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'''Angebotspolitik''' (auch '''angebotsorientierte [[Wirtschaftspolitik]]''') im engeren Sinne ist eine [[Makroökonomie|makroökonomische Theorie]], die besagt, dass [[Wirtschaftswachstum]] am effektivsten durch Senkung von Steuern und Verringerung staatlicher Regulierungen geschaffen werden kann.<ref>{{Literatur |Autor=Harris, Jonathan M., Nelson, Julie A., Roach, Brian., Torras, Mariano. |Titel=Principles of economics in context |Ort=London |Datum= |ISBN=978-1-317-46217-0 |Seiten=286}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Dwivedi, D. N. |Titel=Macroeconomics : theory and policy |Auflage=3rd ed |Verlag=Tata McGraw Hill Education Pte Ltd |Ort=New Delhi |Datum=2010 |ISBN=978-0-07-009145-0 |Seiten=372}}</ref> Sie steht daher im direkten Gegensatz zur Theorie der [[Nachfragepolitik|nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik]]. Durch eine angebotsorientierte Wirtschaftspolitik sollen Verbraucher von einem größeren Angebot an Waren und Dienstleistungen zu niedrigeren Preisen profitieren und die [[Beschäftigung]] soll zunehmen.<ref>{{Literatur |Autor=Wanniski, Jude, 1936-2005. |Titel=The way the world works : how economies fail--and succeed |Verlag=Basic Books |Ort=New York |Datum=1978 |ISBN=0-465-09095-8}}</ref> Dieser Effekt wird von einigen Kritikern auch als [[Trickle-down-Theorie]] bezeichnet.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.theguardian.com/commentisfree/2019/jun/12/why-are-we-still-pretending-trickle-down-economics-work |titel=Why are we still pretending 'trickle-down' economics work? {{!}} Morris Pearl |datum=2019-06-13 |abruf=2020-11-30 |sprache=en}}</ref>
 
Im weiteren Sinne bezeichnet '''Angebotspolitik''' allerdings auch wirtschaftspolitische Konzepte, die davon ausgehen, dass Wachstum und [[Beschäftigung]] in erster Linie durch bessere Bedingungen auf der [[Angebot (Volkswirtschaftslehre)|Angebotsseite]] gefördert werden können. Diese Vorstellung geht unter anderem auf das [[Saysches Theorem|Say’sche Theorem]] zurück, welches besagt, dass jedes Angebot sich selbst seine Nachfrage schaffe.<ref>Peter Bofinger: ''Grundzüge der Volkswirtschaftslehre: Eine Einführung in die Wissenschaft von Märkten.'' München 2019, S. 337.</ref>
Die [[Laffer-Kurve]] ist eine der zentralen Theorien der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik.<ref>{{Literatur |Autor=Mankiw, N. Gregory. |Titel=Principles of economics |Auflage=6th ed |Verlag=South-Western Cengage Learning |Ort=Mason, OH |Datum=2012 |ISBN=978-0-538-45305-9 |Seiten=161-162}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Ben L. Kyer, Gary E. Maggs |Titel=A Macroeconomic Approach to Teaching Supply-Side Economics |Sammelwerk=The Journal of Economic Education |Band=25 |Nummer=1 |Datum=1994 |Seiten=44 |DOI=10.2307/1182895 |JSTOR=1182895}}</ref> Sie bezeichnet eine Beziehung zwischen Steuersätzen und Staatseinnahmen, die besagt, dass Steuersenkungen bei einem zu hohen Steuersatz aufgrund des dann stärkeren Wirtschaftswachstums zu höheren Staatseinnahmen führen können.<ref>{{Literatur |Autor=Kolb, Robert W., 1949- |Titel=The Sage encyclopedia of business ethics and society |Auflage=2nd edition |Ort=Thousand Oaks, California |ISBN=978-1-4833-8151-0 |Seiten=3303}}</ref>
 
Durch angebotsorientierte Wirtschaftspolitik sollen Verbraucher von einem größeren Angebot an Waren und Dienstleistungen zu niedrigeren Preisen profitieren und die Beschäftigung soll zunehmen.<ref>{{Literatur |Autor=Wanniski, Jude, 1936–2005. |Titel=The way the world works : how economies fail--and succeed |Verlag=Basic Books |Ort=New York |Datum=1978 |ISBN=0-465-09095-8}}</ref> Speziell im angelsächsischen Raum wird dieser Effekt teilweise auch als [[Trickle-down-Theorie]] kritisiert.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.theguardian.com/commentisfree/2019/jun/12/why-are-we-still-pretending-trickle-down-economics-work |titel=Why are we still pretending 'trickle-down' economics work? {{!}} Morris Pearl |datum=2019-06-13 |sprache=en |abruf=2020-11-30}}</ref>
Der Begriff angebotsorientierte Wirtschaftspolitik wurde erstmals 1976 von [[Herbert Stein (Ökonom)|Herbert Stein]], einem ehemaligen Wirtschaftsberater von Präsident Richard Nixon verwendet.<ref>{{Literatur |Autor=Atkinson, Robert D. |Titel=Supply-side follies : why conservative economics fails, liberal economics falters, and innovation economics is the answer |Auflage=[1st pbk. ed.] |Verlag=Rowman & Littlefield |Ort=Lanham |Datum=2008 |ISBN=978-1-4616-4273-2 |Seiten=50}}</ref> Dahinter stehen die Ideen der Ökonomen [[Milton Friedman]], [[Arthur B. Laffer|Arthur Laffer]] und [[Robert Mundell]].<ref name=":2" />
 
Die [[Laffer-Kurve]] ist eine der zentralen Theorien der angebotsorientiertenAngebotspolitik Wirtschaftspolitikim engeren Sinne.<ref>{{Literatur |Autor=Mankiw, N. Gregory. |Titel=Principles of economics |Auflage=6th ed |Verlag=South-Western Cengage Learning |Ort=Mason, OH |Datum=2012 |ISBN=978-0-538-45305-9 |Seiten=161-162}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Ben L. Kyer, Gary E. Maggs |Titel=A Macroeconomic Approach to Teaching Supply-Side Economics |Sammelwerk=The Journal of Economic Education |Band=25 |Nummer=1 |Datum=1994 |Seiten=44 |DOI=10.2307/1182895 |JSTOR=1182895}}</ref> Sie bezeichnet eine Beziehung zwischen Steuersätzen und Staatseinnahmen, die besagt, dass Steuersenkungen bei einem zu hohen Steuersatz aufgrund des dann stärkeren Wirtschaftswachstums zu höheren Staatseinnahmen führen können.<ref>{{Literatur |Autor=Kolb, Robert W., 1949- |Titel=The Sage encyclopedia of business ethics and society |Auflage=2nd edition |Ort=Thousand Oaks, California |Datum= |ISBN=978-1-4833-8151-0 |Seiten=3303}}</ref>
Einzelne Thesen der Angebotspolitik haben einen breiten wissenschaftlichen Konsens, andere sind umstritten oder widerlegt.<ref>{{Literatur |Autor=Lawrence M. Kahn |Titel=Labor market policy: A comparative view on the costs and benefits of labor market flexibility: Labor Market Policy |Sammelwerk=Journal of Policy Analysis and Management |Band=31 |Nummer=1 |Datum=2012-12 |Seiten=94–110 |DOI=10.1002/pam.20602}}</ref><ref name=":11" />
 
Der Begriff angebotsorientierte Wirtschaftspolitik wurde erstmals 1976 von [[Herbert Stein (Ökonom)|Herbert Stein]], einem ehemaligen Wirtschaftsberater von Präsident Richard Nixon verwendet.<ref>{{Literatur |Autor=Atkinson, Robert D. |Titel=Supply-side follies : why conservative economics fails, liberal economics falters, and innovation economics is the answer |Auflage=[1st pbk. ed.] |Verlag=Rowman & Littlefield |Ort=Lanham |Datum=2008 |ISBN=978-1-4616-4273-2 |Seiten=50}}</ref> Dahinter stehen die Ideen der Ökonomen [[Milton Friedman]], [[Arthur B. Laffer|Arthur Laffer]] und [[Robert Mundell]].<ref name=":2">{{Literatur |Autor=Fair, Ray C. |Titel=Principles of economics |Auflage=5th ed |Verlag=Prentice Hall |Ort=Upper Saddle River, N.J. |Datum=1999 |ISBN=0-13-095710-0 |Seiten=780}}</ref> Einzelne Thesen der so verstandenen Angebotspolitik sind Konsens unter Ökonomen, andere sind umstritten oder widerlegt.<ref>{{Literatur |Autor=Lawrence M. Kahn |Titel=Labor market policy: A comparative view on the costs and benefits of labor market flexibility: Labor Market Policy |Sammelwerk=Journal of Policy Analysis and Management |Band=31 |Nummer=1 |Datum=2012-12 |Seiten=94–110 |DOI=10.1002/pam.20602}}</ref><ref name=":11" />
 
In Deutschland steht die Angebotspolitik, entgegen der [[Minimalstaat]]skonzepte etwa amerikanischer Ökonomen, in der Tradition des [[Ordoliberalismus]] und der [[Soziale Marktwirtschaft|Sozialen Marktwirtschaft]].<ref>Zur Abgrenzung der „Amerikaner“ von den sozialpolitischen Grundfesten der Bundesrepublik Deutschland s. auch [[Michel Foucault]]: ''Die Geburt der Biopolitik. Geschichte der Gouvernementalität II. Vorlesung am Collège de France 1978–1979''. Frankfurt am Main 2006, S. 205 f.</ref> Eine häufige Forderung lautet beispielsweise, den Staat auf seine Kernaufgaben (als Hüter der [[Ordnungspolitik|Wettbewerbsordnung]]) zurückzuführen.<ref>So etwa Helmut Kohl in einer Regierungserklärung 1983. {{Literatur |Autor=Hermann Adam |Titel=Von der Inflationsphobie bis zur „schwarzen Null“ |Sammelwerk=Wirtschaftsdienst |Band=2016 |Nummer=7 |Datum=2016 |Seiten=492–500 |Online=https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2016/heft/7/beitrag/von-der-inflationsphobie-bis-zur-schwarzen-null.html |Abruf=2021-10-20}}</ref>
 
== Grundlagen ==
[[Datei:Jean-Baptiste Say.jpg|mini|190x190px212x212px|[[Jean-Baptiste Say]]]]
Die angebotsorientierte Wirtschaftspolitik geht wie in der [[Klassische Nationalökonomie|klassischen Nationalökonomie]] davon aus, dass Produktion bzw. [[Angebot (Volkswirtschaftslehre)|Angebot]] der Schlüssel zum wirtschaftlichen Wohlstand und dass Konsum bzw. [[Nachfrage]] daraus nur eine sekundäre Konsequenz sind. Diese Idee war schon früh im [[Saysches Theorem|Say'schenSay’schen GesetzTheorem]] formuliert worden: ''Jedes Angebot schafft sich seine Nachfrage selbst.''<ref>{{Literatur |Autor=Suntum, Ulrich van. |Titel=Die unsichtbare Hand : ökonomisches Denken gestern und heute |Auflage=3., verb. Aufl |Verlag=Springer |Ort=Berlin |Datum=2005 |ISBN=978-3-540-27688-32 |Seiten=104}}</ref> [[Jean-Baptiste Say]] ist daher auch als „Vater der Angebotstheorie“ (im weiten Sinne) zu sehen.<ref>Peter Bofinger: ''Grundzüge der Volkswirtschaftslehre: Eine Einführung in die Wissenschaft von Märkten.'' München 2019, S. 339.</ref>

Das Ziel jeder Wirtschaftspolitik müsse daherferner eine Verbesserung der Rahmenbedingungen (geringere Steuern, Abbau von Regulationen …) für Unternehmer sein. Denn dadurch würden sich die [[Rendite]]erwartungen der Unternehmen verbessern, was zu höheren Investitionen und mehr Arbeitsplätzen führe.
Was moderne Angebotspolitik vom klassischen Liberalismus unterscheidet, ist, dass niedrige Steuern nicht mehr ideologisch, sondern ökonomisch begründet werden. So lehnten [[Klassischer Liberalismus|klassische Liberale]] Steuern ab, weil sie den Staat kritisierten, wobei die Besteuerung die offensichtlichste Form des staatlichen Einflusses auf die Gesellschaft war. Das liberale Argument war, dass jeder Mensch ein Recht auf sich und sein Eigentum habe und eine Besteuerung daher unmoralisch und von fragwürdiger rechtlicher Grundlage sei.<ref>{{Literatur |Autor=Gray, John, 1948- |Titel=Liberalism |Auflage=2nd ed |Verlag=University of Minnesota Press |Ort=Minneapolis |Datum=1995 |ISBN=0-8166-2800-9 |Seiten=26-27}}</ref> Demgegenüber argumentierten Ökonomen der Angebotspolitik dafür, Steuern zu senken, weil dies über mehrere Zwischenschritte zu höherem Wirtschaftswachstum und somit zu mehr Wohlstand und Effizienz führen würde.<ref name=":2" /> So können, wenn Steuern gesenkt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Arbeit mehr von ihrem Gehalt einbehalten („Mehr Netto vom Brutto“). Dadurch seien die Leistungsanreize höher und es würde daher härter gearbeitet und mehr gespart.
[[Datei:Robert Mundell.jpg|links|mini|190x190px|[[Robert Mundell]]]]
[[Datei:Portrait of Milton Friedman.jpg|mini|170x170px|[[Milton Friedman]]]]
Wenn Unternehmen mehr von ihren Gewinnen behalten und sich von staatlichen Vorschriften lösen können, würden sie mehr investieren. Dieses zusätzliche Arbeitskraft- und [[Kapitalangebot]] sowie die zusätzlichen Investitionen werden zu einer Ausweitung des Angebots an Waren und Dienstleistungen führen, so die Annahme. Dadurch würden gleichzeitig Inflation und Arbeitslosigkeit verringert werden.<ref>{{Literatur |Autor=Fair, Ray C., Oster, Sharon M. |Titel=Principles of economics |Auflage=10th ed |Verlag=Prentice Hall |Ort=Boston |Datum=2012 |ISBN=978-0-13-255291-2 |Seiten=653}}</ref>
 
Wenn Unternehmen mehr von ihren Gewinnen behalten und sich von staatlichen Vorschriften lösen können, würden sie mehr investieren. Dieses zusätzliche Arbeitskraft- und [[Kapitalangebot]] sowie die zusätzlichen Investitionen werden zu einer Ausweitung des Angebots an Waren und Dienstleistungen führen, so die Annahme. Dadurch würden gleichzeitig Inflation und Arbeitslosigkeit verringert werden.<ref>{{Literatur |Autor=Fair, Ray C., Oster, Sharon M. |Titel=Principles of economics |Auflage=10th ed |Verlag=Prentice Hall |Ort=Boston |Datum=2012 |ISBN=978-0-13-255291-2 |Seiten=653}}</ref>
[[Datei:Arthur Laffer 2019.jpg|mini|177x177px|[[Arthur B. Laffer|Arthur Laffer]]]]
Die angebotsorientierte Wirtschaftspolitik entwickelte sich als eine Antwort auf die [[Stagflation]] der 1970er Jahre.<ref name=":2">{{Literatur |Autor=Fair, Ray C. |Titel=Principles of economics |Auflage=5th ed |Verlag=Prentice Hall |Ort=Upper Saddle River, N.J. |Datum=1999 |ISBN=0-13-095710-0 |Seiten=780}}</ref> Sie stützte sich auf eine Reihe nicht-keynesianischer wirtschaftlicher Theorien, darunter die [[Chicagoer Schule (Ökonomie)|Chicago School]] und die [[Neue Klassische Makroökonomik]].<ref>{{Literatur |Autor=Rittaler, Jan B. |Titel=A critical evaluation of the Chicago school of antitrust analysis |Verlag=Kluwer Academic Publishers |Ort=Dordrecht |Datum=1989 |ISBN=90-247-3792-3}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Ved Gandhi, Liam Ebrill, Parthasarathi Shome, Luis Manas Anton, Jitendra Modi |url=https://www.elibrary.imf.org/view/IMF071/06588-9780939934911/06588-9780939934911/06588-9780939934911.xml?redirect=true |titel=Supply-Side Tax Policy : Its Relevance to Developing Countries |datum=1987-06-15 |abruf=2020-11-28 |sprache=en-US}}</ref> Als wichtigste Ökonomen sind dabei [[Milton Friedman]], [[Arthur B. Laffer|Arthur Laffer]] und [[Robert Mundell]] zu nennen.
 
