MV Agusta 125 Bialbero

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Eine MV Agusta 125 Bialbero in der frühen Version von 1950
Die Corse 125 Bialbero auf dem letzten Entwicklungsstand (ca. 1960)
Eine MV Agusta 125 Motore Lungo mit Zweitakt­motor: ihre abnehmende Konkurrenzfähig­keit führte zur Entwicklung der Viertakt-Bialbero
Motoren der MV Agusta 125 Bialbero (DOHC) und Monoalbero (SOHC) in der Gegenüberstellung

Die MV Agusta 125 Bialbero war eine 125-cm³-Werksrennmaschine des italienischen Herstellers MV Agusta, die zwischen 1950 und 1960 vom Werksteam „Reparto corse“ eingesetzt wurde.[1] Der Name Bialbero (deutsch „Doppelwelle“) bezieht sich auf die beiden obenliegenden Nockenwellen der Maschine und dient auch zur Unterscheidung von der im gleichen Zeitraum gebauten und für Privatfahrer käuflichen 125 Monoalbero mit einer obenliegenden Nockenwelle.

In ihrer zehnjährigen Einsatzzeit wurde die 125er Bialbero ständig technisch an Motor und Fahrwerk überarbeitet. Dadurch ist eine klar abgegrenzte Typisierung schwer.

Mit den Maschinen wurden 34 Grands Prix, 6 Fahrerweltmeisterschaften und 7 Herstellerweltmeisterschaften in der Motorrad-WM gewonnen. Außerdem wurden 4 italienische Meisterschaften und 10 nationale Meisterschaften in anderen Ländern gewonnen.[1][2]

Bald nach der Gründung als eigenständiges Unternehmen neben der Muttergesellschaft Agusta und hauptsächlich auf Initiative ihres Motorradrennsport-begeisterten Chefs Domenico Agusta stieg MV Agusta 1949 in den Formelsport ein.[3] Erste Rennen in der 125er-Klasse mit einem 8-PS-Zweitaktmotor, wie er zum Beispiel in der MV Agusta Corse 125 Tre Marche oder der MV Agusta 125 Motore Lungo zum Einsatz kam, brachten zwar gute Ergebnisse, zeigten aber, dass die stärkeren Viertaktmotoren von zum Beispiel F.B Mondial und Moto Morini überlegen waren.[4]

Daraufhin holte Domenico Agusta mit Piero Remor und Arturo Magni zwei neue Mitarbeiter, die bis dahin für Gilera gearbeitet hatten und dort für die Gilera 500 4C verantwortlich gewesen waren. Remor hatte sogar seine Konstruktionszeichnungen mitgenommen.[5] MV Agusta konnte davon bei der Entwicklung der MV Agusta 500 4C sehr profitieren, aber Remors erste Aufgabe bestand darin, einen 125-cm³-Viertaktmotor zu bauen.[4] Diese anspruchsvolle Entscheidung war für die weitere Unternehmensgeschichte richtungweisend, da sie eine klare Trennlinie zwischen den Serienmodellen und den „Rennmaschinen“ zog. Einen ähnlichen Weg wählte zum Beispiel auch Ferrari.

Der Motor der 125 Bialbero war ein luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor mit zwei obenliegenden Nockenwellen (DOHC), die über eine Zahnradkaskade aus Stirnrädern angetrieben wurden. Die Ventile standen in einem Winkel von 90° zueinander und wurden durch offen liegende Schenkelfedern, sogenannte Haarnadelfedern geschlossen. Bis 1954 gab es eine Magnetzündung, ab 1955 wurden jedoch Doppelzündspulen mit einem Wippschalter zum Umschalten verwendet. Die Leistung stieg von rund 12 PS (8,8 kW) im Jahr 1950 auf rund 20 PS (15 kW) bis zum Jahr 1960.[6]

Das Fahrwerk wurde ebenso wie der Motor über die Jahre mehrfach modifiziert. Der Rahmen bestand aus Stahlrohr mit einer geschlossenen Doppelschleife (zwei Unterzugrohre) und blieb weitgehend unverändert. Der Öltank für die Motorschmierung befand sich zunächst an der konventionellen Stelle unter der Sitzbank, wurde aber Mitte der 1950er Jahre nach oben zum Benzintank verlegt, zuerst separat hinter dem Tank, später in einer Zweikammer-Kombination. Die anfangs eingesetzte Trapezgabel wurde später durch eine sogenannte Earles- und gegen Ende der Einsatzzeit gegen eine Teleskopgabel ersetzt. Auch die Bremsen wurden der wachsenden Leistung der Bialbero angepasst.

