der ältesten Starnberger Kirche abgetragen wurde. Denn soweit anhand der wenigen erhaltenen Fundamentbereiche beurteilt werden kann, bestand das Mauerwerk sowohl von Bau 1a als auch Bau 1b aus Bachkieseln, Feldsteinen, etwas Kalktuff sowie römischen Ziegelfragmenten und mehreren Mühlsteinbruchstücken. ses war aus auffallend großen Lese- und Bruchsteinen gefügt (Abb. 4). In der Mitte der Südwand ließ sich mit der rechtwinklig anschließenden Steinsetzung M 404 und einer westlich von dieser gelegenen 1,00 × 0,60 m großen bestattungsfreien Zone indirekt eine Zugangssituation nachweisen. M 404 bestand aus kleineren Bachkieseln und einem darüberliegenden langrechteckigen Werkstein aus Tuff, der Bearbeitungsspuren nach zu urteilen einst vielleicht Teil einer Fenster- oder Türlaibung des Vorgängerbaus oder der für Kirche 1 Baumaterial Bau 2 Vermutlich im beginnenden Hochmittelalter wurde Kirche 1 vollständig abgebrochen und durch den außen rund 16 m langen und 9,20 m breiten Bau 2 ersetzt, der somit deutlich größer war als sein Vorgänger (Abb. 2B). Im Süden, Westen und vermutlich auch im Norden wurden die neuen Langhauswände direkt außerhalb des älteren Kirchensaals hochgezogen, sodass die lichte Breite bei Bau 2 mit 8 m exakt dem Außenmaß von Bau 1 entsprach. Nach Osten hingegen wurde die neue Kirche signiikant verlängert, während die Grundläche des Presbyteriums annähernd gleich blieb. Die einseitige bauliche Erweiterung nach Osten ist durch das geländebedingte West-Ost-Gefälle in Richtung See zu erklären, da bei einer Verlängerung nach Westen umfangreichere Erdarbeiten und eine Abtragung des Hangs notwendig gewesen wären. Von diesem neuen Kirchenbau sind im Befund bedeutende Teile der Langhausfundamente (Befund 403, 409), ein Fußbodenunterbau aus Tuffbruch (Befund 413) und die Südwand des Chores mit Ecksituation (Befund 412) erhalten. Das Langhaus bestand im Fundamentbereich aus 0,65 m bis maximal 0,75 m breiten Mauern aus Feldsteinen und Bachkieseln in stark sandigem Mörtel, die Südostecke des Langhau- Abb. 5. Starnberg, St. Benedikt. Südwand des Altarhauses (M 412) von Bau 2, Ansicht von Osten. Deutlich sind die unterschiedlichen Baumaterialien zu erkennen (Foto: Ch. Later). 15 Eine vergleichbare Fuge zwischen Langhaus und Chor ließ sich beispielsweise bei der nach 763 errichteten Kirche von Klais bei Mittenwald, Lkr. Garmisch-Partenkirchen nachweisen, vgl. Sage 1977, 30 Beil. 3. 378 liefernden villa rustica war. In seiner zweiten Verwendung diente er wohl als Seitenwange einer der Tür vorgelagerten Treppenstufe aus Holz. Der breitrechteckige, leicht trapezoid verzogene Chor war im Aufgehenden gesichert als 0,85 m starkes Tuffsteinmauerwerk aufgeführt. Seine Südostecke zeigte ebenfalls eine Verstärkung aus besonders großen Feldsteinen, während das Fundament wie beim Langhaus aus kleinen Rollsteinen bestand (Abb. 5). Analog zum Chor ist daher auch für das Langhaus im Aufgehenden von Tuffsteinmauerwerk auszugehen. Die Osthälfte des Kirchenschiffs war durch spätmittelalterlich-frühneuzeitliche Bestattungen stark in Mitleidenschaft gezogen, sodass sich dort keine Hinweise auf ein ehemaliges Laufniveau zeigten. In der Westhälfte jedoch, die nur durch zwei moderne Versitzgruben gestört war, fand sich in einer Tiefe von -1,80 m eine bis zu 20 cm starke Lage von Tuffsteinbruch in humoser Erde, die im Westen mit sauberer Fuge an die Kirchenwestwand anlief und im Südwesten die Flucht der Langhausmauer, die an dieser Stelle spurlos ausgebrochen war, anzeigte. Da an den Tuffsteinen keine Reste von Mörtel gefunden wurden, die auf einen Estrich hinweisen und eine Ansprache als Fußbodenstückung rechtfertigen würden, ist in diesem Fall vor allem an eine Isolierschicht unter einem Holzfußboden zu denken. Vor diesem Hintergrund wäre auch der zwischen den Steinen beindliche sandige Humus mit vereinzelten Keramikfunden zu erklären, da dieses in geschlossenen Räumen eher unerwartete Substrat dann als durch Bodenspalten gerieseltes Material anzusprechen wäre. Bau 3 Im Spätmittelalter erfolgte ein kompletter Kirchenneubau im gotischen Stil, der in seiner Grundläche deutlich weiter nach Westen, Osten und Süden ausgriff und mit seinen lichten Maßen von rund 19,60 × 9,00 m weite Teile des hochmittelalterlichen Friedhofs sowie drei der Tuffplattengräber überbaute (Abb. 2C; 6). Er setzt sich aus den Befunden 401, 402, 406, 408 und 418 zusammen. Wohl gleichzeitig wurde auch der Kirchhof mit einer Mauer umgeben, die nun endgültig das für Bestattungen nutzbare Areal begrenzte. Dessen Belegung dehnte sich in der Folge rasch bis an die Einfriedung aus. Das Mauerwerk der Kirche bestand aus lagig direkt in die Fundamentgräben eingebrachten Bachkieseln, Feldsteinen, Ziegelbruch und wenig Tuffstein in einem sehr harten, weißen Gussmörtel. Den Ostabschluss der Kirche bildete ein innen 8,10 m langer und 5,40 m breiter Polygonalchor, an dessen Südseite sich ein 4,50 × 5,17 m großer Baukörper anschloss. Auf Darstellungen des 18. Jahrhunderts ist an dieser Stelle am Kirchengebäude ein lacher Sakristeianbau zu erkennen, für den das massive und bedeutend tiefer als am Chor gegründete Gussmauerwerk aber zu aufwendig erscheint. Deshalb ist zu erwägen, ob es sich hierbei nicht um das Fundament eines ersten Kirchturms Abb. 6. Starnberg, St. Benedikt. Ostwand des Turmanbaus (M 402) von Bau 3, Ansicht von Süden. Östlich und westlich die vom Fundament überlagerten Tuffplattengräber 196 (vorne) und 274 (hinten) (Foto: Ch. Later). handelt, der vielleicht nie vollendet oder später in seiner Höhe reduziert und in die 1674 erwähnte Sakristei umgewandelt wurde. Das Langhaus, dessen Mauerverlauf sich nur noch als schuttverfüllte Ausbruchgrube abzeichnete, besaß im Süden von Beginn an einen kapellenartigen Anbau mit lichten Maßen von 4,40 × 2,20 m. Er war über eine breite Wandöffnung, wohl in Bogenform, vom eigentlichen Kirchenschiff aus zu betreten. Dies ist vor allem aus dem Fehlen eines Fundamentzuges an der Stelle der südlichen Langhauswand und aus dem Vorhandensein einer Wandvorlage im Innenraum des Turm- oder Sakristeibaus zu erschließen, die als Mauerverstärkung zum Auffangen des durch den Bogen verursachten Wandschubs interpretiert werden muss. Zudem verfügte die Kirche über eine Westempore, von der ein Punktfundament freigelegt werden konnte. Im Aufgehenden ist diese Emporenstütze aufgrund des runden oder leicht polygonalen Schaftansatzes als gemauerte Säule auf einer quadratischen Plinthe mit leicht abgeschrägten Ecken zu rekonstruieren. Ein im Westproil 2008 und der Grabungsläche 2009 nur in geringen Resten erfasster Estrich markiert das ehemalige Fußbodenniveau der Kirche. Dieses lag mit einer Höhe von -1,30 m deutlich oberhalb des Bodens von Bau 2. Vor allem diesem Umstand und der beträchtlichen Vergrößerung des Kircheninnenraums ist die gute Befunderhaltung von Bau 2 zu verdanken. Aus der Mauerausbruchgrube in der Südostecke der Seitenkapelle konnten mehrere Bauelemente geborgen werden, die einen Eindruck von der baulichen Ausstattung der spätgotischen Benediktskirche geben. Wenigstens Teile des Bauwerks waren mit einem Rippengewölbe aus Tuffstein versehen; ein gotischer, konkav proilierter Formziegel aus Backstein dürfte von einem Fenstergewände stammen. Der Umstand, dass die Langhausdecke 1665 eine neue Holzverkleidung erhielt, macht es wahrscheinlich, dass auch das spätmittelalterliche Kirchenschiff ursprünglich lach gedeckt war16. 16 Rank/Schmid 2008, 160. 379 Eine Herkunft der Werksteine aus dem sicher gewölbten Chor ist gleichfalls auszuschließen, da dieser erst mehrere Jahrzehnte nach dem Kirchenschiff niedergelegt wurde und sein Bauschutt somit nicht in die Verfüllung der Langhausfundamente gelangt sein kann. Die Gewölbesteine aus der Grabung dürften folglich, wie schon durch die Fundlage angedeutet, aus der Seitenkapelle stammen, für die somit eine spätmittelalterliche Entstehung nachgewiesen ist. Die Kirche war innen sparsam ausgemalt, an Farben dominieren Rot- und Ockertöne. Eine Rötelinschrift auf einem größeren Wandputzfragment zeigt die Jahreszahl 14[1]6 und gibt bereits einen terminus ante quem für die Errichtung von Bau 3 vor. Vermutlich erst zu einem späteren Zeitpunkt wurde in der Mitte der Westwand ein statisch eigenständiger Baukörper M 419 angefügt, der weitgehend außerhalb der Grabungsläche unter der heutigen Possenhofener Straße verborgen liegt. Hierbei dürfte es sich vielleicht um eine Vorhalle, wahrscheinlicher jedoch um den im 17./18. Jahrhundert immer wieder abgebildeten Westturm der Kirche handeln. Dies bedeutet auch, dass der ältere Turm im Südosten zwischen Seitenkapelle und Chor spätestens bei dessen Errichtung teilweise abgebrochen und in der Höhe stark reduziert worden sein muss17. FRÜH- UND HOCHMITTELALTERLICHE BESTATTUNGEN Die Beigabenlosigkeit innerhalb der ältesten Belegungsphasen des Friedhofes erschwert es, einzelne Gräber gesichert mit den Kirchenbauten 1 und 2 in Verbindung zu bringen, zumal es im untersuchten Bereich keine Überschneidungen von zugehörigen Bauresten und Grabgruben gibt. Obwohl eine detaillierte Auswertung der Belegungsabfolge des Friedhofes noch aussteht, lassen sich dennoch unter Berücksichtigung der stichprobenartigen Radiokarbondaten über Beobachtungen zu Stratigraie, Grabtypen und Bestattungssitten bereits erste Ergebnisse formulieren. Tuffplattengräber Aufgrund der Grabform und ihres stratigraischen Kontextes ist davon auszugehen, dass die Tuffplatten- gräber südöstlich und südwestlich der Kirche 1 zum ältesten Bestattungshorizont gehören (Abb. 7). Obwohl nicht abschließend beurteilt werden kann, ob das am westlichen Grabungsrand aufgedeckte und durch jüngere Bodeneingriffe stark gestörte Grab 555 eine separate Gruppe von Steinkammergräbern repräsentiert oder nicht doch eher als Einzelgrab anzusprechen ist, scheinen sich zwei räumlich getrennte Grabgruppen mit Steineinbauten abzuzeichnen. Eindeutig aufeinander bezogen sind die weiter östlich gelegenen Gräber 196, 199, 274 und 537, zumal Grab 274, 196 und 537 eine Nord-Süd gerichtete Reihe bilden. In den vier Tuffplattengräbern dieser Ostgruppe waren insgesamt sechs Individuen – vier Erwachsene und zwei Kinder – bestattet worden. Konstruktiv am aufwändigsten war hierbei die Kammer Grab 274 gestaltet, die insgesamt drei Individuen barg. Die Seitenwände bestanden aus sorgfältig zugerichteten Platten, die mittels gegensätzlicher Aussparungen miteinander verzahnt waren. Auf den oberen Plattenrand war ein umlaufender Kranz aus rechteckigen Tuffsteinquadern aufgesetzt, der wohl als Auleger für die nicht mehr vorhandenen Abdeckplatten dienen sollte. Dieses Detail kehrt auch bei anderen Plattengräbern in der näheren Umgebung wieder, so beispielsweise bei den „Adelsgräbern“ von Herrsching a. Ammersee aus dem 7. Jahrhundert und bei Grab 34 aus der Kirche St. Pölten in Weilheim i. OB, das wie die vier weiteren dort aufgedeckten Plattengräber dem 8. Jahrhundert zugewiesen wird18. Die einzelnen Steine waren mittels eines fetten gelben Lehms miteinander verbunden, eine Mauertechnik, die bei Tuffplattengräbern nur selten zu beobachten ist19. Dies mag vor allem daran liegen, dass die Erhaltungsbedingungen für Lehm im Erdreich schlecht sind und dieses Bindemittel nicht selten im Lauf der Jahre ausgewaschen und in die eigentliche Kammer geschwemmt worden sein dürfte. Für die Art der Verzahnung der Seitenplatten sind aus Süddeutschland keine Beispiele beizubringen. Mit einer anzunehmenden Länge von wenigstens 2,40–2,50 m bewegt sich Grab 274 am oberen Skalenrand der üblichen Maße und steht am Übergang zur seltenen Gruppe der „extrem langen Gräber“20. Wegen der Vorgabe, das gut erhaltene Mauerwerk der gotischen Kirche dauerhaft im Boden zu konservieren, konnte die westliche und nördliche Hälfte dieser Grabkammer, die unter den Fundamenten wenigstens noch partiell erhalten sein dürfte, 17 Die von Rank/Schmid 2008, 158–164 geschilderte spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Baugeschichte ist mit den archäologischen Ergebnissen nicht immer in Deckung zu bringen, denn es zeigen sich offensichtliche Diskrepanzen zwischen dem Baubefund und der Rekonstruktion des Kirchenbaus anhand von alten Darstellungen und Baurechnungen. So soll beispielsweise die mit dem Patrozinium St. Josef verbundene Seitenkapelle erst 1730 errichtet worden sein (ebd. 162), dem Befund nach gehört sie aber zum Kernbestand von Bau 3. Eine für 1674 schriftlich belegte Sakristei ist laut Rank/Schmid 2008, 161 im archäologischen Befund (sic!) hingegen nicht nachzuweisen, weshalb diese zwischen Altar und Chorostwand angenommen wird. Warum der südlich an den Chor angefügte Raum – egal ob Turmuntergeschoss oder einstöckiger Einbau – in den Überlegungen von Rank und Schmid keine Rolle spielt, bleibt unklar. 