Angebotspolitische Überlegungen gehen dabei auch auf einen frühen Vertreter der [[Neoklassische Theorie|neoklassischen Wirtschaftstheorie]], [[Alfred Marshall]] zurück, der 1890 die [[Grenzprodukt|Grenzwertlehre]] entwickelte.<ref>{{Literatur |Autor=Marshall, Alfred |Titel=Principles of Economics |Datum=1890}}</ref> Nach dieser Lehre haben die Unternehmen ein Interesse daran, so lange Arbeitnehmer einzustellen, bis der Lohn, den das Unternehmen einem weiteren Arbeitnehmer zahlen müsste, genauso hoch ist wie der Gewinn, den dieser Arbeitnehmer erwirtschaften würde. Verbessern sich (so die Theorie) nun die Bedingungen für die Unternehmen, so dass die Gewinne steigen, steigt die Produktivität der Arbeitnehmer. Das setzt den Unternehmen einen Anreiz, das Beschäftigungsvolumen zu erhöhen und höhere Löhne zu zahlen. Auf diese Weise profitieren dann auch die Arbeitnehmer.<ref>Sedlacek, Tomas. Die Ökonomie von Gut und Böse. München: Hanser, 2012. S. 318.</ref>
 
Die angebotsorientierte Wirtschaftspolitik im engeren Sinne entwickelte sich in den Vereinigten Staaten als eine Antwort auf die [[Stagflation]] der 1970er Jahre.<ref name=":2">{{Literatur |Autor=Fair, Ray C. |Titel=Principles of economics |Auflage=5th ed |Verlag=Prentice Hall |Ort=Upper Saddle River, N.J. |Datum=1999 |ISBN=0-13-095710-0 |Seiten=780}}</ref> Sie stützte sich auf eine Reihe nicht-keynesianischer wirtschaftlicher Theorien, darunter die [[Chicagoer Schule (Ökonomie)|Chicago School]] und die [[Neue Klassische Makroökonomik]].<ref>{{Literatur |Autor=Rittaler, Jan B. |Titel=A critical evaluation of the Chicago school of antitrust analysis |Verlag=Kluwer Academic Publishers |Ort=Dordrecht |Datum=1989 |ISBN=90-247-3792-3}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Ved Gandhi, Liam Ebrill, Parthasarathi Shome, Luis Manas Anton, Jitendra Modi |url=https://www.elibrary.imf.org/view/IMF071/06588-9780939934911/06588-9780939934911/06588-9780939934911.xml?redirect=true |titel=Supply-Side Tax Policy : Its Relevance to Developing Countries |datum=1987-06-15 |sprache=en-US |abruf=2020-11-28 |sprache=en-US}}</ref> Als wichtigste Ökonomen sind dabei [[Milton Friedman]], [[Arthur B. Laffer|Arthur Laffer]] und [[Robert Mundell]] zu nennen.
=== Laffer-Kurve ===
{{Hauptartikel|Laffer-Kurve}}Im Extremfall argumentierten die Vertreter der Angebotspolitik, dass die Anreizeffekte der Angebotspolitik wahrscheinlich so groß seien, dass eine erhebliche Senkung der Steuer''sätze'' die Steuer''einnahmen'' tatsächlich erhöhen würde. Bei gesenkten Steuersätzen würden mehr Menschen arbeiten und Einkommen verdienen, und Unternehmen würden mehr Gewinne erzielen, so dass die nun erhöhte Bemessungsgrundlage einer Steuer (Gewinne, Verkäufe und Einkommen) die Senkungen der Steuersätze aufwiegen würden, was zu einem Anstieg der Staatseinnahmen führen würde.<ref>{{Literatur |Autor=Fair, Ray C., Oster, Sharon M. |Titel=Principles of economics |Auflage=10th ed |Verlag=Prentice Hall |Ort=Boston |Datum=2012 |ISBN=978-0-13-255291-2 |Seiten=654}}</ref>[[Datei:LafferCurve.svg|mini|Eine asymmetrische Laffer-Kurve mit einem maximalen Steuerumsatzpunkt von rund 70 %.<ref name=":10">{{Literatur |Autor=Mathias Trabandt, Harald Uhlig |Titel=The Laffer curve revisited |Sammelwerk=Journal of Monetary Economics |Band=58 |Nummer=4 |Datum=2011-05 |Seiten=305–327 |DOI=10.1016/j.jmoneco.2011.07.003 |Online=[https://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S030439321100064X Online] |Abruf=2020-11-29}}</ref> ]]
Eine der wichtigsten Modelle um eine (aus Sicht der angebotsorientierten [[Fiskalpolitik|Steuerpolitik]]) optimal ausbalancierte Besteuerung zu ermitteln, stellt die [[Laffer-Kurve]] dar.<ref>{{Internetquelle |autor=Arthur Laffer |url=https://www.heritage.org/taxes/report/the-laffer-curve-past-present-and-future |titel=The Laffer Curve: Past, Present, and Future |abruf=2020-11-29 |sprache=en}}</ref> Sie behandelt das Verhältnis von Steuersätzen und den Steuereinnahmen des Staates. Zunächst muss festgestellt werden, dass Steuersätze und Steuereinnahmen zwei separate Größen sind. Dabei wird angenommen, dass bei den extremen Steuersätzen von 0 % und 100 % dieselben Steuereinnahmen erzielt werden, nämlich null.<ref>{{Literatur |Autor=Tucker, Irvin B. |Titel=Survey of economics |Auflage=7th ed |Verlag=South-Western Cengage Learning |Ort=Mason, OH |Datum=2011 |ISBN=978-1-4390-4054-6 |Seiten=341}}</ref> Das heißt, dass es einen Wert zwischen 0 und 100 % gibt, bei dem die Steuereinnahmen maximal werden. Es existiert also ein optimaler Steuersatz, bei dem maximale Steuereinnahmen erzielt werden.<ref>{{Literatur |Autor=Firouz Gahvari |Titel=The nature of government expenditures and the shape of the laffer curve |Sammelwerk=Journal of Public Economics |Band=40 |Nummer=2 |Datum=1989-11 |Seiten=251–260 |DOI=10.1016/0047-2727(89)90006-6 |Online=[https://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/0047272789900066 Online] |Abruf=2020-11-29}}</ref> Viele angebotspolitische Ökonomen argumentieren, dass Steuersenkungen paradoxerweise zu höheren Steuereinnahmen führen können, gerade weil durch die Steuersenkungen der optimale Steuersatz erreicht wird.<ref>{{Literatur |Autor=Bruce Bartlett |Titel=Opinion {{!}} How Supply-Side Economics Trickled Down (Published 2007) |Sammelwerk=The New York Times |Datum=2007-04-06 |ISSN=0362-4331 |Online=[https://www.nytimes.com/2007/04/06/opinion/06bartlett.html Online] |Abruf=2020-11-29}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Austan Goolsbee, Robert E. Hall, Lawrence F. Katz |Titel=Evidence on the High-Income Laffer Curve from Six Decades of Tax Reform |Sammelwerk=Brookings Papers on Economic Activity |Band=1999 |Nummer=2 |Datum=1999 |Seiten=1 |DOI=10.2307/2534678 |JSTOR=2534678}}</ref>
 
== Angebotspolitik in den USA und Großbritannien ==
== Instrumente der Angebotspolitik ==
Um den theoretisch beschriebenen Effekt der Verbesserungen der Angebotsseite zu erzielen, beinhaltet das Konzept der Angebotspolitik eine Reihe von Instrumenten.<ref name="Stichwort: Angebotspolitik">Duden Wirtschaft von A bis Z: Grundlagenwissen für Schule und Studium, Beruf und Alltag. 4. Aufl. Mannheim: Bibliographisches Institut 2009. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2009 [https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/lexikon-der-wirtschaft/18622/angebotspolitik/ Stichwort: Angebotspolitik]</ref> Die angebotsseitige Politik zielt darauf ab, das [[Gesamtwirtschaftliches Angebot|Gesamtangebot]] im Gegensatz zur [[Gesamtwirtschaftliche Nachfrage|Gesamtnachfrage]] zu erhöhen, wodurch Produktion und Beschäftigung gesteigert und gleichzeitig die Preise für Konsumenten gesenkt werden sollen.<ref name=":9">{{Literatur |Autor=Eric P. Chiang, Gerald W. Stone |Titel=CoreMacroeconomics |Auflage=Third edition |Ort=New York, NY |ISBN=978-1-4292-7849-2 |Seiten=245}}</ref>
 
Im Wesentlichen können vier Dimensionen von angebotsorientierter Wirtschaftspolitik definiert werden:<ref name=":9" />
 
# Investitionen in [[Humankapital]] z.&nbsp;B. durch [[Berufsbildung|Bildung]] und die Förderung von [[Technologietransfer]]s und Übernahme von effizienteren Geschäftsprozessen zur Verbesserung der [[Produktivität]], d.&nbsp;h. dem Output pro Arbeitnehmer.
# Steuersenkungen, um [[Anreiz]]e für Arbeit, Investitionen und unternehmerisches Risiko zu schaffen.
#Investitionen in neue [[Investitionsgut|Investitionsgüter]] sowie [[Forschung und Entwicklung]] zur weiteren Verbesserung der Produktivität. Wenn Unternehmen die Möglichkeit haben, Investitionsgüter schneller [[Abschreibung|abzuschreiben]] (z. B. über ein Jahr im Gegensatz zu 10), erhalten sie Anreize zum Kauf solcher Güter.
# [[Deregulierung]] und [[Privatisierung]], um die Gründung und Expansion von Unternehmen zu fördern.
 
Ein Vorteil solcher Maßnahmen besteht darin, dass durch die Verlagerung der aggregierten [[Angebotsfunktion]] die Preise gesenkt werden können und gleichzeitig Produktion und Beschäftigung steigen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.britannica.com/topic/supply-side-economics |titel=Supply-side economics |abruf=2020-11-29 |sprache=en}}</ref> Dies steht im Gegensatz zu nachfrageseitigen Maßnahmen (z. B. höhere Staatsausgaben), die selbst bei Erfolg tendenziell Inflationsdruck erzeugen (d. h. das [[Preisniveau|Gesamtpreisniveau]] erhöhen), wenn sich die [[Nachfragefunktion|Gesamtnachfragefunktion]] entsprechend verschiebt. Infrastrukturinvestitionen sind ein Beispiel für eine Politik, die sowohl nachfrage- als auch angebotsseitige Elemente aufweist.<ref name=":9" />
 
Daneben ist [[Freihandel]] ein Ziel von angebotsorientierte Wirtschaftspolitik. D.h. wie andere Regulierungen auch, sollen Regulierungen, die den Zugang zu einem Markt einschränken, abgebaut werden z.&nbsp;B. [[Zoll (Abgabe)|Zölle]] und [[Nichttarifäres Handelshemmnis|nichttarifäre Handelshemmnisse]].<ref>{{Internetquelle |autor=Brian Domitrovic |url=https://www.forbes.com/sites/briandomitrovic/2019/09/08/the-development-of-supply-side-doctrine-on-tariffs/ |titel=The Development Of Supply-Side Doctrine On Tariffs |abruf=2020-12-25 |sprache=en}}</ref> Dadurch sollen sich Effizienzgewinne für Ökonomien und niedrigere Preise für Konsumenten durch erhöhte Konkurrenz ergeben.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.wto.org/english/res_e/booksp_e/anrep_e/wtr09-2b_e.pdf |titel=ECONOMIC THEORIES OF TRADE AGREEMENTS AND THE ROLE OF FLEXIBILITIES |hrsg=World Trade Organization |abruf=2020-12-23 |sprache=en}}</ref>
 
Eine weitere Dimension kommt der [[Geldpolitik]] zu. Für die Unternehmen ist ein stabiles Währungssystem unabdingbar. Daher sind [[Inflation]] und [[Deflation]] schädlich. Aufgabe der Zentralbanken ist daher eine Sicherung der Preisniveaustabilität. Angebotspolitische Geldpolitik steht dem [[Monetarismus]] nahe.<ref>{{Internetquelle |autor=European Central Bank |url=https://www.ecb.europa.eu/press/key/date/2004/html/sp040622_1.en.html |titel=Supply side economics and monetary policy |datum=2004-06-22 |abruf=2020-11-29 |sprache=en}}</ref>
 
== Geschichte ==
 
=== Reaganomics ===
{{Hauptartikel|Reaganomics}}
[[Datei:Ronald Reagan 1981 presidential portrait.jpg|mini|[[Ronald Reagan]]]]
In den USA setzen viele politische Kommentatoren die angebotsseitige Wirtschaftspolitik mit [[Reaganomics]] gleich.<ref name=":3">{{Internetquelle |url=https://www.britannica.com/biography/Ronald-Reagan |titel=Ronald Reagan - Presidency |sprache=en |abruf=2020-11-29 |sprache=en}}</ref> Die Finanz- und Wirtschaftspolitik unter dem [[Präsident der Vereinigten Staaten|US-Präsidenten]] [[Ronald Reagan]] basierte weitgehend auf einer angebotsorientierten [[Wirtschaftspolitik]]. Die vier Säulen von Reagans Wirtschaftspolitik bestanden darin, das Wachstum der Staatsausgaben zu verringern, die Einkommensteuer auf Bundesebene und die Kapitalertragsteuer zu senken, die staatliche Regulierung zu verringern und das Geldmengenwachstum zu reduzieren, um die Inflation zu senken.<ref name=":4">{{Internetquelle |url=https://www.econlib.org/library/Enc1/Reaganomics.html |titel=Reaganomics, by William A. Niskanen: The Concise Encyclopedia of Economics {{!}} Library of Economics and Liberty |abruf=2020-11-29}}</ref>
 
Während des Wahlkampfes popularisierte Reagan den Begriff der angebotsorientierten [[Wirtschaftspolitik]] und versprach eine allgemeine Senkung der [[Einkommensteuer]] und eine noch stärkere Senkung der [[Kapitalertragsteuer]] sowie [[Deregulierung]]en. Während der Präsidentschaftskampagne 1980 bezeichnete Reagan die zweistellige Inflation in den USA als das größte wirtschaftliche Problem.<ref>{{Literatur |Autor=Case, Karl E., Fair, Ray C., Oster, Sharon E. |Titel=Principles of Microeconomics + Myeconlab With Pearson Etext 1 Semester Access Card. |Verlag=Pearson College Div |Datum=2016 |ISBN=978-0-13-443503-9 |Seiten=781-782}}</ref>
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[[Paul Volcker]], der damalige Vorsitzende der US-Notenbank, verfolgte eine [[Monetarismus|monetaristische]] Geldpolitik, d.&nbsp;h. er erhöhte die Leitzinsen, um das [[Geldmengenwachstum|Wachstum der Geldmenge]] zu verringern, um so die Inflationspsychologie zu brechen und die Inflationserwartungen aus dem Wirtschaftssystem herauszudrücken.<ref name=":3" />
 
