Genthelvin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Genthelvin
Huanggang Fe-Sn-Lagerstätte (Huanggangliang Mine), Hexigten-Banner, Autonomes Gebiet Innere Mongolei, China
(Größe: 18 × 18 × 14 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Ghv[1]

Chemische Formel
  • Be3Zn4(SiO4)3S[2]
  • Zn4[S|(BeSiO4)3][3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Gerüstsilikate (Tektosilikate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/F.08
VIII/J.12-030[4]

9.FB.10
76.02.04.03
Kristallographische Daten
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol hexakistetraedrisch; 43m[5]
Raumgruppe P43n (Nr. 218)Vorlage:Raumgruppe/218[3]
Gitterparameter a = 8,15 Å[3]
Formeleinheiten Z = 2[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 6 bis 6,5[4]
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,44 bis 3,70; berechnet: 3,70[6]
Spaltbarkeit undeutlich nach {111}, {111}[6]
Bruch; Tenazität uneben; spröde[6]
Farbe farblos, hell- bis smaragdgrün, rosa bis rot, gelb bis gelbbraun[6]
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig[6]
Glanz Glasglanz[6]
Kristalloptik
Brechungsindex n = 1,738 bis 1,752[7]
Doppelbrechung keine, da optisch isotrop
Weitere Eigenschaften
Besondere Merkmale gelegentlich grüne Fluoreszenz und Phosphoreszenz[6]

Genthelvin ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im kubischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Zn4[S|(BeSiO4)3][3]

Genthelvin ist das Zink-Analogon zum eisenhaltigen Danalith (Fe4[S|(BeSiO4)3][3]) und manganhaltigen Helvin (Mn4[S|(BeSiO4)3][3]) und bildet mit diesen jeweils eine lückenlose Mischkristallreihe. Auch Epitaxien mit Danalith sind möglich.[7]

In reiner Form ist Genthelvin farblos und durchsichtig. Da er aber einerseits mit Danalith und Helvin Mischkristalle bildet und andererseits verschiedene Fremdbeimengungen enthalten kann, kommt er meist in verschiedenen Farben vor, wobei hell- bis smaragdgrüne, rosa bis rote und gelbe bis gelbbraune Farben überwiegen. Auf der Strichtafel hinterlässt Genthelvin allerdings immer einen weißen Strich.

Das Mineral entwickelt meist tetraedrische oder tristetraedrische Kristalle, findet sich aber auch in Form unregelmäßiger Segregationen. Unverletzte Kristallflächen weisen einen glasähnlichen Glanz auf, Bruchflächen dagegen eher Fett- bis Harzglanz.

Etymologie und Geschichte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Benannt wurde Genthelvin einerseits in Anlehnung an seine nahe Verwandtschaft zum Helvin und andererseits zu Ehren des deutsch-amerikanischen Chemikers und Mineralogen Friedrich August Genth, der das Mineral 1892 erstmals beschrieb, ohne ihm jedoch einen Namen zu geben.[8][7]

Erstmals entdeckt wurde Genthelvin am St. Peters Dome (West Cheyenne Canon), einem Ausläufer des Pikes Peak[7] etwa 10 Kilometer südwestlich von Colorado Springs[9] im El Paso County des US-Bundesstaates Colorado und beschrieben 1944 durch Jewell J. Glass, Richard H. Jahns und Rollin E. Stevens.

In der letztmalig 1977 überarbeiteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Genthelvin zur Mineralklasse der „Silikate“ und dort zur Abteilung „Gerüstsilikate (Tektosilikate)“, wo er gemeinsam mit Danalith und Helvin in der „Helvin-Reihe“ mit der Systemnummer VIII/F.08 steht.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer VIII/J.12-030. Dies entspricht der ebenfalls der Abteilung „Gerüstsilikate“, wo Genthelvin zusammen mit Danalith und Helvin eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer VIII/J.12 bildet.[4]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[10] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Genthelvin in die erweiterte Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung „Gerüstsilikate (Tektosilikate) ohne zeolithisches H2O“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit zusätzlicher Anionen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Gerüstsilikate (Tektosilikate) mit zusätzlichen Anionen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Bicchulith, Danalith, Haüyn, Helvin, Kamaishilith, Lasurit, Nosean, Sodalith, Tsaregorodtsevit und Tugtupit die „Sodalith-Danalith-Gruppe“ mit der Systemnummer 9.FB.10 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Genthelvin die System- und Mineralnummer 76.02.04.03. Auch dies entspricht der Klasse der „Silikate“ und dort der Abteilung „Gerüstsilikate: Al-Si-Gitter“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Gerüstsilikate: Al-Si-Gitter, Feldspatvertreter und verwandte Arten“ in der „Helvingruppe“, in der auch Helvin und Danalith eingeordnet sind.

