Burschenschaft Brunsviga

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Burschenschaft Brunsviga ist eine farbentragende, fakultativ schlagende Studentenverbindung an der Georg-August-Universität Göttingen und Mitglied des Korporationsverbandes Neue Deutsche Burschenschaft. Mit 228 Alten Herren (Stand 2009) ist sie eine der größten und ältesten Burschenschaften Göttingens.

Basisdaten
Wappen
Wappen
Wappen
Gründung 2. Juli 1848 in Göttingen
Hochschule Georg August Universität Göttingen
Kartell Roter Verband
Verband Neue Deutsche Burschenschaft
Wahlspruch Ehre Freiheit Vaterland!
Band
Zirkel
Anschrift Schildweg 40
37085 Göttingen
Webseite https://brunsviga.org/

Brunsviga hat die Farben "schwarz-karmesinrot-gold" mit goldener Perkussion. Alte Herren tragen zusätzlich die alten Braunschweiger Farben "blau-weiß-gold" mit silberner Perkussion. Die Füchse tragen bei Brunsviga kein spezielles Fuchsenband, sondern das gleiche Band wie die Burschen. Der Wahlspruch lautet "Ehre, Freiheit, Vaterland" und "per aspera ad astra" (Durch das Raue zu den Sternen!").

Brunsvigen-Haus

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Sitz der Brunsviga ist das im Juli 1913 errichtete Brunsvigenhaus am Stadtpark.

Garten und Haus der Burschenschaft Brunsviga
Eingangshalle des Brunsvigenhauses

Die Burschenschaft Brunsviga Göttingen wurde am 2. Juli 1848 zunächst als liberale Progreß-Verbindung von Studenten an der Göttinger Universität Georgia Augusta gegründet. Der Progreß war in jenen nachnapoleonischen Zeiten eine Strömung, die eine Angleichung an das bürgerliche Leben anstrebte. Sie lehnte mithin das Duell-Unwesen ebenso ab, wie auch studentische Sonderstellungen, die z. B. durch die akademische Gerichtsbarkeit zum Ausdruck kamen. Die Progreß-Verbindungen verfolgten klare freiheitsorientierte Reformziele wie die Lehr- und Lernfreiheit, den Ausbau der Lehrfächer und die Beteiligung der Studenten an der Wahl von akademischen Behörden.

Die Brunsviga als Mitglied der Deutschen Burschenschaft (1915)

Da die meisten Gründungsmitglieder aus Braunschweig stammten, wurde der Name „Brunsviga“ gewählt. Seit dem 1. Januar 1862 ist die Brunsviga eine Burschenschaft. Sie gehörte bis 1996 dem Verband Deutsche Burschenschaft an. 1880 gab Brunsviga sechs Mitglieder an die neuzugründende Burschenschaft Alemannia Göttingen ab und stattete sie „nach Kräften“ mit Pauk- und Kneiputensilien und Geld aus.[1] In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg bis zur Machtübernahme durch die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 erlebte die Brunsviga großen Zuspruch bei den Göttinger Studenten und hatte demzufolge eine große Zahl aktiver Mitglieder.

