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Herrmann, Wilhelm

Lebensdaten
1846 – 1922
Geburtsort
Melkow bei Jerichow (Altmark)
Sterbeort
Marburg/Lahn
Beruf/Funktion
evangelischer Theologe ; Hochschullehrer
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118549995 | OGND | VIAF: 39409995
Namensvarianten

  • Herrmann, Johann Georg Wilhelm
  • Herrmann, Wilhelm
  • Herrmann, Johann Georg Wilhelm
  • Hermann, Wilhelm
  • Herrmann, Guilelmus
  • Herrmann, W.
  • Herrmann, Wilh.
  • Herrmann, Willibald

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Zitierweise

Herrmann, Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118549995.html [10.11.2024].

CC0

  • Herrmann, Johann Georg Wilhelm

    evangelischer Theologe, * 6.12.1846 Melkow bei Jerichow (Altmark), 2.1.1922 Marburg/Lahn.

  • Genealogie

    V Joh. Wilh. (1808–86), Pfarrer in Melkow, S e. zuletzt in Bibra amtierenden Pfarrers (Bauern-S aus d. Altenburgischen);
    M Rosalie Henriette Schrader;
    Marburg 1885 Emilie, T d. Julius Bergmann ( 1904), Prof. d. Philos. in Marburg (s. NDB II);
    5 K.

  • Biographie

    Nach dem Besuch des Gymnasiums in Stendal studierte H. 1866-70/71 in Halle Theologie, war Amanuensis A. Tholucks und wohl dessen letzter bedeutender Schüler. Nach der Habilitation (über Gregor von Nyssa) 1875 blieb er zunächst als Privatdozent in Halle. Seit 1879 war er ordentlicher Professor der Systematischen Theologie in Marburg, prägte entscheidend die dortige Fakultät und gelangte zu weitreichendem Einfluß, Berufungen an andere Fakultäten lehnte er ab. Theologisch schloß H. sich eng an A. Ritschl in Göttingen an (Brief an Ritschl vom 22.1.1875) und gilt als dessen charaktervollster, aber sehr selbständiger Schüler und als Begründer der „Ritschlschen Schule“. Bedeutsam für H.s theologische Entwicklung und Position waren und blieben ferner außer Luther besonders Schleiermacher für die Bestimmung des Wesens der Religion und Kant für den Wissenschafts- und Vernunftbegriff. Das umfangreiche, stark auf die Praxis bezogene literarische Werk H.s steht weithin im Zeichen einer kämpferischen Auseinandersetzung mit den geistigen Strömungen seiner Zeit, theologisch besonders in der Abwehr der Orthodoxie (unter anderem Ch. E. Luthardt in Leipzig) und des Liberalismus (unter anderem A. Lipsius in Jena).

    Das wichtigste Problem der Theologie ist für H. das Verhältnis des christlichen Glaubens zur Geschichte und zur historischen Forschung. Er betonte mit Nachdruck, daß die im Neuen Testament bezeugten Erscheinungen des auferweckten Christus nur Gläubigen zuteil wurden, daß aber der Glaube geschichtlicher Tatsachen bedarf. „Einen wissenschaftlich haltbaren Grund für unseren Glauben gibt es nicht. Für diesen Satz bin ich in meiner ganzen literarischen Tätigkeit eingetreten.“ H. sah hierin die Not und zugleich die Schicksalsfrage der Evangelischen Kirche. Den aus dieser Not herausführenden Weg beschreibt er in dem für ihn entscheidenden Satz: „Christus muß unser eigenes Erlebnis geworden sein, nur dann ist er für uns die Tatsache, die uns im Innersten umwandelt.“ Die in H.s Dogmatik vorliegende Prinzipienlehre hat in der theologischen Auseinandersetzung bis in die Gegenwart außerordentlich fruchtbar gewirkt, besonders hinsichtlich der Bestimmung der Begriffe von Wirklichkeit, Erlebnis und Gewißheit, wobei jedoch seine Schüler, unter anderem K. Barth, R. Bultmann und E. Barnikol, sehr verschiedene Wege gingen.

  • Werke

    u. a. Die Rel. im Verhältnis z. Welterkennen u. z. Sittlichkeit, 1879;
    Warum bedarf unser Glaube geschichtl. Tatsachen, 1884, ²1892;
    Der Verkehr d. Christen mit Gott, im Anschluß an Luther, 1886, ⁷1921;
    Die Gewißheit des Glaubens u. die Freiheit d. Theol., 1887, ²1889;
    Der ev. Glaube u. d. Theol. A. Ritschls, 1890;
    Der geschichtl. Christus u. d. Grund unseres Glaubens, 1892;
    Der wichtigste Gegensatz in d. ev. Theol., 1898;
    Ethik, 1901, ⁸1921;
    Die sittl. Weisungen Jesu, 1904, ³1921;
    Christl.-prot. Dogmatik, 1906, ²1909;
    Die mit d. Theol. verknüpfte Not d. ev. Kirche, 1913;
    Die Wirklichkeit Gottes, 1914;
    Ges. Aufsätze, hrsg. v. F. W. Schmidt, 1923 (Biblio Bibliogr gr.);
    Dogmatik, hrsg. v. M. Rade, 1925 (mit Gedächtnisrede v. 1922).

  • Literatur

    F. W. Schmidt, W. H., Ein Bekenntnis zu s. Theol., 1922 (P);
    ders., in: DBJ IV, S. 96-104 (L, u. Tl. 1922, W, L);
    K. Barth, Die dogmat. Prinzipienlehre b. W. H., in: Zwischen d. Zeiten, 1925;
    W. de Boor, Der letzte Grund unseres Glaubens an Gott in d. Theol. W. H.s, in: Zs. f. Theol. u. Kirche, 1925;
    W. Schütz, Das Grundgefüge d. H.schen Theol., 1926;
    M. Redeker, W. H. im Kampfe gegen d. positivist. Lebensanschauung, 1928;
    A. Dell, W. H.s theolog. Arb., in: Theol. Rdsch. NF 1, 1929;
    F. Schröter, Glaube u. Gesch. b. F. Gogarten u. W. H., Diss. Münster 1932;
    H. Mulert, in: Lb. aus Kurhessen u. Waldeck III, 1943, S. 196-265 (L);
    J. M. Robinson, Das Problem d. Hl. Geistes b. W. H., Diss. Basel 1952;
    Th. Mahlmann, Das Axiom d. Erlebnisses b. W. H., in: Neue Zs. f. systemat. Theol. 4, 1962;
    ders., Philos. d. Rel. b. W. H., ebd. 6, 1964;
    P. Fischer-Appelt, Metaphysik im Horizont d. Theol. W. H.s, 1965 (Bibliogr. S. 215-42);
    H. Timm, Theorie u. Praxis in d. Theol. A. Ritschls u. W. H.s, 1967;
    Ernst Fuchs, Hermeneutik, ³1963, S. 27 ff.;
    F. Gogarten, Theol. u. Geschichte, in: Zs. f. Theol. u. Kirche, 1953, S. 270 ff.;
    H. Graß, Ostergeschehen u. Osterber., ²1961, S. 269 ff.;
    H. Stephan u. M. Schmidt, Gesch. d. Dt. Ev. Theol., ²1960, S. 257 ff.;
    RGG² u. 3.

  • Autor/in

    Grünther Ott
  • Zitierweise

    Ott, Günther, "Herrmann, Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 691-692 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118549995.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA