Bundeswahlausschuss

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Ein Bundeswahlausschuss in Deutschland besteht aus dem Bundeswahlleiter, acht von ihm berufenen Wahlberechtigten als Beisitzern[1] und seit 2012 zudem auch zwei Richtern des Bundesverwaltungsgerichts.[2] Bei der Berufung der Beisitzer sollen die von den Parteien vorgeschlagenen Personen in der Reihenfolge der Zweitstimmenergebnisse dieser Parteien berücksichtigt werden.

Die Amtszeit des Bundeswahlausschusses endet spätestens mit dem Ende der Wahlperiode. Alle Sitzungen des Bundeswahlausschusses finden öffentlich statt.

Aufgaben bei Bundestagswahlen

Bei Bundestagswahlen hat der Bundeswahlausschuss folgende Aufgaben. Er...

  • stellt für alle Wahlorgane verbindlich fest, welche Parteien im Deutschen Bundestag oder einem Landtag seit deren letzter Wahl auf Grund eigener Wahlvorschläge ununterbrochen mit einer Mindestzahl von fünf Abgeordneten vertreten sind. Nur solche Parteien können Wahlvorschläge einreichen, ohne Unterstützungsunterschriften beibringen zu müssen (vgl. § 2, Parteiengesetz) und werden ohne Prüfung bei einer bevorstehenden Bundestagswahl zugelassen.
  • stellt fest, welche politischen Gruppierungen, die bis zum 97. Tag vor der Wahl ihre Beteiligung angezeigt haben, für die Wahl als Parteien anzuerkennen sind. Zur Ablehnung der Anerkennung ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Dabei ist er an die Vorgaben des Grundgesetzes, des Bundeswahlgesetzes und des Parteiengesetzes über die Zulassung der Parteien gebunden. Die Entscheidung trifft der Bundeswahlausschuss spätestens am 79. Tag vor der Wahl. Im Fall einer Auflösung des Bundestages werden die Fristen durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums des Innern anders festgesetzt.
  • verhandelt Beschwerden gegen die Zulassung oder Nichtzulassung einer Landesliste durch einen Landeswahlausschuss
  • stellt abschließend fest, wie viele Stimmen auf die einzelnen Landeslisten entfallen, wie viele Sitze die einzelnen Listen erhalten und welche Personen gewählt sind.

Aufgaben bei Europawahlen

Bei Europawahlen hat der Bundeswahlausschuss folgende Aufgaben:

  • Beschwerdeinstanz gegen Entscheidungen des Landeswahlausschüsse und des Bundeswahlleiters im Mängelbeseitigungsverfahren
  • Beschlussfassung über die Zulassung der gemeinsamen Listen für alle Länder; Beschlussfassung über die Erklärung, dass eine Liste oder mehrere Listen für einzelne Länder von der Listenverbindung ausgeschlossen sein sollen
  • Feststellung der auf die einzelnen Wahlvorschläge insgesamt abgegebenen Stimmen, wie viele Sitze auf die einzelnen Wahlvorschläge entfallen und welche Bewerber gewählt sind

Ausschussmitglieder zur Europawahl 2014

Zur Europawahl 2014 gehören dem Bundeswahlausschuss an:[3]

die von den Parteien benannten Beisitzer

  • Michael Brenner (vorgeschlagen von der CDU), Professor für Deutsches und Europäisches Verfassungs- und Verwaltungsrecht
  • Hartmut Geil (vorgeschlagen von den Grünen), Rechtsanwalt und Stadtrat
  • Petra Kansy (vorgeschlagen von der CDU), Rechtsanwältin und Stadträtin
  • Jörg Paschedag (vorgeschlagen von der FDP), Bundesgeschäftsführer der FDP
  • Johannes Risse (vorgeschlagen von der SPD), Ministerialrat
  • Cornelie Sonntag-Wolgast (vorgeschlagen von der SPD), Staatssekretärin a. D.
  • Hans Michael Strepp (vorgeschlagen von der CSU), Hauptgeschäftsführer der CSU
  • Halina Wawzyniak (vorgeschlagen von Die Linke), MdB

sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht

  • Werner Neumann, Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht
  • Dr. Renate Philipp

Kritik

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kritisierte in ihrem Bericht zur Beobachtung der Bundestagswahl 2009, dass es keine spezifischen, messbaren Kriterien für die Zulassung von Parteien gebe. Als besonders problematisch sah die OSZE die fehlenden Einspruchsmöglichkeiten bei einer Rechtsbehörde vor der Wahl an. Sie bemerkte, dass die Mitglieder des Bundeswahlausschusses nicht vor Interessenkonflikten gefeit sind, da diese auch Vertreter der Parteien sind.[4]

Die Ablehnung verschiedener kleinerer Parteien stieß in den Medien auf Kritik.[5][6] Zur Bundestagswahl 2013 wurde das Verfahren der Parteienzulassung durch das "Gesetz zur Verbesserung des Rechtsschutzes in Wahlsachen" reformiert. Gegen die Nichtzulassung ist nun – noch vor der Wahl – eine Beschwerde zum Bundesverfassungsgericht möglich (§ 18 Absatz 4a Bundeswahlgesetz, BWG). Außerdem wurde bestimmt, dass zwei Richter dem Wahlausschuss angehören müssen.

Einzelnachweise

  1. Bundeswahlausschuss. Deutscher Bundestag, abgerufen am 15. Mai 2012.
  2. Gesetz zur Verbesserung des Rechtsschutzes in Wahlsachen. (Bundesgesetzblatt Teil I 2012 Nr. 33 vom 18. Juli 2012). PDF, online auf www.bgbl.de.
  3. Der Bundeswahlleiter: Erste Sitzung des Bundeswahlausschusses am 14. März 2014 (PDF; 78 kB) vom 6. März 2014, abgerufen am 6. März 2014
  4. Bericht der OSZE zur Bundestagswahl 2009, 14. Dezember 2009, S. 15f, S. 23
  5. Warum die Premiere des Wahlleiters zur Farce geriet, in Spiegel online, 7. August 2009
  6. Parteienrechtsexperte kritisiert Bundeswahlausschuss, in Spiegel online, 8. August 2009