18 Scholz 2008, 53. – Zu Herrsching vgl. Scholz 2002, 323–329 und ausführlich Keller 1991/92, bes. 46–47 Abb. 26–27; 29– 32, wobei aus den dort abgebildeten Plänen eine derartige Konstruktion nicht ersichtlich ist; zu Weilheim St. Pölten vgl. Schwenk 1996; Scholz 2002, 339–341 Abb. Taf. 19,1 (Grab 34). 19 Scholz 2002, 49 führt als Beispiele lediglich Gräber aus Westendorf (Lkr. Ostallgäu) und Epolding-Mühlthal (Lkr. München) an. 20 Scholz 2002, 48; der von Scholz 2008, 53 angegebene Wert von 2,70 m muss nach einer abschließenden Durchsicht und Zusammenführung der Detailplana korrigiert werden. 380 Abb. 7. Starnberg, St. Benedikt. Plana und Maueransichten der Tuffplattengräber 196, 199, 274, 274a, 274b, 537 und 555. M. 1 : 30 (Graik: Ch. Later). 381 nicht weiter untersucht werden (Abb. 6). Daher ist nicht endgültig zu entscheiden, ob die Bestattungen wirklich beigabenlos waren oder ob sich einzelne Objekte noch in den nicht untersuchten Bereichen verbergen. Holzfasern auf der Grabsohle der ältesten Bestattung in dieser Gruft (Grab 274b) zeigen, dass zumindest dieser Tote in einem Sarg in die Kammer gelegt worden war, was wahrscheinlich macht, dass bereits in der anfänglichen Konzeption der Grabstätte Nachbestattungen vorgesehen waren 21. Die Kammer wurde aber wohl erst geraume Zeit später ein zweites Mal belegt. Zumindest konnte sich eine das Skelett von Grab 274b schützende Erdschicht ausbilden, bevor eine weitere Bestattung (Grab 274a) erfolgte. Die dritte Nutzung der Tuffsteinkammer fand zu einem Zeitpunkt statt, zu dem sich dieses Skelett nicht mehr im Sehnenverband befand, sich aber noch keine weitere Erdschicht über den Gebeinen hatte bilden können. Stattdessen wurden die Knochen von Grab 274a im Zuge der Einbringung der jüngsten Bestattung (Grab 274) als Haufen an das Südostende der Kammer geschoben. Danach scheint die Kammer erst wieder im Zuge der Errichtung von Bau 3 aufgefunden, geöffnet und zur Stabilisierung des Baugrundes mit Bauschutt und Friedhofserde verfüllt worden zu sein, Abb. 8. Starnberg, St. Benedikt. Tuffplattengrab 199, rechts die das Grab störende Bestattung Grab 198, Ansicht von Westen (Foto: Ch. Later). wie einige Paternosterringe aus dem innenliegenden Erdreich verraten. Während Grab 274 zur Gruppe der rechteckigen Steinplattengräber zu zählen ist, gehören die Gräber 199 und 196 zu der deutlich selteneren Form der leicht trapezoiden Grabanlagen, bei denen die Kopfseiten breiter sind als die Fußenden 22. Grab 196 war ebenso wie Grab 274 durch die Mauer 402 der spätgotischen Kirche überbaut, sodass das mittlere Drittel des Grabes leider nicht zugänglich war, dafür aber dauerhaft geschützt im Boden erhalten ist (Abb. 6). Während am Kopfende und im Oberkörperbereich große rechteckige Platten als Seitenwände verwendet wurden, bestand das Fußende aus zunehmend kleiner und unregelmäßiger werdenden Tuffquadern und kleineren Bruchsteinen, deren Zwischenräume ebenfalls mit gelbem Lehm ausgefugt waren. Obwohl die Kammerwände am Kopfende und im Nordosten durch jüngere Bestattungen gestört waren, lässt sich die trapezoide Kammerform gut rekonstruieren. Im Inneren fand sich die Bestattung eines adulten, sehr robusten und großwüchsigen Individuums mit deutlich mehr als 1,80 m Körpergröße. Hinweise auf eine Mehrfachbelegung dieses Grabes sind nicht vorhanden. Ebenfalls nur einmal genutzt wurde das Steinplattengrab 199, in dem sich die schlecht erhaltenen und durch eine jüngere Grabgrube gestörten Gebeine eines Kindes fanden (Abb. 8). Das leicht trapezoide Grab hatte eine innere Länge von lediglich ca. 1,30 m, sodass für eine mögliche Nachnutzung ohnehin nur ein weiteres Kind in Frage gekommen wäre. Auch hier konnten keine Beigaben beobachtet werden, wobei anzumerken ist, dass größere Partien des Oberkörpers sowie Bauch- und Oberschenkelbereich durch Grab 198 zerstört waren und daher nicht zu beurteilen sind. Am sauber aus Platten gefügten Fußende waren Reste einer gemörtelten Kammerabdeckung erhalten, was zeigt, dass dieses Grab wohl von vorneherein nicht für eine Sekundärnutzung bestimmt gewesen war. Die Verwendung von Mörtel bei Steinplattengräbern ist nur wenig häuiger zu beobachten als die reine Lehmbindung23. Das letzte Grab dieser durch den Grabbau hervorgehobenen Gruppe und gleichzeitig das südlichste in der Dreierreihe war Grab 537, das die Reste einer weiteren Kinderbestattung barg. Von der Tuffkammer war nur an der Nordseite parallel zum Oberkörperbereich eine rechteckige Platte erhalten; zwei weitere, im Proil unterhalb der Ostkante von Mauer 402 erfasste Tuffbruchsteine dürften die Außenseite der Südwestecke darstellen, sodass hieraus und aus dem Kopfende der Grabgrube eine äußere Kammergröße von wenigstens 1,40 m Länge zu rekonstruieren ist. Bemerkenswert ist in diesem Fall, dass in der Steinkammer ein sehr jun- 21 Während Doppel- und Mehrfachbelegungen von Tuffplattengräbern relativ häuig anzutreffen sind, gelang der Nachweis von hölzernen Einbauten bzw. Särgen erst in wenigen Fällen, vgl. Scholz 2002, 50–52 mit Beispielen; als nächstgelegene Parallele wäre Herrsching Grab 2 zu nennen (Keller 1991/92, 47). 22 Scholz 2002, 48. 23 Ebd. 49; als Neufund wäre eine spätmerowingerzeitliche Siedlungsbestattung aus Aschheim, Lkr. München, mit vermörtelter Tuffplattenabdeckung über einem Holzsarg zu ergänzen (Pütz 2008, 64–67 Abb. 26). 382 Abb. 9. Starnberg, St. Benedikt. Plana der Erdgräber 203, 207, 208, 214, 217, 247, 282, 513, 533, 535, 543 und 558. M. 1 : 30 (Graik: Ch. Later). ges Kleinkind beigesetzt wurde und das östliche Kammerdrittel selbst bei einer großzügigen Schätzung der Körpergröße frei geblieben sein muss. Dies lässt den Schluss zu, dass entweder eine ältere Bestattung bei der Anlage von Grab 537 beseitigt und vielleicht in den nicht untersuchten Bereich unter der Mauer 402 geschoben wurde, oder aber dass die Kammer anfänglich für eine größere Person gedacht war. Allerdings wurden auch in diesem Fall keine Anzeichen einer Vorbelegung beobachtet. Zudem lieferte dieses Grab das älteste Radiocarbondatum des Friedhofs (Abb. 11) und ist mit großer Wahrscheinlichkeit bereits in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts anzusetzen. Die Möglichkeit einer Zweitnutzung durch das Kleinkindergrab würde eine primäre Anlage des Grabes folglich sogar noch im 6. Jahrhundert implizieren, wofür aber sonst keine Anzeichen vorliegen. Andererseits variieren die Gesamtlängen von Kindergräbern allgemein zwischen Werten von 0,97 m und 1,59 m, spezielle Kammern für Säuglinge in entsprechend geringen Dimensionen sind unbekannt. Möglicherweise ist die Kammergröße bei Kindern unabhängig vom Alter der zu bestattenden Person, sodass vielmehr repräsentative Aspekte bei dem aufwändigen und sicherlich kostspieligen Grabbau innerhalb eines statusindizierenden Bestattungsrituals die wichtigste Rolle gespielt haben dürften. Der Umstand, dass auch Kinder, die noch keine eigenen Leistungen im Leben erbracht haben können, in Tuffplattengräbern beerdigt wurden, belegt auf jeden Fall, dass hier eine örtliche soziale Elite wohl als Familienverband bestattete. 383 Grabbrauch und Armhaltungen im ältesten Gräberhorizont Wie in den Tuffplattengräbern inden sich auch in den Erdgräbern keine Hinweise auf merowingerzeitliche Grabbeigaben oder zeitgenössischen Grabraub, wodurch Totenausstattungen wenigstens indirekt wahrscheinlich gemacht werden könnten. Einzig bezüglich des Grabbaus nehmen sich die Erdgräber der ältesten Bestattungshorizonte deutlich bescheidener aus (Abb. 9). Hinweise auf hölzerne Särge oder Grabeinbauten konnten dort nicht beobachtet werden und scheinen erst ab dem Hochmittelalter vereinzelt aufzutreten. Stattdessen deutet sich in den Fällen der Gräber 513 und 217 aufgrund der eng anliegenden Gliedmaßen eine Einwicklung in ein Leichentuch an 24. Gleiches könnte vielleicht auch auf die Kindergräber 558 und 282 (bereits im Kontext von Bau 2) zutreffen, wobei die extrem enge und parallele Lage der Unterschenkel bei diesen zwei Beispielen sogar für eine rituelle Bindung der Füße sprechen könnte25. Hinsichtlich der Armhaltungen lassen sich zwischen den ältesten Erdgräbern und den Plattengräbern keine gravierenden Unterschiede feststellen, was auf ein weitgehend gleichzeitiges Einsetzen beider Grabformen schließen lässt. Soweit erhaltungsbedingt zu beurteilen, herrschte bei den Tuffplattengräbern die gestreckte Rückenlage mit seitenparallelen Armen vor (Grab 555, 274, 199), gefolgt von leicht angewinkelten Unterarmen mit Händen auf den Oberschenkeln (Grab 274b) oder im Becken liegend (Grab 535, 537). Dieselben Armhaltungen waren auch bei den Erdbestattungen zu fassen (Grab 247, 217, 513, 558, wohl auch 282 und 543) und sind an anderen Fundplätzen typisch für das ältere Mittelalter, kommen jedoch auch noch bis in das 12./13. Jahrhundert vor26. Spätestens ab der Zeit um 1300 bzw. im 14. Jahrhundert sind in Starnberg dann im Bauch oder im unteren Brustbereich übereinandergelegte Hände die Regel (Grab 203), während ab dem 16. Jahrhundert eine Lage von Händen und Unterarmen auch im oberen Brustbereich charakteristisch ist (Grab 214)27. Die älteren Armhaltungstypen werden aber auch in der frühen Neuzeit weiter beibehalten, wie zahlreiche über Rosenkränze mit Medaillen gut datierbare Gräber im jüngsten Bestattungshorizont zeigen. Zur absoluten Datierung der Gräber des Kirchhofs Frühmittelalterliche Grabbeigaben, die eine engere zeitliche Bestimmung der Bestattungen und des Belegungsbeginns der Nekropole erlauben würden, sind aus dem Starnberger Kirchhof nicht überliefert. Einzig aus dem Erdmaterial einer wohl hochmittelalterlichen Grabgrube (G 241) konnte als vermutlich verlagerter Grabfund ein stark deformierter, dünner rundstabiger Bronzedraht geborgen werden, bei dem es sich um das Fragment eines einfachen Drahtohrrings oder Kopfschmuckrings handeln dürfte (Abb. 10,16). Da die Ansprache jedoch nur unter Vorbehalt erfolgt und charakteristische Merkmale wie z. B. der chronologisch relevante Verschluss fehlen, ist dieses Objekt innerhalb des 7. bis 11./12. Jahrhunderts nicht weiter einzugrenzen und als Indikator für einen Belegungsbeginn der Nekropole ungeeignet28. Folglich wurden die Bestattungen in den Steinplattengräbern genauso wie die ältesten Erdgräber dem archäologischen Erscheinungsbild entsprechend zunächst in die Zeit nach der Aufgabe der merowingerzeitlichen Beigabensitte im frühen 8. Jahrhundert datiert29. Eine Korrektur und Präzisierung dieses Zeitansatzes ist jedoch nun durch die von der Stadt Starnberg inanzierten und im AMS 14C-Labor der Universität Erlangen-Nürnberg durchgeführten Radiokarbondatierungen ausgewählter Bestattungen möglich (Abb. 11–12). Als älteste Bestattung stellte sich das Tuffplattenkindergrab 537 heraus, das mit einer Wahrscheinlichkeit von 68,3 % (1 σ) zwischen 599 und 656 anzusetzen ist. Mit 95,4 % Wahrscheinlichkeit (2 σ) erfolgte die Bestattung noch vor 670 und somit spätestens im zweiten Drittel des 7. Jahrhunderts. Ebenfalls sicher in das 7. Jahrhundert datieren die beiden Tuffplattengräber 274b und 199, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 68,3 % (1 σ) in der Zeit zwischen 610 und 666 bzw. mit 65,3 % (1 σ) zwischen 632 und 682 angelegt wurden. Die na- 24 Sándor-Pröschold/Sanke 2002, 293–294. 