Ezzonen

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Die Ezzonen waren im ostfränkisch-deutschen Reich des 10. und 11. Jahrhunderts als lothringische Pfalzgrafen die wichtigsten Stellvertreter des Königtums an Mittel- und Niederrhein. Namensgeber des Geschlechts ist Pfalzgraf Ezzo, der von 996 bis 1034 amtierte.

Die Ezzonen als lothringische Pfalzgrafen werden am Ende des 9. Jahrhunderts in der Person eines Erenfrid am Mittelrhein, in Alzey, historisch greifbar. Vielleicht hatten sie Vorfahren, die der karolingischen Reichsaristokratie angehörten. Der politische Aufstieg dieses Adelsgeschlechts lässt sich gut anhand der von ihnen kumulierten Grafschaften nachvollziehen:

  • Graf Erenfried I. (urkundlich 897), verheiratet mit Adelgunde.[1]
  • Hermann, 948 Graf im Auelgau.[2] Zugehörigkeit zu den Ezzonen wurde von Gerstner vermutet.[3] Kluger dagegen sieht in dem 948er Grafen Hermann den gleichnamigen Konradiner Herzog Hermann I. von Schwaben.[4]
  • Erenfried II.: Graf im Zülpichgau (942),[5] im Bonngau (945),[6] in Hattuarien (947)[7] mit seinen Untergauen Düffelgau (948),[8] Mühlgau (966)[9] und vermutlich dem Gilde-/Keldagau, sowie im Ruhrgau, d. h. in der Duisburg-Kaiserswerther Grafschaft (950, 956).[10][11] Darüber hinaus hatte er die Grafschaft Huy an der mittleren Maas (946, 959)[12] sowie die Vogtei des Klosters Stablo inne (943–956). Erenfried II. war mit Richwara verheiratet.
  • Hermann I. Pusillus (der Zarte): Sohn von Erenfried II. und Richwara. Von spätestens 989[13] bis 996[14] war er Pfalzgraf von Lothringen. Darüber hinaus war er Inhaber einer Reihe von Gaugrafschaften entlang des Rheins, darunter der Bonngau (970, 992, 993),[15][16][17] der Eifelgau (975, 978),[18] der Zülpichgau (981)[19] und der Auelgau (996).[20] Außerdem erscheint er als Graf in Gerresheim (977),[21] d. h. in der Duisburg-Kaiserswerther Grafschaft. Hermann I. war mit Heylwig verheiratet.
  • Ezzo: Pfalzgraf Ezzo (996–1034), Sohn von Hermann I. und Heylwig, erreichte um die Wende vom 10. zum 11. Jahrhundert eine herzogsgleiche Stellung. Die Machtstellung Ezzos beruhte auf seiner Königsnähe, auf seinen ehelichen Beziehungen zum ottonischen Herrscherhaus. Dennoch scheiterten – nach der fundatio monasterii Brunwilarensis, der ezzonischen Hauschronik – nach dem Tod Kaiser Ottos III. (983–1002) ezzonische Ansprüche auf die Nachfolge im Königtum an der Wahl des Bayernherzogs Heinrich (II., 1002–1024) zum König. Über zehn Jahre sollte der Widerstand Ezzos gegen den neuen Herrscher dauern, ehe es nach einem Gefecht bei Odernheim (1011) zu einer Verständigung zwischen Pfalzgraf und König kam. Im Zuge einer Einigung sind Kaiserswerth, Duisburg und das umliegende Reichsgut an Ezzo verschenkt worden (nach 1016). Auch beim Dynastiewechsel von den Ottonen zu den Saliern (1024) sind die Ezzonen übergangen worden, doch wird es wohl zu einer Übereinkunft zwischen Ezzo und Konrad II. (1024–1039) gekommen sein.
  • Otto I.: In der Pfalzgrafschaft ist Ezzos jüngster Sohn Otto (1035–1045) nachgefolgt, der 1045 im Austausch gegen Kaiserswerth und Duisburg das Herzogtum Schwaben erhielt.
  • Heinrich I. der Wahnsinnige: Ottos Nachfolger war Heinrich (ab 1045; abgesetzt 1060; † 1061), Sohn Graf Hezelins (1020–n. 1033), des Bruders Ezzos. Er übernahm die Pfalzgrafschaft, aber scheiterte in seiner Politik am Widerstand des Kölner Erzbischofs Anno II. (1056–1075).
  • Hermann II.: Heinrichs Sohn und Nachfolger Hermann ist ab 1064 als Pfalzgraf nachweisbar. Er musste sich mit einer gegenüber dem Kölner Erzbischof Anno II. reduzierten Machtstellung begnügen. Dies betraf insbesondere die südlichen der ezzonischen Grafschaften. Hermann war in der Duisburg-Kaiserswerther Grafschaft noch vertreten (1065, 1071) und blieb Graf im Ruhrgau und Zülpichgau. Im Brabantgau wurde er durch Heinrich IV. eingesetzt (ab 1085/1086 Landgrafschaft Brabant) und gründete die Abtei Affligem. Mit seinem Tod (Dalhem, 20. September 1085) erlischt das Geschlecht der Ezzonen-Hezeliniden. Trotz ihrer überragenden Stellung im lothringisch-rheinischen Raum sind die Pfalzgrafen beim Aufbau einer regionalen Machtstellung gescheitert an den ottonischen und salischen Königen, an den Kölner Erzbischöfen, gescheitert aber auch am Amtscharakter der Pfalzgrafschaft.