Nach 1933 verschlechterte sich die Situation der Burschenschaft, als die Vertreter des auf Gleichschaltung bedachten Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes (NSDStB) die Burschenschaften aus den Studentischen Vertretungen, den Universitätsgremien und -ausschüssen drängten. Der Versuch der Gleichschaltung und der strikten Verwirklichung des „Führerprinzips“ stieß sich aber hart mit dem Demokratieverständnis in den einzelnen Verbindungen. Durch verschiedene Maßnahmen, insbesondere durch die 1935 gesetzlich eingeführte zweijährige Wehrpflicht und durch die dieser vorgeschalteten Arbeitsdienstpflicht wurde ihnen die Existenzgrundlage (Nachwuchs) entzogen. Die Aktivitas oder auch Jungburschenschaft der Brunsviga wurde zunächst vertagt, d. h. das offizielle Verbindungsleben wurde eingestellt und am 16. März 1936 wurde die Verbindung aufgelöst. Die Altherrenvereinigung der Brunsviga versuchte auf ihrem Haus im Schildweg[2] einen dem bisherigen Korporationsdasein ähnlichen Betrieb wieder aufzubauen. Da die Nationalsozialisten ab 1936 sogenannte studentische Kameradschaften zuließen, bauten die Brunsvigen-Altherrenschaft einen Kontakt zu der Kameradschaft „Hanstein“ auf. Tatsächlich kam die Unterbringung der „Hansteiner“ (später umbenannt in „Kameradschaft Friedrich Wilhelm von Braunschweig“) im Schildweg zustande. Es wurde nun versucht die vom NSDStB verbindlich vorgeschriebenen Lebensformen mit dem von den Nationalsozialisten unerwünschten demokratischen Grundverständnis der Brunsviga in Übereinstimmung zu bringen. Viele Mitglieder der Altherrenschaft konnten diesen Weg nicht mitgehen und verließen wie auch die von den Arier-Bestimmungen Betroffenen die Brunsviga.

In den Nachkriegsjahren gründete sich 1947/48 an der Georgia-Augusta der „Göttinger Kreis“, eine Gruppe von jungen Studenten, welche die Tradition der Burschenschaft Brunsviga wiederzubeleben versuchten. Schon 1950 wurden deren Mitglieder in die Gemeinschaft der Burschenschaft Brunsviga aufgenommen, die sich durch die Initiative Alter Herren aus der Vorkriegs-Brunsviga wieder gebildet hatte. Im Geschäftsjahr 1951/52 übernahm Brunsviga den Vorsitz der Deutschen Burschenschaft.[3]

Das Bundesleben in dieser Zeit spielte sich in Göttinger Gastwirtschaften ab, weil das Brunsvigenhaus seinen Besitzern nicht zugänglich war, da es durch die britische Besatzungsmacht für eigene Zwecke konfisziert worden war. Der Wiedereinzug gelang am 8. Mai 1954. Die Burschenschaft Brunsviga hat in der Folgezeit zwei Burschenschaften in ihren Reihen aufgenommen:

  • 1956 die Forstliche Burschenschaft Saxonia aus Hannoversch-Münden und
  • 1986 die Breslauer Burschenschaft Saxonia zu Göttingen.

In der Zeit des Wiederaufbaues nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Aufarbeitung der jüngeren Vergangenheit unter Besinnung auf die Traditionslinien von 1848 und davor. Als Vermächtnis dieser Epoche sieht die Brunsviga, dass vom angestammten Weg der Freiheit, Gleichheit, Toleranz und Demokratie niemals abgewichen werden darf. Eine Vernachlässigung des aufklärenden, humanistisch geprägten Weltbildes führt unweigerlich in die Katastrophe – so die jüngsten Erfahrungen. Dieser Erkenntnis folgend hielt die Brunsviga beispielsweise während des Kalten Krieges immer an der Einheit der Nation fest und blieb bei der kritischen Sicht auf das Regime in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Zu den in der DDR lebenden Mitgliedern (Bundesbrüdern) wurde ein enger Kontakt aufrechterhalten.

Im Geschäftsjahr 1992/93 übernahm die Brunsviga den Vorsitz der Deutschen Burschenschaft.[4][5]

Wegen grundsätzlicher Meinungsverschiedenheiten schied die Brunsviga zum 30. Juni 1995 aus der Deutschen Burschenschaft aus. Am 13. Januar 1996 gründeten 8 Burschenschaften unter der maßgeblichen Führung der Brunsviga die „Neue Deutsche Burschenschaft“ (Neue DB). Brunsviga wurde deren erste Vorsitzende. Diesem Korporationsverband, der Neuen DB, gehören gegenwärtig noch acht liberal gesinnte Burschenschaften an, die sich alle entschieden gegen politisch extreme Tendenzen bei Bünden innerhalb der Deutschen Burschenschaft wenden und abgrenzen.

