Museum of Jurassic Technology
Das Museum of Jurassic Technology wurde 1989 gegründet und befindet sich in Los Angeles. Es präsentiert in Anlehnung an das Konzept der Wunderkammer eine Mischung von meist fiktiven Naturalien oder von Objekten aus Randgebieten der Kunst und Wissenschaft. Von seinem Gründer David Wilson als Hommage an das Museum verstanden, wird es oft als künstlerische Installation, Superfiction oder als Institutions- bzw. Wissenschaftskritik interpretiert.[1]
Das Museum of Jurassic Technology, das nach eigenen Angaben mehr als 23.000 Besucher im Jahr zählt[2], betreibt zusammen mit der Society for the Diffusion of Useful Information ein eigenes Publikationsprogramm und hat im Karl-Ernst-Osthaus-Museum in Hagen eine Filiale. Die MacArthur Foundation zeichnete David Wilson 2001 für seine Arbeit mit der Ernennung zum Fellow aus.
Museumskonzept
BearbeitenForm und Inhalt des Museum of Jurassic Technology legen den Vergleich mit postmoderner Konzeptkunst nahe. Ähnlich der künstlerischen Spurensicherung stellt es großenteils fiktive archäologische oder historische Gegenstände aus, die mittels der Suggestion von natur- und geschichtswissenschaftlicher Aufbereitung eine Auseinandersetzung des Betrachters mit Objektivität und institutioneller Autorität (die bei Museen besonders stark zum Tragen kommen) bewirken. Bereits Name und thematische Ausrichtung des Museums weisen darauf hin: Gemäß eigener Darstellung dient es „als Bildungseinrichtung der Förderung des Wissens und der öffentlichen Wertschätzung des Unteren Juras“. Es versorge einerseits „die akademischen Gemeinschaft mit einem spezialisierten Bestand von Relikten und Artefakten des Unteren Juras, mit dem Schwerpunkt auf solche, die unübliche und ausgefallene technische Eigenarten aufweisen“. Anderseits ermögliche es „der breiten Öffentlichkeit die unmittelbare Erfahrung des Lebens im Jura“.[3] − Dies ist wissenschaftlich unsinnig, da die geologische Epoche des Jura vor 145 Millionen Jahren endete und somit lange vor dem Auftreten des Menschen und der Entwicklung erster technischer Gerätschaften lag.
Die meisten Exponate offenbaren sich schnell als Fabrikate, doch ist in vielen Fällen auch ein realer Hintergrund zu finden (wie bei Ameisen, die durch Pilzsporen bei lebendigem Leib aufgezehrt werden), und es gibt Objekte, die – allerdings kaum bekannten – Randgebieten von Kunst und Wissenschaft (zum Beispiel Mikrominiaturen) entstammen, so dass sich nicht leicht ein allgemeines Urteil über die tatsächliche Seriosität der Ausstellung geben lässt. Die abwegigen Zuschreibungen und verwirrenden Erklärungen (etwa eine Landkarte Ägyptens mit der Betitelung Jurassic) folgen Methoden der Metafiktion und des wissenschaftlichen Witzes; mittels des bewussten Gebrauchs von Ironie und Selbstreflexion thematisieren sie offen das Viel- und Uneindeutige sowie die Konstruktion von Realität. Die assoziative Mischung naturwissenschaftlicher und künstlerischer Objekte bedeutet eine ästhetische Anlehnung an das frühneuzeitliche Sammlungskonzept der Wunderkammer und verweist dadurch auf die geschichtliche Dimension des Museums. Die Motivation des Staunens und Wunderns, die den Wunderkammern eigen waren, ist als Erzeugung von Affekten und daraus folgend Kreativität allerdings wieder Teil postmoderner Leitideen und auch ein deklariertes Ziel des Museum of Jurassic Technology.[4]
Literatur
Bearbeiten- Lawrence Weschler: Mr. Wilsons Wunderkammer. Von aufgespießten Ameisen, gehörnten Menschen und anderen Wundern der jurassischen Technik. Carl Hanser, München und Wien 1998, ISBN 3-446-19295-6.
- Stefan Römer: Künstlerische Strategien des Fake – Kritik von Original und Fälschung. DuMont, Köln 2001, ISBN 3770155327.
Weblinks
Bearbeiten- Museums-Website
- Deutscher Selbstdarstellungstext des Museum of Jurassic Technology im Karl-Ernst-Osthaus-Museum ( vom 27. September 2007 im Internet Archive)
- Beschreibungen des Museums [3] [4] [5]
- Interview mit dem Museumsgründer David Wilson
- Foto von David Wilson und Audio-Beschreibung des Museums Transkript der Audio-Beschreibung
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Sometimes people look at our museum as a critique of museums. But for us, I mean, we look at it more as like a homage to museums. [...] But people from the outside see it in many different ways. The way people see it tends to reflect where their area of endeavour comes from. People in the museum world often times will look at our museum as a critique of museums. People from the art world call it a performance art or Art. People from the scientific community will understand it as a critique of science, or someway a critique of scientific principles or scientific theory. And, you know, we’re happy with that. [1]
- ↑ Tony Perrottet: The Museum of Jurassic Technology. In: Smithsonian Magazine. Juni 2011, abgerufen am 23. Juni 2019 (englisch).
- ↑ The Museum of Jurassic Technology in Los Angeles, California is an educational institution dedicated to the advancement of knowledge and the public appreciation of the Lower Jurassic. Like a coat of two colors, the Museum serves dual functions. On the one hand the Museum provides the academic community with a specialized repository of relics and artifacts from the Lower Jurassic, with an emphasis on those that demonstrate unusual or curious technological qualities. On the other hand the Museum serves the general public by providing the visitor a hands-on experience of "life in the Jurassic". [2]
- ↑ One of the things that we are greatly interested in is helping people to achieve states of wonder. [...] We feel that confusion can be a very creative state of mind. In fact, confusion can act as a vehicle to open people's minds. Archivierte Kopie ( des vom 27. Oktober 2006 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
Koordinaten: 34° 1′ 32,2″ N, 118° 23′ 43,4″ W