Die späteren, nicht-ezzonischen Pfalzgrafen von Heinrich II. von Laach (1085–1095) bis Konrad von Staufen (1156–1195) haben – zumindest am Niederrhein – niemals die politische Wirksamkeit der Ezzonen-Hezeliniden entfalten können. Dies zeigt sich schon daran, dass in der 2. Hälfte des 11. und im 12. Jahrhundert pfalzgräfliche Stellvertreter die Duisburg-Kaiserswerther Grafschaft zwischen Rhein, Ruhr und Wupper, also eine der nördlichen Grafschaften im pfalzgräflichen Machtkomplex verwalteten, so zu 1067, 1093 oder zur Mitte des 12. Jahrhunderts.

Ezzonische Pfalzgrafen von Lothringen

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Im Anschluss ging die rheinische Pfalzgrafenwürde an die Pfalzgrafen bei Rhein.

  • Klaus Gereon Beuckers: Die Ezzonen und ihre Stiftungen. Eine Untersuchung zur Stiftungstätigkeit im 11. Jahrhundert. In: Kunstgeschichte. Band 42, Lit, Münster / Hamburg 1993, ISBN 3-89473-953-3 (Zugleich Dissertation an der Universität Bonn 1993).
  • Ruth Gerstner: Die Geschichte der lothringischen Pfalzgrafschaft (von den Anfängen bis zur Ausbildung des Kurterritoriums Pfalz). Rheinisches Archiv 40, Bonn 1941.
  • Emil Kimpen: Ezzonen und Hezeliniden in der rheinischen Pfalzgrafschaft, Mitteilungen des Österreichischen Instituts für Geschichtsforschung. XII. Ergänzungsband, Innsbruck 1933, S. 1–91.
  • Ursula Lewald: Die Ezzonen. Das Schicksal eines rheinischen Fürstengeschlechts, Rheinische Vierteljahrsblätter 43, 1979, S. 120–168.
  • Franz Steinbach: Die Ezzonen. Ein Versuch territorialpolitischen Zusammenschlusses der fränkischen Rheinlande, Collectanea Franz Steinbach. Aufsätze und Abhandlungen zur Verfassungs-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, geschichtlichen Landeskunde und Kulturraumforschung, ed. F. Petri en G. Droege, Bonn 1967, S. 64–81.
  • F. J. van Droogenbroeck: De betekenis van paltsgraaf Herman II (1064–1085) voor het graafschap Brabant. Eigen Schoon en De Brabander 87, Brüssel 2004, S. 1–166.
  • Rainer Assmann: Schwert und Kreuz – Die Missionierung des Sauerlandes durch die Ezzonen als Heerführer Karls des Großen. Die ezzonische Großgrafschaft als Keimzelle der Grafschaften Berg, Altena und Arnsberg. Der Reidemeister – Geschichtsblätter für Lüdenscheid Stadt und Land, Nr. 208, 22. November 2016.
  • Helmuth Kluger: Propter Claritatem Generis. Genealogisches zur Familie der Ezzonen. In: Köln – Stadt und Bistum in Kirche und Reich des Mittelalters, hrsg. von Hanna Vollrath und Stefan Weinfurter, Köln, Weimar, Wien 1993, S. 223–258.
  • Mathilde UhlirzEzzonen. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, ISBN 3-428-00185-0, S. 717 (Digitalisat).