Der [[Kongress der Vereinigten Staaten|US-Kongress]] unter Reagan verabschiedete verschiedene Steuerreformen, darunter den Tax Reform Act of 1986, welcher die Einkommens- und Kapitalertragssteuern über einen Zeitraum von fünf Jahren um 749 Milliarden US-Dollar senken würde. Dabei wurden auch das Steuersystem vereinfacht, die Anzahl der [[Lohnsteuerklasse|Steuerklassen]] reduziert und die [[Grenzsteuersatz|Spitzensteuersätze]] gesenkt.<ref>{{Literatur |Autor=Steuerle, C. Eugene, 1946- |Titel=The tax decade : how taxes came to dominate the public agenda |Verlag=Urban Institute Press |Ort=Washington, D.C. |Datum=1992 |ISBN=0-87766-522-2 |Seiten=122}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Joseph J. Thorndike |Titel=The Tragic Death of the Temporary Tax Cut |Sammelwerk=Time |Datum=2011-12-01 |ISSN=0040-781X |Online=[https://business.time.com/2011/12/01/the-tragic-death-of-the-temporary-tax-cut/ Online] |Abruf=2020-11-29}}</ref> Die Befürworter der Angebotspolitik argumentierten, dass diese Steuersenkungen zu mehr Wirtschaftswachstum führen, wodurch sich das Steuereinkommen des Staates in Summe nicht reduziere. Jedoch gingen in Folge die Steuereinnahmen des Staates zurück, und die Staatsverschuldung stieg stark an.<ref>{{Literatur |Titel=Can countries lower taxes and raise revenues? |Sammelwerk=The Economist |Datum=2019-06-19 |ISSN=0013-0613 |Online=[https://www.economist.com/graphic-detail/2019/06/19/can-countries-lower-taxes-and-raise-revenues Online] |Abruf=2020-11-29}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.pbs.org/newshour/economy/making-sense/how-the-gop-tax-overhaul-compares-to-the-reagan-era-tax-bills |titel=How the GOP tax overhaul compares to the Reagan-era tax bills |datum=2017-12-04 |sprache=en-US |abruf=2020-11-29 |sprache=en-us}}</ref> Das [[Finanzministerium der Vereinigten Staaten]] untersuchte 2017 die Steuersenkungen unter der Reagan-Administration sowie deren Auswirkungen und kam zu dem Schluss, dass sich die Steuereinnahmen im Vergleich zu einer Basislinie erheblich reduziert hatten.<ref>{{Internetquelle |autor=Treasury Department |url=https://www.treasury.gov/resource-center/tax-policy/tax-analysis/Documents/WP-81.pdf |titel=Revenue Effects of Major Tax Bills |werk=Working Papers |hrsg=United States Department of the Treasury |datum=2006-09 |format=PDF |sprache=en |abruf=2020-11-29 |sprache=en}}</ref> Der Haushaltsentwurf von 1990 kam ebenfalls zu dem Schluss, dass die Steuersenkungen unter Reagan zu einer Verringerung der Steuereinnahmen geführt hatten.<ref>{{Internetquelle |autor=Glenn Kessler |url=https://www.washingtonpost.com/news/fact-checker/wp/2017/12/07/history-lesson-do-big-tax-cuts-pay-for-themselves/ |titel=History lesson: Do big tax cuts pay for themselves? |hrsg=Washington Post |sprache=en |abruf=2020-11-29 |sprache=en}}</ref>
 
Reagan erleichterte oder beseitigte [[Preiskontrolle]]n für Öl und Erdgas, Kabelfernsehen, Ferngespräche, zwischenstaatliche Busverbindungen und Seeschifffahrt.<ref>{{Internetquelle |autor=Livia Gershon |url=https://daily.jstor.org/why-reagan-became-the-great-deregulator/ |titel=Why Ronald Reagan Became the Great Deregulator |datum=2017-02-09 |sprache=en-US |abruf=2020-11-29 |sprache=en-US}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Richard E. Wiley, Dennis R. Patrick, Laurence A. Tisch, Jonathan D. Blake, Marshall J. Breger |Titel=BROADCAST DEREGULATION: THE REAGAN YEARS AND BEYOND |Sammelwerk=Administrative Law Review |Band=40 |Nummer=3 |Datum=1988 |ISSN=0001-8368 |Seiten=345–376 |JSTOR=40709586}}</ref> Die Banken durften in ein etwas breiteres Spektrum von Vermögenswerten investieren, und der Geltungsbereich der Kartellgesetze wurde eingeschränkt.<ref name=":3" /> Die Reagan-Administration schlug keine Änderungen der Rechtsverordnungen durch die [[Environmental Protection Agency|EPA]] und anderer Behörden vor, reduzierte jedoch die Anzahl neuer Verordnungen nach geltenden Gesetzen.<ref name=":4" />
 
Die Ergebnisse der Reaganomics werden immer noch kontrovers diskutiert. Unterstützer weisen auf das Ende der [[Stagflation]], ein stärkeres Wachstum des [[Bruttoinlandsprodukt]]s sowie die Gründerphase und den Wirtschaftsboom in den folgenden Jahrzehnten hin.<ref>{{Literatur |Titel=Reagan's Economic Legacy |Sammelwerk=Bloomberg.com |Datum=2004-06-21 |Online=[https://www.bloomberg.com/news/articles/2004-06-20/reagans-economic-legacy Online] |Abruf=2020-11-29}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=D'Souza, Dinesh, 1961- |Titel=Ronald Reagan : how an ordinary man became an extraordinary leader |Auflage=1st Touchstone ed |Verlag=Simon & Schuster |Ort=New York |Datum=1999 |ISBN=0-684-84823-6 |Seiten=124-125}}</ref> Kritiker verweisen auf die zunehmende Ungleichheit der Gesellschaft und die Verdreifachung der Staatsverschuldung innerhalb von acht Jahren.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.washingtonpost.com/wp-dyn/articles/A26402-2004Jun8.html |titel=Reagan Policies Gave Green Light to Red Ink (washingtonpost.com) |abruf=2020-11-29}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Krugman, Paul R., |Titel=The conscience of a liberal |Auflage=First edition |Ort=New York |Datum= |ISBN=978-0-393-06069-0}}</ref>
 
=== Thatcherismus ===
{{Hauptartikel|Thatcherismus}}
[[Datei:Margaret Thatcher.png|mini|[[Margaret Thatcher]]]]
Die Wirtschaftspolitik der [[Premierminister des Vereinigten Königreichs|britischen Premierministerin]] [[Margaret Thatcher]] wird ebenfalls als angebotsorientierte Wirtschaftspolitik bezeichnet.<ref>{{Literatur |Autor=Nigel M. Healey |Titel=The Thatcher Supply-Side 'Miracle': Myth or Reality? |Sammelwerk=The American Economist |Band=36 |Nummer=1 |Datum=1992 |ISSN=0569-4345 |Seiten=7–12 |JSTOR=25603905}}</ref> Die Bestandteile des Thatcherismus waren [[Privatisierung]]en, [[Deregulierung]]en, eine Verringerung des Einflusses der Gewerkschaften, [[Steuerreform]]en und eine [[Monetarismus|monetaristische]] [[Geldpolitik]].<ref>{{Internetquelle |autor=Tejvan Pettinger |url=https://www.economicshelp.org/blog/glossary/thatcher-economic-policies/ |titel=Thatcher's Economic Policies |sprache=en-GB |abruf=2020-11-29 |sprache=en-GB}}</ref> Anders als unter Ronald Reagan standen allerdings Privatisierungen und Deregulierungen und nicht Steuersenkungen im Zentrum von Thatchers Politik.<ref name=":5">{{Literatur |Autor=Charles Redenius |Titel=Thatcherism and Reagonomics: Supply-Side Economic Policy in Great Britain and the United States |Sammelwerk=Journal of Political Science |Band=10 |Nummer=2 |Datum=2020-02-24 |ISSN=0098-4612 |Online=[https://digitalcommons.coastal.edu/jops/vol10/iss2/4 Online] |Abruf=2020-11-29}}</ref>
 
Thatcher sah sich, wie Reagan, bei ihrem Amtsantritt mit einer wirtschaftlichen [[Stagflation]], also hoher Arbeitslosigkeit und hoher Inflation konfrontiert.<ref>{{Literatur |Autor=Edward Nelson, Kalin Nikolov |Titel=Monetary Policy and Stagflation in the UK |Sammelwerk=Journal of Money, Credit and Banking |Band=36 |Nummer=3 |Datum=2004 |ISSN=0022-2879 |Seiten=293–318 |JSTOR=3838975}}</ref> Es wurden zwar fiskalpolitische Reformen durchgeführt, einschließlich einer Umstrukturierung der Steuern durch Erhöhung der Mehrwertsteuer bei gleichzeitiger Senkung der Einkommensteuersätze und insbesondere durch [[Indexierung (Wirtschaft)|Indexierung]] der Transferzahlungen auf Preise und nicht auf Löhne, um einen ausgeglichenen Haushalt wiederherzustellen. Aber hauptsächlich wurde die [[Industriepolitik]] verringert und [[Subvention]]en gekürzt und viele staatseigene Unternehmen wurden privatisiert.<ref name=":6">{{Internetquelle |autor=Nicholas Crafts |url=https://voxeu.org/article/economic-legacy-mrs-thatcher |titel=The economic legacy of Mrs Thatcher |werk=VoxEU.org |datum=2013-04-08 |abruf=2020-11-29}}</ref> Außerdem erfolgte eine Liberalisierung und Deregulierung der Finanzmärkte, welche Thatcher 1986 als „Big Bang“ bezeichnete. Durch Rechtsreformen der Arbeitsbeziehungen wurde die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften, die zunächst durch die hohe Arbeitslosigkeit geschwächt worden war, weiter verringert.<ref name=":6" /> Daneben verfolgte Thatcher eine monetaristische Geldpolitik, um die Inflation zu senken.<ref name=":5" />
 
Thatchers Regierung versuchte in der ersten Amtszeit zunächst, die Inflation mittels einer monetaristischen Geldpolitik in den Griff zu bekommen.<ref name=":8">{{Literatur |Autor=Kent Matthews, Patrick Minford, Stephen Nickell, Elhanan Helpman |Titel=Mrs Thatcher's Economic Policies 1979-1987 |Sammelwerk=Economic Policy |Band=2 |Nummer=5 |Datum=1987 |ISSN=0266-4658 |Seiten=59–101 |DOI=10.2307/1344621 |JSTOR=1344621}}</ref> Von 1974 bis 1981 lag sie jedes Jahr über 10 %. Die Zinssätze wurden nach Thatchers Amtsantritt 1979 von 12 % auf 17 % erhöht, was zu einem starken Rückgang der Inflation führte. Die Folge war aber auch, dass Großbritannien eine schwere Rezession mit Arbeitslosigkeit über 12 % erlebte. Diese stabilisierte sich in den 80er Jahren jedoch wieder und sank unter 7 %.<ref>{{Literatur |Autor=Nathalie Champroux, Nicholas Sowels |Titel=The Monetary and Fiscal Policies of Early Thatcherism and the Legacy of the Medium Term Financial Strategy |Sammelwerk=Observatoire de la société britannique |Nummer=17 |Datum=2015-11-01 |ISSN=1775-4135 |Seiten=135–161 |DOI=10.4000/osb.1780 |Online=[http://journals.openedition.org/osb/1780 Online] |Abruf=2020-11-29 |DOI=10.4000/osb.1780}}</ref> Die geringe Inflation war für den ökonomischen Boom, der darauf folgte, mitverantwortlich.<ref>{{Literatur |Autor=Jim Tomlinson |Titel=Thatcher, monetarism and the politics of inflation |Sammelwerk=Making Thatchers Britain |Verlag=Cambridge University Press |Ort=Cambridge |Datum=2012 |ISBN=978-1-107-68337-2 |Seiten=62–77 |DOI=10.1017/cbo9780511998164.005 |Online=[https://www.cambridge.org/core/books/making-thatchers-britain/thatcher-monetarism-and-the-politics-of-inflation/BD1B54E8A40EE79D0D44A6B2BA6C80AE Online] |Abruf=2020-11-29 |DOI=10.1017/cbo9780511998164.005}}</ref>
 
Während Thatchers Regierungszeit wurden viele unrentable Staatsunternehmen geschlossen oder privatisiert.<ref>{{Literatur |Titel=British Privatization—Taking Capitalism to the People |Sammelwerk=Harvard Business Review |Datum=1992-01-01 |ISSN=0017-8012 |Online=[https://hbr.org/1992/01/british-privatization-taking-capitalism-to-the-people Online] |Abruf=2020-11-29}}</ref> Während ihrer zweiten Amtszeit wurden die staatlichen Versorgungsunternehmen wie [[BT Group|British Telecom]] (1984) und [[British Gas|Britisch Gas]] (1986) privatisiert.<ref name=":7">{{Internetquelle |url=https://www.oxera.com/wp-content/uploads/2018/03/The-Thatcher-privatisation-legacy_1.pdf |titel=The Thatcher privatisation legacy: not quite what she planned? |hrsg=Oxera |format=PDF |sprache=en |abruf=2020-11-29 |sprache=en}}</ref> Daneben wurden auch andere staatliche Unternehmen wie [[British Airways]] (1984), [[Jaguar Cars]] (1984), der [[Heathrow Airport Holdings|Heathrow Airport]] (1986), [[Rolls-Royce Group|Rolls-Royce]] (1987), [[British Steel]] (1988) oder [[Thames Water]] (1989) verkauft.<ref>{{Literatur |Autor=David Sadler |Titel=Privatising British Steel: The Politics of Production and Place |Sammelwerk=Area |Band=22 |Nummer=1 |Datum=1990 |ISSN=0004-0894 |Seiten=47–55 |JSTOR=20002788}}</ref> Als Margaret Thatcher 1990 als Premierministerin abgelöst wurde, waren mehr als 40 staatliche Unternehmen in Großbritannien mit 600.000 Beschäftigten privatisiert worden. Über 60 Milliarden GBP an Staatsvermögen wurden verkauft, und der Anteil der verstaatlichten Industrien an der Beschäftigung ging von 9 % auf unter 2 % zurück.<ref name=":7" /> Daneben wurde 1986 die britische Finanzindustrie dereguliert.<ref>{{Literatur |Titel=How the Big Bang changed the City of London for ever |Sammelwerk=BBC News |Datum=2016-10-26 |Online=[https://www.bbc.com/news/business-37751599 Online] |Abruf=2020-11-29}}</ref> Dadurch stieg die [[City of London]] zu einem der wichtigsten Finanzplätze der Welt auf.<ref>{{Literatur |Autor=Christopher Bellringer, Ranald Michie |Titel=Big Bang in the City of London: an intentional revolution or an accident? |Sammelwerk=Financial History Review |Band=21 |Nummer=2 |Datum=2014-08 |ISSN=0968-5650 |Seiten=111–137 |DOI=10.1017/S0968565014000092 |Online=[https://www.cambridge.org/core/journals/financial-history-review/article/big-bang-in-the-city-of-london-an-intentional-revolution-or-an-accident/BA85A853A5A07EF6FD8F5C31AA50D804 Online] |Abruf=2020-11-29 |DOI=10.1017/S0968565014000092}}</ref>
 
Der britische [[Protektionismus]] wurde durch die [[Freihandel|Handelsliberalisierung]] mit den [[Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen|GATT]]-Verhandlungen, dem Beitritt zur [[Europäische Gemeinschaft|Europäischen Gemeinschaft]] im Jahr 1973 und der Reduktion von Industriesubventionen und Devisenkontrollen beendet. Ferner wurde in den 90er Jahren die europäische Binnenmarktgesetzgebung umgesetzt.<ref name=":6" /><ref>{{Internetquelle |url=https://www.gov.uk/government/speeches/the-case-for-free-trade |titel=The case for free trade |sprache=en |abruf=2020-11-29 |sprache=en}}</ref> Durch diese Liberalisierungen sanken die Preise für britische Konsumenten durchschnittlich um 8–10 %.<ref>{{Literatur |Autor=Christine Ennew, David Greenaway, Geoffrey Reed |Titel=Further Evidence on Effective Tariffs and Effective Protection in the Uk* |Sammelwerk=Oxford Bulletin of Economics and Statistics |Band=52 |Nummer=1 |Datum=1990 |ISSN=1468-0084 |Seiten=69–78 |DOI=10.1111/j.1468-0084.1990.mp52001004.x}}</ref>
 
In den 1980er und 1990er Jahren änderten sich unter Thatcher das Verhalten und die Struktur der britischen [[Industrielle Beziehungen|Arbeitsbeziehungen]] erheblich: Gewerkschaftsmitgliedschaften sanken und die Verhandlungsmacht von Gewerkschaften wurde geschwächt. Dies war zum Teil auf die hohe Arbeitslosigkeit und die gewerkschaftsfeindliche Gesetzgebung in den 1980er Jahren zurückzuführen, war aber auch in hohem Maße durch den zunehmenden internationalen Wettbewerb durch die Liberalisierungen des Handels verursacht.<ref>{{Literatur |Autor=William Brown, A. Bryson, J. Forth |Titel=Competition and the Retreat from Collective Bargaining |Verlag=Faculty of Economics |Datum=2008-08 |DOI=10.17863/cam.5284 |Online=[https://www.repository.cam.ac.uk/handle/1810/229491 Online] |Abruf=2020-11-29 |DOI=10.17863/cam.5284}}</ref> In den 1980er Jahren war ein Anstieg des [[Produktivitätszuwachs]]es in gewerkschaftlich organisierten Unternehmen zu verzeichnen, da organisatorische Veränderungen unter dem Druck des Wettbewerbs stattfanden.<ref>{{Literatur |Autor=Stephen Machin, Sushil Wadhwani |Titel=The Effects of Unions on Organisational Change and Employment |Sammelwerk=The Economic Journal |Band=101 |Nummer=407 |Datum=1991-07 |ISSN=0013-0133 |Seiten=835 |DOI=10.2307/2233858}}</ref> Insgesamt war die Schwächung der Gewerkschaften im Zusammenhang mit der Zunahme des ausländischen Wettbewerbs für den kräftigen Produktivitätszuwachs der Wirtschaft des Vereinigten Königreichs erheblich verantwortlich.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Gregg, Stephen Machin, David Metcalf |Titel=Signals and Cycles? Productivity Growth and Changes in Union Status in British Companies, 1984-9 |Sammelwerk=The Economic Journal |Band=103 |Nummer=419 |Datum=1993 |ISSN=0013-0133 |Seiten=894–907 |DOI=10.2307/2234708 |JSTOR=2234708}}</ref>
 
