Brian Kemp

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 2. Februar 2024 um 17:10 Uhr durch TabellenBot (Diskussion | Beiträge) (Einzelnachweis mit Standard-Online-Link formatiert). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Brian Kemp

Brian Porter Kemp (* 2. November 1963 in Athens, Georgia) ist ein US-amerikanischer Geschäftsmann und Politiker der Republikanischen Partei. Von 2003 bis 2007 gehörte er dem Senat von Georgia an. Von 2010 bis 2018 war er Innenminister Georgias. Seit dem 14. Januar 2019 ist er der 77. Gouverneur von Georgia.

Leben

Brian Porter Kemp wurde in Athens, Georgia geboren. Sein Großvater, Julian H. Fox Sr. gehörte der bundesstaatlichen Legislative von Georgia an. Kemp graduierte 1983 an der Athens Academy. Später studierte er an der University of Georgia Landwirtschaft. Vor seiner politischen Karriere war Kemp Heimwerker und Entwickler.

Politisch schloss er sich der Republikanischen Partei an. Von 2003 bis 2007 war Kemp Mitglied des Senats von Georgia. 2006 bewarb er sich für das Amt des Agriculture Commissioner of Georgia. In der Vorwahl wurde er Zweiter, verlor jedoch die Wahl gegen Gary Black. 2010 gewann er die Wahl zum Secretary of State (Innenminister) von Georgia mit 56,4 % der Stimmen gegen Georganna Sinkfield, die 39,4 % Stimmen erhielt.[1] Vier Jahre später wurde er wiedergewählt. Nachdem er sich in der republikanischen Vorwahl mit 69 % gegen Casey Cagle durchgesetzt hatte, gewann er im November 2018 die Gouverneurswahl in Georgia knapp mit 50,2 % zu 48,8 % (einem Vorsprung von 55.000 Stimmen[2]) gegen die Demokratin Stacey Abrams. Vor der Wahl 2018 hatte er als Innenminister Georgias massiv das Wahlrecht eingeschränkt.[2]

Nach der Wahl zum Gouverneur legte er sein voriges Amt nieder und wurde wenige Wochen später, am 14. Januar 2019, zum Gouverneur von Georgia vereidigt. Damit trat er die Nachfolge von Nathan Deal an, der aufgrund einer Amtszeitbeschränkung nicht erneut kandidieren durfte.

Bei der Gouverneurswahl im November 2022 konnte Kemp, erneut gegen die Demokratin Stacey Abrams, sein Wahlergebnis auf über 53 % der Stimmen verbessern und das Rennen klar für sich entscheiden[3].

Programm und Kontroversen

Nach europäischen Maßstäben ist Kemp ein Vertreter der politischen Rechten. Innerhalb der Republikanischen Partei und unter den christlich-fundamentalistischen Konservativen in den USA ist Kemp jedoch traditioneller Konservativer.[4] Kemp lehnt gesetzliche Krankenversicherungen[5] und das Abtreibungsrecht ab.[6] Kemp befürwortet freien Waffenbesitz. Stark kritisiert wurde ein Werbespot, in dem Kemp eine Schrotflinte auf einen jungen Mann richtet, der mit seiner Tochter auszugehen beabsichtigt.[7] Kemp ist Hardliner in der Migrationspolitik. So drehte er während des Gouverneur-Wahlkampfes einen weiteren Werbespot, in dem er illegale Einwanderer zu kidnappen und mit seinem Truck zurück nach Mexiko zu bringen drohte.[8]

Ein von Kemp mitinitiierter Gesetzentwurf namens „Religious Freedom and Restoration Act“, der Beamten unter anderem die Verweigerung von Dienstleistungen für LGBT-Personen aus religiösen Überzeugungen erlaubt hätte, wurde gekippt.[9]

