Jukebox-Musical

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Ein Jukebox-Musical ist ein Film- oder Bühnen-Musical, in dem bereits vorhandene Musikstücke verwendet werden, die nicht speziell für die Nutzung in einem Musical konzipiert waren.

Der Begriff Jukebox-Musical geht auf die metaphorische Assoziation mit dem Jukebox-Automaten zurück.

Jukebox-Musicals haben ihre Wurzeln in verschiedenen musikalischen Genres, die sie mit der Geschichte des Musiktheaters verbinden. Die im 19. und frühen 20. Jahrhundert beliebten Vaudeville-Shows verwendeten Lieder aus der bestehenden populären Musik, ähnlich wie Jukebox-Musicals auf bereits existierende Lieder zurückgreifen. Die Rockmusicals der 1970er und 1980er Jahre haben durch die Verwendung von Rockmusik und elektrischen Instrumenten Ähnlichkeiten mit Jukebox-Shows. Megamusicals, die für ihre rockigen Beats bekannt sind, werden oft mit Jukebox-Musicals verglichen. Die Verbindung ist jedoch schwach, da sie sich in ihrer Struktur und Erzählweise stark unterscheiden.[1]

Die ersten Jukebox-Musicals kamen in den 1970ern an den Broadway. Dazu zählten The Night That Made America Famous (1975) mit der Musik von Harry Chapin, Beatlemania (1977) und Ain’t Misbehavin’ (1978) mit der Musik von Fats Waller. Während Jukebox-Musicals im 20. Jahrhundert noch selten produziert wurden, so stieg die Popularität nach dem weltweiten Erfolg von Mamma Mia! (1999). In den darauf folgenden Jahren kamen Jukebox-Musicals mit der Musik von The Four Seasons, Johnny Cash, Bob Dylan, John Lennon, Peter Allen, Elvis Presley, The Beach Boys und Billy Joel an den Broadway.[2]

Während einige Kritiker die Jukebox-Musicals ablehnen, bieten andere feierliche und kritische Analysen an und würdigen ihre Fähigkeit, Nostalgie zu wecken und das Publikum mit bekannten Liedern zu verbinden.

Die Musikauswahl eines Jukebox-Musicals kann aus dem Repertoire eines einzigen Künstlers stammen (z. B. Mamma Mia!, We Will Rock You), aber auch Werke verschiedener Künstler umfassen, welche etwa durch Epoche, Genre oder Thematik verbunden sind (z. B. Priscilla, Queen of the Desert, The Marvelous Wonderettes). Die Handlung des Jukebox-Musicals kann der Biografie eines Künstlers folgen (z. B. Beautiful: The Carole King Musical, Piaf je t'aime), aber auch eine eigens konstruierte fiktive Geschichte sein (z. B. Hinterm Horizont, American Idiot). Die Musik kann diegetischer Teil der Geschichte sein und in dieser so aufgeführt werden, wie es auch das Publikum sieht. Die Musik kann aber auch die Geschichte weiterführen, indem die Musik als Repräsentation für Motivation, Emotionen und Verhältnisse der Charaktere steht.[3]

Manchmal werden dabei die Texte der Lieder mehr oder weniger stark angepasst. Ein Beispiel hierfür ist der Song Radio Ga Ga im Musical We Will Rock You.

Auch Musicals, die große Teile eigener Musik verwenden, aber durch weitere Schlager (oft derselben Komponisten bzw. Interpreten) angereichert oder mit einem neuen Buch versehen sind, werden bisweilen als Jukebox-Musical bezeichnet, z. B. My One and Only.

Arten des Jukebox-Musicals

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jukebox-Musicals fallen meist in eines von drei Genres:

Künstlerbiografie-Musical

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die verwendeten Songs stammen aus dem Katalog eines einzelnen Künstlers und erzählen dessen Lebensgeschichte, meist von Beginn bis zum Höhepunkt der Karriere. Es kann aber auch andere Bereiche aus dem Leben des Künstlers thematisieren. Der Künstler wird zur handelnden Figur im Bühnenwerk, die Handlung reicht von fiktiv bis autobiografisch. Buddy, Tina – Das Tina Turner Musical, Jersey Boys, Hank Williams: Lost Highway und Beautiful: The Carole King Musical fallen in diese Kategorie.[4]

Künstlerkatalog-Musical

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es werden Songs aus verschiedenen Epochen, Alben und Genres aus dem Katalog eines einzelnen Künstlers verwendet. Es unterscheidet sich vom Künstlerbiografie-Musical dadurch, dass es eine fiktive Geschichte erzählt, in der alle Figuren fiktiv sind und nicht den Künstler verkörpern. Beispiele sind Saturday Night Fever, Mamma Mia!, Ich war noch niemals in New York und We Will Rock You.[5]

Epochen- und genrespezifisches Musical

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es wird eine Sammlung von Hits eines bestimmten Genres oder einer bestimmten Zeit verwendet, die Nostalgie und Assoziationen mit diesem Zeitpunkt oder Lebensgefühl hervorrufen. Die Handlung wird um die Songs herum geschaffen. Das Epochen- und genrespezifische Jukebox-Musical enthält Songs von mehreren Künstlern, die durch den Sound oder die Epoche miteinander verbunden sind. The Marvelous Wonderettes zum Beispiel verwendet ausschließlich Klassiker der 1950er Jahre.[6] Weitere Beispiele sind Priscilla, Queen of the Desert und Moulin Rouge!.

