Biikebrennen
Biikebrennen (von nordfriesisch: biike, hochdeutsch Bake bzw. Feuerzeichen) ist in Nordfriesland (Schleswig-Holstein) ein traditionelles Volksfest mit Feuerbrauch, das am 21. Februar gefeiert wird, dem Vorabend des Festtags Petri Stuhlfeier in Antiochien,[1] kurz Petritag. Es ersetzt hier teilweise das sonst weit verbreitete Osterfeuer.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Ursprung des Festes ist unklar. Wahrscheinlich sollte das Feuer im Mittelalter böse Geister vertreiben und die neue Saat schützen.[2] Auf den Inseln diente das Biikefeuer später zur Verabschiedung der Walfänger. Die Frauen zündeten die Feuer entlang des Strandes an, um den fahrenden Männern noch lange sicheres Geleit zu geben. Einer Sylter Legende nach galt dieses Signal gleichfalls den dänischen Männern auf dem Festland und sollte ihnen vermitteln, dass die Inselfrauen nun wieder allein auf dem Hof waren und Hilfe bei der Arbeit und „anderen Dingen“ benötigten. Der Beginn der jährlichen Walfangsaison am Petritag hing mit einem Beschluss der Hansestädte aus dem Jahr 1403 zusammen, nach dem zwischen Martini (11. November) und Petri Stuhlfeier die Schifffahrt ruhen sollte. Der Petritag am 22. Februar war also ein wichtiges Datum für die mittelalterliche Schifffahrt (Ende der Winterpause, Frühlingsbeginn).
Die Leuchtfeuer bestanden noch im 17. und 18. Jahrhundert aus primitiven Leuchtbaken an den Stränden, die den Seefahrern und Walfängern als Navigationshilfe dienten. Die heute üblichen großen Feuerstöße sind wahrscheinlich erst Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden. Auch die einheitliche Festlegung des Biikebrennens am Abend des 21. Februars ist erst Ende des 19. Jahrhunderts eingeführt worden.
Kulturerbe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Konferenz der Kultusminister gab am 12. Dezember 2014 bekannt, dass das Biikebrennen in das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes in Deutschland aufgenommen wurde.[3][4]
Verbreitung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Biike und der Petritag (nordfriesisch piddersdai bzw. piadersdai) sind noch heute wichtige Feiertage, vor allem auf den nordfriesischen Inseln und den Halligen. Auch auf den dänischen Wattenmeerinseln ist das Biikebrennen als Pers awten oder Pers aften („Peters Abend“) bekannt. Inzwischen hat sich das Biikebrennen auch im schleswig-holsteinischen Binnenland verbreitet, zum Beispiel in Stapelholm. Hier wird es jedoch Beekenbrennen genannt und wird traditionell bereits am 2. Februar (Darstellung des Herrn) begangen.
Bis ins 19. Jahrhundert wurde es auch auf dem nordfriesischen Festland gefeiert, geriet dann aber mehr und mehr in Vergessenheit und wird erst langsam nach dem Zweiten Weltkrieg wieder zu Ehren gebracht. Zur Brauchtumspflege gehören inzwischen auch (wieder) Kinder, die Gedichte in einem der nordfriesischen Dialekte aufsagen.
Vereinzelt finden Biikebrennen auch an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste statt, auch wenn dort eine kulturelle Überlieferung fehlt.[5] So fand beispielsweise am 21. Februar 2014 das nördlichste Biikebrennen an der Ostsee in Wassersleben bei Flensburg zum zehnten Mal statt.[6]
Gestaltung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Biikefeuer besteht heute meist aus alten Weihnachtsbäumen und Gestecken, die bis zum Biikebrennen aufgehoben wurden. Viele nutzen den Anlass, um Büsche zu schneiden und bei der Biike zu verbrennen. Jede Dorfgemeinschaft und viele Gehöfte haben ihre eigenen Biikefeuer, die Mittelpunkt von feierlichen Aktivitäten wie Gesang oder Schauspiel sind. Auf den Inseln Föhr, Amrum und Sylt entstanden daneben weitere Traditionen wie das vorzeitige Anzünden der Feuer in Nachbardörfern.