25 Als ein Beispiel hierfür ist ein außergewöhnliches Frauengrab des 9. Jahrhunderts aus Elsau, Kt. Zürich anzuführen (vgl. Wild 2010, 185–189 Abb. 7). Zu den möglichen Gründen für diese besondere Art der Totenbehandlung (praktische Aspekte wie Leichentransport oder abergläubische Vorstellungen, z. B. Angst vor Wiedergängern) vgl. ebd. 191–193. 26 Eibl 2005, 226–223 Abb. 2,A–B. Eibl führt als regional nächstgelegenes Beispiel für diese Armhaltungstypen den älteren, hochmittelalterlichen Bestattungshorizont im Kloster Benediktbeuern an (ebd. Abb. 4); auch auf dem kleinen Bestattungsplatz von Klais bei Mittenwald, der im fortgeschrittenen 8. Jahrhundert einsetzt und wohl bis um 1100 genutzt wurde, zeigten die Bestattungen überwiegend dieselben Armhaltungen (Sage 1977, 65; 105–108). Im Gräberfeld der Prämonstratenserabtei Speinshart (Lkr. Neustadt a. d. Waldnaab) ist Grabhorizont 1 (zweite Hälfte 12. Jahrhundert) durch diese Armhaltungen charakterisiert (Sándor-Pröschold/Sanke 2002, 282; 294–295 Abb. 6,1–4); auf der Insel Wörth im Staffelsee sind bei den neun ältesten Bestattungen (spätes 6. bis Mitte 8. Jahrhundert) nur seitenparallele Arme nachgewiesen (Haas-Gebhard 2000a, 284 Abb. 5). 27 Eibl 2005, 226–230 Abb. 2,C–E; Abb. 4; Sándor-Pröschold/Sanke 2002, 295–298; Haas-Gebhard 2000a, 284 Abb. 4. – Im Gräberfeld von Unterigling lassen sich diese andernorts erst ab dem Spätmittelalter fassbaren Armhaltungen bereits im 8./9. Jahrhundert belegen, vgl. zum Fundplatz vorerst Schwenk 2000; ausführlich Meier 2007, 60–63. Für die Möglichkeit der Einsichtnahme in seine noch ungedruckte Habilitationsschrift sei Thomas Meier, Heidelberg, herzlichst gedankt. 28 Zu Drahtohrringen von nordbayerischen Fundplätzen vgl. Hannig 2003, hier bes. 177–178 Abb. 1; 2,11; zur Chronologie von einfachen Drahtohrringen vgl. zuletzt Eichert 2010, 32–51. 29 Later 2008b, 119. 384 Abb. 10. Starnberg, St. Benedikt. Früh- bis spätmittelalterliche Kleinfunde. 1 Grab 543; 2 Grab 513; 3 Grab 282; 4 Grab 558; 5–8 Südannex Ost (vor Bau 3); 9 Befund 366 (Bauhorizont zu Bau 3); 10.11 Innenraum M 402 (vor Bau 3); 12 Lesefund Umfeld Kirche (über Tuffbruch Befund 413); 13 Lesefund Friedhofserde östlich Chor; 14 Grab 535; 15 aus Verfüllung von Grab 234; 16 aus Verfüllung von Grab 241; 17 Grab 203 (66×); 18 Grab 214 (ca. 150×); 19 Grab 214. – 16–19 M. 1 : 2, sonst M. 1 : 3 (Zeichnungen: Ch. Later). turwissenschaftliche Datierung der Nachbestattungen 274a und 274 spiegelt auch die archäologischen Beobachtungen zum Belegungsablauf in der Tuffkammer wider: Die Beisetzung des Toten von Grab 274a erfolgte mit 51,9 % Wahrscheinlichkeit zwischen 687 und 781, also vermutlich erst geraume Zeit nach der Erstnutzung der Kammer (2 σ-Datierung: 674–882). Deren letztmalige Belegung (Grab 274) dürfte nach den 14C-Daten im Anschluss daran zwischen 770 und 878 stattgefunden haben (61,4 % bei 1 σ). In der zweiten Hälfte des 7. oder zu Beginn des 8. Jahrhunderts setzte auch schon die reguläre Belegung des Gräberfeldes ein (Abb. 13). Eines der stratigraisch ältesten Erdgräber direkt westlich der Tuffplattenkammern ist Grab 533, von dem nur noch Oberschenkel und Teile der Unterschenkel erhalten waren. Hier lieferte die Radiokarbondatierung mit einer Wahrscheinlichkeit von 45,3 % (1 σ) ein Zeitfenster zwischen 664 und 719, also in der ausgehenden Merowingerzeit (2 σ-Datierung: 647–781). Deutlich später anzusetzen ist hingegen das weiter westlich, parallel zu den Langhausmauern der Bauten 1 und 2 gelegene Grab 513, von dessen Grabsohle südlich des rechten Unterschenkels eine rauwandige, nachgedrehte reduzierend gebrannte Wandscherbe mit einem Dekor aus Wellenbändern und Rillenbündeln stammt (Abb. 10,2). Das Fragment besitzt beste Parallelen in dem Keramikfund von Friedberg „Am Fladerlach“, der bislang in das 9./10. Jahrhundert datiert wird. Dort treten als Verzierungen fast ausschließlich breite Rillenbündel auf, die häuig mit Wellenbändern kombiniert sind30. Nach Aussage der 14 C-Datierung wurde Grab 513 mit 60,4 % Wahrscheinlichkeit (1 σ) zwischen 770 und 877 angelegt. Ein Zeitansatz im späten 8. und 9. Jahrhundert ist damit sowohl archäologisch als auch naturwissenschaftlich zu begründen. Demselben oder stratigraisch benachbarten 30 Leider ist dieser als Referenz für Südbayern wichtige Fundkomplex bislang nicht in wünschenswerter Weise veröffentlicht, vgl. daher vorerst immer noch Koch 1993, 119–121 Abb. 2–3. 385 Alter: 1420 +/- 46 Radiokarbonjahre Alter: 1392 +/- 46 Radiokarbonjahre Mit 68,3% Wahrscheinlichkeit (1 Sigma): 599 AD - 656 AD 68,3% Mit 68,3% Wahrscheinlichkeit (1 Sigma): 610 AD - 666 AD 68,3% 1600 BP Mit 95,4% Wahrscheinlichkeit (2 Sigma): 563 AD - 691 AD 93,5% 749 AD - 763 AD 1,9% Mit 95,4% Wahrscheinlichkeit (2 Sigma): 551 AD - 670 AD 95,4% 1600 BP 1500 BP 1500 BP 1400 BP 1400 BP 1300 BP 1300 BP 1200 BP 1200 BP 1100 BP 450 AD 650 AD 550 AD Grab 537: Tuffplattengrab (Kleinstkind) 1600 BP 650 AD 850 AD 750 AD Grab 274b: Tuffplattengrab (Erstbestattung) Alter: 1369 +/- 42 Radiokarbonjahre Alter: 1309 +/- 43 Radiokarbonjahre Mit 68,3% Wahrscheinlichkeit (1 Sigma): 622 AD - 627 AD 3,0% 632 AD - 682 AD 65,3% Mit 68,3% Wahrscheinlichkeit (1 Sigma): 660 AD - 714 AD 48,2% 744 AD - 767 AD 20,1% Mit 95,4% Wahrscheinlichkeit (2 Sigma): 598 AD - 715 AD 88,9% 743 AD - 767 AD 6,5% 1500 BP 550 AD 450 AD 850 AD 750 AD Mit 95,4% Wahrscheinlichkeit (2 Sigma): 645 AD - 780 AD 93,9% 791 AD - 805 AD 1,5% 1500 BP 1400 BP 1400 BP 1300 BP 1300 BP 1200 BP 1200 BP 1100 BP 1100 BP 450 AD 550 AD 650 AD 750 AD 550 AD 850 AD 650 AD 950 AD Grab 196: Tuffplattengrab Grab 199: Tuffplattengrab (Kind) Alter: 1300 +/- 44 Radiokarbonjahre Mit 68,3% Wahrscheinlichkeit (1 Sigma): 664 AD - 719 AD 45,3% 741 AD - 769 AD 23,0% Alter: 1244 +/- 46 Radiokarbonjahre Mit 68,3% Wahrscheinlichkeit (1 Sigma): 687 AD - 781 AD 51,9% 788 AD - 811 AD 11,0% 770 AD - 878 AD 5,4% 1500 BP 1500 BP Mit 95,4% Wahrscheinlichkeit (2 Sigma): 647 AD - 781 AD 91,2% 788 AD - 811 AD 3,0% 844 AD - 857 AD 1,2% 1400 BP 850 AD 750 AD 1400 BP Mit 95,4% Wahrscheinlichkeit (2 Sigma): 674 AD - 882 AD 95,4% 1300 BP 1300 BP 1200 BP 1200 BP 1100 BP 1100 BP 1000 BP 550 AD 650 AD Grab 533: Erdgrab 750 AD 850 AD 950 AD 600 AD 650 AD 700 AD 750 AD 800 AD 850 AD 900 AD 950 AD 1000 AD Grab 274a: Tuffplattengrab (Nachbestattung) Kalibrierungssatz: Reimer et al., Intcal09 Terrestrial Radiocarbon Age Calibration, 0-26 cal kyr BP, Radiocarbon 46(3), 1029-1058. Abb. 11. Starnberg, St. Benedikt. Kurven der Radiokarbondatierungen ausgewählter Gräber (Daten: AMS 14C-Labor der Universität Erlangen-Nürnberg). 386 Abb. 12. Starnberg, St. Benedikt. Kurven der Radiokarbondatierungen ausgewählter Gräber (Daten: AMS 14C-Labor der Universität Erlangen-Nürnberg). 387 Abb. 13. Starnberg, St. Benedikt. Graische Darstellung der Radiokarbondaten. Es wurden jeweils die Datierungsspannen mit der größten Wahrscheinlichkeit verwendet (Graik: Ch. Later). Bestattungshorizonten sind weitere Gräber im Umfeld von Grab 513 zuzuordnen, von denen mehrere ebenfalls Keramikfragmente im Sohlbereich der Grabgrube oder im untersten Grabgrubendrittel erbrachten. Diese Funde liefern als vermutlich zufällig in die Grabgrube gelangte Siedlungsniederschläge jeweils einen terminus post quem für die Beisetzung31. Die nur wenig nördlich von Grab 513 gelegene, stratigraisch eindeutig jüngere Kinderbestattung Grab 282 erbrachte im Skelettniveau nördlich oberhalb der linken Schulter die Randscherbe eines rein handaufgebauten oder nur wenig nachgedrehten Gefäßes mit schräg abgestrichenem, leicht nach innen ausgezogenem Rand. Es könnte sich sowohl um eine kleine Schüssel als auch einen Topf mit langem und relativ steilem Trichterrand handeln (Abb. 10,3). In beiden Fällen ist die Randform typologisch zwischen dem 7./8. und 10./11. Jahrhundert nicht enger einzugrenzen32. Sollte es sich aber um das Fragment eines Topfes handeln, wäre als überzeugende Parallele für die Randausbildung ein Topf mit Rillenbündel und Wellenband aus der Wüstung Afing-Pfaffenzell (Lkr. Aichach-Friedberg) anzuführen, der über die Warenart und eine vergesellschaftete Emailscheibenibel mit zurückblickendem Tier ins fortgeschrittene 9. oder 10. Jahrhundert zu datieren ist33. Eine zeitliche Einordnung des Grabes 282 in karolingisch-ottonische Zeit ist somit sowohl über die Keramik als auch aufgrund der relativchronologischen Belegungsabfolge in diesem Friedhofsareal vertretbar. In einen ähnlich frühen Belegungshorizont gehört auch die weiter westlich gelegene Kinderbestattung Grab 543, aus deren Grubenverfüllung ca. 20 cm oberhalb des Skelettniveaus eine oxidierend gebrannte, nachgedrehte Wandscherbe mit breiten Rillenbündeln stammt, die wiederum am ehesten dem 9./10. Jahrhundert zuzurechnen ist (Abb. 10,1). Gleiches gilt für das Kindergrab 558 in der 2009 ergrabenen Anschlussläche westlich des Kirchenbaus 2. Aus deren Grabgrubenverfüllung konnte nur wenig über dem Skelettniveau das große Randbruchstück eines reduzierend gebrannten bauchigen Topfes mit proiliertem Trichterrand und schräg abgestrichener, leicht ausgezogener Lippe geborgen werden, der eine etwas weniger entwickelt wirkende Analogie in einem Gefäß aus Friedberg „Am Fladerlach“ besitzt34. Daher und aufgrund der schon sehr sorgfältig überarbeiteten Oberlächenstruktur, die bereits ein vollständiges Nachdrehen des Gefäßkörpers wahrscheinlich macht35, möchte man hier eine Datierung der Keramik in das 10./11. Jahrhundert annehmen (Abb. 10,4). Es handelt sich bei Grab 558 um eine der stratigraisch ältesten Bestattungen vor dem Westabschluss von Bau 2, sodass sich hier ein verstärktes Einsetzen der Friedhofsnutzung erst nach der Errichtung dieses Kirchenbaus abzeichnet. Frühestens in das beginnende Hochmittelalter ist auch Grab 535 nur wenig südöstlich von Grab 543 zu datieren. Hierfür sprechen sowohl die Armhaltung mit Händen im Becken als auch die stratigraische Position, da diese Bestattung ähnlich wie Grab 282 nicht mehr zum ältesten Bestattungshorizont gehört, aber auch von mehreren spätmittelalterlichen Bestattungen noch vor der Errichtung von Bau 3 überlagert wurde. Zwischen den Oberschenkeln fand sich ein dünnwandiges, stark mit Quarz gemagertes, nachgedrehtes Keramikbruchstück des ausgehenden 10. oder 11. Jahrhunderts mit einer einzelnen Wellenlinie (Abb. 10,14). Bei der Auswahl der naturwissenschaftlich zu untersuchenden Gräber stellte sich auch die Frage nach einer etwaigen Belegungsrichtung und Ausweitung des frühmittelalterlichen Friedhofsareals. Hierfür bot sich einerseits in der noch relativ dicht belegten Zone südlich des gotischen Kirchturms (M 402) mit Grab 247 eine der stratigraisch ältesten Bestattungen an. Am Südostrand des Grabungsareals, wo die Belegung langsam auszu- 31 Im direkten Umfeld der Kirche fällt im ältermittelalterlichen Friedhofshorizont ein überdurchschnittlich häuiges Vorkommen von Keramikscherben des 9.–11. Jahrhunderts in Grabkontexten auf. Inwiefern es sich hierbei vielleicht um bewusste Deponierungen und eine regionalspeziische Grabsitte handelt, kann am Beispiel Starnberg nicht gesichert herausgearbeitet werden. Unbekannt ist ein entsprechendes Beigabenverhalten jedoch nicht, vgl. überregional zusammenfassend Gärtner 2009, 216–220; für das Moselmündungsgebiet exemplarisch Grunwald 2004; ausführlich für Südbayern: Meier 2007, 72–78 Abb. 28. 32 Vgl. mit verschiedenen Beispielen Later 2009b, 63–64 (RF 2). 33 Schmid 1996, 19–22 Abb. 12 Grube 3,2. – Zur Chronologie karolingisch-ottonischer Emailscheibenibeln vgl. jüngst Eichert 2010, 78–87. Demnach setzen kleine Fibeln mit breitem, noch nicht emailiertem Rand bereits in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts ein, größere wie der Typ Frauenhofen kommen um 900 auf (ebd. 86–87). Diese Fundgruppe wurde bislang in Anlehnung an die Chronologie Jochen Gieslers frühestens in die zweite Hälfte des 10. Jahrhunderts datiert, vgl. Later 2009a, 199–207, bes. 206–207. 