Liste von Jukebox-Musicals

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Jahr Titel Thema Genre
1975 The Night That Made America Famous Harry Chapin
1977 Beatlemania The Beatles
1978 Ain’t Misbehavin’ Fats Waller
1985 Leader of the Pack Ellie Greenwich
1990 Buddy Buddy Holly Künstlerbiografie
1992 Five Guys Named Moe Louis Jordan
1998 Saturday Night Fever Bee Gees Künstlerkatalog
1999 Mamma Mia! ABBA Künstlerkatalog
2002 We Will Rock You Queen Künstlerkatalog
2002 Movin’ Out Billy Joel
2002 Falco meets Amadeus Falco Künstlerbiografie
2003 The Boy from Oz Peter Allen Künstlerbiografie
2005 Good Vibrations The Beach Boys
2005 All Shook Up Elvis Presley
2005 Lennon John Lennon Künstlerbiografie
2005 Jersey Boys The Four Seasons Künstlerbiografie
2006 Ring of Fire Johnny Cash
2006 Daddy Cool – The Musical Boney M.
2006 Hot Feet Earth, Wind & Fire
2006 The Times They Are a-Changin’ Bob Dylan
2006 Priscilla, Queen of the Desert Disco-Musik epochen- und genrespezifisch
2006 Rock of Ages Pop/Rock epochen- und genrespezifisch
2007 Across the Universe The Beatles Künstlerkatalog
2007 Ich war noch niemals in New York Udo Jürgens Künstlerkatalog
2008 Ich will Spaß Neue Deutsche Welle epochen- und genrespezifisch
2009 Fela! Fela Kuti
2010 Come Fly Away Frank Sinatra
2010 Million Dollar Quartet Carl Perkins, Jerry Lee Lewis, Johnny Cash, Elvis Presley
2010 American Idiot Green Day Künstlerkatalog
2010 Rain: A Tribute to the Beatles The Beatles
2011 Hinterm Horizont Udo Lindenberg Künstlerbiografie
2011 Baby It’s You The Shirelles
2013 After Midnight Duke Ellington
2013 Motown: The Musical Motown Records Artists
2013 Massachusetts – Das Bee Gees Musical Bee Gees Künstlerbiografie
2013 A Night with Janis Joplin Janis Joplin
2014 Beautiful: The Carole King Musical Carole King Künstlerbiografie
2014 Holler if Ya Hear Me Tupac Shakur
2015 On Your Feet! Gloria Estefan, Emilio Estefan
2017 The Band Take That Künstlerkatalog
2017 Bat Out of Hell Bat-Out-of-Hell-Albumtrilogie von Meat Loaf Künstlerkatalog
2017 I Am from Austria Rainhard Fendrich Künstlerkatalog
2017 Simply the Best – Die Tina Turner Story Tina Turner
2018 Escape to Margaritaville Jimmy Buffett
2018 Tina Tina Turner Künstlerbiografie
2018 Summer: The Donna Summer Musical Donna Summer
2018 Head Over Heels (Musical) The Go-Go's
2018 Wahnsinn! – Das Musical Wolfgang Petry
2018 The Cher Show Cher
2018 Moulin Rouge! verschiedene Interpreten epochen- und genrespezifisch
2018 Beat It – Die Show über den King of Pop! Michael Jackson
2019 Ain’t Too Proud: The Life and Times of the Temptations The Temptations
2019 Jagged Little Pill Alanis Morissette
2019 & Julia (& Juliet) Max Martin
2022 All You Need is Love – Das Beatles-Musical The Beatles
2023 Abenteuerland – Das Musical mit den Hits von PUR Pur
  • Sven Haselböck, Andreas Mast: Alle Musicals. In: Musical 1, abgerufen am 12. Juli 2023.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Kevin Byrne, Emily Fuchs: The Jukebox Musical. An Interpretive History. 1. Auflage. Routledge, London, New York 2022, ISBN 978-0-367-64893-0, S. 39–59.
  2. Nicole Rosky: DO Look Back: A History of Jukebox Musicals on Broadway! Abgerufen am 20. Juli 2023 (englisch).
  3. Kevin Byrne, Emily Fuchs: The Jukebox Musical: An Interpretive History. 1. Auflage. Routledge, London 2022, ISBN 978-1-00-312682-9, S. 3- 30, doi:10.4324/b22939 (taylorfrancis.com [abgerufen am 20. Juli 2023]).
  4. Kevin Byrne, Emily Fuchs: The Jukebox Musical: An Interpretive History. 1. Auflage. Routledge, London 2022, ISBN 978-1-00-312682-9, S. 99–116, doi:10.4324/b22939 (taylorfrancis.com [abgerufen am 20. Juli 2023]).
  5. Kevin Byrne, Emily Fuchs: The Jukebox Musical: An Interpretive History. 1. Auflage. Routledge, London 2022, ISBN 978-1-00-312682-9, S. 79–98, doi:10.4324/b22939 (taylorfrancis.com [abgerufen am 20. Juli 2023]).
  6. Kevin Byrne, Emily Fuchs: The Jukebox Musical: An Interpretive History. 1. Auflage. Routledge, London 2022, ISBN 978-1-00-312682-9, S. 117–135, doi:10.4324/b22939 (taylorfrancis.com [abgerufen am 20. Juli 2023]).