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John Philippe Rushton

britisch-kanadischer Psychologe

John Philippe Rushton (* 3. September [nach anderen Angaben: 3. Dezember] 1943 in Bournemouth, England; † 2. Oktober 2012 in London, Ontario[1]) war ein britisch-kanadischer Professor für Psychologie an der University of Western Ontario. Bekanntheit im deutschsprachigen Raum erlangte er durch seine sogenannte Rassenforschung und seinen diesbezüglichen Auftritt vor der Wiener akademischen Burschenschaft Olympia. Manche seiner Beiträge in wissenschaftlichen Fachzeitschriften wurden nach Rushtons Tod von den Herausgebern wegen ethischer und wissenschaftlicher Verstöße zurückgezogen.

Rushton wurde 1943 in England geboren. Im Jahre 1947 emigrierten seine Eltern mit ihm nach Südafrika und später nach Kanada. Als junger Erwachsener ging er wieder nach England und studierte Psychologie an der University of London, wo er 1973 mit einer Dissertation über altruistisches Verhalten von Kindern zum philosophiae doctor (Ph.D.) promovierte.[2] Danach forschte er für ein Jahr als Post-Doktorand an der University of Oxford über die Persönlichkeitsentwicklung im Kindesalter. Im Anschluss daran kehrte er nach Kanada zurück. Von 1974 bis 1976 lehrte er als Gastprofessor an der York University und 1976 bis 1977 an der University of Toronto, bevor er schließlich zur University of Western Ontario wechselte, wo er 1985 eine ordentliche Professur annahm. 1992 erwarb er an der University of London den Grad scientiæ doctor (D.Sc.).

J. P. Rushton war von 1977 bis 1982 Mitglied in den Herausgeberausschüssen der wissenschaftlichen Fachzeitschriften Scientometrics und Developmental Psychology. In der gleichen Position war er 1999 bis 2004 für Population and Environment und ab 2004 für Intelligence tätig.

Er gehörte zu den 52 Mitunterzeichnern des Aufsatzes Mainstream Science on Intelligence, geschrieben von Linda Gottfredson und im Dezember 1994 veröffentlicht vom Wall Street Journal.[3]

Ab 2002 war er Präsident des Pioneer Fund, der sich unter anderem die Förderung der Forschung über Vererbung und Eugenik zur Aufgabe gemacht hat[4] und der vom Southern Poverty Law Center zu den active white nationalist groups gezählt wird.[5] Von 1971 bis 1992 hatte Rushton über 770.000 $ Fördermittel des Pioneer Fund erhalten.[6]

Im Februar 2010 wurde Rushton von der Wiener akademischen Burschenschaft Olympia zu einem Vortrag über „Rasse, Evolution und Verhalten“, gegen die „linke Utopia der ‚Gleichheit aller Menschen‘“ eingeladen, was zu einem erheblichen Medienecho[7][8][9][10][11][12][13] und einer parlamentarischen Anfrage im österreichischen Parlament führte.[14]

Schriften

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Rushton hat bis 2010 als Autor bzw. Koautor fünf Bücher und mehr als 200 Fachartikel verfasst, die in wissenschaftlichen Fachzeitschriften wie Personality and Individual Differences oder Psychological Science veröffentlicht wurden.

Zu Beginn seiner Laufbahn lag Rushtons Forschungsschwerpunkt auf dem Gebiet des Altruismus. Zusammen mit Robin Russell und Pamela Wells entwickelte er 1984 die genetic similarity theory (GST; deutsch: genetische Ähnlichkeitstheorie), die aussagt, dass Organismen im Stande sind, andere genetisch ähnliche Organismen zu erkennen, und diese im Vergleich zu weniger nahe verwandten Individuen bevorzugt behandeln. Im Hinblick auf die Menschen bedeute dies, dass sie sich umso altruistischer verhalten, je höher der Grad ihrer genetischen Ähnlichkeit untereinander ist.[15]

