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Recall (Politik)

Urnenentscheid über die Abberufung eines gewählten Amtsträgers während dessen Amtszeit

Ein Recall ist im Staatsrecht das Recht einer Anzahl Stimmbürger, einen Urnenentscheid über die Abberufung eines gewählten Amtsträgers während dessen Amtszeit herbeizuführen.

Ein Recall wird zumeist zu den Instrumenten der direkten und der Rätedemokratie gezählt, obschon dieses Volksrecht faktisch die repräsentative Demokratie betrifft. Er ist zulässig:

Vereinigte Staaten

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Kalifornien

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Der abgesetzte Gouverneur Gray Davis (rechts) und sein gewählter Nachfolger Arnold Schwarzenegger (links) im November 2003 mit George W. Bush

Für ein Begehren auf Recall eines Amtsträgers (zum Beispiel eines vom Volk gewählten Richters) sind je nach Amt 10 % bis 30 % jener Stimmen erforderlich, die bei der letzten Wahl für dieses Amt abgegeben wurden. Zur Abwahl des Gouverneurs beträgt dieser Anteil 12 %. Die Gründe für den Recall sind auf den Unterschriftenbögen anzugeben, der Amtsinhaber kann eine Antwort anfügen.

Ist die Unterschriftensammlung erfolgreich, so findet ein Wahlgang statt, bei dem eine absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen den Amtsinhaber abberuft. Gleichzeitig können andere Bewerber mit relativer Mehrheit gewählt werden. Es gibt im Wahlgang keine Mindestbeteiligung, jedoch ist die Wahlbeteiligung bei Recalls meist sehr hoch.

2003 wurde der kalifornische Gouverneur Gray Davis von den Demokraten durch den Republikaner Arnold Schwarzenegger ersetzt. Bis dahin hatte es in Kalifornien 117 Versuche eines Recalls auf der Bundesstaats-Ebene gegeben, davon 48 gegen Gouverneure. Davon waren insgesamt nur fünf erfolgreich; bei den Gouverneuren gelang nur die Absetzung von Gray Davis.[1]

Verbreitung in den USA

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In 18 Bundesstaaten der USA ist die Abwahl von gewählten Amtsträgern auch auf der Ebene des Bundesstaates zulässig, in einigen weiteren nur auf lokaler Ebene. Bei der regionalen Verteilung ist auffällig, dass es den Recall fast nur in westlich gelegenen Staaten gibt. Auf der Bundesebene gibt es keinen Recall, ebenso wenig bei den Senatoren, weil diese nach Bundesrecht gewählt werden.

Historisches in den USA

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Die ersten gesetzlichen Regelungen für einen Recall gab es 1903 in Los Angeles, auf Ebene eines Bundesstaates 1908 in Oregon. Seitdem fanden in den USA über 5000 Recalls statt, die meisten auf der lokalen Ebene. Vor 2003 wurde in den USA erst einmal ein Gouverneur mit einem Recall abgewählt: der Pazifist Lynn Frazier 1921 als Gouverneur von North Dakota.

Vereinigtes Königreich

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Seit Inkrafttreten des Recall of MPs Act 2015 müssen sich Abgeordnete des britischen Unterhauses zwingend einem Abwahlverfahren in ihrem Wahlkreis stellen, falls eine von mehreren Voraussetzungen erfüllt ist. Der DUP-Abgeordnete Ian Paisley überstand ein derartiges Verfahren im Juli 2018. Mit Fiona Onasanya (ehemals Labour Party) verlor Anfang Mai 2019 erstmals ein Parlamentsmitglied sein Abgeordnetenmandat.[2]

Recall 2004 in Venezuela

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Im Jahre 2004 kam es zum weltweit ersten Versuch, einen Staatschef durch das Volk vorzeitig abwählen zu lassen. Der Recall (referéndum revocatorio) gegen Hugo Chávez, den Präsidenten von Venezuela, verfehlte mit 41 % der abgegebenen Stimmen jedoch klar eine Mehrheit.

Siehe auch

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Literatur

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  • Silvano Moeckli: Direkte Demokratie. Ein internationaler Vergleich. Verlag Paul Haupt, Bern 1994.

Einzelnachweise

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  1. Recall History in California (1913 to Present). California Secretary of State, archiviert vom Original am 5. Januar 2015; abgerufen am 5. Januar 2015 (englisch).
  2. Fiona Onasanya: Speeding offence MP ousted under recall rules. BBC, 1. Mai 2019, abgerufen am selben Tage (englisch)