Schirn Kunsthalle Frankfurt

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Lage der Kunsthalle inmitten der Altstadt, zwischen Römerberg (vorn) und Kaiserdom (hinten), im Juni 2007
Blick von oben auf die Schirn Kunsthalle, im September 2010
Blick auf das Rondell der Schirn, im Mai 2005
Blick über den Historischen Garten auf Langhaus und Rotunde der Schirn vor Baubeginn des Dom-Römer-Projekts, im Dezember 2009
Glaskuppel der Rotunde (2008)

Die Schirn Kunsthalle in der Altstadt von Frankfurt am Main, umgangssprachlich auch einfach Die Schirn, zählt zu den bekannten Ausstellungshäusern Europas. Die Schirn wurde 1986 eröffnet und in ihr wurden seither über 200 Ausstellungen gezeigt. Sie verfügt über keine eigene Sammlung, sondern organisiert befristete Ausstellungen und Projekte zu ausgewählten Themen oder zum Werk einzelner Künstler. Als Kunsthalle genießt die Schirn nationales und internationales Ansehen, das sie sich durch Eigenproduktionen, Publikationen und Ausstellungskooperationen mit Häusern wie dem Centre Pompidou, der Tate Gallery, dem Solomon R. Guggenheim Museum, der Eremitage in Sankt Petersburg oder dem Museum of Modern Art in New York erworben hat.

Rotunde mit Eingangsbereich
Foyer mit Aufgang zu den Ausstellungsräumen

Lage und Architektur

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Die Kunsthalle Schirn wurde ab 1983 durch das Architekturbüro BJSS (Dietrich Bangert, Bernd Jansen, Stefan Jan Scholz und Axel Schultes) entworfen und gebaut. Die Eröffnung fand am 28. Februar 1986 statt. Die Kunsthalle bietet eine Ausstellungsfläche von insgesamt 2000 Quadratmetern.

Die Schirn steht inmitten der Frankfurter Altstadt. Der in Ost-West-Richtung sehr langgestreckte Bau liegt zwischen den bei den Luftangriffen auf Frankfurt am Main im Zweiten Weltkrieg zerstörten, nach 1945 völlig neu gestalteten und parallel verlaufenden Altstadtstraßen Bendergasse im Norden und Saalgasse im Süden. Das westliche Ende des Baus befindet sich nahe der Nikolaikirche und dem Römerberg, ziemlich genau dort, wo sich bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg das Fünffingerplätzchen befand. Das östliche Ende schließt sich an das Südportal des Turms des Kaiserdoms.

Die mit hellem Sandstein verkleidete Kunsthalle besteht aus mehreren ineinander verschachtelten Baukörpern, die in sich jeweils einen geometrischen Grundriss aufweisen. Der markanteste Bauteil ist eine in Ost-West-Richtung verlaufende, etwa 140 Meter lange und 10 Meter breite fünfgeschossige Halle, der eigentliche Ausstellungsbau. Zur Bendergasse hin sind die Erdgeschosse dieses Langhauses als offener Säulengang ausgebildet, eine strenge Reihung schmuckloser quadratischer Pfeiler. Bangert gestaltete das Langhaus als eine Reminiszenz an das Gebäude der Uffizien in Florenz. Da die Bendergasse nach Osten hin abfällt und über Treppenstufen geführt wird, ist dieser Laubengang im Bereich der Rotunde ein Stockwerk, am Dom jedoch zwei Stockwerke hoch.

Diese Arkaden bilden die südliche Einfassung des Archäologischen Gartens. Seine östliche Begrenzung ist der Domturm, seine nördliche bis 2011 das Technische Rathaus.

Etwas westlich von der Mitte dieses Langhauses sind entlang einer gedachten Querachse weitere Bauteile angeordnet: im Süden, zur Saalgasse, ein mehrgeschossiger Kubus auf rechteckigem Grundriss (etwa 18 × 24 m²), daran anschließend, parallel zum Langhaus eine langrechteckige Aufweitung. Auf der nördlichen Seite der Hauptachse folgt der neben der Haupthalle markanteste Bauteil der Schirn, die von einer Glaskuppel gekrönte Rotunde, die mit rund 20 Metern Durchmesser den monumentalen Haupteingang bildet. Sie ist der höchste Bauteil der Schirn, besitzt aber keine Stockwerke, sondern bildet einen einzigen offenen Raum. Hier befindet sich der Zugang zur Schirn.

