Sonde (Medizin)
Unter einer Sonde versteht man in der Medizin ein Instrument zur medizinischen Untersuchung oder Therapie schwer zugänglicher Körperstellen. Je nach Anwendungsbereich unterscheidet man folgende Sonden:
Wundsonden
BearbeitenWundsonden sind Instrumente, die dazu benutzt werden, Wundhöhlen oder Fistelkanäle zu sondieren, um ihre Tiefe und Richtung zu beurteilen oder um Fremdkörper ausfindig zu machen. Hierzu gehört auch die Knopfsonde, beziehungsweise die Fistelsonde.
Zur operativen Entfernung von Blasensteinen mittels Steinschnitt entwickelte der italienische Chirurg Santo Mariano (1488–zwischen 1565 und 1596) eine Perinealsonde.[1]
Untersuchungssonden
Bearbeiten- Sonde (Zahnmedizin)
- Biopsiesonde nach Sedan
- Spiralsonde nach Blacklund zur Biopsie
- Blasensonde zur urodynamischen Messung[2]
- Kehlkopfsonde nach Schrötter[3]
- Stirnhöhlensonde nach Killian[4]
- Augensonde nach Bowman
- Tränenkanalsonde
Chirurgische Sonden
Bearbeiten- Dekompressionssonde bei Lumenerweiterung des Colons[5]
- Dennis-Sonde nach Miller-Abbott, Dreilumige Ileus-Sonde für die gastrointestinale Dekompression.[6]
- Dilatations-Sonden zur Öffnung obstruierter Stirnhöhlenöffnungen
- Dissektionssonde nach Bunnell zur Sehnenplastik
- Cantorsonde zum Absaugen von Darmsekret
- Myrtenblattsonde[7]
- Hohlsonde[7]
Ernährungssonden
BearbeitenIn der Intensivmedizin und in der Gesundheits- und Krankenpflege werden dünne PVC-Schläuche zur enteralen Ernährung als Sonden bezeichnet. Sie können auch zur diagnostischen Entnahme von Magen- oder Duodenalsaft dienen. Man unterscheidet nach Mündung der Sonde:[8]
- Duodenalsonde nach Levin, mit welcher der Duodenalinhalt zwecks Untersuchung auf Krankheitserreger oder zur Ruhigstellung abgeleitet oder eine Ernährung unter Umgehung des Kau- und Schluckapparats und des Magens ermöglicht wird. Eine Duodenalsonde hatte 1909 bereits Max Eichhorn (1862–1953)[9] beschrieben.
- Jejunalsonde (PEJ) ist ein Schlauch, der durch Nase oder Mund via Rachen und Speiseröhre bis in einen Teil des Dünndarms geführt wird.[10]
- JET-PEG
- Magensonde
- Nasensonde
- PEG-Magensonde zur perkutanen endoskopischen Gastrostomie. Die Sonde wird direkt durch die Bauchdecke in den Magen gelegt.
- Knopfmagensonde (Button-Sonde)
Gynäkologische Sonden
Bearbeiten- Vaginalsonde, ein Stab-Schallkopf, der vaginal eingeführt wird und ein seitlich-frontales Schnittbild erzeugt.[11]
- Uterussonde[12]
- Uterussonde nach Martin
- Uterussonde nach Sims
Bildgebende Sonden
Bearbeiten- Ultraschallsonde ist der Teil eines Ultraschallgeräts, der den Kontakt zwischen untersuchtem Patienten und der Signalprozessoreinheit herstellt. Die Ultraschallsonde sendet und empfängt Ultraschallwellen, wandelt diese in elektrische Impulse um und leitet sie zur Verarbeitung weiter.
- Rektalsonde, ein Stab-Schallkopf, der rektal zur Untersuchung der Prostata oder des Rektums eingeführt wird und ein radiales und seitlich-frontales Schnittbild erzeugt.[13]
- Gefäßsonde, mit der intravaskulärer Ultraschall (IVUS) erzeugt wird. Es handelt sich um dünne Sonden, die direkt in Gefäße eingebracht werden, um diese von innen zu untersuchen und eine exakte Analyse der Gefäßwand durchzuführen.[14]
Blutstillungssonden
Bearbeiten- Ösophagussonde zur Blutstillung mittels aufblasbarer Ballons in der Speiseröhre.[15]
- Sengstaken-Blakemore-Sonde
- Linton-Nachlas-Sonde
Kardiologische Sonden
Bearbeiten- Schrittmachersonde zur elektrischen Stimulation des Herzmuskels[16]
- TEE-Sonde zur transösophagealen Echokardiografie (englisch transesophageal echocardiography, Abk. TEE), auch Schluckecho genannt. Die Sonde hat die Form eines Endoskops (ohne Optik) und wird in die Speiseröhre eingeführt, um das Herz von hinten zu betrachten und dabei die für den Schall undurchdringlichen Rippen und die Lunge zu umgehen und so eine gute Darstellung der Herzvorhöfe zu erreichen.
