Jaroslawl
Stadt
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Jaroslawl (russisch Ярославль, DIN-Transliteration Jaroslavl' , englische Transkription Yaroslavl) ist eine Stadt in Russland mit rund 604.000 Einwohnern (2007) und gleichzeitig Hauptstadt der Oblast Jaroslawl. Sie liegt an der Mündung der Kotorosl in die Wolga im europäischen Teil des Landes 282 Kilometer nordöstlich von Moskau.
Jaroslawl liegt an der Transsibirischen Eisenbahn und ist eine der ältesten Städte des Landes. Im Mittelalter war Jaroslawl die Hauptstadt eines Fürstentums. Die Stadt wird zum Goldenen Ring gezählt, einer Gruppe altrussischer Städte im europäischen Teil Russlands, und ist ein beliebtes Touristenzentrum.
Die Altstadt gehört zu den prächtigsten in Russland und ist seit 2005 als Weltkulturerbe in die Liste der UNESCO eingetragen.
Geschichte
Jaroslawl wurde zum Schutz des Weges von der Wolga nach Rostow Weliki gegründet und im Jahre 1010 erstmals erwähnt. Laut Legende war der Gründer Großfürst Jaroslaw der Weise, nachdem er an dieser Stelle eine mächtige Bärin bezwang. Daher ist auf dem Stadtwappen ein auf zwei Beinen stehender Bär, der in der linken Tatze eine Hellebarde hält, abgebildet. Das neu gegründete Jaroslawl war eine der östlichsten Städte der Kiewer Rus. In russischen Chroniken wird es aber erst 1071 genannt. Seit 1218 war es Hauptstadt des Fürstentums Jaroslawl. Gleichzeitig entwickelte sich der Handel auf der Wolga, was die Entwicklung der Stadt förderte. Es siedelten sich Handwerker und Händler an und die ersten Kirchen und Klöster entstanden. Mehrmals wurde die Stadt niedergebrannt und wieder aufgebaut. So auch 1238 während der tatarischen Invasion, während der die Stadt fast vollständig zerstört wurde.
1463 erfolgte ein Anschluss von Jaroslawl an das Großfürstentum Moskau. Von April bis Juni 1612 befand sich hier der Stützpunkt der Truppen von Kusma Minin und Dmitri Poscharski, die später Moskau von den polnischen Besatzern befreiten. 1796 erhob man Jaroslawl zur Gouvernementshauptstadt. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde es wichtiges Handels- und Handwerkszentrum mit steinernen Gebäuden – es bildete sich eine regionale Schule der Steinarchitektur und Freskenmalerei heraus. Die Textil und Leder-Manufakturwirtschaft wurde zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor. Im 20. Jahrhundert begann hier im Ort die Produktion der ersten russischen Straßenbahnen und Lastkraftwagen. Nach der Oktoberrevolution entwickelte sich die Stadt zu einem Zentrum der Schwerindustrie.
In Jaroslawl bestand das Kriegsgefangenenlager 276 für deutsche Kriegsgefangene des Zweiten Weltkriegs.[1]
Bildung, Kultur und Sehenswürdigkeiten
1805 gründete der Industrielle Pawel Demidow eine Schule der Höheren Wissenschaften, die 1833 in ein Lyzeum umgewandelt wurde. Die Stadt ist seit 1971 Universitätsstadt mit natur- und sozialwissenschaftlichen Fakultäten. Derzeitig vorhandene Bildungseinrichtungen in Jaroslawl sind
- Filiale der Militäruniversität für Finanzen und Ökonomie,
- Filiale der Staatlichen Öffentlichen Technischen Universität für Verkehrsverbindung,
- Filiale des Allrussischen Ferninstituts für Finanzen und Ökonomie,
- Filiale des Instituts für Psychologie und Sozialwesen Moskau,
- Internationale Universität für Business und neue Technologien,
- Filiale der Staatlichen Universität Moskau für Ökonomie, Statistik und Informatik,
- Flugabwehrinstitut Jaroslawl,
- Staatliches Institut für Theaterkunst Jaroslawl,
- Staatliche Landwirtschaftliche Akademie Jaroslawl,
- Staatliche Medizinakademie Jaroslawl,
- Staatliche P.-G.-Demidow-Universität Jaroslawl,
- Staatliche Pädagogische K.-D.-Uschinski-Universität Jaroslawl,
- Staatliche Technische Universität Jaroslawl,
- Finanzfachhochschule des Militärs in Jaroslawl „Armeegeneral A. W. Chrulew“.
In Jaroslawl gibt es drei Theater (darunter das 1750 von Fjodor Grigorjewitsch Wolkow gegründete älteste russische Theater, das inzwischen nach dem Gründer benannte Wolkow-Theater), eine Philharmonie, einen Zirkus, diverse Museen sowie das Museumshaus des weißrussischen Dichters Maksim Bahdanowitsch.
Die bekannteste Sehenswürdigkeit ist das im 12. Jahrhundert gegründete Erlöserkloster mit dem ältesten erhaltenen Bauensemble, dem Christi-Verklärungs-Kloster, das zugleich die Funktion eines Kreml hatte. Die massiven weißen Kirchenbauten mit vielen scheinbar asymmetrisch angeordneten Türmen und aufwendig dekorierten Innenräumen sind Beispiele typisch altrussischer Architektur. Auf dem Gelände des Klosters fallen einige Kirchen besonders auf, darunter die Uspenski-Kathedrale aus dem 16.-17. Jahrhundert mit meisterhaften Fresken, die sehr gut erhalten und unbedingt sehenswert sind. Außerdem gibt es eine Torkirche, an die sich die ehemaligen Mönchszellen und das Schatzhaus anschließen. Auf dem Gelände des Klosters finden jährlich verschiedene Festivals statt, besonders zu nennen ist das Glockenspieler-Festival. Auch gestaltete Blumenarrangements mit Sonnenblumen oder christlichen Themen sind zu sehen.