34 Koch 1993, 119–121 Abb. 2,7. 35 Die Warenart entspricht der Ware NG 2a aus Burghöfe, die in das ausgehende 10.–13. Jahrhundert datiert werden kann, vgl. hierzu Later 2009b, 57–59. 388 dünnen scheint, wurde die beigabenlose und im ältesten Horizont liegende Erdbestattung Grab 217 ausgewählt, da hier auch die Armhaltung wenigstens noch für eine hochmittelalterliche Datierung sprach. Diese nach archäologischen Kriterien vorgenommenen Einschätzungen wurden durch die 14C-Datierung weiter untermauert. Grab 247 kann mit einer Wahrscheinlichkeit von 52,9 % (1 σ) zwischen 949 und 1016, also in der zweiten Hälfte des 10. und im frühen 11. Jahrhundert angesetzt werden (2 σ-Datierung: 888–1023). Der am Friedhofsrand Bestattete aus Grab 217 dürfte mit 60,6 % Wahrscheinlichkeit (1 σ) zwischen 980 und 1042 verstorben sein. Unter Berücksichtigung des stichprobenartigen Charakters der ausgewählten Gräber, der statistischmethodischen Unsicherheiten der naturwissenschaftlichen Datierungsmethode und des Umstandes, dass die Nordhälfte des Friedhofs nicht untersucht werden konnte, ist hieraus vorsichtig zu folgern, dass sich die Kernbestattungszone des 7. bis 9./10. Jahrhunderts auf einen relativ schmalen Streifen südlich der Kirche beschränkte. Grab 247 ist das südlichste und gleichzeitig eines der jüngsten Gräber im ältesten Bestattungshorizont in diesem Bereich. Nach Norden schloss sich ein rund 2–3 m breiter, bestattungsfreier Streifen zum Kirchenbau 1 hin an. Auch zu Kirche 2 hielten die Gräber anfänglich etwa 1 m Abstand ein, der erst mit einer deutlichen Zunahme der Belegungsdichte vor allem durch Kinderbestattungen verschwand (z. B. Grab 530 direkt an der Kirchenwand). Zudem ist ab dem ausgehenden 10. und frühen 11. Jahrhundert eine Erweiterung der Friedhofsläche nach Südosten (Grab 217) und nach Westen (Grab 558) festzustellen, sodass man geneigt ist, eine Verbindung zwischen dem Kirchenneubau und der Vergrößerung der Nekropole mit gleichzeitiger Intensivierung der Bestattungsaktivität herzustellen. Auch aus dem spätmittelalterlichen Bestattungshorizont konnten zwei Skelette beprobt werden. Von besonderem Interesse war hierbei Grab 203 als eine der stratigraisch jüngsten Beisetzungen vor der Errichtung von Bau 3. Hierin fanden sich als Belassung an der rechten Hand ein Fingerring aus Buntmetall und um den rechten Unterarm geschlungen eine Paternosterkette aus beinernen Ringperlen mit rundstabigem Querschnitt (Abb. 10,17; 14). Folgt man den Untersuchungen von Tilmann Mittelstraß, die sich exemplarisch auf den umfangreichen Materialkomplex vom Konstanzer Fischmarkt stützen, so dürfte es sich bei Paternosterringen mit rundstabigem Querschnitt um die typologisch älteste Form dieser Materialgattung handeln, die in die zweite Hälfte des 13. und in das 14. Jahrhundert datiert wird36. Auch unter den Herstellungsabfällen von Paternosterern am Münchner St. Jakobsplatz stehen rundsta- bige Beinringe am Beginn der Produktion im 13. Jahrhundert, werden dort aber vermutlich noch bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts hergestellt37. Grab 203 wird nur noch von der Kinderbestattung 206 geschnitten, die ebenfalls nachweislich älter als das Fundamentmauerwerk der gotischen Kirche ist38. Die Radiokarbondatierung von Grab 203 erbrachte mit einer Wahrscheinlichkeit von 47,5 % (1 σ) die relativ enge Spanne von 1271 bis 1303 als Zeitpunkt der Bestattung. Auch im 2 σ-Bereich deutet sich mit einer Wahrscheinlichkeit von 62,4 % eine Datierung zwischen 1256 und 1324 an. Somit ist einerseits ein Anhaltspunkt für das regionale Wiedereinsetzen der Beigabensitte, vor allem Paternosterschnüre betreffend, bereits im späten 13. oder frühen 14. Jahrhundert gegeben, andererseits liefert das Grab ein terminus post quem für die Errichtung von Bau 3, der sicher nach 1300 anzusetzen ist39. Bei Grab 214 handelt es sich um die jüngste beprobte Bestattung im Starnberger Friedhof. Sie ist Teil einer Dreifachbestattung von juvenilen Individuen und ist stratigraisch noch vor dem jüngstens Bestattungshorizont des 17./18. Jahrhunderts anzusetzen. Auch diesem Abb. 14. Starnberg, St. Benedikt. Grab 203: Paternosterkette aus Beinperlen und Fingerring aus Bronze (Foto: Ch. Later). 36 Mittelstraß 1999/2000, 242. 37 Brand 2006, 281 Abb. 8. 38 Im Gussmörtel von M 402 zeichnete sich der Schädel von G 206 als Negativabdruck ab, was eindeutig belegt, dass das Skelett älter als der Kirchenbau ist. 39 Für entsprechende Bestattungen auf dem Friedhof der Insel Wörth im Staffelsee nimmt Haas-Gebhard 2000a, 287–289 eine Datierung erst ins 15./16. Jahrhundert an. Allerdings unterscheidet sie die Paternosterschnüre nicht nach unterschiedlichen Ringtypen, sodass bei der noch ausstehenden Gesamtauswertung mit Korrekturen zu rechnen ist; vorsichtiger bereits Haas-Gebhard 2000b, 89 (13.–16. Jahrhundert). 389 Toten war eine Paternosterkette um den rechten Unterarm gewickelt beigegeben worden, die scheibenförmigen Ringperlen mit lachovalem Querschnitt gehören aber im Gegensatz zu Grab 203 einem jüngeren Typ an, der nach Mittelstraß erst im Verlauf des 15. Jahrhunderts aufkommt (Abb. 10,18.19)40. Grab 207, die nördlichste Bestattung des Dreifachgrabes, besaß zudem eine Gebetskette aus schlecht erhaltenen und kaum zu bergenden Weißmetallperlen (vermutlich Zinn), was ebenfalls schon für eine relativ junge Zeitstellung am Übergang zur frühen Neuzeit spricht. Betrachtet man den 1 σ-Bereich der Radiokarbondatierung, wurde Grab 214 mit einer Wahrscheinlichkeit von 59,6 % zwischen 1433 und 1494 angelegt, was gut mit der Datierung der großen scheibenförmigen Paternosterringe korreliert. DIE CHRONOLOGISCHE EINORDNUNG VON BAU 1 Sicher datierbare Funde, die mit Bau 1 in Bezug zu setzen sind, konnten nicht geborgen werden. Auch liegen keine Überschneidungen mit Gräbern vor, die eventuell einen chronologischen Anhaltspunkt für die Errichtung der Kirche bieten könnten. Einzig das mäßig hart gebrannte, glimmerhaltige und stempelverzierte Fragment eines handaufgebauten Gefäßes aus der Friedhofserde belegt eine Nutzung des Geländes bereits im 7. Jahrhundert (Abb. 10,13), kann aber auch mit einer hölzernen Profanbebauung zusammenhängen. Zudem besitzt Bau 1 als Saalkirche mit Rechteckchor keine besonderen typologischen Merkmale, welche eine engere zeitliche Eingrenzung ermöglichen würden41. Die bauhandwerkliche Ausführung als anscheinend reiner Roll- und Feldsteinbau verbindet die älteste Phase von St. Benedikt mit der rund 8,4 km nordöstlich von Starnberg gelegenen Kirche St. Michael in Buchendorf bei Gauting. Der Rechteckchor von St. Michael Bau 2, dem ältesten Steinbau vor Ort, wies mit lichten Maßen von 2,90 × 2,70 m bei einer Mauerstärke von 0,80 m annähernd dieselben Dimensionen wie die Starnberger Kir- che auf, allerdings war dort das Langhaus etwas größer und weniger massiv ausgeführt42. Die frühmittelalterliche Buchendorfer Steinkirche wird über ein 14C-datiertes Grab (um 720), das als vielleicht sogar noch älter als der hölzerne Vorgängerbau eingeschätzt wird, und über historische Erwägungen in die Zeit um 800 gesetzt, auch wenn für eine entsprechende Datierung aus archäologischer Sicht keine weiteren stichhaltigen Hinweise vorliegen43. Die Bauproportionen der ältesten Benediktskirche kehren auch bei der wohl ab 763 errichteten Kirche von Klais bei Mittenwald, dem Vorgänger des 772 an seinen heutigen Standort verlegten Klosters Schlehdorf wieder, auch wenn die Klaiser Kirche geringfügig größer war44. Etwas älter ist die erste, vom Typ identische, aber mit 23,5 × 10,0 m deutlich größere Kirche unter dem Regensburger Niedermünster, bei der es sich eventuell um die erste Bischofskirche oder die herzogliche Hofkapelle handeln könnte. Dieser teilweise auf römischen Fundamentresten gegründete Bau wurde zuletzt in das späte 7. Jahrhundert datiert und zeigt, dass steinerne Saalkirchen mit Rechteckchor in Altbayern schon in der ausgehenden Merowingerzeit bekannt waren45. Eine zwingende Datierung des Starnberger Baus in das 7. Jahrhundert lässt sich hieraus zwar nicht ableiten, eröffnet jedoch wenigstens eine entsprechende Möglichkeit. Bei einer Zweiphasigkeit des ältesten Starnberger Gotteshauses, die sich über mehrere Indizien am Baubefund andeutet, wäre Bau 1a zum Typ des einfachen Rechtecksaals ohne eingezogenen Chor zu rechnen. Diese Bauform ist nördlich der Alpen gleichfalls bereits ab dem späteren 7. Jahrhundert nicht ungewöhnlich und bis weit ins Hochmittelalter hinein gerade bei ländlichen Kleinkirchen zu belegen46. Die regional nächstgelegene Parallele für einen vergleichbaren Rechtecksaal ist die wohl nach 700 auf einem Ortsfriedhof entstandene Kirche von Epolding-Mühlthal bei Schäftlarn, die eventuell mit der 760/64 schriftlich bezeugten Eigenkirche eines Priesters Waltrich zu identiizieren ist47. Der steinerne Rechtecksaal in der Wüstung von Unterigling bei Landsberg am Lech entstand hingegen sogar erst am 40 Mittelstraß 1999/2000, 242–243. An Fundplätzen wie dem Münchner St. Jakobsplatz (Brand 2006, 281 Abb. 8) oder auf dem Petersberg bei Flintsbach a. Inn, einem lokal bedeutenden spätmittelalterlichen Wallfahrtsort im südlichen Landkreis Rosenheim (unpubl.), zeichnet sich ab, dass dieser Typ in kleinerer Form bereits ebenfalls sicher im 14. Jahrhundert aufkam. 41 Codreanu-Windauer 2003, 480. 42 Schwenk 1998, 80–83; 96 Abb. 78. 43 Ebd. 96. 44 Sage 1977, Beil. 3. 45 Konrad u. a. 2003, 655–656; 662 Abb. 4; ferner Schwarz 1972/73, 58–66 Abb. 29 noch mit falscher Zuweisung der Innenbestattungen und einem jüngeren Zeitansatz; die abschließende Publikation der Befunde zu den Kirchenanlagen steht noch aus, ist jedoch durch E. Wintergerst und A. Rettner in Vorbereitung. 46 Hensch 2006, 355–357 Abb. 11 mit Beispielen des 7.–11. Jahrhunderts. Hensch konstatiert für diese Bauform einen zeitlichen Schwerpunkt im 10. Jahrhundert, nutzt aber die oftmals von Seiten der Kunstgeschichte favorisierten Spätdatierungen; ausgehend vom Beispiel Solnhofen (Kirche II) ausführlich Later 2011, 81–88. 47 Zur Kirche Dannheimer 1968, 67–77; kritisch zur Rekonstruktion des Kirchenbaus und zu den älteren Befundansprachen vgl. Jacobsen u. a. 1991, 290–291 mit schlüssigerem Grundrissvorschlag; zur Nekropole Dannheimer 1968, 10–12. Angesichts der im näheren Umfeld gelegenen beigabenführenden Gräberfelder I–III des 6./7. Jahrhunderts ist es wahrscheinlich, dass die Kirche und das beigabenlose Gräberfeld IV erst nach Aufgabe der älteren Bestattungsplätze in den Bereich der Siedlung verlegt wurden. Aufgrund der 176 Gräber ist der Friedhof eher einer dörlichen Gemeinschaft als einer gesellschaftlichen Elite zuzuweisen, auch wenn das Gotteshaus ursprünglich durch eine dort ansässige Familie als Eigenkirche über einem einzelnen älteren Tuffplattengrab erbaut worden sein dürfte. 