- Ultraschallsonde zur intrakardialen Echokardiographie (ICE), Ultraschall-Katheter, der direkt in eine Herzhöhle gelegt wird und von dort aus Bilder mit höchster Auflösung erlaubt.[17]
- Transvenöse Pace–Sense–Sonde[18]
Gensonden
BearbeitenGensonden sind zum Zwecke des Aufspüren oder Detektierens mit Markermolekülen verbunden, die eine komplementäre Basensequenz zum gesuchten Gen aufweisen und sich an die passende DNA-Sequenz einer (immobilisierten) DNA anlagern können.[19]
Siehe auch
BearbeitenWeblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Barbara I. Tshisuaka: Mariano, Santo. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 892.
- ↑ Urodynamik und Inkontinenz. Universität Gießen; abgerufen am 25. Juli 2017.
- ↑ Wilhelm Sternberg: Geschmack und Geruch: Physiologische Untersuchungen über den Geschmackssinn. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-662-32958-0, S. 92, books.google.com
- ↑ K. Amersbach, K. Beck, E. Bentele et al.: Die Krankheiten der Luftwege und der Mundhöhle. Zweiter Teil: Ätiologie · Pathologie · Symptomatologie · Therapie · Missbildungen · Erkrankungen der Nasenscheidewand · Akute und Chronische Entzündungen der Nase und Nebenhöhlen. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-92482-8, S. 766, books.google.com
- ↑ Helmut Messmann: Dekompressionssonden bei Lumenerweiterung. (PDF) In: Lehratlas der Koloskopie. Thieme, 2015, doi:10.1055/b-0034-96620
- ↑ J. Bauch, M. Betzler, P. Lobenhoffer: Chirurgie upgrade 2002: Weiter- und Fortbildung. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-56122-1, S. 116, books.google.com
- ↑ a b Franziska Berthold, August Bier: Der Chirurgische Operationssaal: Ratgeber für die Vorbereitung Chirurgischer Operationen und Das Instrumentieren für Schwestern, Ärzte und Studierende. 1922. Nachdruck: Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-91127-9, S. 132, books.google.com
- ↑ Hugo Van Aken: Intensivmedizin. Georg Thieme Verlag, 2007, ISBN 978-3-13-114872-8, S. 202, books.google.com
- ↑ Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 57.
- ↑ Hans Walter Striebel: Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin für Studium und Ausbildung: mit 69 Tabellen. Schattauer Verlag, 2009, ISBN 978-3-7945-2635-2, S. 383, books.google.com
- ↑ Ilan E. Timor-Tritsch, Steven R. Goldstein: Ultraschalldiagnostik in der Gynäkologie. Elsevier / Urban&FischerVerlag, 2012, ISBN 978-3-437-16800-0, S. 12, books.google.com
- ↑ Johannes Jawny: Praxis der operativen Gynäkologie. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-56962-3, S. 16, books.google.com
- ↑ K.-H. Fuchs, H.J. Stein, A. Thiede: Gastrointestinale Funktionsstörungen: Diagnose, Operationsindikation, Therapie. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-60372-3, S. 281, books.google.com
- ↑ Gebhard Mathis, Joseph Osterwalder, Wolfgang Blank: Kursbuch Notfallsonografie: Nach dem Curriculum Notfallsonografie, empfohlen von DEGUM, ÖGUM und SGUM. Georg Thieme Verlag, 2013, ISBN 978-3-13-170201-2, S. 26, books.google.com
- ↑ Rudolf Häring, Hans Zilch: Lehrbuch Chirurgie: mit Repetitorium. Walter de Gruyter, 1986, ISBN 978-3-11-024642-1, S. 548, books.google.com
- ↑ Joachim Wagner: Praktische Kardiologie: Für Studium, Klinik und Praxis. Walter de Gruyter, 1991, ISBN 978-3-11-085866-2, S. 348, books.google.com
- ↑ Heinz Lambertz, Harald Lethen: Transösophageale Echokardiografie: Lehrbuch und Atlas zur Untersuchungstechnik und Befundinterpretation. Georg Thieme Verlag, 2012, ISBN 978-3-13-157343-8, S. 20, books.google.com
- ↑ Bernhard Frey: Transvenöse Pace-Sense-Sonden bei Patienten mit implantierbarem Kardioverter–Defibrillator: Häufigkeit von Sondendefekten im Langzeitverlauf. (PDF; 4,6 MB) Dissertation 2006; abgerufen am 25. Juli 2017.
- ↑ Friedrich Lottspeich, Haralabos Zorbas: Bioanalytik. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1998, ISBN 978-3-8274-0041-3.