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Konzil von Toledo

Wikimedia-Begriffsklärungsseite

Die Konzilien von Toledo waren 18 Kirchenversammlungen, die im Zeitraum von 400 bis ca. 702 in Toledo stattfanden. Vom 3. Konzil (589) an (seit dem Übertritt der Westgoten vom Arianismus zum Katholizismus) waren die Konzilien von Toledo Reichssynoden, auf denen der König eine zentrale Rolle spielte. Toledo war seit 610 sowohl Metropolitansitz als auch Reichshauptstadt.[1] Die Könige pflegten bei der Bestimmung der Themen, über die auf den Konzilien verhandelt wurde, eine maßgebliche Rolle zu spielen, und viele Beschlüsse wurden nach ihren Vorgaben gefasst. Daher betrafen die Konzilsbeschlüsse oft auch politische Angelegenheiten.

Die 18 Konzilien von Toledo

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  • Das 1. Konzil von Toledo im Jahr 400 verurteilte u. a. die Lehre Priscillians und bestrafte Giftmischerei mit lebenslanger Haft.
  • Das 2. Konzil von Toledo fand im Jahre 527 statt, als die Iberische Halbinsel bereits großenteils von den damals noch arianischen Westgoten beherrscht wurde.
 
Rekkared I. und einige Bischöfe am 3. Konzil von Toledo. Bild aus dem Codex Vigilanus.
  • Das 3. Konzil von Toledo im Mai 589 fand nach dem Übertritt des Westgotenkönigs Rekkared I. vom arianischen zum katholischen Glauben statt. Es regelte den Übergang der Westgoten vom Arianismus zum Katholizismus und gestattete den arianischen Bischöfen, ihre kirchlichen Ämter zu behalten. Theologisch ist dieses Konzil vor allem deshalb von Bedeutung, weil hier erstmals das Filioque erwähnt wird, das später Bestandteil des katholischen Glaubensbekenntnisses bleibt und schließlich zu Konflikten mit den orthodoxen Ostkirchen führte. Der Zusatz wurde eingeführt, um sich gegen den Arianismus abzugrenzen, der die Ansicht vertrat, dass Jesus Christus wesensmäßig niedriger ist als Gott der Vater – der Zusatz sollte deutlich machen, dass Jesus Christus mit Gott dem Vater wesensgleich ist. Zu den Konzilsbeschlüssen gehörten auch das Verbot für Juden, christliche Frauen zu heiraten oder christliche Konkubinen zu haben, und bestimmte, dass Kinder aus solchen bereits bestehenden Verbindungen getauft werden mussten.
  • Das 4. Konzil von Toledo tagte im Jahr 633. Den Vorsitz führte der bedeutende Theologe Bischof Isidor von Sevilla. Zu den wichtigsten Beschlüssen des Konzils gehörten die Beschwörung der Einheit von Kirche und Staat, die Einrichtung von Domschulen in jeder Diözese und die Vereinheitlichung der liturgischen Praxis. Das Konzil bestimmt außerdem, dass der Bischofsring neben Mitra und Stab zu den Insignien des Bischofs gehört. Das Konzil missbilligte die von König Sisebut (612–621) angeordneten Zwangstaufen der Juden, erklärte sie aber für kirchenrechtlich gültig; den auf Sisebuts Veranlassung zwangsweise getauften Juden wurde verboten, zu ihrem angestammten Glauben zurückzukehren.
  • Das 5. Konzil von Toledo wurde im Jahre 636 von König Chintila einberufen. Es fasste Beschlüsse zum Schutz des von Rebellionen bedrohten Königs sowie zum Schutz seiner Familie nach seinem Tod.
  • Das 6. Konzil von Toledo tagte 638. Es wurde ebenfalls von Chintila einberufen. Es fasste unter anderem Beschlüsse gegen die Juden, wobei den Konzilsakten zufolge der König die treibende Kraft war. Die Bischöfe billigten die Absicht des Königs, die jüdische Religion in seinem Reich gänzlich auszurotten und keine Nichtkatholiken zu dulden.