Nach dem Verbot der glockenförmigen Vollverkleidungen (Ende 1957) hatte die 125 Bialbero eine Teilverkleidung, wie auf dem zweiten Bild von oben.[6]

Entwicklung und Varianten

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1953: Die 125er „Monoalbero“

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Nachdem die 1950 eingesetzten Werksrennmaschinen Corse 125 Bialbero sehr schnell erfolgreich waren, beschloss Agusta auf dieser Basis ein Motorrad für den ambitionierten Privatfahrer auf den Markt zu bringen. 1952 wurde die Maschine als MV Agusta 125 Sport Competizione (Monoalbero) erstmals auf dem Mailänder Autosalon präsentiert.

1954: Die „175er“ Bialbero

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Um gegenüber Moto Morini und F.B Mondial nicht ins Hintertreffen zu geraten, die in der 175-cm³-Klasse antraten, wurde 1954 auf Basis der 125-cm³-Maschine eine Version mit 175 cm³ entwickelt. Die Bohrung wurde (bei beibehaltenem Hub von 56 mm) auf 64 mm vergrößert, um einen Hubraum von 174 cm³ zu erreichen.

Eine weitere, in besonderer Weise überarbeitete MV Corse 175 wurde unter der Typen-Bezeichnung MV Agusta 175 CSS Squalo Bialbero entwickelt: Ihr lag der SOHC-Serienmotor (also die Version mit nur einer Nockenwelle) der MV Agusta 175 CSS zu Grunde, auf den ein DOHC-Kopf angepasst wurde.

1958: Die 125 „Giggia“ Bialbero Desmodromico (Prototyp)

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MV Agusta begann 1958 einen Prototyp mit der Bezeichnung „Giggia“ Bialbero Desmodromico zu entwickeln, bei dem die Ventilsteuerung des 125-cm³-Motors desmodromisch geregelt wurde. Dafür wurde nach ersten Tests ein komplett neuer Zylinderkopf entworfen.[7] Die Pläne stammten von Ruggero Mazza, der aus der Rennabteilung von Ducati kam. Erste Tests fanden Anfang 1959 statt, und Tarquinio Provini startete mit der Desmodromico im ersten Rennen der italienischen Meisterschaft (am 31. März in Monza), doch aus unbekannten Gründen wurde die Maschine für den Rest der Saison nicht mehr eingesetzt.[8] Das Projekt wurde nach der Saison 1960 eingestellt, da sowohl MV Agusta als auch Ducati aus wirtschaftlichen Gründen ihre Engagement in dieser Hubraumklasse beendeten, und weil Honda ab 1961 in die 125er-Meisterschaft einstieg.[9][10]

Technische Daten (125 cm³ Version)

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Anmerkung: Bei abweichenden Informationen im Internet wurden die Daten aus der vorliegenden Literatur eingesetzt.

