Skolezit
Skolezit, veraltet auch als Kalkmesotyp bekannt[8], ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ mit der Zusammensetzung Ca[Al2Si3O10]·3H2O[3] und ist damit ein Calcium-Aluminium-Silikat. Aufgrund seiner Kristallstruktur zählt Skolezit zu den Gerüstsilikaten und dort zur Gruppe der Faserzeolithe.
Skolezit | |
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Skolezit aus dem Distrikt Jalgaon, Maharashtra, Indien (Größe: 20 cm × 11 cm × 10 cm) | |
Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Nummer |
1997 s.p.[1] |
IMA-Symbol |
Slc[2] |
Andere Namen |
Kalkmesotyp |
Chemische Formel | |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Silikate und Germanate – Gerüstsilikate (Tektosilikate) |
System-Nummer nach Strunz (8. Aufl.) Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana |
VIII/F.10 VIII/J.21-060 9.GA.05 77.01.05.05 |
Ähnliche Minerale | Natrolith, Mesolith |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | monoklin |
Kristallklasse; Symbol | monoklin-domatisch; m[4] |
Raumgruppe | Cc (Nr. 9)[3] |
Gitterparameter | a = 18,51 Å; b = 18,97 Å; c = 6,53 Å β = 90,6°[3] |
Formeleinheiten | Z = 8[3] |
Häufige Kristallflächen | {010}, {110}, {111}[5] |
Zwillingsbildung | nach [001] pseudorhombische Kontakt- und Durchdringungszwillinge mit Streifung nach {010}[5] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 5 bis 5,5[6] |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 2,25 bis 2,29; berechnet: 2,275[6] |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {110} und {110}[6] |
Bruch; Tenazität | uneben; spröde[6] |
Farbe | farblos, weiß[6] |
Strichfarbe | weiß |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend[6] |
Glanz | Glasglanz, Seidenglanz[6] |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,507 bis 1,513[7] nβ = 1,516 bis 1,520[7] nγ = 1,517 bis 1,521[7] |
Doppelbrechung | δ = 0,010[7] |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ |
Achsenwinkel | 2V = 36 bis 56° (gemessen); 36 bis 40° (berechnet)[7] |
Weitere Eigenschaften | |
Besondere Merkmale | pyroelektrisch, piezoelektrisch, gelegentlich Fluoreszenz |
Skolezit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und entwickelt überwiegend lange, prismatische bis nadelige Kristalle in radialstrahligen Mineral-Aggregaten. Auch faserige, kugelige und massige Aggregate sowie Kontakt- und Durchdringungszwillinge sind bekannt. Die Kristalle sind durchsichtig bis durchscheinend und unverletzte Kristallflächen weisen einen glasähnlichen Glanz auf. Feinnadelige Aggregate zeigen dagegen eher einen seidigen Schimmer.
Zusammen mit Natrolith (Na2[Al2Si3O10]·2H2O) bildet Skolezit eine lückenlose Mischkristallreihe, welche durch den Austausch von Natrium anstelle von Calcium und Abgabe von einem Teil Kristallwasser charakterisiert ist. Mesolith ist das intermediärere Zwischenglied.
Etymologie und Geschichte
BearbeitenDer Name des Minerals bezieht sich auf das wurmartige Krümmen von Skolezit beim Erhitzen vor dem Lötrohr (griech. skolex, Wurm).[9]
Skolezit wurde erstmals im Jahre 1813 von den deutschen Gelehrten Adolph Ferdinand Gehlen und Johann Nepomuk Fuchs beschrieben.[10] Ob das von ihnen untersuchte Material, wie später vermutet, tatsächlich aus dem Berufjörðurgebiet in Island stammt (welches gemeinhin als Typlokalität angesehen wird), ist allerdings nicht verbürgt.[9]
Der ursprünglich von René-Just Haüy 1801 geprägte Begriff Mesotyp (von griechisch μέσος für mittig und τύπος für Gestalt) wurde bis ins 20. Jahrhundert für die heute als Natrolithgruppe bekannten und zusammengefassten Minerale Natrolith (Natronmesotyp), Mesolith und Skolezit (Kalkmesotyp) verwendet.[8]
Klassifikation
BearbeitenVereits in der alten, 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Skolezit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Gerüstsilikate (Tektosilikate)“, wo er zusammen mit Edingtonit, Gonnardit, Mesolith, Mountainit, Natrolith und Thomsonit die „Natrolith-Gruppe“ mit der System-Nr. VIII/F.10 innerhalb der Zeolith-Familie bildete.
