Bragi
Bragi (von altnord. bragr, „der Vornehmste“, „Häuptling“, „Fürst“, „Dichtung“) ist in der nordischen Mythologie der Gott der Dichtkunst, der die gefallenen Helden in Walhall begrüßt. Als Sohn Odins gehört Bragi zu den Asen. Seine Ehefrau war Idun, die Göttin der Jugend und Schönheit. Er war der Patron der Skalden, der Hofdichter des mittelalterlichen Skandinaviens.[1] Im Grímnismál, einem Götterlied aus der Liederedda, wird er als der erste unter ihnen bezeichnet.[2] In den Lokasenna, einem weiteren Götterlied, versucht er Loki daran zu hindern, an einem Gelage der Asen in der Halle des Meerriesen Ägir teilzunehmen und wird von ihm als bloße „Bankzierde“ verhöhnt, tapfer nur, wenn er sitzt, und zu feige für einen Zweikampf.[3]
Da Bragi nicht vor dem 12. Jahrhundert ausdrücklich als Gott genannt wird, wird verbreitet in ihm eine späte Vergöttlichung des Skalden Bragi Boddason der Alte, der im 9. Jahrhundert lebte, gesehen, auch wenn diese Identifikation alles andere als sicher ist.[4]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Wolfgang Golther: Handbuch der Germanischen Mythologie. Neu gesetzte und überarbeitete Ausgabe nach der Ausgabe Leipzig 1895. Marix, Wiesbaden 2004, ISBN 3-937715-38-X, S. 481–482.
- Rudolf Simek: Götter und Kulte der Germanen. C.H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-50835-9, S. 70, 73, 80, 82.
- Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie (= Kröners Taschenausgabe. Band 368). 3., völlig überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2006, ISBN 3-520-36803-X.
- Heinz Klingenberg: Bragi. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 3, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1978, ISBN 3-11-006512-6, S. 334–337.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Otto Holzapfel: Lexikon der abendländischen Mythologie. Herder, Freiburg/Basel/Wien 1993, ISBN 3-451-27983-5, S. 81.
- ↑ Grimnismâl auf Wikisource, Strophe 44.
- ↑ Ögisdrecka auf Wikisource, Strophen 8, 13 und 15; Pernille Hermann: Mnemonic Echoing in Old Norse Sagas and Eddas. Walter de Gruyter, Berlin/Boston 2022, ISBN 978-3-11-067484-2, S. 196.
- ↑ Stephen A. Mitchell: Old Norse Folklore. Tradition, Innovation, and Performance in Medieval Scandinavia. Cornell University Press, Ithaca 2023, S. 56.