Kristallstruktur

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Genthelvin kristallisiert kubisch in der Raumgruppe P43n (Raumgruppen-Nr. 218)Vorlage:Raumgruppe/218 mit dem Gitterparameter a = 8,15 Å sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Vor dem Lötrohr bildet Genthelvin eine unklare Perle. In starker Salzsäure zersetzt sich das Mineral, wobei Schwefelwasserstoff mit seinem charakteristischen Geruch nach faulen Eiern entsteht.[11]

Unter UV-Licht zeigen manche Genthelvine eine grüne Fluoreszenz mit anschließender Phosphoreszenz.

Bildung und Fundorte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Genthelvin (gelb) auf Aegirin (schwarz) und Albit (weiß) aus dem Steinbruch Poudrette, Mont Saint-Hilaire, Kanada (Größe des Genthelvins über die Kante gemessen ≈ 8–9 mm)
Grasgrüner Genthelvin aus dem gleichen Fundort (Größe: 2 cm × 1,3 cm × 1,2 cm)

Genthelvin bildet sich in miarolitischen Hohlräumen granitischer oder alkalischer Pegmatite und Syenite sowie in Greisen und Skarnen. Als Begleitminerale treten unter anderem Bertrandit, Gahnit, Hambergit, Mikroklin, Phenakit, Quarz, Siderit, Sphalerit, Topas, Willemit, verschiedene Zeolithe und/oder Zirkon auf.

Als seltene Mineralbildung konnte Genthelvin nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher rund 60 Fundorte als bekannt gelten.[12] Neben seiner Typlokalität St. Peters Dome (West Cheyenne Canon) trat das Mineral noch an weiteren Fundpunkten in Colorado wie unter anderem am Stove Mountain (Cookstove Mountain) im El Paso County und in Crystal Peak im Teller County auf. Weitere bisher bekannte Fundorte in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) sind Rockport im Essex County (Massachusetts); Blue Mountyin, Iron Mountain und Sugarloaf Mountain in New Hampshire; mehrere Fundpunkte im Bergbaugebiet um Franklin (New Jersey) und Cumberland (Rhode Island) sowie der Washington Pass im Okanogan County (Washington).

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Argentinien, Brasilien, China, Grönland, Italien, Japan, Kanada, Kasachstan, Malawi, der Mongolei, Niger, Nigeria, Norwegen, Pakistan, Rumänien, Russland, der Sambia, Ukraine und im Vereinigten Königreich (England, Schottland).[13]

Trotz seines relativ hohen Zinkgehaltes von rund 40 %[5] hat Genthelvin aufgrund seiner Seltenheit bisher keine wirtschaftliche Bedeutung. Da er allerdings bisweilen schön gefärbte und durchsichtige Kristalle bildet, wird er gelegentlich für Sammler in verschiedenen Schmucksteinschliffen angeboten.[14]

  • J. J. Glass, R.H. Jahns, R. E. Stevens: Helvite and danalite from New Mexico and the helvite group. In: American Mineralogist. Band 29, 1944, S. 163–191 (englisch, rruff.info [PDF; 1,5 MB]).
Commons: Genthelvite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,8 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  3. a b c d e f g Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 699.
  4. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. a b Genthelvite Mineral Data. Abgerufen am 10. August 2024 (englisch).
  6. a b c d e f g Genthelvite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 78 kB; abgerufen am 10. August 2024]).
  7. a b c d Genthelvite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 10. August 2024 (englisch).
  8. J. J. Glass, R. H. Jahns, R. E. Stevens: Helvite and danalite from New Mexico and the helvite group. In: American Mineralogist. Band 29, 1944, S. 164 (englisch, rruff.info [PDF; 1,6 MB; abgerufen am 12. August 2024]).
  9. Typlokalität St. Peters Dome. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 10. August 2024.
  10. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  11. Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 786–787 (Erstausgabe: 1891).
  12. Localities for Genthelvin. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 10. August 2024 (englisch).
  13. Fundortliste für Genthelvin beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 12. August 2024.
  14. Michael R. W. Peters: Bilder zu rohen und geschliffenen Genthelviten. In: realgems.org. Abgerufen am 10. August 2024.