Das aktive Leben der studentischen Mitglieder der Brunsviga bleibt dem Arministischen Prinzip verpflichtet, das darauf zielt, dass jedes Mitglied in seiner persönlichen Meinungsbildung und Haltung zu politischem und sozialem Engagement befähigt wird. Die Brunsviga erhebt den Anspruch, dass sich ihre Mitglieder im privaten und öffentlichen Leben fair und ehrenhaft verhalten. Brunsviga pflegt das Lebensbundprinzip, d. h., die jeweils älteren Generationen unterstützen die jeweils aktiven Studenten wie in einer Großfamilie. Die Mitglieder tragen die Farben Schwarz-Rot-Gold, die Farben der Demokratiebewegung von 1848; die Alten Herren tragen zusätzlich die Farben Blau-Weiß-Gold, unter denen die Brunsviga gegründet wurde. Die Brunsviga pflegt zudem intensive Kontakte mit Burschenschaften im „Roten Verband“ (nach der Farbe der Mützen, die überwiegend rot sind), einem arministischen Freundschaftsverband, der aus 6 Burschenschaften besteht.

In den Anfängen war die Triebfeder burschenschaftlichen Handelns vor allem die Überwindung der Kleinstaaterei in Deutschland. Heute geht es um die Vertiefung der Zusammenarbeit in Europa bei überstaatlichen, im Rahmen der Globalisierung zunehmenden Aufgaben wie Integration, Bildung im internationalen Zusammenhang, Naturschutz, Klimaschutz und Sicherung des globalen Friedens.

Bekannte Mitglieder

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Saxonia Hann. Münden

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Saxonia Breslau (zu Göttingen)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Hans-Georg Balder: Die Deutsche(n) Burschenschaft(en) – Ihre Darstellung in Einzelchroniken. Hilden 2005, S. 163–165.
  • Heinrich Bünsow: Geschichte und Verzeichnis der Mitglieder der Burschenschaft Brunsviga zu Göttingen 1848–1933, Göttingen 1933.
  • Werner Grube: Geschichte und Verzeichnis der Mitglieder der Burschenschaft Brunsviga zu Göttingen 1933 – 1958, Stade 1958.
  • Hans-Joachim Hermes: Geschichte und Verzeichnis der Mitglieder der Burschenschaft Brunsviga zu Göttingen, 1958 – 1984, Göttingen 1984.
  • Günther Stucken: Brunsviga Lebensbilder – Festschrift zum 150. Stiftungsfest der Burschenschaft Brunsviga, Aachen 1998.
  • Günther Stucken: Göttinger Brunsvigen seit 1848 – Festschrift zum 160. Stiftungsfest der Burschenschaft Brunsviga, Aachen 2008.
  • Wolfgang Neugebauer (+), Bernhard Grün: Göttinger Silhouetten. Die studentische Porträtsammlung Georg Haacke, Burschenschaft Brunsviga Göttingen (Kleine Schriften der GDS, 20). Essen 2019, 134 S.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Franz Egon Rode: Die Universitätsburschenschaften im Kaiserreich (1871–1918). Darstellungen und Quellen zur Geschichte der deutschen Einheitsbewegung im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert, Bd. 23, Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2021, S. 116
  2. E. H. Eberhard: Handbuch des studentischen Verbindungswesens. Leipzig, 1924/25, S. 50.
  3. Dietrich Heither, Michael Gehler, Alexandra Kurth, Gerhard Schäfer: Blut und Paukboden. Eine Geschichte der Burschenschaften. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-596-13378-5, S. 292.
  4. Die Vorsitzende Burschenschaft der DB, Burschenschaft Brunsviga-Göttingen stellt sich vor, In: Burschenschaftliche Blätter, 107. Jahrgang (1992), H. 3, S. 53
  5. Dietrich Heither, Michael Gehler, Alexandra Kurth, Gerhard Schäfer: Blut und Paukboden. Eine Geschichte der Burschenschaften. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1997, ISBN 3-596-13378-5, S. 293.