Zusammengefasst war der Thatcherismus eine Lösung für die Probleme, die zu der früheren Wirtschaftsschwäche geführt hatten.<ref name=":6" /><ref name=":8" /> Die Reformen förderten eher die effektive Verbreitung existierender Technologien als die Erfindung neuer [[Innovation]]en, sie wirkten sich daher stärker auf die Verringerung der Ineffizienz als auf die Förderung des investitionsbedingten Wachstums aus. Die Reformen erhöhten die [[Produktivität]] sowie das [[Wirtschaftswachstum]] und senkten die [[Die Inflation nicht beschleunigende Arbeitslosenquote|inflationsstabile Arbeitslosenquote]].<ref name=":6" /><ref>{{Literatur |Autor=Nicholas Crafts |Titel=British relative economic decline revisited: The role of competition |Sammelwerk=Explorations in Economic History |Band=49 |Nummer=1 |Datum=2012-01-01 |ISSN=0014-4983 |Seiten=17–29 |DOI=10.1016/j.eeh.2011.06.004 |Online=[http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0014498311000295 Online] |Abruf=2020-11-29 |DOI=10.1016/j.eeh.2011.06.004}}</ref> Kritiker der Thatcher-Regierung führen die starke Zunahme an [[Soziale Ungleichheit|sozialer Ungleichheit]] an:<ref>{{Internetquelle |url=http://www.theguardian.com/politics/datablog/2013/apr/08/britain-changed-margaret-thatcher-charts |titel=How Britain changed under Margaret Thatcher. In 15 charts |datum=2013-04-08 |sprache=en |abruf=2020-11-29 |sprache=en}}</ref> Unter Thatchers Amtszeit stieg der [[Gini-Koeffizient]] um 9 Prozentpunkte an.<ref>{{Literatur |Titel=Thatcher's Grandchildren: The Long Road to Inequality |Sammelwerk=Political Insight |Band=6 |Nummer=1 |Datum=2015-04-01 |ISSN=2041-9058 |Seiten=16–19 |DOI=10.1111/2041-9066.12082 |Online=[https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1111/2041-9066.12082 Online] |Abruf=2020-11-29 |DOI=10.1111/2041-9066.12082}}</ref> Die abschließende Bewertung hängt daher stark von [[Werturteil]]en über die relative Bedeutung der Einkommensverteilung und des Wirtschaftswachstums als politischen Zielen ab.
 
=== EntwicklungAngebotspolitik in Deutschland ===
==== Abkehr vom Paradigma der „Globalsteuerung“ und Regierung Kohl ====
{{Hauptartikel|Globalsteuerung}}
In der Bundesrepublik wurde seit etwa Mitte der 1970er Jahre die Wirksamkeit [[Keynesianismus|keynesianischer]] Konzepte zunehmend in Zweifel gezogen. Insbesondere dieEine als [[Globalsteuerung]] bezeichnete [[Konjunkturpolitik]], welchelöste die [[Ordoliberalismus|Ordnungspolitik]] [[Ludwig Erhard|Ludwig Erhards]]s 1966/1967 infolge einer [[Rezession]] abgelöstab. hatteIm undRahmen diedieser demGlobalsteuerung Staatsollte eineder aktiveStaat Rolleaktiv in der Steuerung derdie gesamtgesellschaftlichen Nachfrage zuwiessteuern, brachtewas aber nicht die gewünschten wirtschaftlichen Erfolge brachte. In der Bundesrepublik wurde daher seit etwa Mitte der 1970er Jahre die Wirksamkeit [[Keynesianismus|keynesianischer]] Konzepte zunehmend bezweifelt.<ref name="Gaul">Claus-Martin Gaul: {{Webarchiv |url=http://www.bundestag.de/wissen/analysen/2009/konjunkturprogramme.pdf |text=''Konjunkturprogramme in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland – Einordnung und Bewertung der Globalsteuerung 1967 bis 1982'' |url=http://www.bundestag.de/wissen/analysen/2009/konjunkturprogramme.pdf |wayback=20090306124735 |format=PDF; 220&nbsp;kB |wayback=20090306124735}}. In: Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, 2008.</ref> Die Umsetzung einer konsequenteren Angebotspolitik als Alternative scheiterte in der von 1969 bis 1982 dauernden Phase der [[Sozialliberale Koalition|sozialliberalen Koalition]] von SPD und FDP jedoch zunächst am politischen Widerstand der SPD (und der Gewerkschaften), die weiterhin an ihren nachfrageorientierten Konzepten festhielt.<ref name=":12">[https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/deutschland-in-den-70er-80er-jahren-270/9748/wirtschaftliche-entwicklung-in-der-bundesrepublik/#page-2 Suche nach Auswegen aus der Krise] in: Werner Bührer: ''Wirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik'', Informationen zur politischen Bildung (Heft 270), 2001</ref>
 
[[Datei:Otto Graf Lambsdorff.jpg|mini|[[Otto Graf Lambsdorff]]|193x193px]]Als die ohnehin hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland infolge der [[Ölpreiskrise|zweiten Ölpreiskrise 1979]] abermals stieg und eine immer höhere [[Staatsverschuldung]] den Bundeshaushalt zunehmend in Schwierigkeiten brachte, endete der sozial- und wirtschaftspolitische Konsens zwischen den Regierungsparteien. Die endgültige Abkehr der Regierung von keynesianischen Steuerungsvorstellungen in der RegierungKonzepten markierte das Thesenpapier ''[[Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit]]'',. Es wurde auch als „Lambsdorff-Papier“ bekannt, welches der damalige Wirtschaftsminister [[Otto Graf Lambsdorff]] Bundeskanzler Schmidt im September 1982 vorlegte. Es kam daraufhin zum [[Wende (Bundesrepublik Deutschland)|Bruch der sozialliberalen Koalition]]. und dieDie FDP ging eine neue Koalition mit der CDU/CSU unter [[Kabinett Kohl I|Bundeskanzler Kohl]] ein.<ref>[http://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0079_lam&object=context&st=KONZEPT&l=de 100(0) Schlüsseldokumente zur deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert], hrsg. von der [[Bayerische Staatsbibliothek|Bayerischen Staatsbibliothek]], abgerufen am 26. September 2013.</ref>
In der Bundesrepublik wurde seit etwa Mitte der 1970er Jahre die Wirksamkeit [[Keynesianismus|keynesianischer]] Konzepte zunehmend in Zweifel gezogen. Insbesondere die als [[Globalsteuerung]] bezeichnete [[Konjunkturpolitik]], welche die [[Ordoliberalismus|Ordnungspolitik]] [[Ludwig Erhard|Ludwig Erhards]] 1966/1967 infolge einer [[Rezession]] abgelöst hatte und die dem Staat eine aktive Rolle in der Steuerung der gesamtgesellschaftlichen Nachfrage zuwies, brachte nicht die gewünschten wirtschaftlichen Erfolge.<ref name="Gaul">Claus-Martin Gaul: {{Webarchiv|text=''Konjunkturprogramme in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland – Einordnung und Bewertung der Globalsteuerung 1967 bis 1982'' |url=http://www.bundestag.de/wissen/analysen/2009/konjunkturprogramme.pdf |wayback=20090306124735 |format=PDF; 220&nbsp;kB }}. In: Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, 2008.</ref> Die Umsetzung einer konsequenteren Angebotspolitik scheiterte in der von 1969 bis 1982 dauernden Phase der [[Sozialliberale Koalition|sozialliberalen Koalition]] von SPD und FDP jedoch zunächst am politischen Widerstand der SPD (und der Gewerkschaften), die weiterhin an ihren nachfrageorientierten Konzepten festhielt.<ref name=":12">[https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/deutschland-in-den-70er-80er-jahren-270/9748/wirtschaftliche-entwicklung-in-der-bundesrepublik/#page-2 Suche nach Auswegen aus der Krise] in: Werner Bührer: ''Wirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik'', Informationen zur politischen Bildung (Heft 270), 2001</ref>
 
Kohl plädierte fürin eineeiner Beschränkung[[Regierungserklärung]] des1983 dafür den Staates auf wenige Kernaufgaben zu beschränken und lehnte Beschäftigungsprogramme ab.<ref>{{Literatur |Autor=Hermann Adam |Titel=Von der Inflationsphobie bis zur „schwarzen Null“ |Sammelwerk=Wirtschaftsdienst |Band=2016 |Nummer=7 |Datum=2016 |Seiten=492–500 |Online=https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2016/heft/7/beitrag/von-der-inflationsphobie-bis-zur-schwarzen-null.html |Abruf=2021-10-20}}</ref> Die Regierung führtehatte bereits zum 1. Januar 1983 Einsparungen beim Kindergeld sowie bei der Renten- und Arbeitslosenversicherung eineingeführt. Später wurden die Belastungen für Unternehmen gesenkt in der Hoffnung, dadurch deren Investitionsbereitschaft zu erhöhen. Die Unternehmensgewinne stiegen zwar, doch die Investitionsneigung blieb niedrig, anders als von der Theorie der Angebotspolitik vorhergesagt.<ref name=":12" /> Ab den 80er Jahren senkte die Regierung in mehreren Schritten die Einkommensteuer nach dem Vorbild Reagans in den USA.<ref>{{Literatur |Autor=Sebastian Dullien |Titel=Helmut Kohl: Ökonomische Bilanz des Einheitskanzlers |Sammelwerk=Der Spiegel |Datum=2017-06-17 |ISSN=2195-1349 |Online=https://www.spiegel.de/wirtschaft/helmut-kohl-oekonomische-bilanz-des-einheitskanzlers-a-1152571.html |Abruf=2021-11-16}}</ref>
Als die ohnehin hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland infolge der [[Ölpreiskrise|zweiten Ölpreiskrise 1979]] abermals stieg und eine immer höhere Staatsverschuldung den Bundeshaushalt zunehmend in Schwierigkeiten brachte, endete der sozial- und wirtschaftspolitische Konsens zwischen den Regierungsparteien. Die endgültige Abkehr von keynesianischen Steuerungsvorstellungen in der Regierung markierte das Thesenpapier ''[[Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit]]'', auch als „Lambsdorff-Papier“ bekannt, welches der damalige Wirtschaftsminister [[Otto Graf Lambsdorff]] Bundeskanzler Schmidt im September 1982 vorlegte. Es kam daraufhin zum [[Wende (Bundesrepublik Deutschland)|Bruch der sozialliberalen Koalition]] und die FDP ging eine neue Koalition mit der CDU/CSU unter [[Kabinett Kohl I|Bundeskanzler Kohl]] ein.<ref>[http://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0079_lam&object=context&st=KONZEPT&l=de 100(0) Schlüsseldokumente zur deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert], hrsg. von der [[Bayerische Staatsbibliothek|Bayerischen Staatsbibliothek]], abgerufen am 26. September 2013.</ref>
 
Als weiteres Instrument der Angebotspolitik wurden Privatisierungen eingesetzt. So gab es eine Zunahme der Privatisierung bei den industriellen Bundesbeteiligungen, indem teilweise oder vollständig Anteile aufgegeben wurden z.&nbsp;B. an der [[Volkswagen AG]], [[VIAG AG]], [[VEBA AG]] und [[Salzgitter AG]]. Da der Erlös dieser Privatisierungen aus dem Zeitraum von 1983 bis 1990 im Verhältnis zum Gesamthaushalt relativ gering war, waren die Entscheidungen zur Privatisierung von Bundesbeteiligungen nicht haushalts- sondern ordnungspolitisch begründet.<ref>{{Literatur |Autor=Peter Erdmeier |Titel=Die Privatisierung von Unternehmensbeteiligungen des Landes Berlin seit der Wiedervereinigung. Ausdruck wirtschaftspolitischer Neubesinnung oder finanzpolitischen Zwangs? |Datum=2000 |DOI=10.17169/refubium-6278 |Seiten=113ff |Online=https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/2076 |Abruf=2021-11-25 |DOI=10.17169/refubium-6278}}</ref>
Kohl plädierte für eine Beschränkung des Staates auf wenige Kernaufgaben und lehnte Beschäftigungsprogramme ab.<ref>{{Literatur |Autor=Hermann Adam |Titel=Von der Inflationsphobie bis zur „schwarzen Null“ |Sammelwerk=Wirtschaftsdienst |Band=2016 |Nummer=7 |Datum=2016 |Seiten=492–500 |Online=https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2016/heft/7/beitrag/von-der-inflationsphobie-bis-zur-schwarzen-null.html |Abruf=2021-10-20}}</ref> Die Regierung führte bereits zum 1. Januar 1983 Einsparungen beim Kindergeld sowie bei der Renten- und Arbeitslosenversicherung ein. Später wurden die Belastungen für Unternehmen gesenkt in der Hoffnung, dadurch deren Investitionsbereitschaft zu erhöhen. Die Unternehmensgewinne stiegen zwar, doch die Investitionsneigung blieb niedrig, anders als von der Theorie der Angebotspolitik vorhergesagt.<ref name=":12" /> Ab den 80er Jahren senkte die Regierung in mehreren Schritten die Einkommensteuer nach dem Vorbild Reagans in den USA.<ref>{{Literatur |Autor=Sebastian Dullien |Titel=Helmut Kohl: Ökonomische Bilanz des Einheitskanzlers |Sammelwerk=Der Spiegel |Datum=2017-06-17 |ISSN=2195-1349 |Online=https://www.spiegel.de/wirtschaft/helmut-kohl-oekonomische-bilanz-des-einheitskanzlers-a-1152571.html |Abruf=2021-11-16}}</ref>
 
Privatisierungen wurden aber nicht nur auf die Industrie, sondern auch auf die öffentliche Versorgung bzw. hoheitliche Aufgaben angewendet. Zum Beispiel beschloss das [[Kabinett Kohl III|Kohl-Kabinett III]] 1988 die [[Deutsche Bundespost|Bundespost]] zu privatisieren, was 1989 in der [[Postreform]] umgesetzt wurde. Ferner wurde ab 1992<ref>{{Internetquelle |url=https://webarchiv.bundestag.de/archive/2007/0307/aktuell/hib/2006/2006_109/02.html |titel=Weitere Privatisierung der Deutschen Flugsicherung mehrheitlich befürwortet |abruf=2023-09-28}}</ref> durch Gesetzesänderungen die Privatisierung der [[Bundesanstalt für Flugsicherung]] als [[DFS Deutsche Flugsicherung|Deutsche Flugsicherung GmbH]] eingeleitet.<ref>{{Literatur |Autor=Monopolkommission |Hrsg=Deutscher Bundestag |Titel=Drucksache 16/2460, XVI: Mehr Wettbewerb auch im Dienstleistungssektor |Hrsg=Deutscher Bundestag |Sammelwerk=Hauptgutachten |Verlag=Nomos |Ort=Baden-Baden |Datum=2004 |Seiten=74}}</ref> In der Mitte der 1990er Jahre wurden die Auswirkungen vorhergehender Angebotspolitik sichtbar, nämlich ein Bedürfnis der Bürger nach [[Soziale Sicherheit|sozialer Sicherheit]]. In der Folge wurde die Angebotspolitik nicht in Frage gestellt, sondern vielmehr fortgesetzt durch Deregulierung und weitere Flexibilisierung der Beschäftigungsverhältnisse.<ref name=":0" />
Als weiteres Instrument der Angebotspolitik wurden Privatisierungen eingesetzt. So gab es eine Zunahme der Privatisierung bei den industriellen Bundesbeteiligungen, indem teilweise oder vollständig Anteile aufgegeben wurden z.&nbsp;B. an der [[Volkswagen AG]], [[VIAG AG]], [[VEBA AG]] und [[Salzgitter AG]]. Da der Erlös dieser Privatisierungen aus dem Zeitraum von 1983 bis 1990 im Verhältnis zum Gesamthaushalt relativ gering war, waren die Entscheidungen zur Privatisierung von Bundesbeteiligungen nicht haushalts- sondern ordnungspolitisch begründet.<ref>{{Literatur |Autor=Peter Erdmeier |Titel=Die Privatisierung von Unternehmensbeteiligungen des Landes Berlin seit der Wiedervereinigung. Ausdruck wirtschaftspolitischer Neubesinnung oder finanzpolitischen Zwangs? |Datum=2000 |DOI=10.17169/refubium-6278 |Seiten=113ff |Online=https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/2076 |Abruf=2021-11-25}}</ref>
 
