Joseph Hermann Mohr
Joseph Hermann Mohr (* 10. Januar 1834 in Siegburg; † 7. Februar 1892 in München) war ein deutscher katholischer Priester, Hymnologe, Kirchenliedkomponist und Texter.
Kindheit und Jugend
BearbeitenJoseph Mohr wurde ebenso wie Engelbert Humperdinck im heutigen Stadtmuseum Siegburg geboren, wo sein Vater Lehrer an der damaligen Elementarschule war. Er studierte ab 1852 in Bonn Philosophie und Theologie, 1853 trat er in Münster in den Orden der Jesuiten ein. Nach dem Ende des Studiums unterrichtete er bis 1862 vorwiegend Gesang am Kolleg des Ordens in Feldkirch. Ab 1863 studierte er in München Rhetorik und in Maria Laach Theologie. 1866 wurde er zum Priester geweiht.
Wirken
BearbeitenNachdem die Jesuiten im Kulturkampf 1872 aus Deutschland vertrieben worden waren, hielt Joseph Mohr sich in Frankreich, Belgien und in den Niederlanden auf. In dieser Zeit schrieb er auch das Kirchenlied Ein Haus voll Glorie schauet. Die ursprüngliche sechste Strophe
Viel Tausend schon vergossen
mit heil’ger Lust ihr Blut,
die Reihen stehn fest geschlossen
in hohem Glaubensmuth
diente zur Zeit des Nazi-Regimes wegen ihrer textlichen Parallelen zum Horst-Wessel-Lied der Nationalsozialisten als Bekennerlied des freien christlichen Glaubens. In das katholische deutschsprachige Gesangbuch Gotteslob wurde 1975 nur die erste der sieben von Mohr gedichteten Strophen übernommen (GLalt 639), ebenso in das neue Gotteslob von 2013 (GL 478). Vier weitere dichtete Hans W. Marx, ein Pseudonym für Friedrich Dörr.
Mohr würdigte die „Schönheit des Gregorianischen Chorals“ als einzige geeignete Musik für das Mysterium der heiligen Messe. Um bei seiner Erforschung und Wiederherstellung mitzuwirken, trat er in den Verein zur Erforschung alter Choralhandschriften behufs Wiederherstellung des cantus S. Gregorii des Trierer Dommusikdirektors Michael Hermesdorff ein. Dieser Verein, dem weitere bedeutsame Forscher wie Robert Eitner, François-Auguste Gevaert, Joseph Pothier, Anselm Schubiger und Raymund Schlecht beitraten, leistete im deutschsprachigen Raum die wahrscheinlich bedeutsamsten Beiträge zur Restitution des Gregorianischen Chorals.
Den kirchlichen Volksgesang empfahl er für den außerliturgischen Gottesdienst, z. B. Andacht und Prozession. Das künstlerische Niveau des damaligen „kirchlichen Volksgesangs“ wurde von ihm als teilweise verrohtes „andachtsstörendes Geschrei“ kritisiert, weshalb er eine selbstverfasste Gesangslehre herausgab (s. unten).
Von Mohr stammt auch die im Rheinland bevorzugte Melodie zu Maria, breit den Mantel aus, eine neue Melodie zu Christoph Bernhard Verspoells Dir jubeln Engelchöre und Johann Georg Franz Brauns Heilig bist du, großer Gott (Gotteslobalt Köln Nrn. 946, 918, 919)
Aufgrund des während des Kulturkampfes erlassenen Jesuitengesetzes sah er sich genötigt, aus dem Jesuitenorden auszutreten, um nach Deutschland zurückkehren zu können, und fand schließlich in München als Weltpriester und Kirchenliedforscher große Anerkennung in hohen Kirchenkreisen.
Ehrungen
Bearbeiten- Josef-Mohr-Straße in Siegburg
Werke (Auswahl)
Bearbeiten- Cantate, Kirchengesangbuch. Kösel & Pustet, Regensburg 1873 (95. Auflage 1922)
- Cäcilia, katholisches Gesang- und Gebetbuch. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg / New York / Cincinnati 1874 (urn:nbn:de:bvb:12-bsb11187410-9; 36. Auflage 1927)
- Jubilate Deo!, vierstimmige Ausgabe von Cäcilia. 1877
- Anleitung zur kirchlichen Psalmodie. 1878
- Lasset uns beten, Diözesangesangbuch (unter abweichenden Titeln) in Würzburg, Salzburg, Bamberg, Speyer, 1881
- Cantiones Sacrae: a collection of hymns and devotional chants for the different seasons of the year, the feasts of our Lord, of the Blessed Virgin, of the saints, low masses etc.: arranged for four mixed voices. F. Pustet, Ratisbon 1878 (archive.org).
- Die Pflege des Volksgesanges in der Kirche. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg / New York / Cincinnati 1885
- Psälterlein, Diözesangesangbuch Basel/Freiburg (Br.), 1891 urn:nbn:de:hbz:6:1-183802
Literatur
Bearbeiten- Hans-Peter Bähr: „… o mög das Lob von allen dir wohlgefällig sein!“ Zu Leben und Werk des Siegburgers Joseph Mohr. in: Mauritius Mittler, Wolfgang Herborn: Temporibus tempora. Festschrift für Abt Placidus Mittler (= Siegburger Studien XXV). Siegburg 1995, S. 331–365.
- Bernd Distelkamp: „Ein Haus voll Glorie schauet…“ Zum 175. Geburtstag des Kirchenliedkomponisten Joseph Mohr. In: Heimatblätter des Rhein-Sieg-Kreises, 77. Jahrgang, 2009. Hrsg. im Auftrag des Geschichts- und Altertumsvereins für Siegburg und den Rhein-Sieg-Kreis e. V. von H. Fischer, W. Herborn und A. Korte-Böger. Rheinlandia Verlag, Siegburg 2009, ISBN 978-3-938535-57-8, S. 146–165.
- Bernd Distelkamp: „Ein Haus voll Glorie schauet…“ Der Siegburger Kirchenliedkomponist Joseph Mohr (= Siegburger Blätter, Heft 21). Siegburg 2009; blattwelt.de (PDF; 429 kB).
- Joachim Faller: Mohr, Joseph Hermann. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 32, Bautz, Nordhausen 2011, ISBN 978-3-88309-615-5, Sp. 953–955 .
- Kurt Küppers: Mohr, Joseph. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994, ISBN 3-428-00198-2, S. 710 f. (Digitalisat).
- Joseph Otten: Joseph Mohr. In: Catholic Encyclopedia, Band 10, Robert Appleton Company, New York 1911.
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Joseph Hermann Mohr im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Joseph Hermann Mohr in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Joseph Hermann Mohr im Bayerischen Musiker-Lexikon Online (BMLO)
Personendaten | |
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NAME | Mohr, Joseph Hermann |
ALTERNATIVNAMEN | Mohr, Joseph; Mohr SJ, Joseph; Mohr, Josef |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Kirchenliedkomponist und Texter |
GEBURTSDATUM | 10. Januar 1834 |
GEBURTSORT | Siegburg |
STERBEDATUM | 7. Februar 1892 |
STERBEORT | München |