390 Ende der Nutzungszeit des dortigen Gräberfeldes in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts und ersetzte einen bis zu 100 Jahre älteren Holzbau, der zeitgleich mit der Anlage des Friedhofs errichtet wurde48. Es zeigt sich, dass in Südbayern bautypologische Vergleiche sowohl für die Variante als einfacher Rechtecksaal als auch für Saalkirchen mit Rechteckchor vor 700 eher ungewöhnlich sind. Auch die Bauweise in Stein setzt regional in größerem Maße eigentlich erst ab dem 8. Jahrhundert ein. In Herrsching wurde ein nach 620/30 errichtete Holzbau wohl noch im späten 7. Jahrhundert grundrissidentisch in Stein erneuert49. Die Holzkirche von Aschheim, die in der hypothetischen Rekonstruktion Dannheimers konstruktiv bedingt schmale Seitenschiffe und eventuell einen „Chorumgang“ besaß, wurde um 700 durch einen etwas schmaleren Saalbau aus Tuffstein mit breitrechteckigem Chor ersetzt, von dem jedoch ebenfalls auch nur geringe Fundamentreste nachgewiesen werden konnten50. Noch im fortgeschrittenen 9. Jahrhundert am Ende der Friedhofsbelegung wurde in Unterigling die in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts errichtete hölzerne Friedhofskirche durch einen steinernen Saalbau abgelöst51. Allerdings sind aus Südbayern auch steinerne Kirchenbauten ohne hölzer- nen Vorgänger nicht unbekannt. Auf die älteste Kirche unter dem Regensburger Niedermünster aus dem späten 7. Jahrhundert wurde bereits hingewiesen. Ebenfalls keinen hölzernen Vorgänger besaß anscheinend der 10 × 6 m große Apsidensaal auf der Insel Wörth im Staffelsee. Dieses Gotteshaus, das jedoch bislang nur in Vorberichten und ohne Abbildung von Fundmaterial veröffentlicht ist, dürfte nach dem ersten Drittel des 7. Jahrhunderts im Bereich einer kleinen, bereits seit dem ausgehenden 6. oder frühen 7. Jahrhundert belegten Nekropole errichtet worden sein. Sollte sich die Befundsituation bestätigen, stellt dieses Beispiel einen der ältesten derzeit bekannten steinernen Kirchenbauten des Frühmittelalters in Bayern dar52. Das dortige Ensemble von Gräberfeld und Kirche gehörte anscheinend zu einem herrschaftlichen Hofkomplex, der wohl auch weitere Gebäude aus Stein umfasste – in ländlichem Umfeld im 7. Jahrhundert in Süddeutschland ebenfalls eine absolute Seltenheit53. Als Zwischenfazit ist festzuhalten, dass eine Erbauung von St. Benedikt in Stein im 7. Jahrhundert durchaus möglich ist, auch wenn die meisten vergleichbaren Kirchenbauten beim derzeitigen Forschungsstand wohl erst dem 8. Jahrhundert angehören dürften54. 48 Schwenk 2000; Meier 2007, 82–83. 49 Keller 1991/92, 49–57 Abb. 34; 37. – Keller nimmt eine Errichtung des hölzernen Kirchenbaus nach der Anlage von Grab 9 um 620/30 an und schließt auf eine gleichzeitige Aufgabe von Kirche und Bestattungsplatz kurz nach 700 (ebd. 57). Allerdings sind aus dem Befund heraus weder die Errichtung noch das Ende des steinernen Baus 2 zeitlich näher einzugrenzen, vielmehr ist entgegen Kellers Ansicht eine bis weit ins 8. Jahrhundert hineinreichende Nutzung von Kirche und Bestattungsplatz durchaus vorstellbar. Wichtiger Anhaltspunkt hierfür ist die Erdbestattung Grab 4 mit Klappmesser und streifentauschiertem Nietplattensporn, die bereits der Stufe 4a nach Burzler (690/710) angehört (Burzler 2000, 60 mit Anm. 349; 202–203 Tab. 6; Keller 1991/92, 33 Abb. 20,11–13). Denn direkt über dieser Bestattung wurde zu einem späteren Zeitpunkt das ungestörte und mit einer schlichten ovalen Eisenschnalle ausgestattete Tuffplattengrab 2 angelegt, das nur allgemein in die Stufe 4 nach Burzler (690/720) zu setzen ist (Burzler 2000, 202 Tab. 6; Keller 1991/92, 47 Abb. 20,10). Das Skelett von Grab 4 wurde vor oder während der Anlage des Tuffplattengrabes 2 massiv gestört, wobei sich die Knochen augenscheinlich nicht mehr im Sehnenverband befanden (Keller 1991/92, Abb. 28). Dies spricht für eine Belegung des Gräberfeldes noch bis weit ins 8. Jahrhundert. Gleiches gilt vielleicht auch für das partiell gestörte Grab 13, das nur ein Messer mit geknicktem Rücken enthielt und von Burzler unter Vorbehalt zu ihrer Stufe 4 (690/720) gezählt wird (Burzler 2000, 203; Keller 1991/92, 49 Abb. 25,7). Auch dieses Grab wird von einem Tuffplattengrab (Grab 5) überlagert, das daher erst im 8. Jahrhundert entstanden sein dürfte. Da man davon ausgehen muss, dass Gräberfeld und Kirche nicht direkt nach der letzten Bestattung aufgelassen wurden, kann eine Bestandsdauer bis wenigstens in das zweite Viertel des 8. Jahrhunderts hinein angenommen werden. Zudem muss die Aufgabe des Bestattungsplatzes noch lange nicht automatisch die Niederlegung des Sakralbaus nach sich ziehen. Die Thermoluminiszenzdatierung von zwei neben der Kirche aufgedeckten Kalkbrennöfen erbrachte das Datum 670 ± 30, welches Keller sowohl für die Errichtung als auch für die Niederlegung der Kirche in Erwägung zog (Keller 1991/92, 57). Angesichts der oben diskutierten Grabbefunde ist dieses Datum am ehesten auf die Errichtung der Steinkirche zu beziehen. 50 Dannheimer 1988, 69–72 Beil. 2. 51 Schwenk 2000; ausführlich Meier 2007, 82–88 Abb. 31. 52 Haas-Gebhard 1999, 146–147 Abb. 3. 53 Ebd. 147. – Steinarchitektur ist im agilolingischen Baiern abgesehen von den frühen Klöstern des 8. Jahrhunderts nur in herzoglichem Umfeld anzunehmen, archäologisch aber bislang nicht nachgewiesen, vgl. Fries-Knoblach 2010, 361–372; die von Fries-Knoblach als profaner Repräsentationsbau des späten 8. Jahrhunderts angeführte Torhalle von Frauenchiemsee (ebd. 2010, 361) wird von kunstgeschichtlicher Seite erst in das ausgehende 10. bis frühe 11. Jahrhundert datiert. Einerseits macht die Torhalle siedlungstopograisch erst nach der Verlegung der Klausur auf die Südseite des Münsters um 1000 einen Sinn (Oswald 2009, 29–30), andererseits wurde die Datierung der Fresken im Obergeschoss der Torhalle von M. Exner zuletzt auf das späte 10. oder frühe 11. Jahrhundert korrigiert (Exner 2003, 115–118), was gut zu neu kalibrierten 14C-Daten (950–1020) einiger früher noch auf 880 ± 50 datierter Bauhölzer passt (Dannheimer 2008, 47). Ansonsten sind steinerne Gebäudestrukturen in ländlichen Siedlungen unüblich (Fries-Knoblach 2010, 364 mit Anm. 17). Eine Ausnahme ist die in der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts gegründete curtis von Solnhofen im Altmühltal, zu der später auch ein steinerner Kirchenbau mit Zwillingsapsis und mehrere Profangebäude mit lehmgebundenem Fundamentmauerwerk gehörten (Later 2011, 346–351). In der spätmerowingerzeitlichen Siedlung von Eichstätt existierte in der vorklösterlichen Phase ebenfalls ein Steingebäude, wobei aber unklar ist, ob es sich hierbei um einen Profan- oder einen Sakralbau handelte (vgl. Keßler 1992, 44). In beiden Fällen sind auch Fachwerkbauten auf Steinsockeln vorstellbar. 54 Zum Forschungsstand vgl. Codreanu-Windauer 2003, 460–482. 391 ZUM ZEITLICHEN VERHÄLTNIS UND ZUR FUNKTIONALEN EINORDNUNG VON NEKROPOLE UND BAU 1 Essenziell zum Verständnis der Starnberger Befundsituation ist die Klärung des zeitlichen Verhältnisses der Tuffplattengräber zum ersten Kirchenbau. Obwohl dies aus dem archäologischen Befund heraus nicht mit letzter Gewissheit möglich ist, sprechen verschiedene Argumente dennoch dafür, dass der älteste Steinbau bereits in der Merowingerzeit entstanden ist. Zeitlicher Dreh- und Angelpunkt sind hierbei die 14C-Daten der ältesten Plattengräber 537, 274b und 199, welche diesen zufolge mit großer Wahrscheinlichkeit in der ersten Hälfte und im zweiten Drittel des 7. Jahrhunderts angelegt wurden. Folgt man der Beobachtung, dass Steinarchitektur im Sakralbau erst um 700 in Bayern einzusetzen scheint, ergibt sich damit eine zeitliche Diskrepanz von etwa zwei Generationen. Diesem Problem wird im Folgenden weiter nachgegangen, wobei auch die Frage nach der funktionalen Ansprache des Befundes zu stellen ist. Grundsätzlich ist nicht sicher zu entscheiden, ob die Kirche auf dem bereits bestehenden Bestattungsplatz einer christlichen Hofgemeinschaft zur dauerhaften Sicherung ihres Totengedenkens (Memoria) als Eigenkirche errichtet wurde wie in den Fällen Wörth im Staffelsee, Mühlthal und Herrsching55 oder ob sich ein Friedhof erst in der Folge etablierte, da man seine Toten nach frühchristlicher Sitte ad sanctos beisetzen wollte. Auffällig ist das räumliche Verhältnis zwischen der Tuffplattengrabreihe im Osten und dem nur noch in Resten erfassten Tuffsteingrab 555 im Westen der Grabungsläche. Der Umstand, dass die Plattengräber sowohl auf den Ostabschluss als auch auf die Westwand des Langhauses von Bau 1 (= Bau 1a) Bezug zu nehmen scheinen, spricht dafür, dass wenigstens dieser Teil des Gotteshauses oder ein ähnlich dimensionierter Vorgänger bereits vor der Entstehung des Bestattungsplatzes oder zumindest zeitgleich mit dessen Anlage errichtet wurde. Außer der Nord-Süd-Reihe der Plattengräber 274, 196 und 537 orientieren sich vermutlich auch das zeitgleiche Erdgrab 533 und das wenig jüngere Grab 513 an der Südwand des hypothetischen Baus 1a. Als weiteres Argument für das Vorhandensein eines Bauwerks an der Stelle der späteren Kirche bereits beim Belegungsbeginn des Gräberfeldes ist das vollkommene Fehlen von Grabüberschneidungen durch die Fundamentgräben zu werten, anders als es beispielsweise bei der nachträglich auf dem Gräberfeld errichteten Kirche von Mühlthal der Fall ist56. Während der gesamten Bestandszeit von Bau 1 wird von den Gräbern sogar ein gleichmäßiger Abstand zu den Kirchenwänden eingehalten. Eine schmale gräberfreie Zone und fehlende Überschneidungen können auch entlang der Mauern von Bau 2 beobachtet werden. Durch die Ummantelung des gesamten älteren Langhauses im Süden, Westen und Norden im Zuge des Neubaus wurde der grabfreie Raum zwar um eine Mauerstärke reduziert, blieb aber weiterhin gewahrt. Dies lässt den Schluss zu, dass der Standort der Kirche mit einem umlaufenden Weg bereits vor der Einbringung der ältesten Gräber festgelegt war und bis ins hohe Mittelalter hinein respektiert wurde. Natürlich könnte diese Beobachtung auf Zufall beruhen und durch eine erst später erfolgte Errichtung der Kirche im Randbereich eines älteren Bestattungsplatzes erklärt werden, wie dies beispielsweise für die Holzkirche von Staubing bei Kelheim anzunehmen ist57. Sicher jünger als die ersten Gräber sind aufgrund von Grabüberschneidungen auch die hölzernen Kirchenbauten von Aschheim (um 600 bzw. erste Hälfte 7. Jahrhundert) oder Herrsching (um 620/30)58 sowie die Holzkirche von Barbing Kreuzhof (um 700?), deren Westwand ebenfalls Gräber zu überlagern scheint59. Allerdings nehmen bereits die ältesten Starnberger Gräber auf die Kirche Bezug und nicht umgekehrt. Vernachlässigt man die potenzielle, aber aus dem Befund nicht beweisbare Existenz eines hölzernen Vorgängers, gewinnt angesichts des offensichtlichen Lagebezugs der Bestattungen auf das Langhaus die Annahme einer Bauphase 1a als Gründungsbau sogar noch an Wahrscheinlichkeit. Das älteste Bauwerk an der Stelle von St. Benedikt wäre demnach ein rechteckiger Saalbau mit auffällig starkem Mauerwerk gewesen. Hinweise auf eine liturgische Gliederung des Innenraums liegen im Befund nicht vor, sodass nicht automatisch auf eine sakrale Funktion geschlossen werden kann, auch wenn dies angesichts der späteren Bauentwicklung an- 55 Die Herrschinger Kirche entstand sicher erst nach der Anlage von Grab 9, vgl. Keller 1991/92, 53–57 Abb. 41. 56 Dannheimer 1968, Taf. E. 57 Fischer 1993, 58–59 Beil. 2,1. Grabüberschneidungen sind nicht vorhanden, die Kirche ist im Norden, Osten und Süden aber fast ausschließlich von beigabenlosen Bestattungen umgeben, die der jüngsten Belegungsphase des Gräberfeldes um bzw. nach 700 zugerechnet werden. Der Chor der Kirche scheint auf eine kleine Gruppe teilweise beraubter Gräber (144, 145, 156, 157) ausgerichtet zu sein, die Funde des fortgeschrittenen 7. Jahrhunderts bzw. der Zeit um 700 enthielten (Fischer 1993, 58–59 Taf. 49,2–5.7.8; 50; 51,1.2). Die Kirche ist daher am ehesten in die Zeit um 700, wenn nicht sogar erst ins frühe 8. Jahrhundert zu datieren. 58 Zu Aschheim: Dannheimer 1988, 65 Abb. 11; zu Herrsching: Keller 1991/92, 53–57 Abb. 41. 59 Im Fall Barbing wird allgemein angenommen, dass die Gräber im Westen der Kirche erst nach einer Zerstörung des Holzbaus angelegt wurden, was den Fortbestand der Nekropole auch nach Aufgabe des Gotteshauses anzeigen soll (vgl. Geisler 1993, E II b; Codreanu-Windauer 2003, 463 Abb. 3,1). Hierbei drängt sich jedoch die Frage auf, warum man nicht auch die neue, frei gewordene Fläche des Kircheninnenraums zu Bestattungszwecken nutzte. Dieser Umstand lässt sich einerseits über einen Fortbestand der Kirche mit gleichzeitiger Verkürzung im Westen erklären. Alternativ ist auch ein Szenario vorstellbar, bei dem die Kirche am Ostrand eines bereits genutzten Bestattungsareals errichtet wurde und hierbei einige Gräber im Westen überlagerte. Mit einer Ausweitung des Friedhofs nach Osten rückte die Kirche dann im Lauf der Zeit in dessen Zentrum und wurde vollständig von Gräbern eingeschlossen. 