Charlotte Joël
Charlotte Joël (geb. 13. September 1887 in Berlin[1] – gest. nach dem 19. April 1943 im KZ Auschwitz-Birkenau) war eine deutsche Fotografin.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Charlotte Joël tat sich um 1918 mit der Fotografin Marie Heinzelmann zusammen und eröffnete mit ihr in der Hardenbergstraße 24[2] in Berlin-Charlottenburg das Atelier Charlotte Joël & Marie Heinzelmann und widmete sich vor allem der Porträtfotografie. Ab 1919 wohnte sie am Hansaufer 5.[3]
1918 hatte Joël die damals noch unbekannte Marlene Dietrich vor ihrer Kamera. Ende Januar 1921 hielt sich Karl Kraus für seine Vorlesungen in Berlin auf[4] und ließ sich von ihr eine Reihe von Porträtfotografien anfertigen. Kraus und Joël blieben bis zu seinem Tod 1936 in Verbindung,[5] Kraus bedachte sie sogar noch in seinem Testament mit einem Legat aus seiner Bibliothek.[6] Zu weiteren bekannten von ihr porträtierten Personen zählen u. a. Walter Benjamin, Hedwig Lachmann oder Gustav Landauer.
Nach der „Machtergreifung“ durch die Nationalsozialisten konnte sie ab 1933 als Jüdin nicht mehr in ihrem Beruf tätig sein, das Atelier bestand aber unter dem Namen „Joël & Heinzelmann“ bis 1938/1939[7] weiter. Mit Hilfe ihrer Freundin Clara Grunwald kam Joël in das Landwerk Neuendorf, wo sie in der Gemeinschaftsküche arbeitete.[8] Zusammen mit Grunwald, ihrer Freundin der letzten Jahre,[9] wurde Joēl mit dem Transport Nr. 37 am 19. April 1943 von Berlin in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dann dort ermordet. 2013 wurde in der Klopstockstraße 19 für Charlotte Joel ein Stolperstein verlegt.[10]
Ihr Bruder Ernst Joël (1893–1929) war in der studentischen Jugendbewegung tätig. Er arbeitete später als Arzt, betrieb Forschungen zur Drogensucht und war mit Walter Benjamin, Gustav Landauer und Martin Buber bekannt.
Porträts
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Karl Kraus (1921)
-
Walter Benjamin (1929)
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Werner Kohlert, Friedrich Pfäfflin: Das Werk der Photographin Charlotte Joël. Wallstein, Göttingen 2019, ISBN 978-3-8353-3488-5.
- Cristina Fischer: „Berlin ist völlig leer für mich.“ Die Wiederentdeckung der in Auschwitz ermordeten, lange vergessenen Berliner Porträtfotografin Charlotte Joël. In: Berlin in Geschichte und Gegenwart. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin 2020. Gebr. Mann Verlag Berlin 2021, S. 27–71.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Joel, Charlotte. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden. Bundesarchiv.
Hier Geburtsjahr 1887 und Geburtsort Berlin - Eintrag in der Zentralen Datenbank der Namen der Holocaustopfer der Gedenkstätte Yad Vashem
(Hier Geburtsjahr 1882) - Eintrag in der Zentralen Datenbank der Namen der Holocaustopfer der Gedenkstätte Yad Vashem
(Hier Geburtsjahr 1887) - Sabine Krusen: Wiederständige Künstlerinnen. Vortrag über Charlotte Joel, Ilse Schaeffer, Julie Wolfthorn in der Inselgalerie in Berlin, 19. April 2012; abgerufen am 18. Oktober 2018.
- Cristina Fischer: »Aber wo, wo noch?« Die lange in Vergessenheit geratene, in Auschwitz ermordete Berliner Porträtfotografin Charlotte Joël (1887–1943) wird wiederentdeckt. In: Junge Welt, 25. Januar 2020; abgerufen am 5. November 2020
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ StA Berlin II, Geburtsurkunde Nr. 880/1887
- ↑ Joël. In: Berliner Adreßbuch, 1918, Teil 1, S. 1201. „Joël – & Marie Hinzelmann[sic!], Charlotte, Atel. f. moderne Photogr, Charlottenbg., Hardenbergstr. 24 IV T. Steinpl. 2079 9–6“.
- ↑ Joël. In: Berliner Adreßbuch, 1919, Teil 1, S. 1198. „Joël – Charlotte, Photogr., NW87, Hansaufer 5 GH II., s. Charlotte Joël & Marie Heinzelmann.
Joël – & Marie Heinzelmann, Charlotte, Atel. f. moderne Photogr., Charlottenbg., Hardenbergstraße 24 IV T. Steinpl. 2079 9–6“. - ↑ 23. Januar 1921 Programm im Meistersaal
24. Januar 1921 Programm im Klindworth-Scharwenka-Saal
28. Januar 1921 Programm im Klindworth-Scharwenka-Saal
30. Januar 1921 Programm in der Sezession - ↑ Etwa die Postkarte von Joël an Kraus vom 27. Mai 1934, Wienbibliothek, Handschriftensammlung, Teilnachlass Karl Kraus, Inv.-Nr. H.I.N.-176557, Ib 163325
Sie berichtet ihm von ihrem Glück und ihrer Traurigkeit beim Anhören von Platten mit Kraus’ Stimme, über das leere Berlin, ihr leidlich gehendes Atelier und ihren mangelnden Elan anderswo ein neues Leben aufzubauen - ↑ Das Testament von Karl Kraus. In: Karl Kraus Online. Ludwig Boltzmann Institut, abgerufen am 20. Oktober 2018.
- ↑ Letzter Eintrag: Joël. In: Berliner Adreßbuch, 1939, Teil 1, S. 1245. „Joël u Heinzelmann mod Photogr Charlottenb Hardenbergstraße 24“.
- ↑ Horst Helas: Eine Fürstenwalder Geschichte. rosalux.de (PDF; 38 kB); abgerufen am 11. Oktober 2018
- ↑ Werner Kohlert, Friedrich Pfäfflin: Das Werk der Photographin Charlotte Joël: Porträts von Walter Benjamin bis Karl Kraus, von Martin Buber bis Marlene Dietrich. Wallstein-Verlag, Göttingen 2019, ISBN 978-3-8353-3488-5.
- ↑ Joel, Charlotte. stolpersteine-berlin.de; Koordinierungsstelle Stolpersteine Berlin. Hier mit Angabe des Geburtsjahrs 1887; abgerufen am 11. Oktober 2018.
Personendaten | |
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NAME | Joël, Charlotte |
ALTERNATIVNAMEN | Joel, Charlotte |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Fotografin |
GEBURTSDATUM | 13. September 1882 oder 1887 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | nach 19. April 1943 |
STERBEORT | KZ Auschwitz-Birkenau |