Einzelnachweise

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  1. Ruth Gerstner: Die Geschichte der lothringischen Pfalzgrafschaft (von den Anfängen bis zur Ausbildung des Kurterritoriums Pfalz). In: Rheinisches Archiv, Heft 40, Bonn 1941, S. 15.
  2. Theodor Joseph Lacomblet (Hrsg.): Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins, Band I (779–1200), Düsseldorf 1840, Nr. 103, S. 59 (Digitalisat) (in pago Aúalgauense sub comitatu Herimanni comitis).
  3. Ruth Gerstner: Die Geschichte der lothringischen Pfalzgrafschaft (von den Anfängen bis zur Ausbildung des Kurterritoriums Pfalz). In: Rheinisches Archiv, Heft 40, Bonn 1941, S. 15.
  4. Helmuth Kluger: Propter Claritatem Generis. Genealogisches zur Familie der Ezzonen. In: Köln – Stadt und Bistum in Kirche und Reich des Mittelalters, hrsg. von Hanna Vollrath und Stefan Weinfurter, Köln, Weimar, Wien 1993, S. 233.
  5. Leonard Ennen, Gottfried Eckertz: Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, Band 1, Köln 1860, S. 462, Nr. 10 (Digitalisat) (in pago tulpiacense in comitatu erinfridi comitis).
  6. Theodor Joseph Lacomblet (Hrsg.): Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins, Band IV (1401–1609, Nachlese von 80 alten Urkunden), Düsseldorf 1858, Nr. 604, S. 761 (Digitalisat) (in pago Bunnesi in comitatu Eremfridi comitis).
  7. Monumenta Germaniae Historica, DD O I, Nr. 89, S. 172, Z. 8f. (Digitalisat) (i villa Mundulingheim in pago Hatteri in comitatu Erenfridi).
  8. Heinrich Beyer: Urkundenbuch zur Geschichte der jetzt die Preussischen Regierungsbezirke Coblenz und Trier bildenden mittelrheinischen Territorien. Aus den Quellen herausgegeben von Heinrich Beyer. Erster Band. Von den ältesten Zeiten bis zum Jahre 1169. Coblenz, in Commission bei J. Hölscher. 1860, S. 251, Nr. 189 (Digitalisat auf dilibri.de) (in pago Tubalgouue in comitatu Irinuridi comitis).
  9. Monumenta Germaniae Historica, DD O I, Nr. 316, S. 430, Z. 13f. (Digitalisat) (in pago Mulehkeuue in comitatu Eremfridi).
  10. Friedrich Wilhelm Oediger (Bearb.): Die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter. Band 1 (313–1099), Düsseldorf 1978, S. 113, Nr. 343. (aliquem locum in Uueinesuualde et in comitatu Eremfridi comitis situm Hupoldesroth dictum)
  11. Monumenta Germaniae Historica, DD O I, Nr. 180, S. 262 f., Z. 40 (Digitalisat) (in Crucht et in Calechheim et in Hliurithi in comitatu Irmenfridi)
  12. Léon Vanderkindere: La formation territoriale des principautés belges, Tome II, Brüssel 1902, S. 214 (Digitalisat).
  13. Codex Laureshamensis, Nr. 83, Bl. 18r.
  14. Theodor Joseph Lacomblet (Hrsg.): Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins, Band I (779–1200), Düsseldorf 1840, Nr. 126, S. 77 (Digitalisat).
  15. Theodor Joseph Lacomblet (Hrsg.): Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins, Band I (779–1200), Düsseldorf 1840, Nr. 111, S. 66 (Digitalisat) (in pago Bonnense in comitatu Herimanni comitis).
  16. Monumenta Germaniae Historica, DD O III, Nr. 93, S. 504, Z. 27 (Digitalisat) (Herimanni palatini comitis).
  17. Monumenta Germaniae Historica, DD O III, Nr. 127, S. 539, Z. 10f. (Digitalisat) (in pago Bunnechgouue ac comitatu Herimanni palatini comitis).
  18. Heinrich Beyer: Urkundenbuch zur Geschichte der jetzt die Preussischen Regierungsbezirke Coblenz und Trier bildenden mittelrheinischen Territorien. Aus den Quellen herausgegeben von Heinrich Beyer. Erster Band. Von den ältesten Zeiten bis zum Jahre 1169. Coblenz, in Commission bei J. Hölscher. 1860, S. 301, Nr. 245 und S. 307f., Nr. 251 (Digitalisat auf dilibri.de).
  19. Monumenta Germaniae Historica, DD O II, Nr. 252, S. 286 (Digitalisat) (in pago Zulpihgoue in comitatu Herimanni).
  20. Theodor Joseph Lacomblet (Hrsg.): Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins, Band I (779–1200), Düsseldorf 1840, Nr. 126, S. 77 (Digitalisat).
  21. Monumenta Germaniae Historica, DD O II, Nr. 153, S. 173 (Digitalisat) (in comitatu videlicet Herimanni comitis sitas)