Indianismo

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Der Indianismo ist eine Epoche bzw. Strömung der romantischen Literatur, Malerei und skulpturalen Kunst Brasiliens, in der die indigene Bevölkerung idealisiert und zum Ankerpunkt nationaler Identitätsbildung wird.

Eine nationalromantische Strömung

Der Indianismo hat allerdings Vorläufer in der Barockzeit und in der Epoche der Empfindsamkeit. In die letztere gehört das Versepos O Uraguai von Basílio da Gama (1769).

Titel der Erstausgabe von O Guarani (1857)

In Abgrenzung von der Kultur des Mutterlandes Portugal und von europäischen neoklassizistischen Vorbildern werden vom romantischen Indianismo seit etwa 1840/50 historische indigene Persönlichkeiten (oder der bzw. die Indigene schlechthin) zu mythischen nationalen Heroen stilisiert. Damit einher geht auch eine Verklärung der indianischen Gemeinschaften und der sie umgebenden Natur und ein steigendes Interesse für ihre Mythen. Dabei beziehen sich die Künstler und Literaten zumindest implizit auf die Theorien der Aufklärung über den „edlen Wilden“ und auf Ideen von Jean Jacques Rousseau, worin sich jedoch auch paternalistische und nationalistische Tendenzen mischen.

Die erste Messe in Brasilien im Jahr 1500. Gemälde von Victor Meireilles (1861)

Wichtige Vertreter des literarischen Indianismo sind Antônio Gonçalves Dias und José de Alencar mit seiner Romantrilogie O Guarani (1857), Iracema (1865) und Ubirajara (1874). In der Malerei sind Victor Meirelles (oder Meireles) und Antônio Parreiras die Hauptvertreter des Indianismo.

Studien zum Gemälde Die erste Messe in Brasilien

Spätere Phasen und Strömungen des Indianismo

Mit dem Indianismo verwandt sind die poesia negra, die „schwarze Poesie“ der Gegner der Sklaverei, und der Condoreirismo (oder Cordorismo). Es handelt sich eine Strömung der Zeit von etwa 1860 bis 1870, die auch als „dritte Phase“ der brasilianische Romantik bezeichnet und durch den herausragenden Lyriker Antônio de Castro Alves (Os escravos, „Die Sklaven“) vertreten wird, der sich von den zunehmend ultraromantischen Vorstellungen des Indianismo (der „zweiten Phase“ der Romantik) entfernt.[1] In dieser Spätphase des Indianismo überwiegen realistische und sozialkritische Tendenzen. So sind bei Castro Alves Einflüsse des Positivismus und der Evolutionstheorie spürbar.

Im 20. Jahrhundert wird der Indianismo durch den auch in den Andenländern stark vertretenen Indigenismo abgelöst, eine literarische Strömung, zu der auch immer mehr indigene Autoren beitragen.

Weitere Werke

Índio Simbolizando a Nação, Chaves Pinheiro, 1872, Terracotta, Höhe 192 cm.

1872 schuf der Bildhauer Chaves Pinheiro eine lebensgroße allegorische Figur[2] Índio Simbolizando a Nação Brasileira. Sie zeigt einen Indianer mit einem Kopfschmuck als Anführersymbol seines Stammes, als wäre es eine Königskrone, sie trägt einen königlichen Umhang, der die natürliche Nacktheit verbirgt, sie hält ein Zepter der Monarchie und einen Schild mit dem Symbol der Monarchie von Kaiser Peter II.

Literatur

  • A Literatura Brasileira. 6 Bände. Ed. Cultrix, São Paulo 1964 ff. – Band 1: J. Aderaldo Castello: Período Colonial. Band 2: Antônio Soares Amora: O Romantismo.

Einzelnachweise

  1. Biographie von Castro Alves auf ebiografia.com
  2. Alberto Martín Chillón: 19&20 - Sculpture and indianism(s) in 19th century Brazil. In: dezenovevinte.net. Abgerufen am 24. November 2019 (englisch).