Durch die Rotunde hindurch führt eine in das Gebäude eingeschnittene Schlucht im Verlauf der alten Bendergasse. Nördlich jenseits der Gasse schließt sich ein weiterer halbrunder Bauteil an, der bei etwas mehr als doppeltem Radius denselben Kreismittelpunkt wie die Rotunde aufweist. Dieser von der eigentlichen Ausstellungshalle durch die Bendergasse getrennte Bauteil beherbergt das Schirn-Café. In das östliche Ende dieses Bauteils ist schließlich eine rechteckige Öffnung eingearbeitet, in der auf Straßenniveau ein etwa zwei Stockwerke hoher, überdimensionaler, aber zweckfreier Tisch stand, der im Rahmen des Dom-Römer-Projekts, der Rekonstruktion der Altstadt Frankfurts, im August 2012 abgerissen wurde.

Gemeinsam mit der Kunsthalle wurden, direkt südlich angrenzend, also auf der nördlichen Straßenseite der Saalgasse, zwei durch den südlichen Schirn-Kubus voneinander getrennte Häuserzeilen errichtet. Die Häuser weisen altstadttypische Proportionen und Grundstücksgrößen auf, sind aber durchweg im Stil der 1980er Jahre, in einer teilweise sehr bunten Postmoderne, gestaltet. Kunsthalle und Häuserzeilen gruppieren sich um zwei halböffentliche (also zugängliche, aber nicht öffentlich genutzte) Innenhöfe, die den Höhenunterschied zwischen Bender- und Saalgasse (Domhügel) ausgleichen: Der Zugang von den Saalgasse-Häusern in den Innenhof erfolgt über das erste Obergeschoss.

Seit 2002 hat die Schirn ein neues vom Architekturbüro Kuehn Malvezzi gestaltetes Inneres. Es taucht das Foyer mittels moderner RGB-Lichttechnik in changierende Farben.

Im Zusammenhang mit dem vollzogenen Abriss des nahegelegenen Technischen Rathauses schlug unter anderem der Architekt Christoph Mäckler vor, auch Teile der Schirn abzureißen, um so den historischen Krönungsweg vom Kaiserdom zum Römerberg wieder mit Gebäuden einfassen zu können. Nachdem sich Bangert zur Verteidigung seines Werks zunächst auf sein Urheberrecht berief, stimmte er später einem Kompromiss zu, der einen Abriss des „Großen Tischs“ an der Nordseite des Bauwerks vorsah.[1] Dies ermöglichte das Dom-Römer-Projekt zur Rekonstruktion mehrerer Altstadtbauten zwischen 2012 und 2016.[2]

2014 wurde die Minischirn, ein Erlebnisraum für Kinder ab drei Jahren, eröffnet.[3]

Der Name Schirn leitet sich aus der Geschichte ihres Standortes ab. Das Wort bezeichnet ursprünglich einen offenen Verkaufsstand und stammt vom althochdeutschen scranna, wurde zum mittelhochdeutschen Schranne und später zu Scherne oder Schirn. Wo sich heute die Schirn Kunsthalle befindet, war bis zur Zerstörung am 22. März 1944 das Zentrum der dichtbesiedelten Altstadt Frankfurts. Noch bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts lagen in den engen Gassen zwischen der heutigen Schirn und dem Main die Verkaufsstände der Frankfurter Metzgerzunft.[4]

Nach mehreren missglückten Versuchen wurde dieser Teil der Altstadt erst Anfang der 1980er Jahre wieder bebaut. Wegen ihrer die historischen Proportionen sprengenden und die Sichtachsen des Doms und des Römerberges missachtenden Architektur war die Planung für die Schirn dabei von Anfang an umstritten. Im Zuge des Dom-Römer-Projektes wurde auch ein Abriss des altstadtuntypisch dimensionierten Gebäudes und ein Neubau an anderer Stelle in Erwägung gezogen, wie beim Technischen Rathaus. Bei einer Freilegung der Rotunde bei Teilabriss des Vorbaus mit dem Schirn-Café, welcher nicht zur Galerie gehört, wäre eine vollständige Rekonstruktion des Krönungsweges an der Südseite des Alten Marktes möglich.