Im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/J.21-60. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Gerüstsilikate“, wobei in den Gruppen J.21 bis J.27 die Minerale der Zeolithgruppe einsortiert sind. Skolezit bildet hier zusammen mit Gonnardit, Mesolith, Natrolith, Paranatrolith, Thomsonit-Ca und Thomsonit-Sr die erste Gruppe der „Faserzeolithe“ (Stand 2018).[11]
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[12] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Skolezit dagegen in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Gerüstsilikate (Tektosilikate) mit zeolithischem H2O; Familie der Zeolithe“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Zeolithe mit Ketten aus Vierer-Ringen, verbunden über ein fünftes Si“ zu finden ist, wo es zusammen mit Gonnardit, Mesolith, Natrolith und Paranatrolith ebenfalls die „Natrolithgruppe“ mit der System-Nr. 9.GA.05 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Skolezit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Gerüstsilikate: Zeolith-Gruppe“ ein. Hier ist er zusammen mit Cowlesit, Edingtonit, Gonnardit, Mesolith, Nabesit, Natrolith, Paranatrolith, Tetranatrolith, Thomsonit-(Ca) und Thomsonit-(Sr) in der Gruppe „Natrolith und verwandte Arten“ mit der System-Nr. 77.01.05 innerhalb der Unterabteilung der „Echten Zeolithe“ zu finden.
Kristallstruktur
BearbeitenSkolezit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe Cc (Raumgruppen-Nr. 9) mit den Gitterparametern a = 18,51 Å; b = 18,97 Å; c = 6,53 Å und β = 90,6° sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]
Die Kristallstruktur von Skolezit entspricht der von Natrolith (auch Natrolithstruktur) und besteht aus geknickten Viererringen der Zusammensetzung Al2Si2O10, die in Faserrichtung durch weitere Tetraeder kettenartig verknüpft sind. Jede dieser Ketten ist kreuzförmig mit vier weiteren Ketten verbunden. Zusammen bilden sie ein Gerüst mit einem durchgängigen, dreidimensionalen Kanalsystem, in die austauschbar H2O, Na+, K+, Ca2+ und andere Ionen eingelagert werden können.[5]
Eigenschaften
BearbeitenSkolezit ist pyroelektrisch und piezoelektrisch, baut also bei intervallartig erfolgenden Temperaturänderungen und Verformungen eine elektrische Ladung auf. Unter UV-Licht zeigen manche Skolezite eine gelbe bis braune Fluoreszenz.[6]
Bildung und Fundorte
BearbeitenWie die verwandten Minerale Mesolith und Natrolith ist Skolezit ein Zersetzungsprodukt von Basalt und kommt gemeinsam mit anderen Zeolithen und Apophyllit als hydrothermale Bildung in Drusen vor. Auch in einigen magmatischen und metamorphen Gesteinen tritt Skolezit als Kluftmineral auf. Skolezit entsteht während der niedriggradigen Metamorphose in der Zeolithfazies. Als Begleitminerale treten neben dem bereits genannten Apophyllit und anderen Zeolithen unter anderem noch Calcit, Prehnit und Stilbit auf.
Als eher seltene Mineralbildung kann Skolezit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Als bekannt gelten bisher (Stand: 2012) rund 300 Fundorte.[7]
Bekannt aufgrund außergewöhnlicher Skolezitfunde ist unter anderem Nashik, aber auch andere Orte im indischen Bundesstaat Maharashtra, wo bis zu 20 cm große Kristalle gefunden wurden.[13] In den 1960er Jahren wurde aufgrund eines Tunnelbaus, der auch als „Das-Antas-Tunnel“ bekannt ist, nahe Veranópolis im brasilianischen Bundesstaat Rio Grande do Sul ein großes Zeolithvorkommen entdeckt. Neben 20 cm großen Apophylliten und 25 cm großen Natrolithen traten dort auch bis zu 20 cm lange und 1 cm dicke Skolezite[14] zutage.[15]
In Deutschland sind bisher nur einzelne Fundpunkte bekannt, so unter anderem der Steinbruch bei Höwenegg (Baden-Württemberg), der Zeilberg (Bayern), Roßdorf und Ortenberg (Hessen), Sankt Andreasberg (Niedersachsen), Remblinghausen (Nordrhein-Westfalen), Arensberg und Lautzenbrücken (Rheinland-Pfalz), Bärenstein (Sachsen) und im Basaltsteinbruch „Pflasterkaute“ bei Eisenach (Thüringen).