Kohl berief 1995 den Sachverständigenrat ‚[[Schlanker Staat]]’ ein, der den Abbau von staatlichen Leistungen fachlich und politisch begleitete und 1997 seinen Abschlussbericht vorlegte.<ref>{{Internetquelle |autor=Beat Balzli |url=https://www.wiwo.de/politik/deutschland/einblick-erinnern-sie-sich-noch-an-den-schlanken-staat/21258782.html |titel=Einblick: Erinnern Sie sich noch an den „schlanken Staat“? |sprache=de |abruf=2021-10-20}}</ref> Das Leitbild für den Umbau des Wohlfahrtsstaates zum "[[Wettbewerb (Wirtschaft)|Wettbewerbsstaat]]" wurde über die Wirtschaft hinaus auch auf andere gesellschaftliche Bereiche ausgedehnt (z.&nbsp;B. die [[Öffentliche Verwaltung]], das Bildungssystem wie den Gesundheits- und Sozialsektor). Das Ziel war deren Effizienz zu steigern und in nichtökonomischen Bereichen ein [[Ökonomisierung|ökonomisches Denken einzuführen]].<ref name=":0" />
Privatisierungen wurden aber nicht nur auf die Industrie, sondern auch auf die öffentliche Versorgung bzw. hoheitliche Aufgaben angewendet. Zum Beispiel beschloss das [[Kabinett Kohl III|Kohl-Kabinett III]] 1988 die [[Deutsche Bundespost|Bundespost]] zu privatisieren, was 1989 in der [[Postreform]] umgesetzt wurde. Ferner wurde ab 1992<ref>{{Internetquelle |url=https://webarchiv.bundestag.de/archive/2007/0307/aktuell/hib/2006/2006_109/02.html |titel=Weitere Privatisierung der Deutschen Flugsicherung mehrheitlich befürwortet |abruf=2023-09-28}}</ref> durch Gesetzesänderungen die Privatisierung der [[Bundesanstalt für Flugsicherung]] als [[DFS Deutsche Flugsicherung|Deutsche Flugsicherung GmbH]] eingeleitet.<ref>{{Literatur |Autor=Monopolkommission |Titel=Drucksache 16/2460, XVI: Mehr Wettbewerb auch im Dienstleistungssektor |Hrsg=Deutscher Bundestag |Sammelwerk=Hauptgutachten |Verlag=Nomos |Ort=Baden-Baden |Datum=2004 |Seiten=74}}</ref> In der Mitte der 1990er Jahre wurden die Auswirkungen vorhergehender Angebotspolitik sichtbar, nämlich ein Bedürfnis der Bürger nach [[Soziale Sicherheit|sozialer Sicherheit]]. In der Folge wurde die Angebotspolitik nicht in Frage gestellt, sondern vielmehr fortgesetzt durch Deregulierung und weitere Flexibilisierung der Beschäftigungsverhältnisse.<ref name=":0" />
 
Eine Stärkung des privaten Sektors und mehr Wettbewerb hatte beispielsweise im Gesundheitssektor 1995 die Einführung der umlagefinanzierten [[Pflegeversicherung (Deutschland)|Pflegeversicherung]] zur Folge.<ref name=":13">{{Literatur |Autor=[[Nicole Kramer, Nicole]] |Titel=Prekäre Geschäfte. Privatisierung und Vermarktlichung der Altenpflege im deutsch-englischen Vergleich |Datum=2020 |DOI=10.14765/ZZF.DOK-1953 |Online=https://zeitgeschichte-digital.de/doks/1953 |Abruf=2021-11-23 |DOI=10.14765/ZZF.DOK-1953}}</ref> Anbietervielfalt sollte erreicht werden, indem das betreffende Gesetz nicht nur den gemeinnützigen Diensten einen Vorrang vor den öffentlichen Trägern einräumte, sondern auch den privatwirtschaftlichen Anbietern.<ref>{{Literatur |Autor=Gerhard Igl |Hrsg=Gerhard A. Ritter |Titel=Die Entstehung der sozialen Pflegeversicherung und ihre Konsequenzen |Hrsg=Gerhard A. Ritter |Sammelwerk=Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland seit 1945 |Band=11, Bundesrepublik Deutschland 1989–1994. Sozialpolitik im Zeichen der Vereinigung |Ort=Baden-Baden |Datum=2007 |Seiten=694-717}}</ref> Darauf stieg auf dem Pflegemarkt in den 90er Jahren die Zahl der Großunternehmen, einige davon als Aktiengesellschaften.<ref name=":13" />
Kohl berief 1995 den Sachverständigenrat ‚[[Schlanker Staat]]’ ein, der den Abbau von staatlichen Leistungen fachlich und politisch begleitete und 1997 seinen Abschlussbericht vorlegte.<ref>{{Internetquelle |autor=Beat Balzli |url=https://www.wiwo.de/politik/deutschland/einblick-erinnern-sie-sich-noch-an-den-schlanken-staat/21258782.html |titel=Einblick: Erinnern Sie sich noch an den „schlanken Staat“? |sprache=de |abruf=2021-10-20}}</ref> Das Leitbild für den Umbau des Wohlfahrtsstaates zum "[[Wettbewerb (Wirtschaft)|Wettbewerbsstaat]]" wurde über die Wirtschaft hinaus auch auf andere gesellschaftliche Bereiche ausgedehnt (z.&nbsp;B. die [[Öffentliche Verwaltung]], das Bildungssystem wie den Gesundheits- und Sozialsektor). Das Ziel war deren Effizienz zu steigern und in nichtökonomischen Bereichen ein [[Ökonomisierung|ökonomisches Denken einzuführen]].<ref name=":0" />
 
1997 bemängelte [[Heiner Flassbeck]] ([[Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung]]), dass die Angebotspolitik seit Beginn der Ära Kohl erfolglos versucht habe, die Investitionstätigkeit anzukurbeln.<ref>{{Literatur |Titel=Noch mehr Arbeitslose erwartet |Sammelwerk=Der Tagesspiegel Online |Datum=1997-07-03 |ISSN=1865-2263 |Online=https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/noch-mehr-arbeitslose-erwartet/14472.html |Abruf=2021-10-12}}</ref> Der Verwaltungswissenschaftler Heinz-Jürgen Dahme kam 2008 im Rückblick zu dem Ergebnis, die [[Kabinett Kohl V|Regierung Kohl]] habe die Angebotspolitik in kleinen Schritten durchgesetzt.<ref name=":0">{{Internetquelle |autor=Dahme Heinz-Jürgen |url=https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/31337/krise-der-oeffentlichen-kassen-und-des-sozialstaats/ |titel=Krise der öffentlichen Kassen und des Sozialstaats |werk=APuZ – Aus Politik und Zeitgeschichte |datum=2008-03-06 |sprache=de |abruf=2021-10-12}}</ref> [[Stefan Kooths]] ([[Kiel Institut für Weltwirtschaft]]) betrachtete es hingegen rückblickend als den „sicher größten Erfolg des [[Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung|Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung]] in den 70er Jahren und darüber hinaus.“ Letzterer habe anstelle einer nachfrageorientierten Politik das Angehen grundsätzlicher Strukturprobleme in den Mittelpunkt gestellt, um so „die Grundlage für ein tragfähiges Wachstumsmodell zu schaffen.“ Diese ökonomische Empfehlung politisch umzusetzen bemühten sich Kohl und später Gerhard Schröder.<ref>{{Internetquelle |autor=Hans-Joachim Vieweger |url=https://www.tagesschau.de/wirtschaft/konjunktur/60-jahre-wirtschaftsweise-100.html |titel=60 Jahre Sachverständigenrat. Die klare Kante der Wirtschaftsweisen |werk=[[Tagesschau (ARD)]] |datum=2023-08-14 |abruf=2023-11-08}}</ref>
Eine Stärkung des privaten Sektors und mehr Wettbewerb hatte beispielsweise im Gesundheitssektor 1995 die Einführung der umlagefinanzierten [[Pflegeversicherung (Deutschland)|Pflegeversicherung]] zur Folge.<ref name=":13">{{Literatur |Autor=Kramer, Nicole |Titel=Prekäre Geschäfte. Privatisierung und Vermarktlichung der Altenpflege im deutsch-englischen Vergleich |Datum=2020 |DOI=10.14765/ZZF.DOK-1953 |Online=https://zeitgeschichte-digital.de/doks/1953 |Abruf=2021-11-23}}</ref> Anbietervielfalt sollte erreicht werden, indem das betreffende Gesetz nicht nur den gemeinnützigen Diensten einen Vorrang vor den öffentlichen Trägern einräumte, sondern auch den privatwirtschaftlichen Anbietern.<ref>{{Literatur |Autor=Gerhard Igl |Titel=Die Entstehung der sozialen Pflegeversicherung und ihre Konsequenzen |Hrsg=Gerhard A. Ritter |Sammelwerk=Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland seit 1945 |Band=11, Bundesrepublik Deutschland 1989–1994. Sozialpolitik im Zeichen der Vereinigung |Ort=Baden-Baden |Datum=2007 |Seiten=694-717}}</ref> Darauf stieg auf dem Pflegemarkt in den 90er Jahren die Zahl der Großunternehmen, einige davon als Aktiengesellschaften.<ref name=":13" />
 
==== Regierung Schröder und die Agenda 2010 ====
Der Verwaltungswissenschaftler Dahme kam 2008 im Rückblick zu dem Ergebnis, die [[Kabinett Kohl V|Regierung Kohl]] habe die Angebotspolitik in kleinen Schritten durchgesetzt.<ref name=":0">{{Internetquelle |autor=Dahme Heinz-Jürgen |url=https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/31337/krise-der-oeffentlichen-kassen-und-des-sozialstaats/ |titel=Krise der öffentlichen Kassen und des Sozialstaats |werk=APuZ – Aus Politik und Zeitgeschichte |datum=2008-03-06 |sprache=de |abruf=2021-10-12}}</ref> Zeitgenössisch sahen 1997 Vertreter des DIW, dass die Angebotspolitik seit 15 Jahren erfolglos versucht habe, die Investitionstätigkeit anzukurbeln.<ref>{{Literatur |Titel=Noch mehr Arbeitslose erwartet |Sammelwerk=Der Tagesspiegel Online |Datum=1997-07-03 |ISSN=1865-2263 |Online=https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/noch-mehr-arbeitslose-erwartet/14472.html |Abruf=2021-10-12}}</ref>
 
==== Regierung Schröder und die Agenda 2010 ====
{{Hauptartikel|Agenda 2010}}
[[Datei:Gerhard Schröder (cropped).jpg|213x213px|mini|Gerhard Schröder führte angebotsorientierte Reformen auf dem Arbeitsmarkt durch|213x213px]]
In der von 1998 bis 2005 unter Bundeskanzler [[Gerhard Schröder]] regierenden [[Kabinett Schröder II|rot-grünen Koalition]] spielten angebotsorientierte Maßnahmen eine entscheidendewesentliche Rolle. Wie schon in der Regierung Kohl zuvor wurde damit auf [[Konjunkturpolitik|konjunkturpolitische]] Maßnahmen keynesianischer Prägung verzichtet.<ref name="Gaul" />
 
Konkret wurde mit der Minijobreform des Jahres 1999 und daran anschließend mit den sogenannten [[Hartz-Konzept|Hartz-Reformen]] in Deutschland ein Niedriglohnsektor mit dem Ziel geschaffen, die hohe Arbeitslosigkeit insbesondere der [[Hilfsarbeitskraft|Geringqualifizierten]] zu reduzieren. Dabei entstanden durch die nun gesunkenen Lohnkosten auf der Angebotsseite Geschäftsmodelle und damit verbundene Arbeitsplätze, was (dem Say’schen GesetzTheorem entsprechend) zu Nachfrage nach wenig qualifizierter Arbeit führte. Die Notwendigkeit der Entstehung dieser Arbeitsplätze für Geringqualifizierte ergab sich aus der hohen Arbeitslosenquote (über 10 %) in Deutschland um das Jahr 2000. InsbesondereDer Arbeitsmarktforscher<ref>Kurzbiografie in: Andreas Dinges (Hrsg.) u.&nbsp;a.: ''Zukunft Zeitarbeit: Perspektiven für Wirtschaft und Gesellschaft.'' Springer, Berlin/Heidelberg 2012, S. 51 f., {{Google Buch |BuchID=9RsjBAAAQBAJ |Seite=51 |Hervorhebung=Dr. Ulrich Walwei}}</ref> [[Ulrich Walwei]] ([[Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung|IAB]], [[Konrad-Adenauer-Stiftung]]) vertritt die Ansicht, dass insbesondere durch die Reformen des [[Arbeitsmarkt|Arbeitsmarkts]]s der Regierung Schröder im Rahmen der [[Agenda 2010]] konnte die Arbeitslosenquote langfristig erheblich verringert werden konnten. ZumEr Vergleich:verwies Imdazu Jahr 2005, zur Einführungszeit der Agenda, hatteauf die Arbeitslosigkeitim inVergleich Deutschlandzu einen2005 historischenaktuell Höchststanddeutlich vongeringere knappAnzahl 5 Millionender Arbeitslosen erreichtin Deutschland.<ref>{{Internetquelle |werk=Bundeszentrale für politische Bildung |url=https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61718/arbeitslose-und-arbeitslosenquote/ |titel=Arbeitslose und Arbeitslosenquote |werk=Bundeszentrale für politische Bildung |datum=2023-04-13 |sprache=de |abruf=2023-10-21}}</ref> Im Jahr 2022 hat sich die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland mit 2,4 Millionen mehr als halbiert.<ref>{{Internetquelle |autor=Michael Hüther |url=https://www.iwkoeln.de/presse/iw-nachrichten/michael-huether-beispiellose-erfolgsgeschichte.html |titel=20 Jahre Agenda 2010: Beispiellose Erfolgsgeschichte |datum=2023-03-11 |zugriffabruf=2023-10-21}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Ulrich Walwei |url=https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/250663/agenda-2010-und-arbeitsmarkt-eine-bilanz/#footnote-reference-7 |titel=Agenda 2010 und Arbeitsmarkt: Eine Bilanz |werk=APuZ – Aus Politik und Zeitgeschichte |datum=2017-06-23 |abruf=2023-10-23}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Markus M. Grabka, Konstantin Göbler, Bertelsmann Stiftung |Titel=Der Niedriglohnsektor in Deutschland: Falle oder Sprungbrett für Beschäftigte? |Datum=2020 |DOI=10.11586/2020032}}</ref>
 
