Sofies abenteuerlicher Ritt
Von Kerstin Backman und Ursula Isbel-Dotzler
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Buchvorschau
Sofies abenteuerlicher Ritt - Kerstin Backman
Kerstin Backman
Sofies abenteuerlicher Ritt
Übersezt von Ursula Isbel
Saga
Sofies abenteuerlicher Ritt
Übersezt von Ursula Isbel
Titel der Originalausgabe: Vilken sommar, Soffi
Originalsprache: Schwedischen
Coverbild/Illustration: Shutterstock
Copyright © 1989, 2021 Kerstin Backman und SAGA Egmont
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 9788726941692
1. E-Book-Ausgabe
Format: EPUB 3.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.
www.sagaegmont.com
Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com
Die Freuden des Landlebens
„Diese Karotten!" murmelte Sofie und wischte sich mit der schmutzigen Hand den Schweiß von der Stirn.
„Ich könnte schwören, daß sie sich mit Absicht zwischen dem Unkraut verstecken."
Sie setzte sich auf den Boden und faltete die Hände über dem Kopf.
„Zuerst rupfst du das Unkraut aus und verziehst die Karottenpflänzchen, und dann setzt du dich drauf und zerdrückst sie . . . Ist das vielleicht vernünftig?" fragte Ingmar schräg hinter ihr.
Sofie fuhr mit einem Stöhnen auf und sah nach unten. Das zarte, grüne Kraut der Karotten lag plattgedrückt auf der Erde und sah aus, als würde es sich nie wieder aufrichten. Sie versuchte das Grünzeug hochzuheben und mit ein bißchen Erde um die Stiele herum zu stützen, doch es sank schlaff wieder nach unten.
„Verdammt! murmelte Sofie. „Wie sollen wir heute zum Reiten kommen, wenn wir noch diese Karotten setzen müssen? Das schaffen wir nie!
Ihre Freundin Krissan, die ihr gegenüber auf dem Boden hockte, hob den Kopf und sah über die endlosen Beete.
„Es könnte schlimmer sein, meinte sie. „Früher hatten wir dreihundertfünfzig Meter Karotten, und Ingmar und ich mußten allein damit klarkommen. Heuer sind es bloß dreihundertdreißig Meter, und wir sind zu viert.
„Zu viert?" fragte Sofie.
„Na ja, dreieinhalb, wenn wir Peter Pan nicht voll mitrechnen. Er tut ja eine ganze Menge, wenn er hier ist."
Sofie öffnete den Mund, um zu antworten, doch in diesem Augenblick sah sie das gelbe Postauto beim Briefkasten haltmachen. Maggie, Krissans und Ingmars Mutter, stand auf dem Kartoffelfeld in der Nähe des Briefkastens, und der Postbote drückte ihr das kleine Bündel Briefe in die Hand, anstatt es in den Kasten zu stecken.
Maggie ging rasch zur Treppe des roten Holzhauses und setzte sich auf eine der Stufen, um die Post durchzusehen.
„Ist was für uns dabei?" schrie Ingmar.
Doch seine Mutter hörte ihn nicht. Rasch riß sie einen Briefumschlag auf und zog zwei Zettel hervor. Dann starrte sie stumm auf ein kleines Stück Papier in der einen Hand, und ebenso stumm überflog sie ein paar Zeilen auf dem Briefbogen, den sie in der anderen Hand hielt. Dann schüttelte sie den Kopf, starrte in die Luft, ohne Krissans und Ingmars Rufe zu hören, und sah wieder mit verwirrter Miene auf den Brief nieder.
Sofie, Ingmar und Krissan wechselten besorgte Blicke. Dann richteten sie sich auf, streckten den schmerzenden Rücken und rannten zur Vortreppe.
„Was ist los? Ist was passiert?" fragten sie im Chor.
Wieder schüttelte Maggie den Kopf und reichte ihnen wortlos den kleinen Zettel und den Brief. Er war in englischer Sprache geschrieben.
Auf dem Briefkopf waren ein paar Pferde mit hängenden Zügeln abgebildet, und darunter stand: The Western Horseman.
„Fünfundsechzig Dollar!" sagte Krissan verdutzt.
„Und da steht der Name einer Bank . . . Ist das ein Scheck, Mama?"
Maggie nickte. Sie sah wie betäubt aus. „Ja, es ist ein Scheck, sagte sie leise. „Ich hab’ tatsächlich einen Scheck über fünfundsechzig Dollar bekommen! Aus Amerika!
Ingmar, Sofie und Krissan wechselten einen Blick; sie sahen auf den Brief und dann auf Maggie.
„Wofür denn?"
„Für eine Geschichte. Ich habe eine Geschichte an eine Zeitschrift verkauft."
Alle drei starrten sie an.
„Erzähl jetzt endlich! sagte Krissan streng. „Wovon redest du überhaupt? Was für eine Geschichte? Welche Zeitschrift?