Seit 2005 zählt die Altstadt von Jaroslawl zum Welterbe der UNESCO. Hier stehen ebenfalls verschiedene Kirchen wie die Prophet-Elias-Kirche auf dem gleichnamigen Stadtplatz, die Bürgerkirche "Christi Erscheinen" oder die Alexander-Newski-Kapelle. Ende Mai findet jährlich an einem Wochenende das Stadtfest anlässlich der Gründung von Jaroslawl als großes Volksfest statt.
Sport
Bemerkenswert ist das im Jahr 2002 eröffnete Mehrzweck-Eisstadion des Eishockey-Clubs Lokomotive Jaroslawl, der an der KHL teilnimmt. Im Fußball ist die Stadt durch den Verein Schinnik Jaroslawl vertreten.
Wirtschaft
Wichtige aktuelle Wirtschaftszweige sind der Maschinenbau, der Schiffbau, die Produktion von Lastkraftwagen und Straßenbahnen, die Elektrotechnik, die chemische und erdölverarbeitende Industrie sowie die Leicht- und Textilindustrie. Es werden unter anderem Reifen und andere Gummiprodukte, Kautschuk, Industrieruß, Lacke und Farben, Baumaterialien, Schuhe, Bücher und Lebensmittel produziert.
Verkehr
Im Zeitraum von 1870 bis 1898 wurde Jaroslawl durch Eisenbahnstrecken mit Moskau, Wologda, Kostroma und Sankt Petersburg verbunden. 1900 fuhr die erste Straßenbahn, außerdem gibt es Trolleybusse und einen Binnenhafen an der Wolga. Aus Jaroslawl und über Jaroslawl führen viele Linien von Fahrgastschiffen und den schnellen Tragflächenbooten „Meteor“ und „Raketa“. Beliebt sind unter anderem die Routen Jaroslawl-Astrachan und Jaroslawl-Uljanowsk.
Stadtgliederung
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Quelle: Staatliches Statistikamt der Russischen Föderation
Söhne und Töchter der Stadt
- Artjom Alexejewitsch Anissimow, russischer Eishockeyspieler
- Michail Olegowitsch Birjukow, russischer Eishockeytorwart
- Andrei Walentinowitsch Chomutow, ehemaliger russischer Eishockeyspieler
- Denis Sergejewitsch Grebeschkow, russischer Eishockeyspieler
- Alexander Nikolajewitsch Jakowlew, sowjetischer Politiker und Regierungsberater von Michail Gorbatschow
- Michail Alexejewitsch Kusmin, Autor und Komponist
- Alexander Michailowitsch Ljapunow, russischer Mathematiker und Physiker
- Sergei Michailowitsch Ljapunow, russischer Komponist und Pianist
- Sergei Walerjewitsch Mosjakin, russischer Eishockeyspieler
- Iwan Nikolajewitsch Neprjajew, russischer Eishockeyspieler
- Peter von Oldenburg, Prinz von Oldenburg
- Ljudmila Grigorjewna Postnowa, Handballspielerin
- Tichon Alexandrowitsch Rabotnow, russischer Geobotaniker und Universitätsprofessor
- Wiktor Sergejewitsch Rosow, Dramatiker
- Alex Sipiagin, Jazztrompeter
- Fjodor Iwanowitsch Tolbuchin, Heerführer und Marschall
- Walentina Wladimirowna Tereschkowa, erste weibliche Kosmonautin (1965); in der Nähe von Jaroslawl geboren, eine Straße wurde nach ihr benannt
- Alexander Sergejewitsch Wasjunow, Eishockeyspieler
Städtepartnerschaften
- Exeter, Großbritannien
- Poitiers, Frankreich
- Kassel, Deutschland (Hessen) seit 25. Januar 1988
- Hanau, Deutschland (Hessen)
- Palermo, Italien
- Jyväskylä, Finnland
- Burlington, USA
Literatur
- Aglaya Sintschenko, Christian Funk: Moskau & Goldener Ring. Reisehandbuch: Tipps für individuelle Entdecker. 1. Auflage. Iwanowski, Dormagen 2007, ISBN 978-3-933041-31-9.
- Hans-Peter Riese, Heiderose Engelhardt, Klaus Bednarz, Wladislaw Goworukhin, Fritz Dressler (Fotograf): Russland: Moskau St. Petersburg, Der Goldene Ring. Bucher, München 2007, ISBN 978-3-7658-1503-4 (Sonderauflage Weltbild, Augsburg 2008: ISBN 978-3-8289-3206-7)(?!).
Einzelnachweise
- ↑ Maschke, Erich (Hrsg.): Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des zweiten Weltkrieges. Verlag Ernst und Werner Gieseking, Bielefeld 1962-1977.
Weblinks
- offizielle Homepage der Stadtverwaltung
- Stadtansichten auf alten Postkarten
- Stadtansichten vom Anfang des 20. und des 21. Jahrhunderts (russ.)
- Jaroslawl und die Städte des Goldenen Ring – auf Deutsch
- „Partner für Jaroslawl e.V.“ - Informationen über die Städtepartnerschaft Kassel-Jaroslawl – weitgehend auf Deutsch, umfangreiche Verlinkung auf Original-Seiten, sehr viele Fotos
- Partnerschaft Hessen-Jaroslawl (Region) - Informationen über die Regionalpartnerschaft Hessen-Oblast Jaroslawl– Deutsch und Russisch
- Deutschsprachige Website der Stadt Jaroslawl mit Vorstellung des Wolkow-Theaters. Abgerufen am 9. September 2009.