  • Das 7. Konzil von Toledo (646) stellte sich in den Dienst der Politik König Chindaswinths und übernahm seine Gesetzgebung gegen Staatsfeinde sinngemäß ins Kirchenrecht. Verschwörern gegen den König wurde die Exkommunikation angedroht; wenn sie Geistliche waren, sollten sie ihrer kirchlichen Ämter enthoben werden. Schon eine gegen den König gerichtete üble Nachrede sollte mit Exkommunikation geahndet werden. Dem König wurde das Recht zugestanden, Exkommunikationen, die in seinem Interesse erfolgt waren, nach Gutdünken aufzuheben (eine im Mittelalter einzigartige Vollmacht des Herrschers im geistlichen Bereich).
  • Das 8. Konzil von Toledo wurde im Dezember 653 von König Rekkeswinth schon kurz nach dessen Regierungsantritt einberufen. Die Konzilsväter waren überwiegend Gegner des verstorbenen Königs Chindaswinth und versuchten dessen gegen den Adel gerichtete Maßnahmen rückgängig zu machen, doch wurden ihre Beschlüsse nur teilweise von Rekkeswinth umgesetzt. Das Konzil billigte eine Amnestie für ins Ausland geflohene Oppositionelle. Die Bischöfe hielten mit Nachdruck am Prinzip des Wahlkönigtums fest und beschlossen Bestimmungen für die Königswahl. Darin lag eine indirekte Kritik an Rekkeswinth, der die Königswürde von seinem Vater Chindaswinth geerbt hatte.
  • Das 9. Konzil von Toledo trat 655 zusammen. Es war kein Reichskonzil, sondern eine Provinzialsynode.
  • Das 10. Konzil von Toledo wurde 656 von Rekkeswinth einberufen. Nur 17 Bischöfe nahmen teil, fünf weitere sandten Vertreter. Damit war es das Reichskonzil mit der geringsten Teilnehmerzahl. Es fasste einen Beschluss gegen Geistliche, die ihren dem König geleisteten Untertaneneid brachen; sie sollten ihres Amtes enthoben werden.
  • Das 11. Konzil von Toledo tagte im November 675 unter der Leitung des Metropoliten Quiricus. Es nahmen 17 Bischöfe, zwei bischöfliche Stellvertreter, sechs Äbte sowie der Archidiakon der Kathedrale teil. Die Synode beklagte die Verbreitung von Häresien und den Mangel an kirchlicher Zucht. In einem umfangreichen Glaubensbekenntnis verurteilten die Synodenväter den Adoptianismus.[2]
  • Das 12. Konzil von Toledo wurde 681 von König Erwig kurz nach seiner Machtübernahme einberufen; es billigte die durch eine Intrige erzwungene Abdankung von dessen Vorgänger Wamba. Außerdem räumte es dem Metropoliten von Toledo die Vorrangstellung in der Kirche des Westgotenreiches ein, die ihn faktisch zum Primas machte.
  • Das 13. Konzil von Toledo wurde 683 von König Erwig einberufen. Es wurde von einer mächtigen Adelspartei dominiert, welche die Macht des Königs beschränken wollte. Der König befand sich offenbar in einer deutlich geschwächten Position. Das Konzil beschloss eine Amnestie für die adligen Rebellen, die Aufstände gegen frühere Herrscher unternommen hatten. Die Amnestierten sollten auch ihre konfiszierten Güter zurückerhalten, soweit diese noch im Besitz des Königs waren. Verfassungsrechtlich höchst bedeutsam war ein Beschluss, der untersagte, Bischöfe oder Angehörige des Hofadels abzusetzen, zu verhaften, zu foltern oder zu enteignen, solange sie nicht in einem öffentlichen Gerichtsverfahren von einem Gericht ihrer Standesgenossen verurteilt waren. Die Anwendung physischer Gewalt gegen Vornehme zur Erzwingung von Geständnissen wurde somit verboten. Zu den adelsfreundlichen Beschlüssen gehörte ferner ein Erlass von Steuerschulden.