1950 1951 1952 1953 1954 1955 1956 1957 1958 1959 1960
Motor
Bauart 1 Zylinder; 4 Takt; je 1 Saug- u. Druck-Zahnradpumpe; zwei obenliegende Nockenwellen (DOHC), über Zahnräder angetrieben; luftgekühlt
Zylinder Leichtmetall
Zylinderkopf Leichtmetall
Bohrung × Hub 52 × 58 mm 53 × 56 mm
Hubraum 123,2 cm³ 123,5 cm³
Verdichtung 9,5 : 1 11 : 1
Vergaser Dell’Orto SS 25 A
Schmierung Je eine Saug- und Druck-Zahnradpumpe
Antrieb
Kupplung Ölbadlamellenkupplung
Getriebe angeblockt, 1950: 4 Gänge 1951–1954: 5 Gänge 1955–1960: 7 Gänge
Antrieb primär / sek. Stirnräder / Kette
Elektrik
Zündung Magnetzündung 1955–1960: Doppelzündspulen mit Wippschalter
Spannung k. A.
Lichtmaschine k. A.
Leistung
Leistung 13 PS bei 10000/min k. A. 15 PS bei 10800/min k. A. 18,5 PS bei 12000/min k. A. 20 PS bei 12000/min
Höchstgeschwindigkeit k. A. 140 km/h k. A. 185 km/h k. A. 200 km/h
Rahmen und Maße
Rahmen Rohr, geschlossene Doppelschleife
Länge 1970 mm
Breite 610 mm
Radstand 1235 mm
Inhalt Kraftstofftank 15 Liter
Inhalt Öltank 2,2 Liter
Gewicht (trocken) 78 kg 76 kg k. A. 80 kg
Rahmen und Maße
Radaufhängung vorne Parallelogrammgabel Earles-Gabel oder Teleskopgabel Teleskopgabel
Radaufhängung hinten Schwinge mit Reibungsdämpfern Schwinge mit Schraubenfedern Schwinge mit hydraulischen Stoßdämpfern
Räder vorne / hinten Leichtmetallfelgen, Stahlspeichen anfänglich 1,75 × 21″
Reifen vorne / hinten anfänglich 2,00 × 21″ / später: 2.50 × 19”
Bremsen vorne / hinten zunächst seitliche Bremstrommel, später Vollnabenbremse 180 mm (v) 150 mm (h)

Quellen:[11][2][12]

Sportliche Erfolge (Übersicht)

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Carlo Ubbiali: wohl kein anderer Name ist so eng mit den Erfolgen der 125er Bi verbunden (Assen 1960)

Die MV Agusta 125 Bialbero debütierte am 8. Juli 1950 beim Großen Preis von Holland mit Franco Bertoni und Renato Magi. Die Bialbero ist das erste Motorrad aus Cascina Costa, dem damaligen Fabrik-Standort, mit dem ein Weltmeistertitel (1952) gewonnen wurde. Der Motor wurde auch in der Klasse „Motorino“ (Roller) eingesetzt.[2]

Insgesamt wurden mit den verschiedenen Versionen der 125 Bialbero zwischen 1950 und 1960 etliche Erfolge erreicht:[11]

  • Mario Colombo, Roberto Patrignani: MV Agusta. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 3-613-01416-5.
Commons: MV Agusta 125 Bialbero – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b MV Agusta Corse 125 Bialbero. Abgerufen am 5. Juni 2021.
  2. a b c 125 Bialbero | MVagusta-Oldtimers. Abgerufen am 5. Juni 2021.
  3. MV Museum. Abgerufen am 7. Juni 2021.
  4. a b Mick Walker: Mick Walker's Italian Racing Motorcycles. Redline Books, 1998, ISBN 0-9531311-1-4, S. 209 (google.de [abgerufen am 5. Juni 2021]).
  5. Waldemar Schwarz: MV Agusta 500 GP-Rennmaschine: Champions League. 8. Oktober 1996, abgerufen am 29. März 2021.
  6. a b Mario Colombo, Roberto Patrignani: MV Agusta. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 3-613-01416-5, S. 217–220.
  7. Gruppo Lavoratori Agusta Seniores abgerufen am 7. April 2024 (italienisch u. englisch)
  8. Ivar de Gier „MV Agusta 125 Bialbero“ in: Motor Klassik / Jahrgang 7 / 2003
  9. Marcello Colombo „Basta con le molle“ in: MOTO CYCLISM0 d’Epoca / Jahrgang 7 / Nr. 8.–9. August/September 2001
  10. MV Agusta 125 desmo double knocker. In: Desmodromology. Abgerufen am 6. April 2024 (amerikanisches Englisch).
  11. a b MV Agusta Corse 125 Bialbero. Abgerufen am 7. Juni 2021.
  12. Mario Colombo / Roberto Patrignani: MV Agusta. Hrsg.: Giorgio Nada. 1. Auflage. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 3-613-01416-5, S. 232.