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Solange die Bombe schläft: Novelle
Solange die Bombe schläft: Novelle
Solange die Bombe schläft: Novelle
eBook91 Seiten1 Stunde

Solange die Bombe schläft: Novelle

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Über dieses E-Book

Das ist die Geschichte des Felix Heger, der aus Liebe zu einer schönen Frau und aus Angst vor einer Bombe im Keller eine gute Tat vollbringen wollte, die aber zur Untat mit fatalen Folgen wurde.
Alles wegen einer alten Fliegerbombe!
Ja, auch Bomben können eine Weile schlafen; werden sie aber geweckt, na dann gute Nacht!

Emil Honauer gab mir einen Tag Zeit, mich zurechtzufinden, dann zeigte er mir die Bombe. Sie war im Jahre neunzehnhundertvierundvierzig, sagte er, vom Himmel gefallen und hatte sich neben der Kellermauer in das Erdreich gebohrt, war aber nicht explodiert, sondern als Blindgängerin stecken geblieben. Seine Stimme klang zärtlich, als er das Wort Blindgängerin aussprach.

SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum15. Juni 2020
ISBN9783902975768
Solange die Bombe schläft: Novelle

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    Buchvorschau

    Solange die Bombe schläft - Erich Kozubek

    8

    1

    Dies ist die Geschichte des Felix Heger, der aus Liebe zu einer schönen Frau und aus Angst vor einer Bombe im Keller eine gute Tat setzen wollte, die aber zur Untat mit fatalen Folgen wurde. Und sein Freund, Karl Hirner, muss erfahren, was dieser Mensch angerichtet hat … Alles wegen einer schlafenden Bombe! Ja, auch Bomben können eine Weile schlafen; werden sie aber geweckt, na dann gute Nacht!

    Sein Freund Karl überlegte vor der Wohnungstüre des Unglücklichen eine Minute lang, ob er anläuten oder sich umdrehen und verschwinden und einfach die ganze üble Sache vergessen sollte. Aber er betätigte die laut schnarrende Türklingel. Felix hatte per Telefon um seinen Besuch gebeten. Inständig hatte er gebeten mit einer Stimme, der die Verzweiflung anzuhören war.

    Sie standen sich dann im kleinen Vorzimmer gegenüber. Obwohl es mitten am Tage war, kam aus dem Wohnzimmer der starke Schein der Deckenbeleuchtung. Es war, als wollte Felix Heger die vergangenen dunklen Tage und Wochen erhellen.

    Er sah furchtbar aus … Er überreichte seinem Jugendfreund eine Mappe, die, wie Karl mit einem flüchtigen Blick sah, viele bedruckte Seiten, gleich einem Manuskript, enthielt. Und er sagte mit leiser Stimme, dass er alles in seinen Computer hineingeschrieben habe, was ihm kurz vor seinem „Pech", wie er es nannte, zugestoßen war.

    „Seit wann bist zurück aus dem Krankenhaus?", fragte Karl.

    „Seit zwei Wochen. In der Zeit habe ich das geschrieben, sagte Felix und wies mit dem Daumen seiner rechten Hand auf die Mappe. „Ich kann dich nicht hereinbitten in meine Wohnung, Karl. Bitte gehe nach Hause und lies den Schmarren, den ich geschrieben habe. Danke, Karl!

    Und mit der Mappe unter dem Arm strebte Karl Hirner dem Haustor zu. Er wusste nicht recht, hatte er diese Begegnung mit seinem Freund geträumt oder war dieses kurze Treffen Wirklichkeit gewesen.

    Felix Heger sah furchtbar aus … Karl Hirner fuhr nicht in seine Firma, ein Baumaschinenverleih über der Donau, da ihn heute seine Frau Erna im Büro vertrat, sondern setzte sich im Wohnzimmer seines Hauses im Nobelbezirk Döbling in den bequemen Fauteuil und begann zu lesen, was Felix Heger niedergeschrieben hatte.

    2

    Ich habe schon oft den Satz gehört: Dieser Mensch hat eine Leiche im Keller. Und ich glaube, diese Aussage braucht keine nähere Erklärung, jeder weiß, was damit gemeint ist. Trotzdem: Wenn ein Mensch mit diesem Ausspruch bedacht wird, heißt das, er hat etwas Böses angestellt, das nicht ans Tageslicht kommen soll.

    Für mich hatte einmal dieser Satz Gültigkeit: Er hat eine Bombe im Keller. Nur diese Aussage war keineswegs bildlich gemeint ... nein, sie entsprach einer Tatsache. Es lag wirklich eine Bombe im Keller ... oder genauer beschrieben, sie lag gleich neben dem Keller. Eine Fliegerbombe ...