Der Parteichef der FDP, [[Christian Lindner]], forderte unter anderem 2021 und 2023 die Regierung zu einer angebotsorientierten Politik auf.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.handelsblatt.com/meinung/gastbeitraege/gastkommentar-fuehren-wir-den-staat-auf-die-aufgaben-zurueck-fuer-die-er-wirklich-gebraucht-wird/27271244.html |titel=Gastkommentar: Führen wir den Staat auf die Aufgaben zurück, für die er wirklich gebraucht wird |sprache=de |abruf=2021-09-27}}</ref><ref name="Zeit0223">{{Internetquelle |url=https://www.zeit.de/2023/06/christian-lindner-wohlstand-arbeitsmarkt-solidaritaetszuschlag |titel="Ich möchte Ihnen jetzt ungern die Überschriften des kalten Neoliberalen liefern" |werk=Zeit Online |datum=2023-02-01 |abruf=2023-09-27 |kommentar=Interview mit Christian Lindner}}</ref> Auch der CDU-Parteivorsitzende [[Friedrich Merz]] wurde wiederholt mit Angebotspolitik in Verbindung gebracht.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/friedrich-merz-parteivorsitz-wirtschaft-1.4207126 |titel=Merz könnte der Richtige sein |werk=Süddeutsche Zeitung |datum=2018-11-13 |sprache=de |abruf=2023-10-22}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/cdu-kongress-die-cdu-will-mit-einer-neuen-wirtschaftspolitik-zurueck-ins-kanzleramt/100007259.html |titel=Handelsblatt |abruf=2024-02-08}}</ref> Der Lobby- und Berufsverband ''[[Wirtschaftsrat der CDU]]'' befürwortet ebenfalls eine Angebotspolitik.<ref>{{Internetquelle |url=https://wirtschaftsrat.de/de/presse/wr-intern/wohlstand-sichern-deutschland-braucht-eine-neue-angebotspolitik/ |titel=Wohlstand sichern! Deutschland braucht eine neue Angebotspolitik |sprache=de-DE |abruf=2024-02-08}}</ref>
Von der deutschen Presse wurden Stammwähler der [[Unionsparteien|Union]],<ref>{{Internetquelle |autor=Sebastian Fischer, DER SPIEGEL |url=https://www.spiegel.de/politik/deutschland/armin-laschet-verliert-beim-tv-triell-und-hat-doch-beste-kanzlerchancen-a-bbdb77ce-5b38-430a-98ef-223a9094a4e9 |titel=Armin Laschet verliert beim TV-Triell – und hat doch beste Kanzlerchancen |sprache=de |abruf=2021-08-31 |zitat=Brummt die Wirtschaft und zahlen die Reichen nicht allzu viele Steuern, komme das am Ende allen zugute. Diese als »Trickle Down« bekannte und international oft widerlegte Legende wird im Stammwählermilieu der Christenunion noch immer gern geglaubt.}}</ref> aber auch deren Politiker wie [[Friedrich Merz]] als Anhänger der Trickle-down Ökonomie bezeichnet<ref>{{Internetquelle |autor=Dieter Schnaas |url=https://www.wiwo.de/politik/deutschland/tauchsieder-ein-dreikampf-bis-zum-schluss/27558918.html |titel=Tauchsieder: Ein Dreikampf – bis zum Schluss |seiten=2 |sprache=de |abruf=2021-08-31 |zitat=Zweitens hat Merz jahrelang das Märchen von den Steuersenkungen erzählt, die sich in der Breite der Gesellschaft von selbst bezahlt machen (trickle down).}}</ref>. Wähler der FDP wurden als strikt angebotsorientiert eingeordnet.<ref>{{Literatur |Autor=Dieter Rulff |Titel=Die CDU/CSU sucht nach ihrer zukünftigen Rolle als Opposition: Volkspartei ohne Volk |Sammelwerk=Die Tageszeitung: taz |Datum=1998-10-01 |ISSN=0931-9085 |Seiten=12 |Online=https://taz.de/!1322694/ |Abruf=2021-10-26}}</ref> Der Parteichef der FDP, [[Christian Lindner]], sprach sich 2021 für ein „Comeback“ der Angebotspolitik aus.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.handelsblatt.com/meinung/gastbeitraege/gastkommentar-fuehren-wir-den-staat-auf-die-aufgaben-zurueck-fuer-die-er-wirklich-gebraucht-wird/27271244.html |titel=Gastkommentar: Führen wir den Staat auf die Aufgaben zurück, für die er wirklich gebraucht wird |sprache=de |abruf=2021-09-27}}</ref>
 
== Instrumente der Angebotspolitik ==
Um den theoretisch beschriebenen Effekt der Verbesserungen der Angebotsseite zu erzielen, beinhaltet das Konzept der Angebotspolitik eine Reihe von Instrumenten.<ref name="Stichwort: Angebotspolitik">Duden Wirtschaft von A bis Z: Grundlagenwissen für Schule und Studium, Beruf und Alltag. 4. Aufl. Mannheim: Bibliographisches Institut 2009. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2009 [https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/lexikon-der-wirtschaft/18622/angebotspolitik/ Stichwort: Angebotspolitik]</ref> Die angebotsseitige Politik zielt darauf ab, das [[Gesamtwirtschaftliches Angebot|Gesamtangebot]] im Gegensatz zur [[Gesamtwirtschaftliche Nachfrage|Gesamtnachfrage]] zu erhöhen, wodurch Produktion und Beschäftigung gesteigert und gleichzeitig die Preise für Konsumenten gesenkt werden sollen.<ref name=":9">{{Literatur |Autor=Eric P. Chiang, Gerald W. Stone |Titel=CoreMacroeconomics |Auflage=Third edition |Ort=New York, NY |Datum= |ISBN=978-1-4292-7849-2 |Seiten=245}}</ref>
 
Im Wesentlichen können vier Dimensionen von angebotsorientierter Wirtschaftspolitik definiert werden:<ref name=":9" />
 
# Investitionen in [[Humankapital]] z.&nbsp;B. durch [[Berufsbildung|Bildung]] und die Förderung von [[Technologietransfer]]s und Übernahme von effizienteren Geschäftsprozessen zur Verbesserung der [[Produktivität]], d.&nbsp;h. dem Output pro Arbeitnehmer.
# Steuersenkungen, um [[Anreiz]]e für Arbeit, Investitionen und unternehmerisches Risiko zu schaffen.
#Investitionen in neue [[Investitionsgut|Investitionsgüter]] sowie [[Forschung und Entwicklung]] zur weiteren Verbesserung der Produktivität. Wenn Unternehmen die Möglichkeit haben, Investitionsgüter schneller [[Abschreibung|abzuschreiben]] (z. B. über ein Jahr im Gegensatz zu 10), erhalten sie Anreize zum Kauf solcher Güter.
# [[Deregulierung]] und [[Privatisierung]], um die Gründung und Expansion von Unternehmen zu fördern.
 
Ein Vorteil solcher Maßnahmen besteht darin, dass durch die Verlagerung der aggregierten [[Angebotsfunktion]] die Preise gesenkt werden können und gleichzeitig Produktion und Beschäftigung steigen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.britannica.com/topic/supply-side-economics |titel=Supply-side economics |sprache=en |abruf=2020-11-29 |sprache=en}}</ref> Dies steht im Gegensatz zu nachfrageseitigen Maßnahmen (z. B. höhere Staatsausgaben), die selbst bei Erfolg tendenziell Inflationsdruck erzeugen (d. h. das [[Preisniveau|Gesamtpreisniveau]] erhöhen), wenn sich die [[Nachfragefunktion|Gesamtnachfragefunktion]] entsprechend verschiebt. Infrastrukturinvestitionen sind ein Beispiel für eine Politik, die sowohl nachfrage- als auch angebotsseitige Elemente aufweist.<ref name=":9" />
 
Daneben ist [[Freihandel]] ein Ziel von angebotsorientierte Wirtschaftspolitik. D.h. wie andere Regulierungen auch, sollen Regulierungen, die den Zugang zu einem Markt einschränken, abgebaut werden z.&nbsp;B. [[Zoll (Abgabe)|Zölle]] und [[Nichttarifäres Handelshemmnis|nichttarifäre Handelshemmnisse]].<ref>{{Internetquelle |autor=Brian Domitrovic |url=https://www.forbes.com/sites/briandomitrovic/2019/09/08/the-development-of-supply-side-doctrine-on-tariffs/ |titel=The Development Of Supply-Side Doctrine On Tariffs |sprache=en |abruf=2020-12-25 |sprache=en}}</ref> Dadurch sollen sich Effizienzgewinne für Ökonomien und niedrigere Preise für Konsumenten durch erhöhte Konkurrenz ergeben.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.wto.org/english/res_e/booksp_e/anrep_e/wtr09-2b_e.pdf |titel=ECONOMIC THEORIES OF TRADE AGREEMENTS AND THE ROLE OF FLEXIBILITIES |hrsg=World Trade Organization |format=PDF |sprache=en |abruf=2020-12-23 |sprache=en}}</ref>
 
Eine weitere Dimension kommt der [[Geldpolitik]] zu. Für die Unternehmen ist ein stabiles Währungssystem unabdingbar. Daher sind [[Inflation]] und [[Deflation]] schädlich. Aufgabe der Zentralbanken ist daher eine Sicherung der Preisniveaustabilität. Angebotspolitische Geldpolitik steht dem [[Monetarismus]] nahe.<ref>{{Internetquelle |autor=European Central Bank |url=https://www.ecb.europa.eu/press/key/date/2004/html/sp040622_1.en.html |titel=Supply side economics and monetary policy |datum=2004-06-22 |sprache=en |abruf=2020-11-29 |sprache=en}}</ref>
 
=== Laffer-Kurve ===
{{Hauptartikel|Laffer-Kurve}}
{{Hauptartikel|Laffer-Kurve}}Im Extremfall argumentierten die Vertreter der Angebotspolitik, dass die Anreizeffekte der Angebotspolitik wahrscheinlich so groß seien, dass eine erhebliche Senkung der Steuer''sätze'' die Steuer''einnahmen'' tatsächlich erhöhen würde. Bei gesenkten Steuersätzen würden mehr Menschen arbeiten und Einkommen verdienen, und Unternehmen würden mehr Gewinne erzielen, so dass die nun erhöhte Bemessungsgrundlage einer Steuer (Gewinne, Verkäufe und Einkommen) die Senkungen der Steuersätze aufwiegen würden, was zu einem Anstieg der Staatseinnahmen führen würde.<ref>{{Literatur |Autor=Fair, Ray C., Oster, Sharon M. |Titel=Principles of economics |Auflage=10th ed |Verlag=Prentice Hall |Ort=Boston |Datum=2012 |ISBN=978-0-13-255291-2 |Seiten=654}}</ref> [[Datei:LafferCurve.svg|mini|Eine asymmetrische Laffer-Kurve mit einem maximalen Steuerumsatzpunkt von rund 70 %.<ref name=":10">{{Literatur |Autor=Mathias Trabandt, Harald Uhlig |Titel=The Laffer curve revisited |Sammelwerk=Journal of Monetary Economics |Band=58 |Nummer=4 |Datum=2011-05 |Seiten=305–327 |DOI=10.1016/j.jmoneco.2011.07.003 |Online=[https://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S030439321100064X Online] |Abruf=2020-11-29 |DOI=10.1016/j.jmoneco.2011.07.003}}</ref> ]]
Eine der wichtigsten Modelle um eine (aus Sicht der angebotsorientierten [[Fiskalpolitik|Steuerpolitik]]) optimal ausbalancierte Besteuerung zu ermitteln, stellt die [[Laffer-Kurve]] dar.<ref>{{Internetquelle |autor=Arthur Laffer |url=https://www.heritage.org/taxes/report/the-laffer-curve-past-present-and-future |titel=The Laffer Curve: Past, Present, and Future |sprache=en |abruf=2020-11-29 |sprache=en}}</ref> Sie behandelt das Verhältnis von Steuersätzen und den Steuereinnahmen des Staates. Zunächst muss festgestellt werden, dass Steuersätze und Steuereinnahmen zwei separate Größen sind. Dabei wird angenommen, dass bei den extremen Steuersätzen von 0 % und 100 % dieselben Steuereinnahmen erzielt werden, nämlich null.<ref>{{Literatur |Autor=Tucker, Irvin B. |Titel=Survey of economics |Auflage=7th ed |Verlag=South-Western Cengage Learning |Ort=Mason, OH |Datum=2011 |ISBN=978-1-4390-4054-6 |Seiten=341}}</ref> Das heißt, dass es einen Wert zwischen 0 und 100 % gibt, bei dem die Steuereinnahmen maximal werden. Es existiert also ein optimaler Steuersatz, bei dem maximale Steuereinnahmen erzielt werden.<ref>{{Literatur |Autor=Firouz Gahvari |Titel=The nature of government expenditures and the shape of the laffer curve |Sammelwerk=Journal of Public Economics |Band=40 |Nummer=2 |Datum=1989-11 |Seiten=251–260 |DOI=10.1016/0047-2727(89)90006-6 |Online=[https://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/0047272789900066 Online] |Abruf=2020-11-29 |DOI=10.1016/0047-2727(89)90006-6}}</ref> Viele angebotspolitische Ökonomen argumentieren, dass Steuersenkungen paradoxerweise zu höheren Steuereinnahmen führen können, gerade weil durch die Steuersenkungen der optimale Steuersatz erreicht wird.<ref>{{Literatur |Autor=Bruce Bartlett |Titel=Opinion {{!}} How Supply-Side Economics Trickled Down (Published 2007) |Sammelwerk=The New York Times |Datum=2007-04-06 |ISSN=0362-4331 |Online=[https://www.nytimes.com/2007/04/06/opinion/06bartlett.html Online] |Abruf=2020-11-29}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Austan Goolsbee, Robert E. Hall, Lawrence F. Katz |Titel=Evidence on the High-Income Laffer Curve from Six Decades of Tax Reform |Sammelwerk=Brookings Papers on Economic Activity |Band=1999 |Nummer=2 |Datum=1999 |Seiten=1 |DOI=10.2307/2534678 |JSTOR=2534678}}</ref>
 
== Empirische Untersuchungen ==
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==== Steuereinnahmen ====
Befürworter der Angebotspolitik argumentieren, dass Steuersenkungen aufgrund der positiven Auswirkungen auf das [[Wirtschaftswachstum]] zu einem Anstieg der gesamten Steuereinnahmen führen können.<ref>{{Internetquelle |autor=Jim Tankersley |url=https://www.washingtonpost.com/news/wonk/wp/2015/02/20/a-new-crop-of-candidates-discovers-the-father-of-supply-side-economics/ |titel=A new crop of candidates discovers the father of supply side economics |hrsg=Washington Post |datum=2015-02-20 |sprache=en |abruf=2020-12-11 |sprache=en}}</ref> Dieser Zusammenhang wird von Modellen der [[Neoklassische Theorie|neoklassischen]] [[Wachstumstheorie]] gestützt.<ref name=":10" /> Allerdings wird argumentiert, dass bei gegenwärtigen Steuersätzen in den Industrieländern Steuersenkungen nicht zu höheren Einnahmen führen würden.<ref name=":11">{{Literatur |Autor=Bruce Bartlett |Titel=Opinion {{!}} How Supply-Side Economics Trickled Down (Published 2007) |Sammelwerk=The New York Times |Datum=2007-04-06 |ISSN=0362-4331 |Online=[https://www.nytimes.com/2007/04/06/opinion/06bartlett.html Online] |Abruf=2020-12-11}}</ref>
 
Eine 1999 durchgeführte Studie des Ökonomen [[Austan Goolsbee]] untersuchte die Effekte der Steuersenkungen in den USA seit den 1920er Jahren. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass die Senkung von Spitzensteuersätzen nur geringen Einfluss auf das Wirtschaftswachstum hatte. Goolsbee wies darauf hin, dass Steuersenkungen bei den gegenwärtigen US-Steuersätzen nicht selbsttragend seien.<ref>{{Literatur |Autor=Austan Goolsbee, Robert E. Hall, Lawrence F. Katz |Titel=Evidence on the High-Income Laffer Curve from Six Decades of Tax Reform |Sammelwerk=Brookings Papers on Economic Activity |Band=1999 |Nummer=2 |Datum=1999 |ISSN=0007-2303 |Seiten=1–64 |DOI=10.2307/2534678 |JSTOR=2534678}}</ref>
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Eine Studie der Ökonomen Mathias Trabandt und [[Harald Uhlig (Wirtschaftswissenschaftler)|Harald Uhlig]] zur Maximierung von Steuereinnahmen mit der Laffer-Kurve kommt zu dem Schluss, dass die Lohnsteuern in den USA um bis zu 30 % und die Kapitalertragssteuern um 6 % erhöht werden könnten. In der EU-14 kommt die Studie auf Werte für Steuererhöhungen von 8 % für Lohn- und 1 % für Kapitalertragssteuern. Andererseits würde eine dynamische Bewertungsanalyse zeigen, dass sich 54 % einer Lohnsteuersenkung und 79 % einer Kapitalsteuersenkung in der EU-14 selbst finanzierten.<ref name=":10" />
 
Eine Studie von [[Emmanuel Saez]] kommt zu dem Ergebnis, dass die US-amerikanischen Steuersätze auf der linken Seite der Laffer-Kurve liegen. Steuererhöhungen würden somit zu höheren Gesamteinnahmen führen.<ref>{{Literatur |Autor=Emmanuel Saez, Joel Slemrod, Seth H Giertz |Titel=The Elasticity of Taxable Income with Respect to Marginal Tax Rates: A Critical Review |Sammelwerk=Journal of Economic Literature |Band=50 |Nummer=1 |Datum=2012-03-01 |ISSN=0022-0515 |Seiten=3–50 |DOI=10.1257/jel.50.1.3 |Online=[https://pubs.aeaweb.org/doi/10.1257/jel.50.1.3 Online] |Abruf=2020-12-11 |DOI=10.1257/jel.50.1.3}}</ref>
 