Im Jahr 1995 erschien das umstrittene Buch Race, evolution, and behavior. Rushton vertrat die Meinung, dass individuelle Unterschiede von Angehörigen der drei von ihm postulierten menschlichen Populationsgruppen (Schwarze, Kaukasier und Asiaten; von ihm als „Rassen“ bezeichnet) in Bezug auf Intelligenz, Persönlichkeit, kriminelle Veranlagung und anderer Eigenschaften in erster Linie nicht durch soziale oder kulturelle Rahmenbedingungen bedingt, sondern genetisch determiniert seien, und meint die Ursachen dieser Unterschiede in der Evolutionsgeschichte zu finden.[16] Laut Rushton gibt es eine Überlegenheit der asiatischen Rasse hinsichtlich der Intelligenz und Lebenserwartung, während die schwarze Rasse am anderen Ende der Skala stehe. Letztere habe hingegen eine höhere Testosteronausschüttung und Fortpflanzungsrate, die für eine r-Fortpflanzungsstrategie spreche. Etwa in der Mitte, aber deutlich näher an den Asiaten, befinde sich die Rasse der Kaukasier. Die rassentheoretischen Ausführungen in seinem Werk haben in der Öffentlichkeit und unter Wissenschaftlern teils heftige Kritik ausgelöst[17] und ihm wurden methodische Fehler[18] ebenso wie eine rassistische Motivation[19] vorgeworfen. Rushtons Forschung zu „rassischen“ Unterschieden wird der Soziobiologie zugeordnet.[20][21][22][23] Anlässlich seines Todes ist in der Zeitschrift Personality and Individual Differences ein Sonderheft[24] erschienen.

Im Jahr 2020 wurden mehrere Beiträge Rushtons erneut geprüft und daraufhin von den Fachzeitschriften zurückgezogen. So zog die Zeitschrift Personality and Individual Differences einen Artikel zurück, der fälschlicherweise einen Zusammenhang zwischen Hautfarbe und Aggression und Sexualität aufzeigte.[25] Die Zeitschrift Psychological Reports zog zwei Beiträge aus den 1990er-Jahren zurück, nachdem festgestellt wurde, „dass die Forschung unethisch, wissenschaftlich fehlerhaft und auf rassistischen Ideen und einer rassistischen Agenda basierend“ sei.[26]

Veröffentlichungen

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  • J. Philippe Rushton: Altruism, socialization, and society. Prentice Hall, Englewood Cliffs 1980
  • J. Philippe Rushton, Richard Sorrentino (Herausgeber): Altruism and helping behavior: Social, personality, and developmental perspectives. Lawrence Erlbaum Associates, Hillsdale NJ 1981
  • Henry L. Roediger III., J. Philippe Rushton, D. E. Capaldi, S. G. Paris: Psychology. Little, Brown and Company, Boston 1984
  • Doss Jackson, J. Philippe Rushton. (Herausgeber): Scientific excellence: Origins and assessment. Sage Publications, Beverly Hills 1987
  • J. Philippe Rushton: Race, evolution, and behavior: A life history perspective. Transaction Publishers, New Brunswick 1995
    • Deutsche Ausgabe: Rasse, Evolution und Verhalten: Eine Theorie der Entwicklungsgeschichte. Ares-Verlag, Graz 2005 (übersetzt von Rainer Walter)
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  • Literatur von und über John Philippe Rushton im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • J. P. Rushton: Biographical Sketch. In: Website der University of Western Ontario. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. März 2010; (englisch).
  • John Philippe Rushton, Ph.D., D.Sc. Vita und Liste der Veröffentlichungen. In: charlesdarwinresearch.org. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 1. Januar 2013; (englisch).