Leiter der Schirn war von 1985 bis 1993 Christoph Vitali, der zugleich Geschäftsführer der Kulturgesellschaft Frankfurt mbH war. Er etablierte die Schirn als Ausstellungsort. Sein Nachfolger war Hellmut Seemann, der im Juni 2001 als Präsident der Klassik Stiftung nach Weimar ging. Seit Oktober 2001 leitete der Österreicher Max Hollein, der im Januar 2006 auch die Führung des Städels und des Liebieghauses übernommen hatte, die Schirn. Mit provokanten Titeln, außergewöhnlichen Ausstellungen und verbesserter finanzieller Ausstattung hat er die Publikumszahlen der Schirn verdreifacht.[5] Sein Nachfolger wurde – bei den drei genannten Häusern – mit Wirkung vom 1. Oktober 2016 Philipp Demandt.[6]

Nachdem bereits 2021 eine Neuausrichtung der Kunsthalle für das darauffolgende Jahr angekündigt worden war,[7] beschloss der Magistrat der Stadt Frankfurt am Main als Gesellschafterversammlung im Februar 2022, Sebastian Baden mit Wirkung zum 1. Juli 2022 zum neuen Direktor und Geschäftsführer der Schirn Kunsthalle zu ernennen. Er war zuvor seit 2016 Kurator für zeitgenössische Kunst, Skulptur und Neue Medien an der Kunsthalle Mannheim.[8]

Ab dem Frühjahr 2025 schließt die Schirn Kunsthalle für mehrere Jahre wegen einer umfangreichen Sanierung und zieht vorübergehend in das Gebäude der Dornhof-Druckerei im Frankfurter Ortsteil Bockenheim.[9] Der Ausstellungsbetrieb wird dort auf drei Stockwerken fortgesetzt.[10]

Eintrittskarte (2007)

In der Schirn wurden seit ihrer Eröffnung große Übersichtsausstellungen zum Beispiel zum Wiener Jugendstil, Expressionismus, Dada und Surrealismus, zu German Pop, zur Geschichte der Fotografie oder zu aktuellen Positionen in der Sound Art, zu Themen wie Shopping – Kunst und Konsum, der visuellen Kunst der Stalinzeit, den Nazarenern oder der neuen Romantik in der Kunst der Gegenwart gezeigt. Künstler wie Wassily Kandinsky, Alberto Giacometti, Henri Matisse, Julian Schnabel, James Ensor, James Lee Byars, Yves Klein, Peter Doig, Lászlo Moholy-Nagy, Georges Seurat, Jeff Koons, Edvard Munch, Théodore Géricault und Helene Schjerfbeck wurden in monografischen Ausstellungen vorgestellt. Zeitgenössische Künstler wie Thomas Hirschhorn, Ayşe Erkmen, Carsten Nicolai, Jan De Cock, Jonathan Meese, John Bock, Michael Sailstorfer, Terence Koh, Aleksandra Mir, Eberhard Havekost, Mike Bouchet, Yoko Ono oder Tobias Rehberger wurden in großen Einzelausstellungen präsentiert.

Bis 2019 zählte die Schirn Kunsthalle über 8,8 Millionen Besucher zu über 240 Ausstellungen.[11]

Zu den fünf besucherstärksten Ausstellungen zählten Edvard Munch. Der moderne Blick (2012), Wassily Kandinsky – Die erste sowjetische Retrospektive (1989), Esprit Montmartre. Die Bohème in Paris um 1900 (2014), Impressionistinnen – Berthe Morisot, Mary Cassatt, Eva Gonzalès, Marie Bracquemond (2008), Henri Matisse – Mit der Schere zeichnen (2002).

In dem seit der Eröffnung erfolgreichsten Jahr 2023 zählte die Schirn 502.961 Besucher.[12]

Kunstraub in der Schirn

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Am 28. Juli 1994 wurden aus der Schirn bei einem Kunstraub drei Gemälde der Ausstellung Goethe und die Kunst gestohlen. Die Werke waren Licht und Farben und Schatten und Dunkelheit von William Turner (eine Leihgabe der Tate Gallery London) sowie das Ölgemälde Nebelschwaden von Caspar David Friedrich (eine Leihgabe der Hamburger Kunsthalle). Die Bilder hatten einen versicherten Gesamtwert von 70 Millionen DM (35,8 Millionen Euro). Drei Täter wurden gefasst und 1999 zu Haftstrafen von bis zu elf Jahren verurteilt. 2000 und 2002 tauchten die beiden Bilder von Turner wieder auf.[18] 2003 konnte auch das Bild von C.-D. Friedrich wieder an die Hamburger Kunsthalle zurückgegeben werden.[19]