==== Leistungsverhalten ====
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==== Einkommensverteilung ====
{{Hauptartikel|Einkommensverteilung}}
{{Hauptartikel|Einkommensverteilung}}Es besteht ein [[Stand der Wissenschaft|wissenschaftlicher Konsens]] darüber, dass eine Senkung der Einkommensteuer<ref>{{Literatur |Autor=Claudio J. Katz, Vincent A. Mahler, Michael G. Franz |Titel=The Impact of Taxes on Growth and Distribution in Developed Capitalist Countries: A Cross-National Study |Sammelwerk=American Political Science Review |Band=77 |Nummer=4 |Datum=1983-12 |ISSN=0003-0554 |Seiten=871–886 |DOIKommentar=10Our findings lend support to the assertion that fiscal instruments (especially personal income taxes) can be used successfully to achieve greater income equality.2307/1957563 |Online=[https://www.cambridge.org/core/journals/american-political-science-review/article/abs/impact-of-taxes-on-growth-and-distribution-in-developed-capitalist-countries-a-crossnational-study/464318FD23393774A27911D2E77AE73D Online] |Abruf=2020-12-11 |KommentarDOI=Our findings lend support to the assertion that fiscal instruments (especially personal income taxes) can be used successfully to achieve greater income equality10.2307/1957563}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Facundo Alvaredo, Anthony B. Atkinson, Thomas Piketty, Emmanuel Saez |Titel=The Top 1 Percent in International and Historical Perspective |Nummer=w19075 |Verlag=National Bureau of Economic Research |Datum=2013-05-23 |Online=[https://www.nber.org/papers/w19075 Online] |Abruf=2020-12-11 |Kommentar=Hence, the evolution of top tax rates is strongly negatively correlated with changes in pre-‐tax income concentration. |Online=[https://www.nber.org/papers/w19075 Online] |Abruf=2020-12-11}}</ref> ebenso wie der Körperschaftssteuer<ref>{{Literatur |Autor=Suresh Nallareddy, Ethan Rouen, Juan Carlos Suárez Serrato |Titel=Do Corporate Tax Cuts Increase Income Inequality? |Nummer=w24598 |Verlag=National Bureau of Economic Research |Ort=Cambridge, MA |Datum=2018-05 |Seiten=w24598 |DOI=10.3386/w24598 |Online=[http://www.nber.org/papers/w24598.pdf Online] |Abruf=2020-12-11 |DOI=10.3386/w24598}}</ref> die Einkommensungleichheit erhöht.
 
Ökonomen der [[Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung|OECD]] sehen in progressiven Einkommenssteuern das effizienteste Mittel, um Einkommensungleichheiten zu reduzieren. Die Autoren heben dabei besonders das australische Steuer- und Abgabensystem hervor, welches unter dem OECD-Schnitt für die Gesamtsteuerlast liegt, dem aber trotzdem eine überdurchschnittliche Reduktion der Einkommensungleichheit gelingt. Dies wird besonders auf progressive Einkommenssteuern und effiziente Geld-Transfers zurückgeführt, während die sonstigen Steuern und Abgaben möglichst gering gehalten werden. Deutschland hingegen hätte eine im OECD-Schnitt relativ hohe Gesamtsteuerlast und würde trotzdem nur eine ähnliche Reduktion der Einkommensungleichheit erreichen, wie Australien.<ref>{{Literatur |Autor=Isabelle Joumard, Mauro Pisu, Debbie Bloch |Titel=Tackling income inequality: The role of taxes and transfers |Sammelwerk=OECD Journal: Economic Studies |Band=2012 |Nummer=1 |Datum=2013-01-04 |Seiten=37–70 |DOI=10.1787/eco_studies-2012-5k95xd6l65lt |Online=[https://www.oecd-ilibrary.org/economics/tackling-income-inequality_eco_studies-2012-5k95xd6l65lt Online] |Abruf=2020-12-13 |DOI=10.1787/eco_studies-2012-5k95xd6l65lt}}</ref>
 
=== Effekte von Freihandel ===
{{Hauptartikel|Freihandel}}
{{Hauptartikel|Freihandel}}Es besteht ein breiter wissenschaftlicher Konsens, dass die Abschaffung von [[Zoll (Abgabe)|Zöllen]] und [[Nichttarifäres Handelshemmnis|nichttarifären Handelshemmnissen]] zu höherem Wirtschaftswachstum, niedrigeren Preisen für Konsumenten und mehr Arbeitsplätzen führt.<ref>{{Literatur |Autor=Paul R. Krugman |Titel=The Narrow and Broad Arguments for Free Trade |Sammelwerk=The American Economic Review |Band=83 |Nummer=2 |Datum=1993 |ISSN=0002-8282 |Seiten=362–366 |JSTOR=2117691}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Francesco Caselli, Miklós Koren, Milan Lisicky, Silvana Tenreyro |Titel=Diversification Through Trade* |Sammelwerk=The Quarterly Journal of Economics |Band=135 |Nummer=1 |Datum=2020-02-01 |ISSN=0033-5533 |Seiten=449–502 |DOI=10.1093/qje/qjz028 |Online=[https://academic.oup.com/qje/article/135/1/449/5571811 Online] |Abruf=2020-12-25 |DOI=10.1093/qje/qjz028}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Sebastian Benz, Alexander Jaax |Titel=The costs of regulatory barriers to trade in services: New estimates of ad valorem tariff equivalents |Datum=2020-07-08 |DOI=10.1787/bae97f98-en |Online=[https://www.oecd-ilibrary.org/trade/the-costs-of-regulatory-barriers-to-trade-in-services_bae97f98-en Online] |Abruf=2020-12-25 |DOI=10.1787/bae97f98-en}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=OECD |Titel=The Impact of Trade Liberalisation on Jobs and Growth: Technical Note |Datum=2011-01-31 |DOI=10.1787/5kgj4jfj1nq2-en |Online=[https://www.oecd-ilibrary.org/trade/the-impact-of-trade-liberalisation-on-jobs-and-growth_5kgj4jfj1nq2-en Online] |Abruf=2020-12-25 |DOI=10.1787/5kgj4jfj1nq2-en}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=International Monetary Fund., World Trade Organization. |Titel=Making Trade an Engine of Growth for All: The Case for Trade and for Policies to Facilitate Adjustment |Datum= |ISBN=9781498347013978-1-4983-4701-3}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Musgrave, Frank W., 1932- |Titel=Globalization and free trade |Verlag=Facts On File |Ort=New York |Datum=2007 |ISBN=978-0-8160-6808-91}}</ref>
 
=== Effekte von Deregulierung ===
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==== Arbeitsmärkte ====
Eine Übersichtsarbeit von 2011 bewertete die Effekte von einzelnen Regulierungen des Arbeitsmarktes unterschiedlich wie folgt:<ref>{{Literatur |Autor=Lawrence M. Kahn |Titel=Labor market policy: A comparative view on the costs and benefits of labor market flexibility |Sammelwerk=Journal of Policy Analysis and Management |Band=31 |Nummer=1 |Datum=2012 |ISSN=1520-6688 |Seiten=94–110 |DOI=10.1002/pam.20602 |Online=[https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/pam.20602 Online] |Abruf=2020-12-11 |DOI=10.1002/pam.20602}}</ref>
 
* Gewerkschaftliche Lohnabschlüsse und Mindestlöhne komprimierten die Lohnverteilung insgesamt, insbesondere im unteren Bereich, und verringern das [[Geschlechtsspezifisches Lohngefälle|geschlechtsspezifische Lohngefälle]].
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* Ein Anspruch auf Elternzeit erhöhte das Arbeitskräfteangebot durch Frauen, da entsprechende Leistungen nur in Anspruch genommen werden können, wenn man zuvor überhaupt erwerbstätig war. Wenn die bezahlte Elternzeit über einen längeren Zeitraum (z. B. drei Jahre) zur Verfügung stand, senkte die Regelung die relativen Löhne der Frauen, da die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit dann länger anhielt.
 
In einer [[Metaanalyse]] von 881 Erhebungen aus 75 Veröffentlichungen wurden die Auswirkungen von Veränderungen beim Beschäftigungsschutz auf Arbeitslosigkeit untersucht. Demnach ist die durchschnittliche Auswirkung des Beschäftigungsschutzes auf Arbeitslosigkeit null.<ref>{{Literatur |Autor=Philipp Heimberger |Titel=Does employment protection affect unemployment? A meta-analysis |Sammelwerk=Oxford Economic Papers |Datum= |DOI=10.1093/oep/gpaa037}}</ref>
 
Eine Studie der [[OECD]] von 2012 anhand von 32 Ländern kam zu dem Ergebnis, dass mit dem Anteil der befristet Beschäftigten an der Bevölkerung die [[Einkommensungleichheit|Lohneinkommensungleichheit]] ansteigt.<ref>{{Literatur |Titel=Less Income Inequality and More Growth – Are they Compatible? Part 7. The Drivers of Labour Earnings Inequality – An Analysis Based on Conditional and Unconditional Quantile Regressions |Nummer=930 |Datum=2012-01-09 |DOI=10.1787/5k9h28s354hg-en |Online=https://www.oecd-ilibrary.org/economics/less-income-inequality-and-more-growth-are-they-compatible-part-7-the-drivers-of-labour-earnings-inequality-an-analysis-based-on-conditional-and-unconditional-quantile-regressions_5k9h28s354hg-en |Abruf=2021-01-02 |DOI=10.1787/5k9h28s354hg-en}}</ref> Eine Staff Discussion Note des [[Internationaler Währungsfonds|Internationalen Währungsfonds]] von 2015 mit Berücksichtigung von Daten zur Flexibilisierung des Arbeitsmarktes des [[Weltwirtschaftsforum]]s<ref>{{Literatur |Autor=Era Dabla-Norris, Kalpana Kochhar, Nujin Suphaphiphat, Frantisek Ricka, Evridiki Tsounta |Hrsg=International Monetary Fund |Titel=Causes and Consequences of Income Inequality: A Global Perspective |Hrsg=International Monetary Fund |Datum=2015-06 |Online=[https://www.imf.org/external/pubs/ft/sdn/2015/sdn1513.pdf Online] |Zitat=“We also include a measure of labor market flexibility from the World Economic Forum that measures the extent by which regulations govern firing and hiring, collective bargaining, and minimum wages.”}}</ref> weist auf einen negativen Zusammenhang zwischen Arbeitsmarktflexibilität, Einkommensungleichheit und Wirtschaftswachstum hin. Eine höhere Flexibilität des Arbeitsmarktes gehe mit einer ungleicheren Einkommensverteilung einher.<ref>{{Literatur |Autor=Era Dabla-Norris, Kalpana Kochhar, Nujin Suphaphiphat, Frantisek Ricka, Evridiki Tsounta |Hrsg=International Monetary Fund |Titel=Causes and Consequences of Income Inequality: A Global Perspective |Hrsg=International Monetary Fund |Datum=2015-06 |Online=[https://www.imf.org/external/pubs/ft/sdn/2015/sdn1513.pdf Online] |Zitat=“Easing of labor market regulations is associated with higher market inequality and income share of the top 10 percent. In particular, a decline in organized labor institutions and the resultant easing of labor markets measured by an increase in labor market flexibilities index by 8½ percent—from the median to 60th percentile—is associated with rising market inequality by 1.1 percent.”}}</ref> Wenn der Einkommensanteil der Reichen steige, dann nehme das BIP-Wachstum mittelfristig ab.<ref name=":1">{{Literatur |Autor=Era Dabla-Norris, Kalpana Kochhar, Nujin Suphaphiphat, Frantisek Ricka, Evridiki Tsounta |Hrsg=International Monetary Fund |Titel=Causes and Consequences of Income Inequality: A Global Perspective |Hrsg=International Monetary Fund |Datum=2015-06 |Online=[https://www.imf.org/external/pubs/ft/sdn/2015/sdn1513.pdf Online] |Zitat=“if the income share of the top 20 % (the rich) increases, then GDP growth actually declines over the medium term, suggesting that the benefits do not trickle down” [while] “an increase in the income share of the bottom 20 % (the poor) is associated with higher GDP growth.”}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Larry Elliott Economics editor |Titel=Pay low-income families more to boost economic growth, says IMF |Sammelwerk=The Guardian |Datum=2015-06-15 |ISSN=0261-3077 |Online=[https://www.theguardian.com/business/2015/jun/15/focus-on-low-income-families-to-boost-economic-growth-says-imf-study Online] |Abruf=2020-05-27}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Tobias Kaiser |Titel=Einkommensverteilung: IWF warnt vor Ungleichheit und Armut |Sammelwerk=DIE WELT |Datum=2015-06-15 |Online=[https://www.welt.de/wirtschaft/article142546849/Der-IWF-warnt-vor-der-Wachstumsbremse-Ungleichheit.html Online] |Abruf=2020-05-27}}</ref> Andere Forschende kamen jedoch zu anderen Ergebnissen.<ref>{{Literatur |Autor=Sebastian Barnes, Romain Bouis, Philippe Briard, Sean Dougherty, Mehmet Eris |Titel=The GDP Impact of Reform: A Simple Simulation Framework |Datum=2013-06-04 |DOI=10.1787/5kgk9qjnhkmt-en |Online=[https://www.oecd-ilibrary.org/economics/the-gdp-impact-of-reform_5kgk9qjnhkmt-en Online] |Abruf=2020-12-11 |DOI=10.1787/5kgk9qjnhkmt-en}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Romain Bouis, Orsetta Causa, Lilas Demmou, Romain Duval, Aleksandra Zdzienicka |Titel=The Short-Term Effects of Structural Reforms: An Empirical Analysis |Datum=2012-03-26 |DOI=10.1787/5k9csvk4d56d-en |Online=[https://www.oecd-ilibrary.org/economics/the-short-term-effects-of-structural-reforms_5k9csvk4d56d-en Online] |Abruf=2020-12-11 |DOI=10.1787/5k9csvk4d56d-en}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Romain Bouis, Romain Duval |Titel=Raising Potential Growth After the Crisis: A Quantitative Assessment of the Potential Gains from Various Structural Reforms in the OECD Area and Beyond |Datum=2011-01-18 |DOI=10.1787/5kgk9qj18s8n-en |Online=[https://www.oecd-ilibrary.org/economics/raising-potential-growth-after-the-crisis_5kgk9qj18s8n-en Online] |Abruf=2020-12-11 |DOI=10.1787/5kgk9qj18s8n-en}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Sandra Gomes, Pascal Jacquinot, Matthias Mohr, Massimiliano Pisani |Titel=Structural Reforms and Macroeconomic Performance in the Euro Area Countries: A Model-Based Assessment |Sammelwerk=International Finance |Band=16 |Nummer=1 |Datum=2013 |ISSN=1468-2362 |Seiten=23–44 |DOI=10.1111/j.1468-2362.2013.12025.x |Online=[https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/j.1468-2362.2013.12025.x Online] |Abruf=2020-12-11 |DOI=10.1111/j.1468-2362.2013.12025.x}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=David Dollar, Tatjana Kleineberg, Aart Kraay |Titel=Growth, inequality and social welfare: cross-country evidence |Sammelwerk=Economic Policy |Band=30 |Nummer=82 |Datum=2015-04-01 |ISSN=0266-4658 |Seiten=335–377 |DOI=10.1093/epolic/eiv001 |Online=[https://academic.oup.com/economicpolicy/article/30/82/335/2392329 Online] |Abruf=2020-12-11 |DOI=10.1093/epolic/eiv001}}</ref>
 