392 zunehmen ist. Die beinahe quadratische Form von Bau 1a ist für rechteckige steinerne Saalkirchen des späteren 7. Jahrhunderts eher atypisch. Stattdessen erinnert der Grundriss stark an kleine rechteckige oder quadratische gemauerte Memorialbauten, die man vor allem in Regionen mit einem Fortleben spätantiker Traditionen vom 5./6. bis in das 8. Jahrhundert auf Bestattungsplätzen nachweisen kann. Diese cellae memoriae, die sowohl im Rhein-Mosel-Raum als auch im mittleren und westlichen Alpengebiet südlich des Rheins archäologisch vielerorts belegt sind, dienten primär als familieneigene Grabbauten und Mausoleen60. Die Anzahl der Innenbestattungen kann zwischen wenigen bis über 20 schwanken, es sind aber auch Beispiele bekannt, die vermutlich allein dem Totengedächtnis dienten, während die Gräber im direkten Umfeld angelegt wurden61. Viele dieser cellae memoriae wurden nachträglich durch die Einbringung von Altären und Schrankenanlagen zu christlichen Grabkapellen umgestaltet oder bildeten den Kern für eine spätere Erweiterung zu regulären Gemeinde- oder Klosterkirchen, die an der Stelle von Gräbern besonders verehrter Personen entstanden62. Diese Befundgattung, deren Entstehung das Vorhandensein einer romanischen Bevölkerungskontinuität über das 5. Jahrhundert hinaus eigentlich voraussetzt, war im frühmittelalterlichen Baiern zwar selten, aber nicht grundsätzlich unbekannt63. So konnten 2001 in Augsburg auf dem römischen Gräberfeld am Kitzenmarkt südlich von St. Ulrich und Afra die Überreste von sechs rechteckigen gemauerten Grabbauten untersucht werden, von denen wenigstens einer ausweislich der darin aufgefundenen beigabenführenden Bestattung bis in das fortgeschrittene 6. Jahrhundert hinein genutzt wurde64. Im späten 6. oder frühen 7. Jahrhundert ist wohl auch der merowingerzeitliche Bau unter der Klosterkirche St. Ulrich und Afra entstanden, von dessen Existenz lediglich die 2,5 m lange „Mauer P“ zeugt und dessen lichte Breite (oder vielleicht doch eher die Länge?) aufgrund der aufgedeckten Innenbestattungen wohl wenigstens 15 m betrug65. Die Ansprache dieses gewaltigen Bauwerks als Kirche66 ist nicht zwingend, denn gerade die dichte Belegung mit Gräbern des 7. Jahrhunderts lässt auch an einen spätantiken/frühmittelalterlichen Coemeterialbau vergleichbar dem gewaltigen Vorgänger von St. Maximin in Trier (65 × 17 m) denken. Entsprechende, vermutlich überdachte Friedhöfe bildeten gleichfalls einen architektonischen Rahmen für Trauerfeiern und ein regelmäßiges Totengedenken am Grab mit den zugehörigen Ritualen, sodass sie funktional mit den privaten cellae memoriae zumindest verwandt sind67. Ein anderes Beispiel für ein frühmittelalterliches Memorialgebäude stammt aus Salzburg. Von den Dimensionen her stellt der um 700 angesetzte Zweikammerbau (Bau I) unter der späteren Abteikirche von St. Peter mit Fundamentaußenmaßen von 9,30 × 5,40 m eine besonders gute, wenn auch etwas schmalere Parallele für den Starnberger Bau 1a dar. Wie Hans Rudolf Sennhauser überzeugend darlegen konnte, handelt es sich auch hierbei um einen Grabbau, der aufgrund der Fundamentstärke von 1,35–1,90 m wohl mit einem Tonnengewölbe versehen war, wie es bei dieser Architekturgattung nicht unüblich ist68. Verfolgt man diese Überlegungen zur funktionalen Ansprache von Bau 1a weiter, könnte auch die im Gegensatz zu zeitgleichen Reihengräberfeldern auffällige Beigabenlosigkeit der Starnberger Nekropole auf eine stärker spätrömischen Traditionen verhaftete Bestattungsgemeinschaft hinweisen. Im Rahmen der hier zur Diskussion gestellten skizzierten These eines älteren steinernen Rechtecksaals als Ausgangspunkt der Bauentwicklung von St. Benedikt kann von einer Kirche im engeren Sinn gesichert erst nach dem Anbau des quadratischen Altarraumes und der Erweiterung zu Bau Ib gesprochen werden. In Analogie zu den oben angeführten Architekturparallelen für Saalkirchen mit Rechteckchor aus dem ausgehenden 7. oder frühen 8. Jahrhundert würde sich dieses Entwicklungsmodell sehr gut in den derzeitigen Forschungsstand einfügen und könnte die zeitli- 60 Vgl. für die Schweiz: Sennhauser 2003, 26–38 mit Abb. 12. Die dort zusammengestellten Bauten sind in der Regel jedoch etwas kleiner als Bau 1a von Starnberg, die Beispiele Chur (St. Stephan) und Mels zeigen allerdings, dass es auch größer dimensionierte Grabbauten gab; für den Rhein-Mosel-Raum zusammenfassend: Ristow 2007, 43–51; für Süddeutschland Krohn 2002, bes. 328–331 mit Abb. 7 (vor allem bezüglich der Herleitung und Deutung hölzerner Baustrukturen auf alamannischen und bajuwarischen Gräberfeldern). 61 Hier wäre als Beispiel die im 5. Jahrhundert errichtete und bis ins 6. Jahrhundert genutzte Nordkirche von Schiers in Graubünden zu nennen, deren im Lichten 6,5 × 4,4 m großer Innenraum frei von Bestattungen war. Für diese wurden separate Anbauten an den Schmalseiten angefügt (Sennhauser 2003, 175–176 Abb. 1). Das Fehlen von Bodengräbern in vielen dieser Memorialbauten kann auch durch eine obertägige Aufstellung von Sarkophagen nach mediterraner Sitte erklärt werden. 62 Prominente Beispiele hierfür sind die Grabbauten unter dem Dom St. Viktor in Xanten, im Bonner Münster oder in St. Severin in Köln (Ristow 2007, 88–95 Abb. 19–21 Taf. 20; ebd. 130–139 Abb. 35–38 Taf. 32–34; ebd. 153–157 Abb. 44–45 Taf. 42–43, jeweils mit älterer Literatur). 63 Zur Frage nach dem Anteil von Romanen an der Bevölkerung im agilolingischen Bayern vgl. Rettner 2002a. 64 Bakker/Fleps 2001, 98–99. 65 Haas 1977, 66–72 Abb. 7. – Zum in spätrömischer Tradition stehenden Stadtbild von Augsburg im 6. und frühen 7. Jahrhundert vgl. Rettner 2002b, 541–542. 66 Haas 1977, 71. 67 Zu St. Maximin vgl. zusammenfassend Ristow 2007, 203–209 Abb. 62–64 Taf. 63. Dieser Bau entstand im späten 4./5. Jahrhundert über einem Gräberfeld mit mehreren einzelnen kleinen cellae memoriae und wurde auch später noch durch den Anbau privater Mausoleen erweitert. Im 6. Jahrhundert wurde die Anlage vermutlich zu einer Kirche umgestaltet. 68 Sennhauser 1983, 57–69 Abb. 6. Eine Wölbung des Starnberger Baus 1a ist aber aufgrund der größeren Breite eher unwahrscheinlich. Vielmehr könnte die Fundamentstärke auch als Reaktion auf eine nur schwer einzuschätzende Stabilität des Untergrundes im Hangbereich oder eine geringe Erfahrung im Umgang mit Steinarchitektur erklärt werden. 393 che Lücke zu den Bestattungen der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts überbrücken69. Als Fazit lässt sich festhalten, dass angesichts der unerwartet frühen 14C-Daten aus den Tuffplattengräbern und des offensichtlichen Lagebezugs der ältesten Gräber zum Langhaus von Bau 1 kein Zweifel an einer Entstehung von Kirche und Nekropole spätestens in der Mitte des 7. Jahrhunderts bestehen kann. Ein hölzerner Vorgängerbau ist nicht auszuschließen, es ist aber wahrscheinlicher, dass zunächst nur das spätere Langhaus als Bau 1a errichtet wurde. Unabhängig vom funktionalen und rechtlichen Status dieses Bauwerks – Memorialbau auf einem Bestattungsplatz oder bereits eine frühe Eigenkirche – handelt es sich um eines der ganz wenigen Beispiele für jüngermerowingerzeitliche Steinarchitektur in Bayern. Die Umgestaltung zur regulären Kirche durch den Anbau eines Chores könnte schon um 700 stattgefunden haben, ist aber genauso gut auch im 8./9. Jahrhundert denkbar. Das Fehlen von Grabüberschneidungen spricht jedoch auch in diesem Fall eher für einen früheren Ansatz. Wegen der Unsicherheiten bezüglich der Bauabfolge und der daraus resultierenden unterschiedlichen Deutungsmöglichkeiten sind auch zur funktionalen Ansprache des Bestattungsplatzes in seiner Frühphase nur eingeschränkt Aussagen möglich. Grundsätzlich ist es nicht unwahrscheinlich, dass sowohl das Gräberfeld als auch der Kirchen- bzw. Memorialbau ihren Ursprung in der Separatnekropole einer Familie der örtlichen Oberschicht besitzen, wie dies beispielsweise auch für Herrsching angenommen wird. Dort hängt die Interpretation vor allem an den außergewöhnlich reichen Grabausstattungen, die in Starnberg jedoch fehlen70. Dennoch spricht allein schon die aufwändige Grabform der Tuffplattenkammern in Verbindung mit einem steinernen Gebäude auf dem Bestattungsplatz für eine ähnlich herausragende gesellschaftliche Position der hier leben- den Familie71. Somit kann spätestens Bau 1b im ausgehenden 7. und 8. Jahrhundert als herrschaftliche Eigenbzw. Privatkirche bezeichnet werden. Der Grundherr verfügte über genug Vermögen, um auf seinem Eigentum einen Kirchenbau zu errichten bzw. dauerhaft baulich zu unterhalten und einen Priester mit Einkünften auszustatten72. Als Gegenleistung beanspruchte er für sich und seine Familie eine Grabstelle in unmittelbarer Nähe der Kirche, um den Reliquien im Altar besonders nahe zu sein und um effektiver in das Totengedenken während der Messe eingebunden werden zu können73. Erst in der Folgezeit könnte der Starnberger Bestattungsplatz von einer größeren dörlichen Gemeinschaft als Friedhof genutzt worden sein wie dies beispielsweise auch für Mühlthal wahrscheinlich ist. Ausgehend von der archäologischen Befundsituation mit der Entstehung des Friedhofs in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts kann St. Benedikt auch nicht mehr als Gründung des Klosters Benediktbeuern angesehen werden, wie dies in der lokalen Literatur bis zuletzt vertreten wurde74. Vorstellbar ist hingegen ein späterer Übergang an die in der Starnberger Gegend reich begüterte Abtei im Zuge größerer Verschiebungen der Besitzverhältnisse in der Region um 80075. Der frühestens ab diesem Zeitpunkt wahrscheinliche Patrozinienwechsel hin zum Hl. Benedikt als Patron Benediktbeuerns könnte andeuten, dass die Kirche und der zugehörige Hof in Starnberg im 9./10. Jahrhundert unter geistlicher Herrschaft standen. ZUR DATIERUNG DER BAUTEN 2 UND 3 Auch im Fall von Bau 2 sind rein archäologische Datierungshinweise für die jeweiligen Neubauten eher spärlich. Im Osten kam es bei der Errichtung des Chores wohl zu einer geringfügigen Überbauung von äl- 69 Nur am Rande sei hier erwähnt, dass auch für Holzkirchen in der Regel nur eine unwesentlich längere Bestandsdauer angenommen wird. Dannheimer rechnet in Aschheim mit einer Lebensdauer von etwa drei bis vier Generationen (Dannheimer 1988, 68), der hölzerne Kirchensaal von Unterigling dürfte ebenfalls rund 100 Jahre bestanden haben (Meier 2007, 84), und Geisler geht bei der Verwendung von Eiche mit einer Haltbarkeit von 50–100 Jahren aus (Geisler 1993, E I 5). Die Lebensdauer hölzerner Kirchenbauten ohne steinerne Nachfolger wie beispielsweise Staubing sind grundsätzlich nur schwer einzuschätzen, vor allem da die Errichtung im besten Fall nur durch einen terminus post quem fassbar ist und das Ende in der Regel durch beigabenlose Bestattungen markiert wird. 70 Keller 1991/92, 58; 63–68. 71 Obwohl der Herrschinger Bau stets als Kirche angesprochen wird, liegen streng genommen im Befund keine Hinweise auf eine liturgische Nutzung vor. Die Grundrissform als Saal mit gleichbreiter Apsis tritt auch bei spätantik/frühmittelalterlichen Memorialbauten auf, so z. B. bei dem spätmerowingerzeitlichen Anbau an dem Grabsaal unter dem Bonner Münster (Ristow 2007, 153–157 Abb. 44–45) oder auf dem Gräberfeld von Kaiseraugst (Krohn 2002, Abb. 7,3); zur funktionalen Ansprache vgl. auch Krohn 2002, 319–321 Abb. 3. 72 Da Starnberg territorial bereits im 8. Jahrhundert zum Bistum Augsburg bzw. dem zwischen 740/41 und 800 davon abgespalteten Bistum Neuburg-Staffelsee gehörte (vgl. Groll 2007, 11–16 Abb. 1), ist neben einem weltlichen Grundherrn auch eine geistliche Gründung nicht auszuschließen. Hieraus wäre jedoch nicht das Modell einer einzelnen, bei einer Grabkapelle oder Eigenkirche bestattenden Familie im frühen 7. Jahrhundert schlüssig zu erklären. 73 Zur Problematik um die Anwendbarkeit von Begriffen wie Eigenkirche und Stiftergrab auf Kirchen mit Bestattungen sozialer Oberschichten (sowohl im Kirchenraum als auch in deren Umfeld) vgl. ausführlich Borgolte 1985; den aktuellen Forschungsstand zusammenfassend Krohn 2007. 74 Rank/Schmid 2008, 14–16. 