Ferrari F310

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Ferrari F310
Michael Schumacher im Ferrari F310 beim Großen Preis von Deutschland 1996

Michael Schumacher im Ferrari F310 beim Großen Preis von Deutschland 1996

Konstrukteur: Italien Ferrari
Designer: John Barnard (Technischer Direktor)
Gustav Brunner (Chefdesigner)
Nicolò Petrucci (Aerodynamik-Chef)
Vorgänger: Ferrari 412T2
Nachfolger: Ferrari F310B
Technische Spezifikationen
Motor: Ferrari 046/1 V10
Länge: 4355 mm[1][2][3]
Breite: 1995 mm
Höhe: 970 mm
Radstand: 2900 mm
Gewicht: 595 kg
Reifen: Goodyear
Benzin: Shell
Statistik
Fahrer: Deutschland Michael Schumacher
Vereinigtes Konigreich Eddie Irvine
Erster Start: Großer Preis von Australien 1996
Letzter Start: Großer Preis von Japan 1996
Starts Siege Poles SR
31 3 4
WM-Punkte: 70
Podestplätze: 9
Führungsrunden: 114 über 589,708 km

Der Ferrari F310 war ein Formel-1-Rennwagen, mit dem die italienische Scuderia Ferrari an der Saison 1996 teilnahm. Der Wagen markierte einen Wendepunkt in der Geschichte des Rennstalls: Er war der letzte von John Barnard gestaltete Ferrari-Rennwagen und das erste Formel-1-Auto des Teams, das von einem Zehnzylindermotor angetrieben wurde. Mit ihm begann zudem die sogenannte Schumacher-Ära bei Ferrari. Eine überarbeitete, nach allgemeiner Ansicht effizientere[4] Version des Autos erschien im folgenden Jahr unter der Bezeichnung Ferrari F310B.

Nachdem die Scuderia Ferrari 1979 mit Jody Scheckter die Weltmeisterschaft gewonnen hatte, agierte das Team aus Maranello eineinhalb Jahrzehnte lang in relativer Erfolglosigkeit. Ferrari gewann zwar noch zweimal die Konstrukteursmeisterschaft (1982 und 1983); der Titel des Fahrerweltmeisters ging ab 1980 aber regelmäßig an Piloten anderer Teams. 1991, 1992 und 1993 gewann Ferrari kein Rennen, 1994 und 1995 gab es jeweils einen Sieg.

Zu Beginn der 1990er-Jahre leitete Ferraris damaliger Vorstandsvorsitzender Luca di Montezemolo einen sportlichen Neuanfang ein, zu dem die erneute Verpflichtung des britischen Konstrukteurs John Barnard 1993[5] und – ab 1996 – das Engagement des zweifachen Weltmeisters Michael Schumacher gehörte.[6] Gianni Agnelli, geschäftsführender Gesellschafter von Ferraris Mutterkonzern Fiat, billigte diesen Prozess ausdrücklich und erklärte bei der Vorstellung des F310 am 15. Februar 1996: „Wenn Ferrari mit Schumacher nicht gewinnt, ist es allein unsere Schuld.“[4][7]

Im Laufe der Saison 1996 begann Ferrari, die technische Entwicklung des Chassis, die zuvor in Großbritannien in dem von John Barnard geleiteten Betrieb Ferrari Design & Development stattgefunden hatte, nach Maranello zurückzuholen. Da Barnard nicht bereit war, nach Italien zu ziehen, löste Ferrari den Vertrag mit Barnard zum Jahresende 1996 auf. An seine Stelle traten Rory Byrne und Ross Brawn, die ab 1992 bereits bei Benetton mit Michael Schumacher zusammengearbeitet und dort den Grundstein für seine zwei ersten Weltmeistertitel gelegt hatten.

Ferrari Tippo 046-2
Basis-Informationen zum Ferrari Ferrari F310 anhand eines 1:18 Modellautos

Verantwortliche Konstrukteure des Ferrari F310 waren John Barnard und Willem Toet. Im Frühjahr 1996 trat Gustav Brunner ins Designteam ein; er überwachte die erste Überarbeitung des F310.

Der F310 war vollständig neu konstruiert, er hatte keine technische Ähnlichkeit mit den Modellen früherer Jahre.[7] Auch die Aerodynamik entstand in Großbritannien.[4] Bei seiner Präsentation hatte der F310 als einziges Auto der Saison keine hochgestellte Fahrzeugnase, sondern eine zum Frontflügel hin abfallende Frontpartie. In dieser Form bestritt der F310 die ersten Saisonrennen. Ab dem Großen Preis von Kanada übernahm auch Ferrari das Konzept der Hochnase, das Tyrrell 1990 mit dem 019 eingeführt hatte und das sich in den ersten Jahren der 1990er-Jahre als erfolgversprechende aerodynamische Lösung durchgesetzt hatte. Am F310 harmonierte die Hochnase allerdings nicht mit dem Fahrzeugrumpf, sodass die erhoffte Verbesserung der Aerodynamik nur in eingeschränktem Maße eintrat.[7] Auffälliges Designmerkmal war die sehr hohe Cockpiteinfassung, die die neu in Kraft getretenen Sicherheitsbestimmungen umsetzen sollte. Sie wurde allgemein als klobig empfunden.[4]