Maggie schüttelte den Kopf, als wollte sie Ordnung in ihre Gedanken bringen, nahm den Scheck und sah selig darauf nieder.
„Ihr wißt ja, daß wir ständig in Geldschwierigkeiten sind", sagte sie dann. „Deshalb hab’ ich eine Geschichte geschrieben und an The Western Horseman geschickt. Das ist eine amerikanische Pferdezeitschrift, ihr kennt sie ja. Ich hab’ nie gedacht, daß sie die Geschichte nehmen würden, aber sie tun’s. Stellt euch das vor!"
Ihre Stimme wurde leiser, während sie auf den Scheck sah.
„Mann, das ist ja toll!" sagte Ingmar beeindruckt. Er begriff rascher als seine Schwester und Sofie, daß sich hier ganze neue Möglichkeiten für seine Mutter auftaten, die nie so schwer arbeiten konnte wie die übrige Familie auf dem Birkenhof, wo es mit den drei Pferden eine Menge zu tun gab. Maggie mußte immer ein bißchen vorsichtig sein, da sie nicht ganz gesund war. Vielleicht konnte sie mehr schreiben und weitere Geschichten verkaufen?
Sofie, die schon oft davon geträumt hatte, Schriftstellerin zu werden, ließ sich neben Maggie nieder und versetzte ihr einen sanften Stoß mit dem Ellbogen.
„Du, Maggie, erzähl doch! Wovon handelt die Geschichte?"
„Von jungen Leuten und von Pferden, erwiderte sie. „Es ist nichts Besonderes; ich hab’ nur geschildert, wie Krissan und Ingmar zu reiten anfingen und wie es gekommen ist, daß wir uns Pferde angeschafft haben. Ich kann’s noch gar nicht begreifen, daß sie die Geschichte wirklich haben wollen!
Sie verstummte und sah in die Ferne. Sie merkte nicht, daß Sofie, Krissan und Ingmar aufstanden, in der Küche mit dem Geschirr klapperten und schließlich mit einem Tablett wieder herauskamen, auf dem eine Kaffeekanne, Geschirr und vier Hörnchen waren.
Sofie riß Maggie aus ihren Gedanken. Sie gab ihr eine Tasse Kaffee und ein Marmeladenhörnchen; dann setzten sie, Ingmar und Krissan sich um Maggie herum auf die Treppenstufen.
„Erzähl jetzt! verlangte Krissan wieder. „Worüber denkst du nach?
„Oh, über alles mögliche. Zum Beispiel, daß ich zur Bank fahren und den Scheck einlösen werde, damit wir sehen, wieviel wir dafür in schwedischen Kronen kriegen."
Plötzlich war Maggie wieder ganz die praktische Hausfrau. „Und ihr macht jetzt mit den Karotten weiter, damit wir heute noch fertig werden. Je schneller ihr es schafft, desto schneller könnt ihr zum Reiten. Ich verspreche, daß ihr euch nicht um das andere Grünzeug zu kümmern braucht, wenn die Karottenpflänzchen gesetzt sind." Drei Stunden später erhoben sich Krissan, Sofie und Ingmar ganz steif und krumm aus den Karottenbeeten. Sofie war verschwitzt, sie spürte, wie ihr unter dem ärmellosen T-Shirt der Schweiß über den Rücken lief. Die Jeans waren an den Knien steif von der feuchten Erde.
„Jetzt möchte ich zum Baden fahren! verkündete sie entschlossen. „Das Wetter ist phantastisch, und ich muß unbedingt schwimmen!
„Das schaffen wir nicht", erwiderte Ingmar müde.
„Wir müssen nachmittags noch auf den Berg und das Heu wenden."
„Nein! schrie Sofie. „Sag das nicht! Ich kriege einen Hitzschlag und sterbe!
„Ha! sagte Ingmar. „Warst nicht du es, die mit solcher Begeisterung davon geredet hat, daß du uns bei der Heuarbeit helfen willst? Jetzt hast du die Gelegenheit dazu! Du brauchst es natürlich nicht, aber Krissan und ich müssen es tun. Im Wetterbericht wurde etwas von einem Tief gesagt, das im Anrücken ist, und wir müssen das Heu einbringen, ehe es regnet.
Sofie seufzte. „He, und ich wollte so gern zum Baden!"
„Wir stellen uns unter die Pferdedusche", schlug Krissan vor.
Die Pferdedusche war ein einfacher Gartensprenger, den die Familie Ström im Sommer auf die Koppel stellte, damit die Pferde sich erfrischen konnten.
Wenige Minuten später sprangen und hüpften Sofie, Ingmar und Krissan im glitzernden Tropfenregen des Wassersprühers herum. Die Pferde des Birkenhofs – Sabrina, Max und Pavlova, genannt „Schmetterlingspferd" – kamen herbeigetrabt, angelockt vom Wassergeplätscher und den lauten Stimmen. Interessiert sahen sie dem wilden Gehopse zu. Sabrina, die sehr gern duschte, begann im Kreis zu traben, so