  • Fabian Famulok: Der gesamte kunstvermittelnde Inhalt in der Kommunikation der Schirn basiert auf Storytelling. In: Social Media und Museen II – der digital erweiterte Erzählraum: Ein Leitfaden zum Einstieg ins Erzählen und Entwickeln von Online-Offline-Projekten im Museum. 1. Januar 2016, S. 137–140, doi:10.5281/zenodo.202428 (zenodo.org [abgerufen am 15. Juni 2017]).
  • Laura J. Gerlach: Der Schirnerfolg. Die „Schirn Kunsthalle Frankfurt“ als Modell innovativen Kunstmarketings. Konzepte – Strategien – Wirkungen. Transcript, Bielefeld 2007, ISBN 978-3-89942-769-1.
Commons: Schirn Kunsthalle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Dietrich Bangert, Nils Ballhausen, Doris Kleilein: Interview mit Dietrich Bangert. In: Bauwelt. Bauverlag BV GmbH, 24. Juli 2009, abgerufen am 2. Juni 2019.
  2. Dom-Römer-Projekt – Konzept und Fertigstellung, abgerufen am 22. März 2015.
  3. Warum Ausstellungen langweilig sind und wo man die besten Höhlen baut, Frankfurter Allgemeine Zeitung, abgerufen am 1. Juli 2022
  4. Geschichte und Bilder der alten Frankfurter Schirnen – altfrankfurt.com, abgerufen am 22. März 2015.
  5. Max Hollein: Die Geschichte der Schirn Kunsthalle, Teil 1. 10. Februar 2011, abgerufen am 10. Februar 2011 (SCHIRN MAG; der Text ist ein Auszug aus: Hilmar Hoffmann, Das Frankfurter Museumsufer, Societäts-Verlag 2010).
  6. Claus-Jürgen Göpfert: Kunsthalle Frankfurt: Demandt leitet auch die Schirn. In: fr-online.de. 29. Juli 2016 (fr.de [abgerufen am 6. August 2016]).
  7. Philipp Demandt verlängert sein Engagement für Frankfurt. In: Städel Museum. 15. September 2021, abgerufen am 15. September 2021 (Pressemitteilung).
  8. Sebastian Baden beginnt als neuer Direktor der Schirn. 30. Juni 2022 (schirn.de [PDF; abgerufen am 30. Juni 2022] Pressemitteilung der Schirn Kunsthalle).
  9. Noch zweimal in die Schirn. In: art kaleidoskop 1/2025, S. 10.
  10. Sophia Averesch, Gaby Beck: Schirn Frankfurt soll während Sanierung in Dondorf-Druckerei ziehen. In: hessenschau de. 7. Juni 2024, abgerufen am 15. Dezember 2024.
  11. SCHIRN Kunsthalle Frankfurt. In: Schirn Newsroom. (schirn.de [abgerufen am 7. Juni 2019]).
  12. 2023 ist das erfolgreichste Jahr in der Geschichte der Schirn. (PDF) In: Pressemitteilung. Schirn Kunsthalle Frankfurt, 9. Januar 2024, abgerufen am 9. Januar 2024.
  13. Körper, Spektakel, Erinnerung, Archiv in FAZ vom 12. August 2011, Seite 46.
  14. Rose-Maria Gropp: Pop nach deutscher Art In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, vom 6. November 2014.
  15. Sandra Danicke: Nackter schlägt Purzelbaum im Himmel. In: Frankfurter Rundschau, 29. Oktober 2015.
  16. Eine Konstruktion aus Stahl und Licht in FAZ vom 23. September 2016, S.  38.
  17. Big Orchestra: „Künstlerische Arbeiten, denen gleichzeitig die Funktion von Musikinstrumenten innewohnt“.
  18. Sandy Nairne: Art Theft and the Case of the Stolen Turners. London 2011, ISBN 978-1-86189-851-7; deutsch von Werner Richter: Die leere Wand. Museumsdiebstahl. Der Fall der zwei Turnerbilder. Bern 2012. ISBN 978-3-905799-19-4.
  19. Egmont R. Koch und Nina Svensson: Nicht zu fassen!, Pressebericht über den Kunstraub von 1994, Süddeutsche Zeitung Magazin, 4. November 2005.
  20. Fabian Famulok: Der gesamte kunstvermittelnde Inhalt in der Kommunikation der Schirn basiert auf Storytelling. In: Social Media und Museen II – der digital erweiterte Erzählraum: Ein Leitfaden zum Einstieg ins Erzählen und Entwickeln von Online-Offline-Projekten im Museum. 1. Januar 2016, S. 137–140, doi:10.5281/zenodo.202428 (zenodo.org [abgerufen am 15. Juni 2017]).

Koordinaten: 50° 6′ 37″ N, 8° 41′ 1″ O