Wie das Chassis war auch der Motor des F310 vollständig neu. Ferrari wandte sich als letzter Motorenhersteller der Formel 1 von dem Konzept des Zwölfzylindermotors ab, das das Team bei Saugmotoren seit dem erstmals 1964 eingesetzten 1512 mehr als 30 Jahre lang verfolgt hatte. Der neue, unter der Leitung von Gilles Simon konzipierte Motor vom Typ 046/1 hatte zehn Zylinder in V-Anordnung. Die Vorteile des Zehnzylinderkonzepts waren der gegenüber Zwölfzylindern geringere Kraftstoffverbrauch, ferner war der Motor leichter und brauchte weniger Kühlung, was eine aerodynamisch günstigere Gestaltung der Kühllufteinlässe zuließ.[4] Der Bankwinkel des 046/1 betrug 75 Grad, der Hubraum belief sich auf 2998,1 cm³. Die Zylinderabmessungen des 046/1 entsprachen denen des 1994 eingesetzten 3,5 Liter großen Zwölfzylinders vom Typ 043. Ferrari entwickelte auch eine Version mit kurzem Hub, die allerdings weniger belastbar war und nur einmal – beim Qualifying zum Großen Preis von San Marino – eingesetzt wurde. Wie sein Vorgänger hatte der 046/1 vier Ventile pro Zylinder. Die Leistung des Motors wurde im Renntrimm auf 529 kW (720 PS) geschätzt. Demnach war der 046/1 nach dem bei Williams und Benetton verwendeten RS8B von Renault der zweitstärkste Motor im Starterfeld.

Auch das Getriebe war eine Neukonstruktion. Es hatte in der Basisversion sechs Gänge, die elektronisch geschaltet wurden. Im Laufe des Jahres entstand auch eine weiterentwickelte Version mit sieben Gängen. Das Getriebegehäuse hatte Bestandteile aus Titan und Kunststoff. Es erwies sich beim ersten Renneinsatz in Australien als undicht, sodass Ferrari bei den folgenden Rennen in Brasilien und Argentinien das Getriebe des letztjährigen Modells 412T2 verwendete. Um das Getriebe im Auto unterzubringen, musste die Hinterradaufhängung des Vorjahresmodells eingebaut werden. In dieser Version war der F310 aerodynamisch problematisch.[7]

Größter Sponsor der Scuderia Ferrari war wie in den Jahren zuvor der Tabakkonzern Philip Morris International, der mit seiner Zigarettenmarke Marlboro auf dem Heckflügel und seitlich auf der Motorabdeckung warb. Namenssponsor war Marlboro allerdings nicht. Das zu dieser Zeit beginnende Tabakwerbeverbot in der F1, zwang die Teams bei einigen Rennen in Ländern, in denen das Verbot schon griff, auf teilweise recht kreative Änderungen der bestehenden Brandings auszuweichen[8]. Weitere größere Geldgeber waren der Unterhaltungselektronikhersteller Pioneer und das Mineralölunternehmen Royal Dutch Shell, das 1996 erstmals bei Ferrari unter Vertrag stand, nachdem das Team den langjährigen Vertrag mit Agip gekündigt hatte.

Mit Michael Schumacher, der als amtierender Weltmeister vom Team Benetton kam, und Eddie Irvine der von Jordan Grand Prix wechselte, verpflichtete Ferrari zwei neue Fahrer. Test- und Ersatzpilot war, wie schon im Vorjahr Nicola Larini.

Der Ferrari F310 war technisch unzuverlässig. Zahlreiche Ausfälle waren auf technische Defekte zurückzuführen.[4] Auch wenn er funktionierte, kam der F310 nicht an das Leistungsniveau des aerodynamisch ausgefeilten[9] und mit einem sehr starken Motor ausgestatteten Williams FW18 heran, der 12 von 16 Rennen des Jahres gewann.

Schumacher stand viermal auf der Pole-Position. Er gewann 1996 mit den Großen Preisen von Spanien, Belgien und Italien drei Saisonrennen, wurde dreimal Zweiter und fiel fünfmal aus. In Frankreich kam es nicht einmal zu einer Rennteilnahme: Der Ferrari-Motor platzte bereits in der Einführungsrunde vor dem Start. In der ersten Hälfte der Saison litt Schumacher auch unter Kupplungsproblemen. Eine schlecht greifende Kupplung war auf dem Nürburgring sowie in Imola, Monaco, Spanien und Kanada für schlechte Starts verantwortlich, in deren Folge Schumacher jeweils mehrere Plätze einbüßte. Das Problem löste sich erst im Sommer 1996, als Ferrari auf eine Kupplung von Fichtel & Sachs umstellte.[7]

Eddie Irvine beendete das Auftaktrennen in Australien als Dritter. Danach kam er noch fünfmal außerhalb der Podiumsplätze, teilweise aber in den Punkten ins Ziel. Ihn trafen die technisch bedingten Ausfälle härter als Schumacher. Beginnend mit dem Großen Preis von Spanien, den sein Teamkollege gewann, fiel Irvine achtmal in Folge aus, davon alleine von Frankreich bis Belgien fünfmal hintereinander durch Probleme mit dem Getriebe. Viermal schied Irvine allerdings auch durch Fahrfehler bzw. Unfälle aus.[10]

Am Saisonende belegte Ferrari mit 70 Punkten Rang zwei der Konstrukteurswertung. Der Rückstand auf Williams, dem Gewinner der Konstrukteursmeisterschaft, betrug 105 Punkte.