  • Das 14. Konzil von Toledo tagte 684. Es war kein Reichskonzil, sondern eine Provinzialsynode. Es prüfte die Beschlüsse zur Lehre von den zwei Energien und den zwei Willen in Christus und bestätigte die Beschlüsse des Dritten Konzils von Konstantinopel (681). Das Zweite Konzil von Konstantinopel (553) wurde jedoch weiterhin nicht als ökumenisch anerkannt.
  • Das 15. Konzil von Toledo wurde 688 von König Egica einberufen. Das Ziel des Königs war es, die Konzilsväter für seine Politik zu gewinnen, die gegen die Sippe seines Vorgängers Erwig gerichtet war, dessen Schwiegersohn und erbitterter Feind er war. Das Konzil folgte seinen Wünschen nur teilweise.
  • Das 16. Konzil von Toledo wurde 693 von König Egica einberufen. Es bestätigte ein Gesetz des Königs, mit dem versucht wurde, die Juden durch starke finanzielle Anreize zum Glaubenswechsel zu bewegen. Wenn sie bei ihrer Religion blieben, mussten sie eine Judensteuer bezahlen; der Fernhandel und jeder Geschäftsabschluss mit Christen wurde ihnen verboten.
  • Das 17. Konzil von Toledo wurde 694 von König Egica einberufen. Es ergriff noch weit schärfere Maßnahmen gegen die Juden als das vorhergehende Konzil. Es wurde beschlossen, die Juden zu enteignen und zu versklaven und ihnen ihre Kinder wegzunehmen, um sie christlich zu erziehen. Den Anlass oder Vorwand dazu boten Behauptungen, die Juden hätten im Zusammenwirken mit ausländischen Glaubensgenossen eine Verschwörung gegen das Reich unternommen. Damit war wohl gemeint, dass sie die Muslime zu einem Angriff ermunterten.
  • Das 18. und letzte Konzil von Toledo fand wohl 702 unter der Regierung von König Witiza statt, wenige Jahre vor der Vernichtung des Westgotenreichs durch die muslimische Eroberung Spaniens. Es ist das einzige Konzil von Toledo, dessen Akten nicht erhalten geblieben sind. Dieser Umstand könnte damit zusammenhängen, dass die Beschlüsse des Konzils später vom Klerus missbilligt wurden.
  • José Vives (Hrsg.): Concilios visigóticos e hispano-romanos, Barcelona 1963 (enthält die Akten der Konzilien I-XVII; lateinischer Text mit spanischer Übersetzung)

Literatur

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  • José Orlandis / Domingo Ramos-Lissón: Die Synoden auf der Iberischen Halbinsel bis zum Einbruch des Islam (711), Paderborn 1981, ISBN 3-506-74681-2.
  • Andreas Weckwerth: Das erste Konzil von Toledo. Ein philologischer und historischer Kommentar zur Constitutio Concilii. Aschendorff, Münster 2004, ISBN 3-402-08191-1.

Einzelnachweise

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  1. Ricardo Izquierdo Benito: Toledo en época visigoda. In: Miguel Cortés Arrese (Hrsg.): Toledo y Bizancio. Editorial de la Universidad de Castilla-La Mancha, Cuenca 2002, ISBN 84-8427-231-1, S. 43–74, hier S. 62.
  2. Heinrich Denzinger: Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen. Enchiridion symbolorum definitionum et declarationum de rebus fidei et morum, Herausgegeben von Peter Hünermann, 44. Auflage, Freiburg 2014, S. 224ff.
    Carl Joseph Hefele: Conciliengeschichte, nach den Quellen bearbeitet, 3. Band, Freiburg 1858, S. 104ff.