75 Hier sei lediglich auf die Schenkung der karolingischen Prinzessin Kisyla verwiesen, die um 800 Güter cum ecclesiis in Gauting, Buchendorf und Leutstetten direkt nördlich von Starnberg an das Kloster Benediktbeuern tradierte (Schwenk 1998, 99). Kloster Benediktbeuern selbst wurde wiederum zur selben Zeit Eigenkloster des Augsburger Bischofs (Rank/ Schmid 2008, 15–16). 394 teren Bestattungen, wie ein verlagerter menschlicher Schädel an der Innenkante des Fundamentbereichs von M 412 andeutet (Abb. 5)76. Im Humus auf und zwischen der Tuffbruchschicht Befund 413 fanden sich hochmittelalterliche Wandscherben, über dieser Schicht lag in einem Bereich mit jüngeren Fundbeimengungen das Fragment eines Topfes mit rundlippigem Wulstrand, wie er in Ostschwaben und Oberbayern dem ausgehenden 11. und 12. Jahrhundert zugewiesen werden kann (Abb. 10,12)77. Aus der Grabgrubenverfüllung der auf den Westabschluss von Bau 2 bezogenen Bestattung Grab 558 stammt eine Randscherbe des 10./11. Jahrhunderts (Abb. 10,4). Grab 543 orientiert sich an der Langhaussüdwand von Bau 2, wahrt aber einen gewissen Abstand zu dieser und ist älter als das Kindergrab 530, welches eindeutig die Stufe vor dem südlichen Kircheneingang berücksichtigt. In der Grabgrubenverfüllung der schlecht erhaltenen Kinderbestattung Grab 543 fand sich eine orangebeige Wandscherbe mit breitem Rillenbündel, über die das Grab ins 9./10. Jahrhundert datiert werden kann. Stellt man einen Bezug zwischen Bau 2 und Grab 543 her, wäre wohl auch Grab 282 diesem Zeithorizont zuzurechnen. Stratigraisch ist die Bestattung mit der kalkgrusgemagerten Randscherbe einer Schale oder eines Gefäßes mit Trichterrand (Abb. 10,3) zumindest jünger als das mit Bau 1 zu korrelierende Grab 513. Eine sehr gute bautypologische Parallele für den Starnberger Bau 2 indet sich in der etwas kleineren Kirche IV von Aschheim bei München, deren Entstehungszeit aufgrund der Kleinfunde im späteren 10. oder im 11. Jahrhundert anzusetzen ist78. Hierbei handelt es sich um einen Tuffquaderbau auf einem Rollsteinfundament mit einer Langhausmauerstärke von 0,6–0,7 m und einem leicht trapezoiden Chorraum. Bei annähernd gleicher Länge des Schiffs ist die Starnberger Kirche jedoch deutlich breiter als die Aschheimer, während sich die Grundlächen der Presbyterien trotz unterschiedlicher Seitenverhältnisse weitgehend entsprechen. Auf jeden Fall zeigt der vergrößerte Neubau der Kirche im beginnenden Hochmittelalter zusammen mit einer verstärkten Belegung und der räumlichen Ausdehnung des Bestattungsareals an, dass St. Benedikt erst ab diesem Zeitpunkt die Funktion als Pfarrkirche einer größeren Gemeinde im seit 948/57 urkundlich fassbaren Achheim übernommen haben dürfte. Das Kloster Benediktbeuern scheint zur selben Zeit seinen Einluss in Starnberg zunehmend verloren zu haben. Eine mögliche Ursache hierfür mag in erneuten Verschiebungen innerhalb der regionalen Besitzverhältnisse liegen, nachdem das Kloster Benediktbeuern die Wirren der Ungarnstürme 950/55 nicht überstanden hatte und in der zweite Hälfte des 10. Jahrhunderts durch Bischof Ulrich von Augsburg lediglich als Kanonikerstift wiederbelebt wurde79. Einen absolutchronologischen Anhaltspunkt für die Niederlegung von Bau 2 und die Errichtung des gotischen Nachfolgers Bau 3 bietet die radiokarbondatierte Bestattung Grab 203, die am wahrscheinlichsten in die Zeit um 1300 fällt und von der Ostwand der Seitenkapelle (M 401) geschnitten wird. Bau 2 muss also bis wenigstens ins frühe 14. Jahrhundert bestanden haben. Angesichts der Umstände, dass Grab 203 noch von einem weiteren Grab überlagert wird und dass eine Bau 3 zuweisbare Rötelinschrift die Jahreszahl 14[1]6 zeigt, deutet sich als Erbauungszeitraum der gotischen Kirche am ehesten die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts an. Gestützt wird dieser Zeitansatz zusätzlich durch den vor allem im 13./14. Jahrhundert nachweisbaren Typ der Paternosterperlen aus Grab 203 selbst (Abb. 10,17) sowie durch weitere Stücke derselben Form aus den oberen Verfüllschichten des Tuffplattengrabes Grab 274, die wohl während der Fundamentierungsarbeiten für Bau 3 dort hinein geraten sind. Einen weiteren chronologischen Anhaltspunkt liefern zwei klassische Kragenränder des späten 13. bis beginnenden 15. Jahrhunderts aus der jüngsten Friedhofsschicht unter dem Neubau sowie aus dem Bauhorizont in der Westhälfte des Langhauses (Abb. 10,9.10)80. BEDEUTUNG DER STARNBERGER BEFUNDE Die archäologische Untersuchung des alten Starnberger Kirchhofs um St. Benedikt stellt mit dem Nachweis einer merowingerzeitlichen Besiedlung des Ortsteils Achheim mit steinernem Kirchenbau und Bestattungen einer sozialen Elite sicherlich ein für die Ortsgeschichte überraschendes und hoch bedeutsames Ergebnis dar, konnte man doch eine Existenz des Ortes Starnberg bislang nur über die 1225/26 erstmals genannte Burg und die Herren von Starnberg-Acham als Ministerialen der Andechs-Meranier bis in das 12. Jahrhundert zurückverfolgen81. Die Kirche St. Benedikt war über die urkundliche Erwähnung eines Priesters indirekt ebenfalls erst seit 1220 belegt. Stattdessen ist nach dem jetzigen Forschungsstand mit einem herrschaftlichen Besitzkomplex bereits seit dem mittleren 7. Jahrhundert zu rechnen, auf dessen Grundlage sich über den eventuellen Zwischenschritt einer geistlichen Besitzphase die hochmittelalterliche Herrschaft der Herren von Starnberg-Acham herausgebildet haben könnte. 76 Humose Verfärbungen im Planum deuten auf zwei durch M 412 überlagerte Grabgruben hin, die als nördliche Verlängerung der Tuffplattengräberreihe auf Bau 1 zu beziehen wären. Der entsprechende Bereich wurde aus Rücksicht auf die Bausubstanz jedoch nicht weiter untersucht. 77 Later 2009b, 65 (RF 4). 78 Dannheimer 1988, 77–81 Abb. 15 Taf. 23,1–20. 79 Winghart 1993/94, 224; Rank/Schmid 2008, 15; 158–159. 80 Zu den schmalen Kragenrändern vgl. Later 2009b, 68 (RF 6a) mit verschiedenen Beispielen für Vorkommen in besser datierten Fundkontexten. 81 Zur Burg Starnberg vgl. Weithmann 1995, 394–397 mit älterer Literatur; Körner/Schmid 2006, 787. 395 Aus archäologischer Sicht ist der Nachweis eines merowingerzeitlichen Gebäudes als Keimzelle eines kleinen Gräberfeldes hervorzuheben, obwohl man aus dem Befund heraus nicht sicher entscheiden kann, ob es sich anfänglich um einen Holzbau oder bereits von Beginn an um einen Steinbau handelt. Zudem ist aus chronologischen Gründen eine Nutzung als Kirche nicht von Beginn an gesichert. Es wäre genauso gut die Funktion als Grabbau vorstellbar. Spätestens mit dem Anbau des quadratischen Chores, der wohl in keinem allzu großen zeitlichen Abstand vielleicht noch im ausgehenden 7. Jahrhundert erfolgte, lässt sich jedoch eine Ansprache als Kirche rechtfertigen. Allein die Möglichkeit einer Entstehung des Bauwerks im 7. Jahrhundert ist bemerkenswert, da sich die Anzahl von gesichert merowingerzeitlichen Kirchenbauten – sowohl aus Holz als auch aus Stein – seit der ersten großen resümierenden Zusammenschau im Rahmen der Bajuwarenausstellung in Rosenheim 1988 nur unwesentlich vermehrt hat. Dies verwundert angesichts einer in den vergangenen 22 Jahren stark intensivierten Bodendenkmalplege in Bayern und einer mittlerweile landesweiten Etablierung der Mittelalterarchäologie als eigene Disziplin. Eine deutliche Zunahme ist lediglich für Kirchenbauten ab dem 8. Jahrhundert zu verzeichnen82. Daher wird auch heute noch stets für das 7. Jahrhundert auf die bereits 1988 als Musterbeispiele angeführten Kirchen von Herrsching, Aschheim, Barbing-Kreuzhof oder Staubing mit all ihren methodischen Problemen verwiesen, obwohl angesichts des aktuellen Forschungsstandes eigentlich davon ausgegangen werden müsste, dass Kirchen im bajuwarischen Siedelgebiet vor 700 wohl doch eher die Ausnahme von der Regel dargestellt haben dürften. Dies zeigt sich vor allem an der enorm angestiegenen Anzahl merowingerzeitlicher Gräberfelder, während die Menge von im Anschluss an diese errichteten Friedhofskirchen vom Typ Staubing konstant niedrig geblieben ist83. Auch mittlerweile regelhaft stattindende baubegleitende Untersuchungen in oder bei heute noch existierenden Gotteshäusern konnten keine weiteren Kirchenbauten mit zeitgleichen beigabenführenden Bestattungen des Typs Aschheim erbringen, anders als beispielsweise in der Nordschweiz oder in Südwestdeutschland84. Die Gründe hierfür sind vielleicht in einer von den westlich und südlich benachbarten Regionen abgekoppelten Entwicklung des Christentums in Bayern zu sehen, bei der Kirchenbauten in der täglichen Glaubenspraxis nur eine untergeordnete Rolle spielten85. Alternativ muss erwogen werden, ob die merowingerzeitlichen Kirchen Bayerns in der Regel derartig einfache Grundrisse besaßen, dass sie ohne zugehörige Bestattungen innerhalb von Siedlungsgefügen nicht zu identiizieren sind. Genausogut könnten sich weitere frühmittelalterliche Kirchen unter der großen Menge von stets als karolingischottonisch angesprochenen Befunden mit beigabenlosen Bestattungen verbergen, wie der Fall Starnberg nahelegt. Dies würde bedeuten, dass die bayerische Frühmittelalterforschung seit mehr als zwei Jahrzehnten weniger einem Problem der Quellenlage als vielmehr der Quellenkritik gegenübersteht, da man den Blick zu sehr auf chronologisch relevante Grabbeigaben gerichtet hat. Das Starnberger Beispiel führt indes zur Erkenntnis, dass auch vermeintlich wenig aussagekräftige, beigabenlose Bestattungen unter Einbeziehung von naturwissenschaftlichen Datierungsmethoden landesgeschichtlich wichtige Ergebnisse liefern können. Vor allem muss davon Abstand genommen werden, die in der Regel beigabenarmen Tuffplattengräber pauschal nur dem ausgehenden 7. bis 9. Jahrhundert zuzuweisen; hier ist die Datierungsspanne auch für Gräber ohne chronologisch ixierbare Funde bewusst auf die erste Hälfte des 7. Jahrhunderts auszudehnen. Ausgehend vom hier vorgestellten Befund schließen sich weitere Fragen an: Warum wurden in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts die Starnberger Toten in Tuffplattengräbern ohne Beigaben beigesetzt, während die im nur rund 12 km westlich gelegenen Herrsching lebende Familie zur selben Zeit ihre Verstorbenen mit Gold und Edelmetall beinahe überreich versah? Der Zuzug der Starnberger Familie aus einer Region, in der auf Grabbeigaben weitgehend verzichtet wurde, wäre hier ein mögliches Erklärungsmodell, ist jedoch nicht zu beweisen86. Auf einer übergeordneten religiösen und sozialen Ebene war für beide Personengruppen eine Bestattung bei einer vermutlich bereits christlichen Grabkapelle in Steinplattengräbern als besonders hervorgehobener Grabform wichtig. Ausgehend von der Größe und der Bauweise scheint in Starnberg vielleicht sogar der repräsentativere Bau errichtet worden zu sein, sollte die Deutung der Bauphase 1a als steinerner Rechtecksaal zutreffen. Eventuell versuchte man in Herrsching diese rangmäßige Rückstufung durch eine übermäßige Beigabenausstattung und später durch einen Ausbau gleichfalls in Stein zu kompensieren. Zumindest scheinen sich bei diesen beiden Bestattungsplätzen weniger allgemein verbindliche, gesellschaftliche oder ethnische, sondern allein persönliche Motive oder familiäre Traditionen bezüglich der Grabsitten zu manifestieren. Entsprechend 82 Sage 1988; den aktuellen Forschungsstand zusammenfassend vgl. ausführlich Codreanu-Windauer 2003, 460–482; für Niederbayern mit einem regional guten Forschungsstand vgl. Böhm/Schmotz 2003. 83 Als einziger jüngerer Beleg für eine potenzielle Friedhofskapelle wäre ein Sechspfostenbau aus dem Gräberfeld Straßkirchen anzuführen, wobei dessen Zugehörigkeit zum Gräberfeld aber nicht erwiesen ist, vgl. Later 2008a, 20–21 Abb. 11,2.3; optimistischer Codreanu-Windauer 2003, 460–463 Abb. 3. Kritisch zur Deutung dieser Kleinbauten als christliche Sakralbauten vgl. ausführlich Krohn 2002, 314–321. 84 Vgl. für die Nordwestschweiz zuletzt Tauber 2010; für Südwestdeutschland z. B. Scholkmann 2000. 