Einzelnachweise

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  1. John Philippe Rushton. Nachruf. In: yourlifemoments.ca. 2012, abgerufen am 2. April 2019 (englisch).
  2. Philippe Rushton: Socialization and the altruistic behavior of children. In: Psychological Bulletin. Band 83 (5). American Psychological Association, September 1976, S. 898–913.
  3. Linda Gottfredson: Mainstream Science on Intelligence. In: Wall Street Journal, 13. Dezember 1994, Seite A18
  4. Carol Miller Swain: The new white nationalism in America: its challenge to integration. Cambridge University Press, 2002, ISBN 0-521-80886-3, S. 242.
  5. Active White Nationalist Groups. Auf: Splcenter.org, abgerufen am 2. Oktober 2013.
  6. Stefan Kühl: Die Internationale der Rassisten: Aufstieg und Niedergang der internationalen eugenischen Bewegung im 20. Jahrhundert. Campus 2014, S. 316
  7. GRAS: Rassist zu Gast bei der Burschenschaft Olympia. Presseaussendung. In: ots.at. Grüne & Alternative StudentInnen, 8. Februar 2010, abgerufen am 22. September 2019.
  8. Olympia lädt umstrittenen „Rassenforscher“. In: derstandard.at. 8. Februar 2010, abgerufen am 22. November 2020.
  9. Rudas: Nächster Skandal der Graf-Burschenschaft Olympia 8. Februar 2010
  10. Graf-Burschenschaft lädt „Rassentheoretiker“ ein. In: diepresse.com. 8. Februar 2010, abgerufen am 2. Mai 2021.
  11. Stellungnahme der Burschenschaftlichen Gemeinschaft zum Vortrag von Prof. J. Philippe Rushton 9. Februar 2010
  12. Graf hat mit Rasse-Vortrag nichts zu tun 9. Februar 2010
  13. Rechtes Gipfeltreffen am Burschenschafterball: „Geächtete Politiker“ in der Hofburg. news.at, 10. Februar 2010
  14. Parlamentarische Anfrage und Antwort parlament.gv.at (PDF)
  15. J. Philippe Rushton, Robin Russell, Pamela Wells: Genetic similarity theory: Beyond kin selection. In: Behavior Genetics. Band 14, Nr. 3. Springer Science+Business Media, 1984, ISSN 0001-8244, S. 179–193, doi:10.1007/BF01065540.
  16. Die List der Gene: Strategeme eines neuen Menschen. In: Bernhard Kleeberg (Hrsg.): Literatur und Anthropologie. Band 11. Gunter Narr Verlag, Tübingen 2001, ISBN 3-8233-5710-7, S. 230 f.
  17. Christian Stöcker: Intelligenzmessung – Rückkehr der Rassenlehre. In: Spiegel Online. 4. Mai 2005, abgerufen am 18. August 2021.
  18. Zack Cernovsky: On the similarities of American blacks and whites: A reply to J.P. Rushton In: Journal of Black Studies, Vol. 25, 7. Januar 1995, S. 672 Online verfügbar (Memento vom 13. Dezember 2004 im Internet Archive)
  19. beispielsweise:
  20. Halford H. Fairchild: Scientific Racism: The Cloak of Objectivity. (PDF; 802 kB). In: Journal of Social Issues. Band 47, Nr. 3, 1991, S. 101–115. doi:10.1111/j.1540-4560.1991.tb01825.x.
  21. Graham Richards: Race, racism, and psychology: towards a reflexive history. Routledge, New York 1997, ISBN 0-415-10140-9, S. 286 f.
  22. Clarence J. Munford: Race and reparations: a black perspective for the 21st century. Africa World Press, Asmara 1996, ISBN 0-86543-511-1, S. 134 f.
  23. Ethel Tobach und Betty Rosoff (Hrsg.): Challenging Racism and Sexism: Alternatives to Genetic Explanations. Feminist Press at the City University of New York, New York 1994, ISBN 1-55861-089-8, S. 7 f.
  24. Special Issue on The life history approach to human differences: J. Philippe Rushton in Memoriam. Abgerufen am 29. Juli 2013.
  25. journals.elsevier.com
  26. Retraction notice. doi:10.1177/0033294120982774