==== Gütermärkte ====
Es besteht ein breiter wissenschaftlicher Konsens, dass Deregulierungen von [[Gütermarkt|Gütermärkten]] die [[Produktivität]] und das [[Wirtschaftswachstum]] erhöhen und die Preise für Konsumenten senken. Dazu zählen zum Beispiel die Deregulierung der Paket- und Briefzustellung, des Fernbus und Taxi-Gewerbes oder des Telekommunikationssektors.<ref>{{Literatur |Autor=Duval, Romain,, Eugster, Johannes,, International Monetary Fund,, International Monetary Fund. Research Department, |Titel=Product market deregulation and growth : new country-industry-level evidence |Ort=[Washington, D.C.] |Datum= |ISBN=978-1-4843-8502-9}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Harrison, Rupert., European Commission. Directorate-General for Economic and Financial Affairs. |Titel=The link between product market reform and macro-economic performance |Verlag=European Commission, Directorate-General for Economic and Financial Affairs |Ort=Brussels |Datum=2004 |ISBN=92-894-7876-4}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Renaud Bourlès, Gilbert Cette, Jimmy Lopez, Jacques Mairesse, Giuseppe Nicoletti |Titel=Do Product Market Regulations in Upstream Sectors Curb Productivity Growth? Panel Data Evidence for OECD Countries |Nummer=w16520 |Verlag=National Bureau of Economic Research |Ort=Cambridge, MA |Datum=2010-11 |Seiten=w16520 |DOI=10.3386/w16520 |Online=[http://www.nber.org/papers/w16520.pdf Online] |Abruf=2020-12-12 |DOI=10.3386/w16520}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Sauner-Leroy, Jacques-Bernard., Commission of the European Communities. Directorate-General for Economic and Financial Affairs. |Titel=Product market reforms and productivity : a review of the theoretical and empirical literature on the transmission channels |Verlag=European Commission, Directorate-General for Economic and Financial Affairs |Ort=Brussels, Belgium |Datum=2004 |ISBN=92-894-8365-2}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Organisation for Economic Co-operation and Development. |Titel=Economic policy reforms 2019 : going for growth. |Ort=Paris |Datum= |ISBN=978-92-64-84226-7}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Peter Gal, Alexander Hijzen |Titel=The short-term impact of product market reforms: A cross-country firm-level analysis |Datum=2016-07-26 |DOI=10.1787/5jlv2jm07djl-en |Online=[https://www.oecd-ilibrary.org/economics/the-short-term-impact-of-product-market-reforms_5jlv2jm07djl-en Online] |Abruf=2020-12-12 |DOI=10.1787/5jlv2jm07djl-en}}</ref>
 
=== Effekte von Investitionen ===
 
==== Humankapital ====
Unter Humankapital versteht man die Summe aller menschlichen [[Gewohnheit]]en, Wissen, sozialen Verhaltensweisen und Persönlichkeitsmerkmalen (einschließlich [[Kreativität]]), die [[Wert (Wirtschaft)|wirtschaftlichen Wert]] erzeugen können.<ref>{{Literatur |Autor=Claudia Goldin |Titel=Human Capital |Sammelwerk=Handbook of Cliometrics |Verlag=Springer |Ort=Berlin, Heidelberg |Datum=2016 |ISBN=978-3-642-40406-1 |Seiten=55–86 |DOI=10.1007/978-3-642-40406-1_23}}</ref> Zu Investitionen in Humankapital zählen damit z.&nbsp;B. die Ausgaben für [[Erziehung]], sowie berufliche [[Ausbildung|Aus-]] und [[Erwachsenen- und Weiterbildung|Weiterbildung]].<ref>{{Internetquelle |hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung |url=https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/19640/humankapital |titel=Humankapital |werk=Das Lexikon der Wirtschaft |hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung |abruf=2020-12-13}}</ref> Es besteht ein breiter wissenschaftlicher Konsens, dass Investitionen in Humankapital die Produktivität, das Wirtschaftswachstum<ref>{{Literatur |Autor=Daniel Cohen, Marcelo Soto |Titel=Growth and human capital: good data, good results |Sammelwerk=Journal of Economic Growth |Band=12 |Nummer=1 |Datum=2007-03-01 |ISSN=1573-7020 |Seiten=51–76 |DOI=10.1007/s10887-007-9011-5}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Claude Diebolt, Ralph Hippe |Titel=The long-run impact of human capital on innovation and economic development in the regions of Europe |Sammelwerk=Applied Economics |Band=51 |Nummer=5 |Datum=2019-01-26 |ISSN=0003-6846 |Seiten=542–563 |DOI=10.1080/00036846.2018.1495820}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Eric A Hanushek, Ludger Woessmann |Titel=The Role of Cognitive Skills in Economic Development |Sammelwerk=Journal of Economic Literature |Band=46 |Nummer=3 |Datum=2008-08-01 |ISSN=0022-0515 |Seiten=607–668 |DOI=10.1257/jel.46.3.607 |Online=[https://pubs.aeaweb.org/doi/10.1257/jel.46.3.607 Online] |Abruf=2020-12-13 |DOI=10.1257/jel.46.3.607}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Xavier Sala-i-Martin, Gernot Doppelhofer, Ronald I. Miller |Titel=Determinants of Long-Term Growth: A Bayesian Averaging of Classical Estimates (BACE) Approach |Sammelwerk=The American Economic Review |Band=94 |Nummer=4 |Datum=2004 |ISSN=0002-8282 |Seiten=813–835 |JSTOR=3592794}}</ref> und das Beschäftigungswachstum<ref>{{Literatur |Autor=Antonio Ciccone, Elias Papaioannou |Titel=Human Capital, the Structure of Production, and Growth |Sammelwerk=The Review of Economics and Statistics |Band=91 |Nummer=1 |Datum=2009-01-28 |ISSN=0034-6535 |Seiten=66–82 |DOI=10.1162/rest.91.1.66 |Online=[https://www.mitpressjournals.org/doi/10.1162/rest.91.1.66 Online] |Abruf=2020-12-13 |DOI=10.1162/rest.91.1.66}}</ref> erhöhen und Investitionen in sekundäre Bildung die Einkommensungleichheit senken<ref>{{Literatur |Autor=Jean-Marc Fournier, Isabell Koske |Titel=Less Income Inequality and More Growth – Are they Compatible? Part 7. The Drivers of Labour Earnings Inequality – An Analysis Based on Conditional and Unconditional Quantile Regressions |Datum=2012-01-09 |DOI=10.1787/5k9h28s354hg-en |Online=[https://www.oecd-ilibrary.org/economics/less-income-inequality-and-more-growth-are-they-compatible-part-7-the-drivers-of-labour-earnings-inequality-an-analysis-based-on-conditional-and-unconditional-quantile-regressions_5k9h28s354hg-en Online] |Abruf=2020-12-13 |DOI=10.1787/5k9h28s354hg-en}}</ref>.
 
Von der [[Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung|OECD]] werden 3 Faktoren besonders hervorgehoben: Investitionen in [[frühkindliche Bildung]], eine möglichst späte Bildungsselektion (auf verschiedene Schularten), und eine sehr enge Verzahnung von Schule und Elternhaus. Diese Maßnahmen können sich über die gesamte Lebensdauer eines Menschen stark auszahlen, insbesondere für die am stärksten benachteiligten Personen.<ref>{{Literatur |Autor=OECD |Titel=Reducing income inequality while boosting economic growth: Can it be done? |Datum=2012-01-23 |Seiten=195 |DOI=10.1787/growth-2012-47-en |Online=[https://www.oecd-ilibrary.org/economics/economic-policy-reforms-2012/reducing-income-inequality-while-boosting-economic-growth_growth-2012-47-en Online] |Abruf=2020-12-13 |DOI=10.1787/growth-2012-47-en}}</ref> Diese Empfehlungen werden durch verschiedene [[Bildungsökonomik|bildungsökonomische]] Studien gestützt.<ref>{{Literatur |Autor=José De Gregorio, Jong-Wha Lee |Titel=Education and Income Inequality: New Evidence From Cross-Country Data |Sammelwerk=Review of Income and Wealth |Band=48 |Nummer=3 |Datum=2002 |ISSN=1475-4991 |Seiten=395–416 |DOI=10.1111/1475-4991.00060 |Online=[https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/1475-4991.00060 Online] |Abruf=2020-12-13 |DOI=10.1111/1475-4991.00060}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Ofer Malamud, Cristian Pop-Eleches |Titel=School tracking and access to higher education among disadvantaged groups |Sammelwerk=Journal of Public Economics |Band=95 |Nummer=11-12 |Datum=2011-12 |Seiten=1538–1549 |DOI=10.1016/j.jpubeco.2011.03.006 |Online=[https://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S0047272711000508 Online] |Abruf=2020-12-13 |DOI=10.1016/j.jpubeco.2011.03.006}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Anne Petriwskyj, Karen Thorpe, Collette Tayler |Titel=Trends in construction of transition to school in three western regions, 1990–2004 |Sammelwerk=International Journal of Early Years Education |Band=13 |Nummer=1 |Datum=2005-01-01 |ISSN=0966-9760 |Seiten=55–69 |DOI=10.1080/09669760500048360}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.oecd-ilibrary.org/education/starting-strong-ii_9789264035461-en |titel=Starting Strong II: Early Childhood Education and Care |sprache=en |abruf=2020-12-13 |sprache=en}}</ref>
 
==== Innovationen ====
Verschiedene Studien kommen zu dem Ergebnis, dass erhöhte Ausgaben für [[Innovation]]en durch [[Forschung und Entwicklung]], etwa durch staatliche Förderungen und Steuererleichterungen für Unternehmen, zu erhöhtem Wirtschaftswachstum führen.<ref>{{Literatur |Autor=OECD |Titel=The role of innovation and the rationale for public policy |Datum=2015-10-14 |Seiten=15–32 |DOI=10.1787/9789264239814-3-en |Online=[https://www.oecd-ilibrary.org/science-and-technology/the-innovation-imperative/the-role-of-innovation-and-the-rationale-for-public-policy_9789264239814-3-en Online] |Abruf=2020-12-13 |DOI=10.1787/9789264239814-3-en}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=James R. Brown, Steven M. Fazzari, Bruce C. Petersen |Titel=Financing Innovation and Growth: Cash Flow, External Equity, and the 1990s R&D Boom |Sammelwerk=The Journal of Finance |Band=64 |Nummer=1 |Datum=2009 |ISSN=1540-6261 |Seiten=151–185 |DOI=10.1111/j.1540-6261.2008.01431.x |Online=[https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/j.1540-6261.2008.01431.x Online] |Abruf=2020-12-13 |DOI=10.1111/j.1540-6261.2008.01431.x}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Andreea Maria Pece, Olivera Ecaterina Oros Simona, Florina Salisteanu |Titel=Innovation and Economic Growth: An Empirical Analysis for CEE Countries |Sammelwerk=Procedia Economics and Finance |Reihe=4th World Conference on Business, Economics and Management (WCBEM-2015) |Band=26 |Datum=2015-01-01 |ISSN=2212-5671 |Seiten=461–467 |DOI=10.1016/S2212-5671(15)00874-6 |Online=[http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2212567115008746 Online] |Abruf=2020-12-13 |DOI=10.1016/S2212-5671(15)00874-6}}</ref>
 
== Kritik ==
[[Datei:Productivity and Real Median Family Income Growth 1947-2009.png|mini|Der Einkommenszuwachs einer durchschnittlichen amerikanischen Familie entwickelte sich bis Anfang der 1970er Jahre parallel zu dem Produktivitätszuwachs. Danach blieb der Einkommenszuwachs deutlich hinter dem Produktivitätszuwachs zurück.<ref>[{{Webarchiv |url=http://stateofworkingamerica.org/charts/productivity-and-real-median-family-income-growth-1947-2009/ |text=Productivity growth closely matched that of median family income until the late 1970s when median American family income stagnated while productivity continued to climb] |wayback=20140904020715 |archiv-bot=2024-07-08 20:46:18 InternetArchiveBot}}. Source: EPI Authors' analysis of Current Population Survey Annual Social and Economic Supplement Historical Income Tables, (Table F–5) and Bureau of Labor Statistics Productivity – Major Sector Productivity and Costs Database (2012)</ref> ]]
Angebotspolitik wird dafür kritisiert, einen Wettlauf um die niedrigsten Standards ([[Race to the bottom]]) einzuleiten. Der Versuch, die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer zu schwächen, um Lohn- und Preissteigerungen unter das Niveau des [[Arbeitsproduktivität|Produktivitätswachstum]] zu drücken, führe zu einem Teufelskreis.<ref>{{Literatur |Autor=John Komlos, Hermann Schubert |Titel=Reaganomics — Wegbereiter des Trumpismus |Sammelwerk=Wirtschaftsdienst |Band=100 |Nummer=1 |Datum=2020-01-01 |ISSN=1613-978X |Seiten=64–71 |DOI=10.1007/s10273-020-2563-0 |Seiten=64–71}}</ref> In dem Maß, wie die Nachfrageschwäche das Wirtschaftswachstum mindere, versuche jedes einzelne Land, über eine Steigerung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit durch Lohnzurückhaltung Exportüberschüsse zu erwirtschaften, um die Arbeitslosigkeit zu vermindern (auf Kosten der anderen Länder), wobei die Nachfrage aber noch weiter geschwächt werde. Das Ergebnis sei eine globale Nachfrageschwäche und ein schwaches Wirtschaftswachstum, das weit unter dem Potenzialwachstum liege.<ref>Mammo Muchie, Li Xing, ''Globalisation, Inequalities, and the Commodification of Life and Well-being'', Adonis & Abbey Publishers Ltd, 2006, ISBN 9781905068029978-1-905068-02-9, S. 101</ref>
 
Vertreter des [[Linksliberalismus|linksliberalen]] und der [[Demokratische Partei (Vereinigte Staaten)|Demokratischen Partei]] nahestehenden<ref>{{Internetquelle |url=https://www.politico.com/news/2021/06/30/center-for-american-progress-new-leader-497167 |titel=The most influential think tank of the Biden era has a new leader |werk=politico.com |datum=2021-06-30 |sprache=en |abruf=2022-10-12}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Peter Baker |Titel=Obama Wins a Clear Victory, but Balance of Power Is Unchanged in Washington |Sammelwerk=The New York Times |Datum=2012-11-07 |ISSN=0362-4331 |Online=https://www.nytimes.com/2012/11/08/us/politics/a-divided-nation-keeps-the-status-quo.html |Abruf=2022-10-12}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.latimes.com/archives/la-xpm-2010-dec-09-la-oe-mcmanus-column-obama-stimulus-20101209-story.html |titel=Obama gets tough -- with liberals |hrsg=Los Angeles Times |datum=2010-12-09 |sprache=en-US |abruf=2022-10-12}}</ref> [[Center for American Progress]] gehen von einer kontraproduktiven Wirkung der politischen Maßnahmen aus, die sich auf die Trickle-Down-Theorie berufen. Demnach werden die finanziellen Mittel, die durch Steuersenkungen für Reiche frei werden, von diesen nicht für Konsum genutzt oder in Produktionsmittel investiert. Sie würden vielmehr gespart, für Kapitalanlagen genutzt oder in Steuerparadiese überführt. Dies sorge für eine höhere Ungleichheit und einem Mangel an finanziellen Mitteln in mittleren und unteren Einkommensschichten. Dieser finanzielle Mangel senkt die Nachfrage und damit letztlich auch das Wirtschaftswachstum.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.independent.co.uk/news/business/analysis-and-features/the-wealth-that-failed-to-trickle-down-report-suggests-rich-do-get-richer-while-poor-stay-poor-9989183.html |titel=The wealth that failed to trickle down: The rich do get richer while poor stay poor, report suggests |werk=independent.co.uk |hrsg=[[The Independent]] |datum=2015-01-19 |sprache=en |abruf=2018-01-03 |sprache=en}}</ref>
 
Eine 2002 unter Ökonomen durchgeführte Umfrage der [[University of Chicago Booth School of Business]] kam zu dem Ergebnis, dass bei den gegenwärtigen US-Steuersätzen ein Konsens gegen positiven Auswirkungen von Steuersenkungen auf das [[Wirtschaftswachstum]] bestehe.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.igmchicago.org/igm-economic-experts-panel/poll-results/?SurveyID=SV_2irlrss5UC27YXi |titel=POLL SURVEY |sprache=en |abruf=2020-12-11 |sprache=en}}</ref> Eine Umfrage aus dem Jahr 2012 unter führenden Ökonomen stellte einen Konsens zur These fest, dass eine Senkung des US-Lohnsteuersatzes die Steuereinnahmen nicht erhöhen würde.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.igmchicago.org/surveys/laffer-curve |titel=POLL-Results |sprache=en |abruf=2020-12-11 |sprache=en}}</ref>
 
== Literatur ==
* Wolfgang Cezanne: ''Allgemeine Volkswirtschaftslehre''. Oldenbourg 2005., ISBN 978-3-486-57770-9, S. 490–494
 
== Einzelnachweise ==