In Österreich trat das Mineral vor allem in Kärnten und Salzburg im Gebiet der Hohen Tauern auf, aber auch in der Steiermark und in Tirol wurden Skolezite gefunden.
In der Schweiz fand sich Skolezit unter anderem am Aargrat im Kanton Bern, an mehreren Orten in den Kantonen Graubünden und Wallis sowie an einigen Stellen in den Kantonen Tessin und Uri.
Weitere Fundorte liegen unter anderem in der Antarktis, in Argentinien, Australien, Brasilien, Bulgarien, Chile, China, Costa Rica, Dänemark, Eritrea, Frankreich, Island, Israel, Italien, Japan, Kanada, Madagaskar, Namibia, Neuseeland, Nicaragua, Norwegen, Polen, Réunion, Rumänien, Russland, Schweden, Slowakei, Spanien, Südafrika, Taiwan, Tansania, Tschechien, der Ukraine, in Ungarn, im Vereinigten Königreich (Großbritannien) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[16]
Verwendung
BearbeitenSkolezit wird nur selten und vor allem für Sammler als Schmuckstein[17] in facettierter oder mugeliger Schliffform angeboten.
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 617.
- Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 911.
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 791 (Erstausgabe: 1891).
Weblinks
Bearbeiten- Skolezit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung
- Michael R. W. Peters: Skolezit (mit Bildbeispielen geschliffener Skolezite). In: realgems.org. 11. Oktober 2021 .
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
- ↑ Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
- ↑ a b c d e Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 702 (englisch).
- ↑ David Barthelmy: Scolecite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 17. Januar 2021 (englisch).
- ↑ a b c Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 911.
- ↑ a b c d e f g h Scolecite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 81 kB; abgerufen am 17. Januar 2021]).
- ↑ a b c d e f Scolecite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 17. Januar 2021 (englisch).
- ↑ a b Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache. 2. Auflage. Ott Verlag, Thun 1979, ISBN 3-7225-6265-1, S. 273.
- ↑ a b Douglas S. Coombs, Alberto Alberti, Thomas Armbruster, Gilberto Artioli, Carmine Colella, Ermanno Galli, Joel D. Grice, Friedrich Liebau, Joseph A. Mandarino, Hideo Minato, Ernest H. Nickel, Elio Passaglia, Donald R. Peacor, Simona Quartieri, Romano Rinaldi, Malcolm Ross, Richard A. Sheppard, Ekkehart Tillmanns and Giovanna Vezzalini: Recommended nomenclature for zeolite minerals: report of the subcommittee on zeolites of the International Mineralogical Association, Commission on New Minerals and Mineral Names. In: Mineralogical Magazine. Band 62, Nr. 4, 1998, S. 533–571, doi:10.1180/002646198547800 (englisch, rruff.info [PDF; 3,1 MB; abgerufen am 17. Januar 2021]).
- ↑ A. F. Gehlen, J. N. Fuchs: Ueber Werner's Zeolith, Haüy's Mesotype und Stilbite. In: Journal für Chemie und Physik. Band 8, 1813, S. 353–366 (rruff.info [PDF; 770 kB; abgerufen am 17. Januar 2021]).
- ↑ Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- ↑ Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
- ↑ Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 273.
- ↑ Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 791 (Erstausgabe: 1891).
- ↑ Das phantastische Zeolithvorkommen „DAS ANTAS“. ( vom 4. August 2009 im Internet Archive)
- ↑ Fundortliste für Skolezit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 17. Januar 2021.
- ↑ Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. 16., überarbeitete Auflage. BLV Verlag, München 2014, ISBN 978-3-8354-1171-5, S. 240.