Fahrer Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 Punkte Rang
Formel-1-Saison 1996 70 2.
Deutschland Michael Schumacher 1 DNF 3 DNF 2 2 DNF 1 DNF DNS DNF 4 9* 1 1 3 2
Vereinigtes Konigreich Eddie Irvine 2 3 7 5 DNF 4 7* DNF DNF DNF DNF DNF DNF DNF DNF 5 DNF
Legende
Farbe Abkürzung Bedeutung
Gold Sieg
Silber 2. Platz
Bronze 3. Platz
Grün Platzierung in den Punkten
Blau Klassifiziert außerhalb der Punkteränge
Violett DNF Rennen nicht beendet (did not finish)
NC nicht klassifiziert (not classified)
Rot DNQ nicht qualifiziert (did not qualify)
DNPQ in Vorqualifikation gescheitert (did not pre-qualify)
Schwarz DSQ disqualifiziert (disqualified)
Weiß DNS nicht am Start (did not start)
WD zurückgezogen (withdrawn)
Hellblau PO nur am Training teilgenommen (practiced only)
TD Freitags-Testfahrer (test driver)
ohne DNP nicht am Training teilgenommen (did not practice)
INJ verletzt oder krank (injured)
EX ausgeschlossen (excluded)
DNA nicht erschienen (did not arrive)
C Rennen abgesagt (cancelled)
  keine WM-Teilnahme
sonstige P/fett Pole-Position
1/2/3/4/5/6/7/8 Punktplatzierung im Sprint-/Qualifikationsrennen
SR/kursiv Schnellste Rennrunde
* nicht im Ziel, aufgrund der zurückgelegten
Distanz aber gewertet
() Streichresultate
unterstrichen Führender in der Gesamtwertung
  • Adriano Cimarosti: Das Jahrhundert des Rennsports – Autos, Strecken und Piloten. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1997, ISBN 3-613-01848-9.
  • David Hodges: A–Z of Grand Prix Cars 1906–2001. Crowood Press, Marlborough 2001, ISBN 1-86126-339-2 (englisch).
  • Sabine Kehm (Hrsg.): MSC – Die Karriere von Michael Schumacher, erzählt anhand seiner Rennwagen. (= Offizielles Buch zur Michael Schumacher Private Collection). Offizin Scheufele, Stuttgart 2018, S. 64–65.
  • Claus Mühlberger, Michael Schmidt: 50 Jahre Michael Schumacher: Der Mensch – Die Karriere – Die Siege. (= auto motor und sport Edition – 50 Jahre Michael Schumacher). Motor Presse, Stuttgart 2018, ISBN 978-3-613-30890-9, S. 56–57.
  • John Nicholson, Maurice Hamilton: Inside Formula One 1996. The Grand Prix Teams. Macmillan Publishers, London 1997, ISBN 0-33367-851-6 (englisch).
Commons: Ferrari F310 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. 1996 Ferrari F310 Specifications. Abgerufen am 26. Mai 2020.
  2. 1996 Ferrari F310. Abgerufen am 26. Mai 2020 (englisch).
  3. Ferrari F310 - F1technical.net. Abgerufen am 26. Mai 2020.
  4. a b c d e f David Hodges: A–Z of Grand Prix Cars 1906–2001, 2001 (Crowood Press), ISBN 1-86126-339-2, S. 97.
  5. Barnard hatte in den 1980er-Jahren die erfolgreichen Wagen von McLaren konstruiert und war von 1987 bis 1990 bereits für die Scuderia Ferrari tätig gewesen.
  6. John Nicholson, Maurice Hamilton: Inside Formula One 1996. The Grand Prix Teams. Macmillan Publishers, London 1997, S. 67.
  7. a b c d e Adriano Cimarosti: Das Jahrhundert des Rennsports, 1. Auflage 1997, ISBN 3-613-01848-9, S. 488, S. 488.
  8. Basile Davoine, Stefan Ehlen: Wie die Formel 1 das Tabakwerbeverbot umging. motorsport.com, 31. Dezember 2016, abgerufen am 6. Februar 2020.
  9. David Hodges: A–Z of Grand Prix Cars 1906–2001, 2001 (Crowood Press), ISBN 1-86126-339-2, S. 245.
  10. Eddie Irvine GrandPrix-Rennen 1996. In: motorsportarchiv.de. Archiviert vom Original am 20. Februar 2005; abgerufen am 13. Januar 2019.