    Aber zu dem Zeitpunkt, an dem meine Geschichte beginnt, war von keiner Leiche und keiner Bombe im Keller die Rede. Ich hatte nämlich ganz andere Gedanken, ganz andere Sorgen. Wird der nächste Zug auf diesem Gleis kommen, auf dem mein Kopf liegt? Werde ich spüren, wie mein Haupt durch das Rad der Lokomotive vom Hals getrennt wird? Werden meine Augen noch für einen kurzen Moment den Schotter auf dem Bahnkörper erblicken und wird mein Gehirn wissen, dass diese Steine der Eisenbahn gehören, die mit meinem Blut getränkt werden?

    Ich spürte das Vibrieren des herannahenden Zuges mit allen Fasern meines Halses, der auf dem kalten Stahl der Schiene ruhte. Langsam drehte ich den Kopf nach links, um meinem Henker in die Scheinwerfer zu schauen. Es war eine bitterkalte, finstere Nacht, in der ich beschlossen hatte, mein Leben zu beenden. Mein Leben wollte ich weit außerhalb des beleuchteten Bahnhofs beenden, dort wo eben Dunkelheit herrschte. Und wenn der Lokführer meinen flach auf den beinharten Boden gepressten Körper bemerken sollte, wird es zu spät sein, um die ratternde Zugsgarnitur abzubremsen. Die Nacht war meine Verbündete für das letzte Unterfangen eines verzweifelten Menschen, der keinen anderen Ausweg mehr wusste, als, wie er es ... natürlich ich ... nannte, mit dem „Zug zu verreisen".

    Und trotz der prekären Lage, in der ich mich befand, musste ich lächeln, als ich daran dachte, wie die Finder meiner Leiche rätseln werden, wer dieser kopflose Torso wohl sein mag. Denn die Taschen meiner Kleidung waren leer; kein Hinweis auf meine Person war zu finden. Dieser Umstand sollte meine Rache an diejenigen sein, die mich in den Tod getrieben hatten. So reimte ich mir jedenfalls den Beweggrund zusammen, ohne persönliche Papiere in den Taschen unter die Eisenbahn zu kommen. Alle, die mich kannten, sollten sich so lange den Kopf zerbrechen, wo ich, Felix Heger, fünfundvierzig Jahre alt, geschieden, kinderlos, ehemaliger Besitzer einer Autowerkstätte, abgeblieben war. So kitschig blumig dachte ich zu dem Zeitpunkt, als der Zug immer näher und näher kam. Heute weiß ich, dass ich mich kindisch und dumm benahm und geprägt war von einem zerstörerischen Selbstmitleid, damals als ich zu den Schienen auf den Bahndamm kletterte.

    In der Stunde des Todes läuft das gesamte Leben des Delinquenten wie in einem Film ab! Diesen Satz hatte ich oft gehört, aber nie so recht daran geglaubt. Wieder so ein Klischee, wie so vieles, was von harmlosen Wesen dahergebrabbelt wird, dachte ich. Doch nun, da der Zug näher kam und mein Tod Gestalt annahm, begann mein Leben tatsächlich in meinem Kopf zu laufen. Wie in einem Film? Nun, das kann ich behaupten, weil ich imstande bin, davon zu berichten. Doch es war wirklich so, als würde ich im Kino oder vor dem Fernseher sitzen; ich lag aber auf den Gleisen der Westbahn in Wien und zitterte vor Kälte, bevor ich in das wahrscheinlich noch kältere Nirwana abfuhr. Zumindest meine Seele sollte dorthin reisen. Ja ... meine Seele! Was wird mit ihr passieren?, fuhr es mir durch den noch auf dem Körper thronenden Kopf. Wird meine Seele irgendwann wieder in einen Menschen schlüpfen, der gerade das heimelige warme Nest in seiner Mutter verlassen hat? Oder wird sie bis in alle Ewigkeit – wie lange kann das nur sein? – in den Weiten des Universums herumirren? Es waren simple Gedanken in Anbetracht dessen, dass der Zug, mein letzter Zug, immer näher und näher kam.

    Der Film in meinem Kopf, der lief nicht chronologisch ab, nein, er begann damit, als ich um elf in der Nacht von der schmalen Straße unterhalb des Bahndammes keuchend, den schweren Wintermantel mit beiden Händen an den Körper gedrückt, als möchte ich vermeiden, dass er schmutzig wird, zu den Schienen hinaufkletterte, um Selbstmord zu begehen. Und der Film lief viel zu schnell ... viel zu schnell. Ich bekam nicht jede Szene mit, die er zeigte. Er legte das Tempo eines Zeitraffers vor, aber in kunterbunter Reihenfolge,

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