Wahlrechtseinschränkungen bzw. Behinderung von Wählergruppen

2018 wurde Kemp wiederholt des Machtmissbrauchs und der Unterdrückung von Wählern beschuldigt, da er es ablehnte, als Gouverneurskandidat vom Amt des für die Organisation der Wahl zuständigen Secretary of State zurückzutreten, und während seines Wahlkampfs sowie während der Kongresswahlen in jenem Jahr Wähler in sechsstelliger Zahl, davon überwiegend Minderheiten, besonders Afroamerikaner, und sozial schwache Bevölkerungsgruppen an der Ausübung ihres Wahlrechtes behindert wurden.[10][11] Unter seiner Führung waren zwischen 2012 und 2018 insgesamt 1,4 Millionen registrierte Wähler angeblich als Vorsichtsmaßnahme gegen Wahlbetrug nach einer Übergangszeit von 26 Monaten ohne Benachrichtigung aus den Registern gelöscht worden, weil der Name (z. B. wegen Bindestrichen oder Akzenten) oder andere Daten nicht exakt mit den Angaben bei der Führerschein- und der Sozialversicherungsbehörde des Staates übereinstimmten, die Personen innerhalb des Staates umzogen oder nicht regelmäßig wählen gingen.[12] 700.000 davon wurden im Jahr 2017, als Kemps bereits als Gouverneurskandidat feststand, und darüber hinaus auch mit Wirkung auf die Kongresswahlen 2018 gelöscht, allein 500.000 in einer einzelnen Nacht im Juli des Jahres. Letzteres schätzte das Atlanta Journal-Constitution als womöglich größten Massenwahlrechtsentzug in der Geschichte der Vereinigten Staaten ein.[13] Kemps Praxis war 2016 nach einer Klage und einer außergerichtlichen Einigung gestoppt, in Reaktion darauf aber 2017 von dem Parlament des Staates mit einem Gesetz explizit wieder erlaubt worden.[14] Zusätzlich ließ Kemp durch diese Praxis bis zum Ablauf der Registrierungsfrist wenige Wochen vor den Wahlen im November 2018 insgesamt 53.000 laufende Registrierungen einfrieren, bei denen solche Makel bestanden, ohne die Personen zu benachrichtigen. Da sich dies nur durch erneute Registrierung ändern ließe, waren diese Registrierungen nach Ablauf der Frist unveränderlich gestoppt.[12] Außerdem ließ er als Innenminister vor der Wahl die Schließung von über 200 Wahllokalen anordnen, die Mehrheit davon in Wohngebieten von finanziell Schwachen.[2]

Professor Carol Anderson von der Emory University bezeichnete Kemp als einen „Feind der Demokratie“ und „Experten für Wahlmanipulation“ in seinem Amt als Secretary of State.[15]

Am 25. März 2021, nach der im Januar für die Republikaner verlorenen Senatswahl (nach dem Sieg der Demokraten Jon Ossoff und Raphael Warnock in Georgia hatten die Demokraten auch im Senat die Mehrheit), setzte Kemp eine weitere umstrittene Wahlrechtsreform in Kraft, die vor allem Afroamerikanern erschwerte, ihre Stimme abzugeben und insbesondere die Briefwahl erschwerte (während der Coronapandemie war die Zahl der Briefwahlstimmen besonders hoch). Mit dem Gesetz wurde das Anbieten von Nahrungsmitteln oder Wasser für in Schlange stehende Wahlwillige durch Mitarbeiter eines Wahlkampfteams unter Strafe gestellt. Dadurch soll Beeinflussung vor Betreten des Wahllokals vermieden werden. Angehörige des gleichen Haushalts oder Bekannte dürfen den Wartenden selbstverständlich weiterhin Essen oder Getränke liefern. Die Wartenden dürfen auch selbst selbiges mitbringen. Wer in Georgia in Landkreisen mit überwiegend nicht-weißer Bevölkerung wählen will, muss viele Stunden in langen Schlangen stehend darauf warten, seine Stimme abgeben zu können, da die Zahl der Wahllokale gering ist.[16][17]

Die Bürgerrechtsorganisation ACLU erklärte dazu: „Dieses Gesetz untergräbt unsere Demokratie und die politische Macht der schwarzen Wähler“ und eine Reihe von Organisationen reichten Beschwerde gegen die Einschränkung des Wahlrechts ein.[18] Auch Unternehmen wie die Delta Air Lines, Coca-Cola, Twitter, Uber, Facebook, Apple, Google und Bank of America protestierten dagegen. Die Major League Baseball zog das All-Star-Game aus Georgias Hauptstadt Atlanta ab.[19][20]

COVID-19

Während der COVID-19-Pandemie in den Vereinigten Staaten kippte er trotz steigender Fallzahlen die meisten Regelungen des Lockdowns: „Bevor Sie jemandem das Geschäft kaputt machen, ihm und seinen Angestellten die Lebensgrundlage entziehen (…), da lassen Sie ihn doch lieber selbst entscheiden, was er verantworten kann!“[21] Am 17. Juli 2020 wurde bekannt, dass er gegen die von der Bürgermeisterin von Atlanta, Keisha Lance Bottoms, für die Stadt angeordnete Maskenpflicht klagte.[22]

Am 6. Juli 2020 verhängte er nach mehreren gewalttätigen Vorfällen den Notstand und forderte die Nationalgarde an.[23]

US-Präsidentschaftswahl 2020

Im Zuge der US-Präsidentschaftswahl 2020 weigerte sich Kemp, den Forderungen des damaligen US-Präsidenten Donald Trump nachzukommen, Wahlergebnisse anzufechten.[24][25][26] Aufgrund dieser Tatsache überzeugte Trump David Perdue, der 2020 seinen Senatssitz gegen Jon Ossof verlor, gegen Kemp anzutreten. Trump unterstützte Perdue mit mehreren Millionen Dollar im Wahlkampf.[27][28] Kemp erhielt in der Vorwahl über 70 % der Stimmen, während Perdue nur etwas über 20 % erhielt. Alle 159 Counties in Georgia votierten für Kemp.[29]

Privatleben

Kemp ist seit 1994 mit Marty Argo verheiratet. Gemeinsam haben sie drei Töchter.