85 Zu weiteren möglichen Kultpraktiken ohne Kirchenbauten am Beispiel der Fundgattung eiserne Steckkreuze vgl. CodreanuWindauer 2003, 458–460; Later 2005; Later 2007; zuletzt hierzu Nuber 2010, 19–24. 86 Neben einer Herkunft aus dem bereits von der Beigabensitte abkommenden Frankenreich wäre im frühen 7. Jahrhundert auch die Ansiedlung einer Familie aus dem romanisch geprägten Alpenraum oder aus Augsburg vorstellbar. 396 unterschiedlich sind wohl auch die Bestattungsrituale und damit einhergehend die Inszenierung des Leichnams als Mechanismus zur familiären Selbstdarstellung abgelaufen. Dies lässt wiederum Rückschlüsse auf die Bewertung anderer beigabenloser Bestattungen auf den Reihengräberfeldern zu, dürfte doch auch dort die Beigabenlosigkeit weder allein religiös noch sozial motiviert gewesen sein. Die Möglichkeit, sich dem frühmittelalterlichen Menschen über die Interpretation seiner Grabausstattung und den darin auftretenden Regelhaftigkeiten anzunähern, wird hierdurch relativiert. Stattdessen rücken verstärkt die bestattete Person bzw. deren Hinterbliebene mit ihren persönlichen Anschauungen oder Vorlieben als für den Archäologen jedoch kaum kalkulierbarer Faktor in den Vordergrund. Noch wichtiger sind jedoch die denkmalplegerischen Konsequenzen, die sich hieraus ergeben. Wieder einmal zeigt sich, dass auch beigabenlose Gräber von hohem wissenschaftlichem Wert sein können. Älter- und hochmittelalterliche Kirchhöfe, die sich grundsätzlich durch einen hohen Anteil an beigabenlosen Gräbern auszeichnen, stellen nicht einfach nur kostenverursachende und wenig Erkenntnisgewinn einbringende Ärgernisse für Bauherren dar, sondern müssen hinsichtlich ihres Quellenwerts als gleichrangig mit anderen vor- oder frühgeschichtlichen Nekropolen erachtet werden. Im konkreten Fall zeigt sich, dass historische Aussagen, z. B. zur Frage der Entstehung von dörlichen Bestattungsplätzen nach Aufgabe bzw. nach Umwandlung der Reihengräberfelder zu kleinräumigen, aber langfristig belegten Kirchhöfen möglich sind87. Voraussetzung für eine archäologische Auswertung sind hierbei aber kostspielige naturwissenschaftliche Untersuchungen, was entsprechend dem in Bayern angewandten Verursacherprinzip zukünftig bei der Kalkulation von Grabungskosten für derartige Gräberfelder von Beginn an berücksichtigt werden sollte. Der Modellfall Starnberg zeigt, dass sich derartige Forschungsansätze lohnen. Daher ist die Grabung bei St. Benedikt sowohl als Glücksfall für die bayerische Frühgeschichtsforschung als auch als Gewinn für die Bodendenkmalplege zu bezeichnen, da sich aus der anfänglich kaum zu verhindernden Überplanung und der darauffolgenden Notbergung eines frühneuzeitlichen Kirchhofes eine von der Stadt Starnberg inanzierte Forschungsgrabung entwickeln konnte, bei der auch die Kosten für die Restaurierung der Funde und weiterführende naturwissenschaftliche Untersuchungen übernommen wurden. Abgesehen von den sowohl lokal als auch überregional bedeutenden Erkenntnissen zur Entwicklung eines Kirchenbaus mit zugehörigem Bestattungsplatz des 7. bis 18. Jahrhunderts ist es besonders erfreulich, dass die architekturgeschichtlich wertvollen Fundamentreste des 7./8. Jahrhunderts (Bau 1a/b), des 10. oder frühen 11. Jahrhunderts (Bau 2) und der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts (Bau 3) im Bo- den weitgehend vollständig konserviert werden konnten. Obwohl aus denkmalplegerischer Sicht zwar der Verlust des Bodendenkmals Friedhof zu beklagen ist, bietet sich hier immerhin gleichzeitig die Chance, das Beispiel Starnberg langfristig als schlagkräftiges Argument für eine intensive denkmalplegerische Betreuung von Altorten und für den sensiblen Umgang mit dieser besonderen, nur archäologisch erschließbaren Geschichtsquelle zu nutzen. KATALOG DER TUFFPLATTENGRÄBER UND DER RADIOKARBONDATIERTEN ERDBESTATTUNGEN Grab 196 (Abb. 7) Bestattung: sehr robustes und großwüchsiges adultes Individuum. Keine Beigaben. Tuffplattengrab. Leicht trapezoide Steinkammer mit breiterem Kopf- und schmalerem Fußende; Seiten aus sorgfältig zugerichteten Platten, Fußende aus kleineren Tuffbrocken und Quadern gesetzt, Letzteres mit gelbem Lehm verfugt, keine Bodenplatten. Westliche Platte am Kopfende und östliche Hälfte der Kammernordwand durch jüngere Bestattungen beseitigt, keine Deckplatten mehr vorhanden; mittleres Grabdrittel von Mauer M 402 überlagert und daher nicht untersucht. – Maße: L.innen ca. 2,0 m; L.außen ca. 2,30 m; B.innen 0,62 m (Kopfende); B.außen 0,90 m (Kopfende). Datierung (Erl-14319): Mit 68,3 % Wahrscheinlichkeit (1 σ): 660–714 48,2 % 744–767 20,1 % Mit 95,4 % Wahrscheinlichkeit (2 σ): 645–780 93,9 % 791–805 1,5 % Grab 199 (Abb. 7) Bestattung: infantiles/juveniles Individuum. Keine Beigaben. Tuffplattengrab. Leicht trapezoide Steinkammer mit breiterem Kopf- und schmalerem Fußende; Seiten aus sorgfältig zugerichteten Platten, Fußende aus kleineren Tuffquadern und Brocken gesetzt und anscheinend mit Lehm(?)mörtel gebunden; an der Ostseite Reste der gemauerten Grababdeckung erhalten; keine Bodenplatten, Grabsohle liegt tiefer als die Unterkante der Tuffkammer. Westliche Platte am Kopfende und Südwand durch jüngere Bestattungen beseitigt, keine Deckplatten mehr vorhanden; am Fußende gemauerte Kammerdecke. – Maße: L.innen ca. 1,30 m; L.außen ca. 1,60 m; B.innen 0,40 m (Fußende); B.außen 0,55 m (Fußende). Datierung (Erl-14320): Mit 68,3 % Wahrscheinlichkeit (1 σ): 622–627 3,0 % 632–682 65,3 % Mit 95,4 % Wahrscheinlichkeit (2 σ): 598–715 88,9 % 743–767 6,5 % Grab 203 (Abb. 9) Bestattung: juveniles/adultes Individuum. Beigaben: 1. Schlichter Bronze-Fingerring mit D-förmigem Querschnitt an rechter Hand. – 2. Paternosterkette aus 66 ringförmigen Beinperlen (Dm. 10,2–10,5 mm), um rechten Unterarm geschlungen (Abb. 10,17). Erdbestattung ohne Sargspuren, Grabgrubenform nicht erkennbar. Arme angewinkelt, Hände auf Bauch übereinan- 87 Die Problematik um den Wandel der Bestattungssitten zwischen der Aufgabe der Reihengräberfelder und der Etablierung von ortskonstanten Friedhöfen bei der Pfarrkirche beschäftigt die Forschung bis heute und wird programmatisch nach Theune-Großkopf als „Der lange Weg zum Kirchhof“ bezeichnet (Theune-Großkopf 1997); verschiedene Phänomene wie z. B. Hofgrablegen einzelner Familien sind hierbei vielleicht durch soziale Umbrüche zu erklären, vgl. umfassend Steuer 2004. 397 dergelegt. Überlagert Grab 205, wird von Kindergrab 206 und Mauerausbruchgrube M 401 geschnitten; Schädel, linke Schulter und linker Unterschenkel fehlen. Datierung (Erl-14321): Mit 68,3 % Wahrscheinlichkeit (1 σ): 1271–1303 47,5 % 1365–1383 20,8 % Mit 95,4 % Wahrscheinlichkeit (2 σ): 1256–1324 62,4 % 1344–1399 33,0 % Grab 214 (Abb. 9) Bestattung: juveniles/frühadultes Individuum. Beigaben: Paternosterkette aus ca. 150 scheibenförmigen Beinperlen (Dm. 12,7–13 mm) und einer einzelnen, etwa größeren Verschlussperle (Dm. 15,2 mm), um rechten Unterarm gewunden (Abb. 10,18.19). Erdbestattung ohne Sargspuren, Dreifachbestattung zusammen mit Grab 208 und 207, Skelette eng beieinanderliegend und sich teilweise überlagernd; rechteckige Grabgrube mit verrundeten Ecken und unregelmäßiger Westseite. Arme angewinkelt, Hände im unteren Brustbereich übereinandergelegt. Ungestört, schneidet Grab 220. Datierung (Erl-14322): Mit 68,3 % Wahrscheinlichkeit (1 σ): 1433–1494 59,6 % 1601–1615 8,7 % Mit 95,4 % Wahrscheinlichkeit (2 σ): 1420–1523 74,5 % 1557–1564 1,1 % 1569–1630 19,8 % Grab 217 (Abb. 9) Bestattung: adultes Individuum. Keine Beigaben. Erdbestattung ohne Sargspuren, Grabgrubenform rechteckig mit verrundeten Schmalseiten. Arme parallel zum Körper, Hände auf dem Oberschenkeln bzw. im Becken, Arme und Beine sehr eng an- bzw. beieinanderliegend, eventuell Bestattung in Leichentuch. Ungestört. Datierung (Erl-14323): Mit 68,3 % Wahrscheinlichkeit (1 σ): 980–1042 60,6 % 1105–1118 6,1 % 1142–1146 1,6 % Mit 95,4 % Wahrscheinlichkeit (2 σ): 898–918 3,6 % 951–957 0,6 % 962–1056 68,3 % 1067–1071 0,4 % 1075–1154 22,6 % Grab 247 (Abb. 9) Bestattung: adultes Individuum. Keine Beigaben. Erdbestattung ohne Sargspuren, Grabgrubenform rechteckig mit verrundeten Schmalseiten. Arme parallel zum Körper, Hände auf den Oberschenkeln bzw. im Becken. Linker Unterschenkel, linker Arm, Schulterbereich und Schädel durch Fundament M 402 und Ausbruchgrube M 401 gestört. Datierung (Erl-14324): Mit 68,3 % Wahrscheinlichkeit (1 σ): 898–918 15,4 % 949–1016 52,9 % Mit 95,4 % Wahrscheinlichkeit (2 σ): 888–1023 95,4 % Grab 274 (Abb. 7) Bestattung: drei adulte Individuen 274, 274a und 274b. Keine Beigaben. Tuffplattengrab. Rechteckige Kammer aus sorgfältig zugerichteten Seitenplatten und rechteckigen Aulegersteinen, teilweise mit schräg verlaufenden Zurichtungsspuren (Aufleger am Kopfende), teilweise mit gelbem Lehm ausgefugt; Seitenplatten miteinander verzahnt, darauf T-förmig breitere Aulagesteine für die Deckplatten; keine Bodenplatten, Grabsohle liegt tiefer als die Unterkante der Tuffkammer; bei unterster Bestattung 274b neben dem Oberschenkel faserige Reste eines Holzsarges. Östliche Platte am Fußende durch jüngere Bestattungen be- 398 seitigt, Nordseite der Kammer durch M 406 (gotischer Chor) überbaut, westliche Kammerhälfte mit Kopfende von M 402 überlagert und daher nicht untersucht; Kammerkopfende westlich von M 402 noch erfasst. – Maße: L.innen ca. 2,20 m; L.außen 2,40–2,50 m; H. 0,80 m (Platten) und 0,25 m (Auleger). - Datierung Grab 274b (Erl-14327): Mit 68,3 % Wahrscheinlichkeit (1 σ): 610–666 68,3 % Mit 95,4 % Wahrscheinlichkeit (2 σ): 563–691 93,5 % 749–763 1,9 % - Datierung Grab 274a (Erl-14326): Mit 68,3 % Wahrscheinlichkeit (1 σ): 687–781 51,9 % 788–811 11,0 % 770–878 5,4 % Mit 95,4 % Wahrscheinlichkeit (2 σ): 674–882 95,4 % - Datierung Grab 274 (Erl-14325): Mit 68,3 % Wahrscheinlichkeit (1 σ): 724–738 6,9 % 770–878 61,4 % Mit 95,4 % Wahrscheinlichkeit (2 σ): 682–893 94,9 % 928–932 0,5 % Grab 513 (Abb. 9) Bestattung: adultes Individuum. Beigaben: Keramikscherbe südlich des rechten Unterschenkels (Abb. 10,2). Erdbestattung ohne Sargspuren, Grabgrubenform rechteckig mit unregelmäßigen Längsseiten. Arme parallel zum Körper, linke Hand im Becken, Arme und Beine sehr eng beieinanderliegend, eventuell Bestattung in Leichentuch. Ungestört. Datierung (Erl-14328): Mit 68,3 % Wahrscheinlichkeit (1 σ): 723–739 7,9 % 770–877 60,4 % Mit 95,4 % Wahrscheinlichkeit (2 σ): 681–893 95,0 % 928–932 0,4 % Grab 533 (Abb. 9) Bestattung: adultes Individuum. Keine Beigaben. Erdbestattung ohne Sargspuren, Grabgrubenform rechteckig mit verrundeten Ecken. Unterschenkel und Füße teilweise gestört, Becken und Oberkörper durch Fundament M 402 überlagert. Datierung (Erl-14329): Mit 68,3 % Wahrscheinlichkeit (1 σ): 664–719 45,3 % 741–769 23,0 % Mit 95,4 % Wahrscheinlichkeit (2 σ): 647–781 91,2 % 788–811 3,0 % 844–857 1,2 % Grab 537 (Abb. 7) Bestattung: infantiles Individuum. Keine Beigaben. Tuffplattengrab. Kammerform nicht sicher zu beurteilen, wohl leicht trapezoid, keine Bodenplatten. Nur Teile der nördlichen Seitenwand und anscheinend des südlichen Fußendes erhalten, restliche Seiten durch jüngere Bestattungen zerstört, auch keine Deckplatten vorhanden; östliche Kammerhälfte und Südwand wird von M 402 überlagert, daher nicht untersucht. – Maße: L.außen ca. 1,40 m; B.innen ca. 0,40 m; B.außen 0,70 m. Datierung (Erl-14330): Mit 68,3 % Wahrscheinlichkeit (1 σ): 599–656 68,3 % Mit 95,4 % Wahrscheinlichkeit (2 σ): 551–670 95,4 % Grab 555 (Abb. 7) Bestattung: adultes Individuum? Keine Beigaben. Tuffplattengrab. Kammerform nicht zu beurteilen, rechteckig oder trapezoid, keine Bodenplatten; nördliche Seitenwand aus etwa 20 × 20 cm großen Tuffsteinquadern, teilweise wohl auch aus Tuffbruchsteinen. Nur kleiner Teil der Nordseite in situ erhalten, Ostteil verlagert; Westende im Proil unter der Straße, gesamte Südhälfte und Fußende durch Bau und Abbruch der Pension vor Grabungsbeginn beseitigt; wird zudem von Ausbruch M 401 West und Grab 554 geschnitten. Datierung: 7.–10. 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