In manchen Dörfern wird im Feuer eine Strohpuppe verbrannt. Das sogenannte Petermännchen hat, so ist die Vermutung, nichts mit dem Heiligen Petrus, sondern mit dem Papst (also dem Petrus-Amt) und dem damit verbundenen christlichen Glauben zu tun, der abgelehnt wurde. Am Folgetag, dem 22. Februar, feiert die katholische Kirche das Fest Kathedra Petri, also den Stuhl des Papstes, bzw. die Vorrangstellung des Petrus-Amtes, was das Lehramt betrifft. Ein Zusammenhang des Petermännchens, das in das Biikefeuer geworfen wird, mit dem Amt des Papstes in Rom liegt somit nahe. Die Strohpuppe symbolisiert darüber hinaus den Winter, der nun ausgetrieben wird.[7]
Andernorts stellt man auf die Biikespitze ein altes Holzfass oder -eimer, mit dessen Fall der Winter vorüber ist. Auf Sylt wird vor dem Entzünden der Biike eine Ansprache auf Sylter Friesisch gehalten, die häufig anschließend in deutscher Übersetzung wiederholt wird. Oftmals spricht ein Pastor oder Bürgermeister; vielfach sind es auch des Friesischen kundige Bürger, die die Rede halten: Sie endet mit der Aufforderung „Maaki di biiki ön“ („Macht die Biike an“).[8]
Nach der Biike gibt es traditionell ein Grünkohlessen. Auf Sylt und Föhr haben die Schulkinder am nächsten Tag frei.[9][10]
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Ein noch nicht entflammter Biikehaufen
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Das Brennmaterial
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Entzündung des Biikehaufens
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Entflammender Biikehaufen
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Entflammter Biikehaufen
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Heruntergebrannter Biikehaufen
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Burgbrennen (ähnlicher Brauch in Luxemburg und dem angrenzenden deutschen Grenzgebiet)
- Hüttenbrennen (ähnlicher Brauch in der Eifel)
- Funkenfeuer (ähnlicher Brauch im schwäbisch-alemannischen Raum)
- Osterfeuer (ähnlicher deutscher Brauch in der Osterzeit)
- Sechseläuten (ähnlicher Schweizer Brauch in Zürich)
- Lagerfeuer#Festfeuer (weitergehende Aufzählung)
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Bartholomäus Figatowski (Hrsg.): Wenn die Biiken brennen. Phantastische Geschichten aus Schleswig-Holstein. Verlag 71, Plön 2009, ISBN 978-3-928905-76-3.
- Carl Haeberlin: Das Biiken in Nordfriesland. Wachholtz, Neumünster 1935 (Föhrer Heimat-Bücher 19, ZDB-ID 842334-9, Sonderdruck aus: Die Heimat. 45. Jg., Nr. 5, 1935, S. 145–154; Hamburger Kulturgut Digital).
- Albert Panten: Fastnachtsfeuer. Zur Geschichte des Biikebrennens. in „Nordfriesland“, Ausgabe 105, S 11f, 1994.
- Albert Panten, Hubertus Jessel: Das Biikebrennen der Nordfriesen. 3. Auflage. Husum Verlag, Husum 2010, ISBN 978-3-89876-160-4 (Heimatkundliche Schriften des Nordfriesischen Vereins).
- Nordfriisk Instituut (Hrsg.): Biikebrennen, in der Reihe „Nordfriesland in der Schule“, Bredstedt, 2013 ([1]).
- 259. Das Biikenbrennen. in: Karl Müllenhoff, Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg, Kiel 1845, S. 174–175 (online).
- Corinna Hübener: Das Biiken. Ursprung, Bedeutung und Wandlung eines Opferfestes. Books on Demand, Norderstedt 2024, ISBN 978-3-757851736.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Biiken. Gemeinde Utersum, abgerufen am 15. Februar 2015.
- Biikenbrennen auf Sylt. Martin Borus, abgerufen am 23. Februar 2012.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Informationen zum Feiertag, abgerufen am 11. August 2010
- ↑ Gesellschaft für schleswig-holsteinische Geschichte: Biike ( vom 13. Februar 2011 im Internet Archive)
- ↑ Biikebrennen. In: Bundesweites Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe. Deutsche UNESCO-Kommission, abgerufen am 16. Oktober 2024.
- ↑ Biikebrennen der Friesen wird Kulturerbe, ( vom 26. Dezember 2014 im Internet Archive) ndr.de, 12. Dezember 2014
- ↑ Bericht bei archiv.rhein-zeitung.de ( des vom 8. Dezember 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Abgerufen am 27. November 2015.
- ↑ Vgl. Aktivbus: Bikebrennen. Bei: Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag, 19. Februar 2011, abgerufen am 22. Oktober 2015.
- ↑ Ein Feuerzeichen gegen die Wintergeister. In: Hamburger Abendblatt, 20. Februar 2012, abgerufen am 8. Oktober 2014.
- ↑ Biikebrennen auf Sylt (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Juli 2024. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. bei sylt-kompass.de, abgerufen am 1. April 2018
- ↑ Walter Fiedler: Sylt. 13. Auflage. Breklumer Verlag, Breklum 1990, ISBN 3-7793-1101-1.
- ↑ Informationen zum Biikebrennen bei oevenum.de ( des vom 29. Dezember 2011 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , abgerufen am 16. Januar 2014.