Einzelnachweise

  1. 11/2/2010 - Federal and Statewide. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 25. Juli 2021; abgerufen am 7. Juli 2020.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/sos.ga.gov
  2. a b c Ines Zöttl, René Pfister, Ralf Neukirch: Drehbuch für den Coup: Wie Trump versucht, die Wahl zu stehlen. In: Der Spiegel. Abgerufen am 22. August 2020.
  3. Georgia Governor Election Results. In: The New York Times. 8. November 2022, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 9. November 2022]).
  4. Roland Nelles: (S+) Republikaner-Abstimmung in Georgia: Eine bittere Schlappe für Trump. In: Der Spiegel. 25. Mai 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 25. Mai 2022]).
  5. Medicaid expansion question fuels Georgia governor’s race, Atlanta Journal-Constitution (September 5, 2018).
  6. Greg Bluestein, Kemp vows to outdo Mississippi and sign nation’s ‘toughest’ abortion law, Atlanta Journal-Constitution (March 20, 2018).
  7. Samantha Schmidt: Georgia governor candidate aims gun at teen in campaign ad. 'Get over it,' he tells critics. 2. Mai 2018, abgerufen am 26. Juli 2018.
  8. Republicans just nominated a guy who threatened to abduct undocumented immigrants with his truck. In: Mother Jones. 24. Juli 2018, abgerufen am 7. Dezember 2018.
  9. Kemp says he would sign anti-gay legislation. 5. Dezember 2017, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 18. September 2018; abgerufen am 4. November 2018.
  10. Ga. election official off base on election interference. In: @politifact. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 12. Oktober 2018; abgerufen am 11. Oktober 2018 (englisch).
  11. Georgia secretary of state fighting accusations of disenfranchising minority voters. In: mcclatchydc. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am October 12, 2018; abgerufen am 11. Oktober 2018 (englisch).
  12. a b Voting Rights Become A Flashpoint In Georgia Governor's Race. Associated Press, 9. Oktober 2018, abgerufen am 5. August 2020.
  13. A Republican won the Georgia governor's race, but it was tainted by voter suppression. In: Mother Jones. 16. November 2018, abgerufen am 5. August 2018: „may represent the largest mass disenfranchisement in US history“
  14. How SCOTUS Helped Make Voter Registration Discrimination in Georgia OK. In: CityLab. 15. Oktober 2018, abgerufen am 5. August 2020.
  15. Carol Anderson: Brian Kemp, Enemy of Democracy. In: New York Times. 11. August 2018 (Online [abgerufen am 12. August 2018]).
  16. Georgia: Joe Biden verurteilt Wahlrechtsreform als Diskriminierung von Afroamerikanern. In: Der Spiegel. Abgerufen am 27. März 2021.
  17. Dieter Hoss: Georgias Gouverneur unterzeichnet restriktives Wahlgesetz vor Bild einer Sklaven-Plantage. In: stern.de. 1. April 2021, abgerufen am 1. Februar 2024.
  18. Frank Herrmann aus Washington: Coca-Cola und Co stemmen sich gegen republikanische Wahlgesetze in Georgia. In: derstandard.de. 8. April 2021, abgerufen am 2. Februar 2024.
  19. Juliane Schäuble: Umstrittene Reform in Georgia: Wenn Wählen zum Hürdenlauf wird. In: tagesspiegel.de. 4. April 2021, abgerufen am 31. Januar 2024.
  20. US-Baseball-Liga entzieht Georgia das All-Star-Game – Trump ruft zum Boykott auf. In: stern.de. 3. April 2021, abgerufen am 1. Februar 2024.
  21. Sebastian Hesse: Lockdown in den USA: Georgia wagt die Öffnung - zu früh? tagesschau.de, 24. April 2020.
  22. Gouverneur von Georgia klagt gegen Maskenpflicht, Stern, 17. Juli 2020.
  23. Georgias Gouverneur aktiviert die Nationalgarde. In: Der Spiegel. Abgerufen am 7. Juli 2020.
  24. A. B. C. News: Trump 'ashamed' to have endorsed Republican Georgia governor. Abgerufen am 25. Mai 2022 (englisch).
  25. Georgia election: Trump voter fraud claims and others fact-checked. In: BBC News. 6. Januar 2021 (bbc.com [abgerufen am 25. Mai 2022]).
  26. Georgia Code Title 21. Elections § 21-2-499. Abgerufen am 25. Mai 2022 (amerikanisches Englisch).
  27. Alex Isenstadt: ‘We’re going to go f---ing scorched-earth’: How Brian Kemp crushed Trump in Georgia. Abgerufen am 25. Mai 2022 (englisch).
  28. Shane Goldmacher, Maya King: Brian Kemp trounces Trump-backed David Perdue in a Republican primary battle for Georgia governor. In: The New York Times. 25. Mai 2022, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 25. Mai 2022]).
  29. Georgia Primary Election Results. In: The New York Times. 24. Mai 2022, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 25. Mai 2022]).